Die Reise hatte Ewigkeiten gedauert - von Alexandria aus waren die großen Getreideschiffe über die Levante nach Cyprus gesegelt, um von Achaia kommend den italischen Stiefel zu umrunden. Diese deutlich längere Überfahrt - die Jahre bei der Classis über hatte der Petronier kaum an größeren Flottenexpeditionen teilgenommen - war doch eher ambivalent ausgefallen: Einerseits hatte sie Lucius die Möglichkeit gegeben, sich intensiv mit Fragen der Navigation zu beschäftigen - vor allem tagsüber, da die Flotte nachts gewöhnlich vor Anker ging - und die Kartographie des Mare Nostrum zu studieren. Diese technischen Beschäftigungen waren aber auch dringend nötig gewesen, denn andererseits hatte es sich als unglaublich langweilig erwiesen. Jeder Tag war mehr oder minder gleich verlaufen: Aufstehen in irgendeiner schäbigen Unterkunft, dann obligatorisches Opfer an Neptun, dann In-See-Stechen, dann den ganzen Tag auf einem winzigen Raum Zeit totschlagen - die Abläufe an Bord wurden ja vom Kapitän und seiner Crew organisiert - , dann in einem Hafen vor Anker gehen, dann die organisatorischen Dinge der Übernachtung klären, dann die Stabsbesprechung - gerne mit irgendwelchen kleinlichen Problemen der einzelnen Kapitäne, die es mit Bestimmtheit zu lösen galt - , dann ein Abendessen bei irgendeinem langweiligen Honoratioren, dann ins Bett.
Heute aber würde all das zu Ende sein, denn heute erreichten sie Portus Romae, den großen Hafen der Stadt, in der der Subpraefectus zukünftig seinen Dienst verrichten würde! Lucius ließ die Ruderer nochmals antreiben, als endlich der große Leuchtturm dieses unglaublich modernen Hafens in Sicht kam - Traianus war ja noch nicht allzu lange tot - und die Aeternitas lief an der Spitze der Getreideflotte in den Hafen ein. Lucius staunte nicht schlecht: Portus war ein gewaltiger Hafen, vollgestopft mit Schiffen aller Größe und Form. In einer Ecke sah er sogar einige Liburnen liegen - wohl der Stützpunkt der Vexillatio von der Classis Misenensis, wo er die zusätzlichen Soldaten abliefern sollte!
"Mann, bin ich froh, endlich aus diesem Griechenbetrieb rauszukommen!"
erklärte er Armin, der neben ihm stand.
"Ja, hier is' wenigstens das Wetter 'n kleines bisschen kühler... Schade, dass sie dich nicht zu 'ner Legion in Germania gepackt haben!"
antwortete der Sklave. Lucius grinste.
"Sei froh, dass ich nicht in irgendsoein Berbernest in der Wüste gesteckt worden bin! Roma is' doch ein ganz guter Kompromiss!"
Das konnte man wirklich laut sagen - wo sonst würde er die Gelegenheit haben, so viele nützliche Kontakte zu knüpfen wie hier? Außerdem waren die Cohortes Urbanae sicherlich ein spannendes Tätigkeitsfeld und eine willkommene Ablenkung zum eintönigen Dienst bei der Flotte - Verbrecherjagd, öffentliche Sicherheit etc. etc. standen ab sofort auf dem Programm!