[Aula] Anklagerhebung gegen den Peregrinus Gurox

  • An Tagen wie heute, an denen der Statthalter quasi Hof hielt um Bittsteller zu empfangen und Anklagen anzunehmen, herrschte in der Aula immer ein reges Treiben. Stimmen drangen durch die hohe Halle, Menschen warteten darauf vorgelassen zu werden und Menschen, die grade gehört wurden zogen zufrieden oder mit finsterer Miene von dannen. Curio war mit einem kleinen Tross angekommen unter dem sich zwei Leibwächter, sein Sekretär Acanthos, der einige Tabulae unter dem Arm trug sowie der Advocatus


    | Lucius Scribonius Gallio


    der Curio bei der Vorbereitung dieses Falles beraten hatte und als zweiter Ankläger fungieren würde. Curio unterhielt sich noch einige Zeit mit dem Scribonier, während sie darauf warteten, zum Statthalter vorgelassen zu werden, und als sie dann schließlich an der Reihe waren, trat der Helvetier vor.


    Werter Legatus Augusti pro Praetore! Hiermit erhebe ich, Iullus Helvetius Curio, Decurio von Mogontiacum, gemeinsam mit dem Advocatus Lucius Scribonius Gallio im Namen der Peregrina Susina Alpina Anklage gegen den Peregrinus Gurox wegen Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall, strafbar gemäß §99 Codex Iuridicalis sowie.Körperverletzung, straf gemäß §76 Codex Iuridicalis. Ich beantrage dabei festzustellen, dass der Beklagte Gurox der Peregrina Susina Alpina mit massiver Gewalt seinen Willen aufzwungen, sie vergewaltigt und dabei körperlich verletzt hat.

  • Nachdem Plautus das Officium des Princeps Praetorii - mit einer Anstellung als Scriba Provincialis in der Tasche - verlassen hatte, ging er in die Aula der Regia. Er hatte gehört, dass dort eine Anklage wegen Vergewaltigung vorgebracht werden solle. Er hatte noch die wilden Erzählungen seines pontischen Barbiers Tiribazus im Kopf und deshalb wollte er sich einen tiefen Einblick in die dunkle Seite dieses Städtchens auf gar keinen Fall entgehen lassen.


    Und tatsächlich, nachdem er sich in der Halle positioniert hatte, sah er, wie der Aedituus, mit dem er kürzlich über ein Opfer an Mercurius gesprochen hatte, in Begleitung eines Advocatus vortrat und eine Anklage wegen Vergewaltigung und Körperverletzung vortrug. Den Beklagten, der einen seltsamen Namen trug, kannte er nicht, wohl aber das Opfer. Das Opfer war nämlich diese Kräuterfrau Susina Alpina, die ihm nach seiner Ankunft in Mogontiacum schnell und wirkungsvoll bei der Bekämpfung seines Schnupfens geholfen hatte.


    Jetzt bei der Anklageerhebung war natürlich noch nicht von einer Beweisführung die Rede, die sicherlich ausgesprochen schwierig werden würde. Plautus war deshalb äußerst gespannt darauf, in dem eigentlichen Prozess Näheres darüber zu hören.

  • Mit gespannter Miene lauschte der Statthalter des Kaisers den Ausführungen des Helvetius und seines Mitadvocatus, den Vala dank überschaubarer Menge an rechtskundig gebildeten Köpfen in seiner Provinz schon das eine oder andere Mal vor Gericht zu Gesicht bekommen hatte. Der Fall hatte schon vor der Klageerhebung versprochen interessant zu werden, immerhin war die Geschädigte kein Niemand sondern über den einen oder anderen Umweg durchaus mit seiner Sippe verbunden. Dementsprechend eingeimpft war ihm der Fall schon im Vorlauf geworden und Vala war bestens im Bilde was dem Mann vorgeworfen wurde.
    Wenn es nach ihm gegangen wär, hätte man diesen Gurox einfach mit einer ansehlichen Zahl von gebrochenen Gliedern im Rhenus entsorgt, aber offensichtlich bestand man in dieser Sache darauf, Recht vor Gebühr walten zu lassen... was natürlich nicht risikofrei war.
    Da sich aber Helvetius Curio als zweiter Vertreter der Anklage zeigen wollte, hatte Vala dem Treiben seinen Lauf gelassen und die Klageerhebung zugelassen... immerhin wusste er selbst aus eigener Erfahrung, wieviel Prestige einem ein gewonnener Fall einbringen konnte. Wenn es denn so lief, wie er erwartete... oder hoffte.


    "Der Klage der Peregrina Susina Alpina wird stattgegeben." , gab Vala nach Abschluss derselben bekannt, um gleich mit für unvorbereitete Ohren überraschende Maßnahmen aufzuwarten, "Die Eröffnung des Prozesses kann sogleich geschehen, den Vorsitz des Verfahrens werde ich persönlich führen. Zu meiner Consultatio wird der Procurator Rationis Privatae, Numerius Marsus von den Duccii berufen. Kann ich davon ausgehen, dass der Angeklagte sich selbst verteidigt?" , fragte Vala pro forma nach, immerhin war bis zuletzt nicht davon auszugehen, dass sich ein Advocatus dieses hoffnungslosen Falls annehmen wollte. Einen augenscheinlich derart klaren Fall selbst zu übernehmen war eher unüblich, immerhin war die Rechtsprechung des Legaten in der gesamten Provinz gefordert. Allerdings wollte Vala unangenehme Überraschungen vermeiden... was vor allem eine Berufung bedeuten würde.

  • Es wurde bestätigt, dass der Angeklagte sich selbst verteidigen würde und auch wenn es überraschend kam, wurde er alsbald geholt, damit man ihm umgehend den Prozess machen konnte.
    Dass der Prozess gleich heute stattfinden würde hatte er so auch nicht erwartet, aber er war vorbereitet.
    Nun hieß es auf den Angeklagten warten. Die Zeugen waren auch informiert. Der Ankläger hoffte, dass sie rechtzeitig erscheinen würden. Natürlich konnte er seine Eröffnungsrede ausdehnen, aber bis ins Unendliche wollte er das nicht treiben, schließlich war die Anklage sonnenklar, so dass er mit einem raschen Prozess rechnete.



    Es dauerte nicht lange bis der Angeklagte flankiert von einige Soldaten in die Aula gebracht wurde.

  • Ich hatte mich an die Dunkelheit, feuchte Kälte und Einsamkeit gwöhnt. Nur selten kam ein Legionär vorbei, der mir Wasser, Brot und ab und an eine Suppe brachte. Deshalb war meine Verwunderung groß, als plötzlich zwei Legionäre vor mir Standen, mich hochrissen und meine Ketten von der Wand lösten. Ohne ein Wort schleiften sie mich nach draußen, dort warteten noch weitere Soldaten. „Dann machen wir dich mal ausgeh fein, du stinkst nicht nur wie ein Schwein, du siehst auch aus, als ob du dich im Schlamm gesuhlt hättest.“
    Meine Augen, die das plötzliche Tageslicht nicht vertrugen, schmerzten und tränten. Roh lachten die Soldaten, stießen mich von einem zum anderen, ehe sie mir die letzten Stofffetzen vom Leib rissen. Danach gossen sie mir Eimerweise Wasser über und schrubten mich mit Bürsten ab. Einer nahm sich meine, verdreckten, verfilzte Haare vor und schnitt sie mir ab. Kahlköpfig, nackt und frierend stand ich da. Einer meinte, "seht ihn euch an den tollen Hengst, der springt nicht mehr. Ob wir ihn uns mal vornehmen sollen? Mir ist egal wo ich ihn reinstecke.“ "Jetzt nicht“, kam von einer anderen Stimme, die warten schon. Rasch drückte man mir eine Tunika in die Hand. „Anziehen“, bellte einer. Hände und Füße wurden wieder gefesselt und ich wurde damit es schneller ging zum Gerichtsaal geschleppt.

  • "Da der Angeklagte nun da ist..." , fuhr Vala fort, als der Peregrinus in den Saal geschleppt worden war und die Amtsdienerschaft des Legaten für Ruhe gesorgt hatten, "...können wir nun also beginnen.


    Ich eröffne hiermit das Verfahren gegen den Peregrinus Gurox ob des Vorwurfs der Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall sowie Körperverletzung, entsprechend den Paragraphen neunundneunzig sowie sechsundsiebzig des Codex Iuridicalis. Als Geschädigte wurde die Peregrina Susina Alpina benannt, vertreten durch die Advocati Lucius Scribonius Gallio und Iullus Helvetius Curio. Der Angeklagte vertritt sich selbst. Numerius Duccius Marsus wird zur Consultatio berufen." , diktierte Vala seinen Schreibern sowie den Anwesenden und übte sich dabei in exemplarischer Gelassenheit, ohne die angebrachte Würde in der Stimme nicht zu vergessen. Dies war kein Fall um offene Langeweile zur Schau zu tragen.


    "Die Anklage hat das Wort." , gab der Legat den Vertretern der Susina Alpina das Wort, die nunmehr die Chance bekamen ihre Vorwürfe mit Beweisen zu unterfüttern.

  • Nichts hätte Licinus davon abgehalten, diesen Prozess zu verpassen. Natürlich konnte es sein, dass er als Zeuge aufgerufen wurde, aber das war irgendwo Nebensache. Vor allem war er gekommen um Alpina zu zeigen, dass er es ernst gemeint hatte, als er ihr sagte, dass sie auf seine Hilfe zählen könne. Und natürlich wollte er nicht weniger als den Verbrecher sterben sehen. Licinus war ja kein blutrünstiger Mensch, aber in diesem Fall war das was anderes.


    Mit scharfem Blick beobachtete er den Gefangenen und auch seine Bewacher. Die Soldaten hatte er selbst handverlesen und ihnen intensiv eingebläut, dass der Verbrecher schnell war. Ausgesprochen schnell. Licinus erinnerte sich genau, wie er ihn angegriffen hatte und die Soldatne wussten genau, was ihnen blühte, wenn sie sich übertölpeln ließen. Dafür hatte er gesorgt. Nichts sollte die Ordnung des Prozesses stören, hatte er sich geschworen, das, so fand er, war er Alpina mindestens schuldig.

  • So gut es mir mit den Fesseln an Händen und Füßen möglich war, hatte ich es mir auf meinem Platz gemütlich gemacht. Endlich Gelegenheit vernünftig zu sitzen. Meine Augen hatten sich fast, schon wieder an das Tageslicht gewöhnt. Zumindest war es hier drinnen erträglich.
    Ich hatte mich eben bei dem Gebrabbel des Legaten gefragt was der ganze Aufstand hier sollte. Wollten die mir allen ernstes glaubhaft versichern, sie hätten sich noch nie ein Weib gegen seinen Willen genommen. Nicht mit mir. Ich kaufte ihnen die Nummer nicht ab. Der einzige Unterschied zu mir war, sie waren in Amt und hatten ihre Sklavinnen, die würden sie ja auch nicht um Erlaubnis fragen. Wenn die Kräuterhure mir gleich gesagt hätte wo der Bengel Kaeso war, dann hätte es den und nicht sie erwischt. Aber nein die dumme Kuh musste ja Übermutter spielen und ihn beschützen. Außerdem JEDE freut sich wenn ich es ihr besorge. Das werde ich den Langweilern auch noch klar machen. Wenn ich an das rasse Weib Phryne und ihre Sklavin denke. Wie haben sie es genossen. Ha dann könnte ich doch glatt in diese selbgerechte Gesichter hier hauen. Warten wir es ab. Noch ist das hier nicht vorbei.

  • Einigermaßen überrascht war Witjon gewesen, als ein Verwaltungsdiener ihn in die Aula rief. Er hatte nicht gewusst, dass heute ein Prozess terminiert war. Noch mehr überraschte ihn, welcher Sachverhalt der Anklage zugrunde lag. Susina Alpina war vergewaltigt worden? Neugierig hatte er sich bei Alrik erkundigt, doch der wusste auch nicht mehr. Erstmal sollte der Angeklagte vorgeführt werden, ein gewisser Gurox. So warteten sie.


    Als Gurox schließlich von einigen Soldaten in die Aula gestoßen wurde, verzog Witjon verächtlich den Mund. Dieser Mann sah bereits aus wie ein Verbrecher, dafür hatte man vor dem Verfahren gesorgt. Kahlrasiert und schmutzig war er. Und ein trotziger Ausdruck zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Dieser Mann sollte Susina Alpina vergewaltigt haben? Weshalb? Und wann war das geschehen? Wieso hatte er davon nichts erfahren? Fragen, die Witjon sich nicht beantworten konnte und auch sonst niemand hier. Helvetius Curio jedenfalls hatte Abstand gehalten vom Richterstuhl, vermutlich um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, die duccischen Rechtsfinder könnten in dieser Sache befangen sein. Zugegeben, Witjon war wenig amüsiert allein von der Vorstellung, dass der gutmütigen Hebamme, die zwei seiner Kinder zur Welt gebracht hatte, etwas so grässliches angetan worden sein könnte. Dennoch, er bemühte sich um eine unvoreingenommene Betrachtung der nunmehr vorzubringenden und zu beweisenden Tatsachen.

  • Der Ankläger war gelasen wie schon lange nicht mehr, er lehnte sich zurück und wartete bis alle Beteiligte ihren Platz gefunden hatte, dann erhob er sich.
    „Ehrenwerter Legatus Augusti pro Praetore , mein Name ist Lucius Scribonius Gallio,“ Kurz lies er sein Blicke durch den Raum schweifen.
    „Ehrenwürdiger Legatus Augusti pro Praetore.“ wiederholte er. "ich beschuldigte den ..“ Der Ankläger richtete seinen Rechten Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Angeklagten.“...Peregrinus Gurox , der Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall, der Körperverletzung ... !“ Eine kleine Kunstpause um die Worte einzeln wirken zu lassen wurde hier durch den Ankläger eingebaut. „und Widerstand gegen Staatsgewaltige. “
    Er erhob sich ein Gemurmel unter der anwesenden Zuschauermenge, dass dem Rauschen der Blätter im Walde glich. Der Ankläger fuhr mit klarer deutlicher Stimmer fort.
    „Der Beschuldigte machte sich folglich gstrafbar gemäß §99 Codex Iuridicalis sowie §76 Codex Iuridicalis und [hier wird der 3. § noch eingefügt, den muss ich erst suchen]"
    Wieder machte der Ankläger eine Kunstpause, damit seine Worte unter den Zuschauern ihre volle Wirkung entfalten konnten. Während er nun weiter sprach ging er im Raum umher.
    „Im Zuge der Komplexität dieses Strafverfahrens werde ich diese Delikte in der Gesamtheit zusammenfassen. Ich werde Peregrina Susina Alpina und Praefectus Castrorum Iulius Licinus als Zeugen aufrufen. Sollen zur Beweisführung noch mehr Zeugen nötig sein, werde ich diese zu einem späteren Zeitpunkt benennen. Ich werde beweisen, das dieser Mann dort ein brutaler Vergewaltiger ist. Das dieser Man ein Subjekt ist welches von dieser Erde getilgt werden sollte. Rom kann und wird diese Schändlichkeit nicht erdulden und wird sicherlich mit wachen Augen auf diesen Straftäter blicken."
    Der Ankläger nahm, nachdem er nun diese massiven Vorwürfe vorgebracht hatte wieder Platz. Bereit seinen ersten Zeugen aufzurufen.

  • „Was für ein Affe“, das konnte ich mir gerade nicht verkneifen. Gemeint war damit der Ankläger, als dann noch sein Zeigefinger auf mich zeigte, ging es mit mir durch. Steck ihn dir doch selber rein, blaffte ichn ihn an. Was bildete der Kerl sich ein? Er kannte mich doch gar nicht und dabei gewesen war er auch nicht. Das musste jetzt einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden, schließlich musste ich mich hier selber verteidigen, die waren ja noch nicht einmal fähig dafür zu sorgen, dass ich einen Verteidiger bekam. Hätten sie mich rausgelassen, hätte ich sicher einen gefunden. Aber nein stattdessen ließen sie mich in der Zelle vermodern. „Ja lass sie nur kommen die graue Maus und ich werde euch beweisen, dass sie es wollte. Der Dings da dieser Praefectus weiß gar nichts, der war doch überhaupt nicht dabei. Dass die mich erwischten, verdankte ich doch nur dem Kaeso, dem Lustknaben der Acilia Phryne, dass das mal klar ist.“
    Zufrieden lehnte ich mich zurück.



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    DISCIPULUS NEBULAE - DIE NIMBATI[/quote]

  • Natürlich war Runa an der Seite ihrer Freundin. Wie sie es ihr versprochen hatte. Nein sie würde sie nicht allein lassen, nicht an einem Tag wie heute. Runa würde dem Mann auf der Anklagebank am liebsten eigenhändig die Eier abscheiden und ihn dann jämmerlich verbluten lassen. Oh ja ihr Hass auf diesen Mann war unsagbar groß. So groß, dass sie nur üble Gedanken hatte, wenn sie daran dachte. „Ich bin bei dir.“ flüsterte sie Alpina zu und drückte die Hand ihrer Freundin.

  • „Genau, sie ist an allem Schuld diese Giftschlange. Sie hat ihn dahingetrieben, genauso wie sie aus Eifersucht mich umbringen wollte, zumindest mein Kind.“
    Es war Flores Stimme, die halb verdeckt neben einer Säule saß. Sie hatte mit bekommen, dass der Prozess gegen Gurox beginnen sollte. Hochschwanger, wollte sie ihn noch einmal sehen, den Vater ihres Kindes. Täglich konnte sie ihr Kind bekommen, dann hätte sie bestimmt keine Gelegenheit mehr dazu.
    Ihren etwas verdeckten Platz hatte sie mit Absicht gewählt, denn die Vergewaltigte war Alpina ihre Hebamme und dieser hatte sie nicht gesagt, das Gurox der Vater ihres Kindes war. Sie schämte sich dafür, doch Flore konnte es ihr nicht sagen, den Alpina hatte sie als freundliche und hilfsbereite Frau kennen gelernt. Die ehemalige Bedienung, von Gurox Taverne, „Zum brünftigen Hirschen“ wollte sie einfach nicht verletzen.
    Das heruntergekommene Aussehen von Gurox, hatte sie dies vergessen lassen. Sie hatte ihn geliebt, nein eher noch, sie liebte ihn noch immer und diese Schlampe, die tanzend und hurend durch die Straßen von Mogontiacum lief, war an allem Schuld und konnte sich ungestraft weiter aufspielen. Schlimmer noch, nicht nur, dass sie versucht hatte ihr Kind zu töten, sie bezichtigte sie auch noch des Diebstahles von ihrem Schmuck, den Flore nie gesehen, geschweige denn genommen hatte.

  • Alpina saß bei Runa und hielt sich bewusst in der Nähe von Marcus Iulius Lilcinus auf. In seiner Nähe fühlte sie sich einigermaßen sicher. Sie hatte unglaubliche Angst vor diesem Prozess. Vor allem vor den Aussagen des Gurox und davor wie die zahlreich anwesenden Bürger Mogontiacums es aufnehmen würden. Allein der Tatbestand einer Vergewaltigung war unschön für sie. Alpina fühlte sich beschmutzt und starrte die meiste Zeit auf den Boden vor sich.


    Ihre Hände hatten sich ineinander verkrallt als sie die Stimme dieses Mistkerls vernahm. Wie er sofort Kaeso in den Schmutz zog. Es war kaum auszuhalten. Was würde da noch auf sie zukommen?
    Licinius und sie würden als Zeugen aufgerufen werden. Es würde ein schwerer Tag für sie werden. Wenn er nur schon vorüber wäre. Alpina schickte ein Gebet an alles Götter im weiten Himmel und unter der Erde auf dass Gurox an diesem Tag verurteilt würde und nie nie wieder sein Schandmaul aufreißen würde.

  • Die Spatzen pfiffen es von den Dächern. Die Anklageerhebung, die in der Aula der Regia stattfand, versprach kurzweilig zu werden. Angeklagt sollte ein Verbrecher werden, dem man nachsagte, pervers zu sein und unzählige Weiber im Bett und sonst wo gehabt zu haben. Darunter die mausgraue Hebamme Susina Alpina, deren Gehilfen Balbus inzwischen unter seine Fittiche genommen hatte. Er mochte die Hebamme und wollte wirklich nicht, dass ihr Gewalt angetan wurde. Doch war es auch so gewesen? Die Frau war alleine. Ihr Mann war Soldat und seit Jahren auf irgendeiner Mission in der Ferne. Es konnte doch durchaus sein, dass sie diesen Typ an sich rangelassen hatte und nun, um ihren Ruf zu retten, einen Prozess anstrengen wollte. Balbus hatte jedenfalls vor sich selbst eine Meinung zu bilden.


    Der Auftakt war vielversprechend. Dieser Gurox war sicher in seinem Fäkalvokabular. Balbus grinste. Kurz drauf bestätigte der ungewaschene Kerl, was als Gerücht kursierte. Die Kräuterfrau hatte sich freiwillig mit ihm eingelassen. Interessant war auch, dass dieser Kerl Kaeso als Lustknabe einer Frau namens Aciliana Phryne bezeichnete und ihm vorwarf ihn verraten zu haben. Phryne hieß sie also, die schöne mit dem aufreizenden Körperbau! Aciliana Phryne... gut zu wissen!


    Balbus drängte sich weiter vor. Das alles war so interessant, dass er unbedingt besser hören wollte, wie es weiterging.

  • Auch Phryne hatte gehört, dass die Verhandlung gegen Gurox begann. Alles was in diesem Zusammenhang erörtert wurde, war wichtig für sie. Schließlich hoffte sie noch immer etwas über den Verbleib des Schmucks zu erfahren, den er ihr geraubt hatte. Als schließlich die Anklage erhoben wurde und keine Silbe über die Raubzüge und Betrügereien von Gurox gesprochen wurde, sprang Phryne auf.


    Hört mich an, hochverehrter Legatus Auguti, werter Advocatus, die Liste der Verbrechen dieses Mannes ist weit länger. Freiheitsberaubung, Betrug und Diebstahl gehören mit aufgenommen. Als Libertina ohne die Möglichkeit mich von einem Dominus vor Gericht vertreten zu lassen, habe ich zwar keine Handhabe gegen dieses Scheusal, doch will ich euch nicht vorenthalten welche Unmenge an Verbrechen auf das Konto dieses Mannes gehen. Dieses Individuum hat nicht nur Susina Alpina seinen Willen aufgezwungen sondern auch mir. Dazu hat er mich als Geisel gehalten, einmal unter abscheulichen Umständen in einem Keller, darüber möchte ich öffentlich keine weiteren Angaben machen und dann in meinem eigenen Haus nebst meiner Dienerschaft. Er gab sich als ein anderer aus, nutzte einen falschen Namen um sich bei mir einzuschleichen und stahl meinen Schmuck. Gurox ist ein brutaler Schläger, Vergewaltiger, Entführer und Dieb und ich bin mir sicher, dass sich die Liste noch verlängern ließe!

  • "Zwei Zeugen nur... und eine davon die Geschädigte?" , murmelte Vala für den Großteil der Anwesenden unhörbar zu seinem Vetter, "Man hätte annehmen können, dass die Anklage sich nicht schon von vorneherein derart knauserig zeigt." Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass die Sache klarer ausgestaltet würde... so aber schien die Anklage es zumindest spannend gestalten zu wollen. Das würde dem Advocatus zur Ehre gereichen, immerhin blieben ihre Namen bei einem spannenden Prozess eher im Gedächtnis als bei einer klaren Abarbeitung von unleugbaren Fakten... aber dies ging IMMER zulasten der Geschädigten.
    Dass sein Praefectus Castrorum, der sich derzeit eigentlich mit einer Sicherheitskrise bisher kleineren Umfangs am Limes rumschlug, sich die Zeit dafür nahm als Zeuge aufzutreten und gar überhaupt in die Sache verstrickt war, hatte den Legaten ebenso überrascht... und Vala hatte sich nicht die Mühe gemacht dies in seiner Mimik zu verhehlen, als er den Blick des Iulius in den ersten Reihen des Publikums gesucht hatte.


    Der Angeklagte konterte die Ausführungen der Anklage mit einer Reihe von Beschimpfungen und zeigte sich doch enttäuschend uninspiriert. Andererseits: was hatte Vala in dem Fall erwartet? Überraschender war die Tatsache, dass der Kerl tatsächlich noch Freunde im Publikum zu haben schien... allerdings wohl kaum genug, um hier so etwas wie einen Stimmungsumschwung laut werden zu lassen.


    "Erwischt?" , hakte Vala dann doch mit unschuldiger Miene in Richtung des Angeklagten ein, bevor er mit dem Prozess fortfuhr, "Wieso denn 'erwischt'? Und vor allem: wobei?"


    Dann sprang eine Frau auf, die Vala irgendwo schonmal gesehen hatte, sich allerdings nicht an ihren Namen erinnern konnte. "Phryne, Freigelassene, ambitioniert, wohlhabend, zugereist." , kam prompt Sirius' Einflüsterung und Vala wedelte kurz mit der Hand, um einem Gerichtsdiener zu signalisieren, dass diese Frau NICHT auf ihren Platz zurückzuknüppeln war. Die Litanei, die sich darauf erhob, ließ Vala schon skeptisch eine Augenbraue hochziehen und abwechselnd vom Angeklagten zu seinem Centurio Statorum, der den Blick genau richtig interpretierte und ziemlich zerknirscht dreinschaute.


    "Werte Phryne.." , wandte Vala sich an die sichtbar erboste Frau, "..ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Zuerst die schlechte: du wirst ein eigenes Verfahren anstrengen müssen, um deinen Vorwürfen vor Gericht Geltung zu verleihen. Dies ist kein Stuhlkreis indem jeder dem Angeklagten mal eben an den Kopf werfen darf was er an ihm nicht mag. Die gute Nachricht ist jedoch: als Libertina ist man vor Gericht nicht derart eingeschränkt wie du glauben magst."


    "Wenn nur die Hälfte von dem wahr ist, was dem Kerl an den Kopf geworfen wird..." , murrte Vala zu seinem Vetter weiter, "...hätte man ihn besser gleich in einem Tümpel ersäufen sollen, statt hier öffentlich zu machen, dass der sich gleich reihenweise in der Provinz austoben konnte." Gut, Staatsgewalt und Polizeiwesen waren heuer nicht annähernd so umfassend und allgegenwärtig wie es in der Zukunft sein sollte... nichtsdestotrotz brauchte man das jetzt nicht so laut in die Welt posaunen.

  • "Er wird schon wissen, was er tut", erwiderte Witjon auf die zweifelbehafteten Bemerkungen seines Vetters, des Statthalters. Zwei Zeugen mussten eben reichen. Wenn sie keine Anhaltspunkte für die Unglaubwürdigkeit ihrer Person oder die Unglaubhaftigkeit ihrere Aussage boten, dann würden sie Witjon genügen. Sofern ihre Aussagen die Tatsachen bewiesen, die zur Erfüllung der angeklagten Straftatbestände erforderlichen waren.


    Ebenso wie Vala horchte der Procurator Rationis Privatae überrascht auf, als der Angeklagte davon sprach, erwischt worden zu sein. Der Statthalter sprach aus, was er dachte. Bevor hierauf irgendwer eingehen konnte, platzte allerdings Aciliana Phryne in den Prozess. Missbilligend runzelte Witjon die Stirn. Dieses Weib war doch stets für eine unangenehme Überraschung zu haben. Vala ging jedoch angemessen mit der Situation um, wofür er von Witjon ein verhaltenes Nicken erntete.


    "Hören wir uns einfach die Zeugen an", riet Witjon angesichts der Bedenken seines Vetters. "Immerhin ist er gefasst worden. Und dein Praefectus Castrorum scheint ja auch involviert zu sein, also war die Legio wohl nicht ganz untätig." Und hoffen wir, dass das dieses Verfahren kein allzu nervtötendes Theater werden würde, betete Witjon stumm zu Wodan-Iuppiter-Zeus-undwersonstnochhelfenkönnte.

  • Was zu viel war war einfach zu viel, dieses verdammte Biest, die sowas von Lust und Gier besessen war, schob doch alles auf mich ab. Ich konnte nicht mehr an mich halten und wollte aufspringen um auf sie los zu gehen, doch ehe ich mich versah wurde ich von meinen Bewachern auf meinen Platz gedrückt. Trotzdem donnerte ich los: Was redest du denn da? Wer hat es denn so genossen was im Keller geschah, wer wollte immer noch mehr und war nicht mehr zu sättigen? Wer litt wie eine läufige Katze wenn ich sie nicht beglückte und war rasend vor Eifersucht? Dabei wolltest du dann noch nebenher deinen Liebesknaben, den ich mir erst selber vornehmen musste bis er verschwand. Du wagst es jetzt hier als arme Leidende, geschädigte auf zu treten? Ja und deinen Schmuck hat nicht Flore, sie wusste auch nichts davon, den behielt ich als kleines Pfand, falls du einmal nicht spuren würdest. Wie sich hier zeigt, war es die richtige Entscheidung, du bist eine doppelzüngige Schlange. Wenn ihr euch den Kaeso richtig vor nehmt, werdet ihr bestimmt mehr erfahren.
    Wütend starrte ich in ihre Richtung, wenn man mich lassen würde, dann könnte ich ihnen an Ort und Stelle zeigen was mit dieser Acilia Phryne los war.

  • Der Statthalter musste nicht einmal aufsehen, damit einer der den Angeklagten bewachenden Soldaten seinen Knüppel auf der Schädelplatte des Gurox niedergehen ließ und anschließend geiferte: "Du hast dem Legaten zu antworten und niemandem sonst!"

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