Eine Insula an der Grenze zur Subura

  • Pythagoras fand sein Ziel und schlitzte dem Germanen den Arm auf. Mit leuchtenden Augen sah Lucius das Blut fließen - bis ihn ein stechender Schmerz in die Realität zurückholte: Der Germane hatte brüllend ausgeholt und nach ihm geschlagen und er hatte reflexartig die Parma hochgehalten. Dort schlug der Hieb ein, übertrug seine Kraft auf den Arm des Petroniers und ließ ihn beinahe explodieren. Der Tribun konnte nicht verhindern, vor Schmerz aufzuschreien und sah für einen Moment Sternchen.


    Zum Glück nutzte sein Gegner diese neue eingeschränkte Leistungsfähigkeit nur mäßig - mit Links konnte selbst dieser Bär nicht vernünftig zuschlagen. Diesen Nachteil versuchte der Kerl scheinbar durch Frequenz auszugleichen. Ausgerechnet in diesem Gewitter aus Schlägen kam Lucius, den das Adrenalin schnell wieder klar gemacht hatte, zu der Einsicht, dass es irrational war, so einen Aussetzer noch einmal zu riskieren. Also versuchte er nun, Paraden mit seinem Schild zu vermeiden und stattdessen mit dem Gladius zu parieren oder direkt auszuweichen. Statt einem ordentlichen Kampf aus dem Lehrbuch musste der Petronier nun also wie ein Retiarius hin und her springen und verringerte damit seine Chance, selbst einen Treffer zu landen.
    Der Germane schlug aber unverdrossen um sich und als Lucius einen seiner Schläge mit dem Gladius parierte, musste er feststellen, dass sie immer noch ziemlich kräftig waren. Auch sein Schwertarm ermüdete langsam, wie er feststellte - und auch etwas unvorsichtig wurde: Ein schlampig parierter Hieb glitt an der Klinge ab und traf wuchtig seinen Helm. Das Metall hielt zwar stand und die Polsterung dämpfte den Schlag, doch die Wucht genügte, um ihm neuen Schmerz - diesmal von der Schläfe - zu bereiten. All das machte es nicht einfacher, durch die Mauer aus Schwertschlägen zu dringen...


    Unglücklicherweise (für den Germanen) setzten sich Lucius' Männer aber auch bei den anderen Kämpfen auf den Ballustraden zunehmend durch. Entsprechend kam nun ein weiterer Soldat zu Hilfe und begann seinerseits, den Riesen zu attackieren. Der wandte sich um und schlug nach dem armen Miles, der jedoch sofort sein Scutum hochhielt. Der kraftvolle Schlag fraß sich geradezu in die obersten Holzschichten und verteilte kleine Splitter in der Luft.
    Dafür hatte Lucius aber kein Auge - er sah nur, dass die Gelegenheit gekommen war: Er sprang vor und rammte dem Riesen sein Gladius in den nackten Rücken, auf dem er beim Vorspringen einige Narben von Peitschenhieben erkannte. Ein ungehorsamer Sklave - das konnte sich der Tribun gerade sehr gut vorstellen! Dummerweise gehorchte er aber auch jetzt nicht, denn anstatt sauber einzudringen wie bei dem vorherigen Exemplar kam Pythagoras nur bis zu den Rippen. Der Germane brüllte zwar auf, wandte sich dann jedoch um und schlug mit der Faust seines verletzten Armes nach dem Petronier. Er traf voll am Kopf - genau dort, wo vorher schon das Schwert eingeschlagen war.
    Das war selbst für das hochintelligente Zahlengehirn des Tribuns zu viel - es schaltete einen kurzen Augenblick wegen Überlastung aus und sein Besitzer ging zu Boden. Als er wieder aufwachte, war der Germane noch immer in den Kampf mit dem Miles verwickelt. Er schmeckte Blut - ob es sein eigenes war oder das den Riesen, konnte er nicht sagen - und sah neben sich seine Parma und ein wenig weiter vorn Pythagoras liegen.
    Kurz sah er sich um, ob irgendjemand seinen Aussetzer bemerkt hatte, dann hechtete er vor, griff nach Pythagoras und rammte ihn im Aufstehen mit aller Kraft knapp unter den Rippen in den Rücken des Hünen.


    Diesmal traf er vorbildlich - ähnlich wie bei Caius damals schob sich das Schwert von unten unter den Rippen durch in die oberen Eingeweide. Der Kerl brüllte wie ein Ochse, versuchte wieder, sich zu Lucius umzudrehen, strauchelte aber schon dabei und fiel schließlich zu Boden, durch seine Kraft dem Tribun das Gladius aus den Händen reißend.
    Mit sardonischem Lächeln riss der Petronier seinen Pugio heraus, sprang dem Germanen an die Kehle und schlitzte sie genüsslich auf. Fast wie beim Opfer eines Schafes - und was waren Sklaven auch anderes?

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  • Die Plünderer waren alle niedergemacht. Während seine Männer die Verletzten auf beiden Seiten einsammelten und ins Erdgeschoss verfrachteten, blieb Lucius auf der Gallerie stehen und rieb sich den schmerzenden Arm. Jetzt, wo das Adrenalin des Kampfes wich, spürte er de Schmerz wieder sehr deutlich, der gar nicht mehr aufhörte. Trotzdem konnte er es nicht lassen - in einem unbeobachteten Moment schlich er zu dem riesigen Germanen zurück, zückte seinen Dolch und trennte das oberste Fingerglied des kleinen Fingers fachmännisch ab. Die Fingerkuppe wanderte eilig in seinen Geldbeutel.


    Gerade wollte er zur Treppe gehen, als ihm einfiel, dass er ja noch einen zweiten Sklaven erlegt hatte. Der dürre Kerl war zwar kein echter Gegner gewesen, aber der Vollständigkeit halber musste er auch von ihm eine Trophäe mitnehmen! Also drehte er noch einmal um, suchte den Toten und holte sich auch dort ein Stückchen Finger. Erst danach kehrte er ins Erdgeschoss zurück. Unterwegs sah er, dass einiger der überlebende Bewohner sich langsam aus ihren Wohnungen wagten. Sie würden die Toten selbst entsorgen müssen - dafür hatten die Urbaniaci in diesen Tagen nun wirklich keine Zeit!


    Sehr wohl aber für die Verletzten und Toten der eigenen Seite:
    "Centurio: Du sorgst für den Abtransport der Verwundeten und Toten! Bring sie direkt in die Castra Praetoria!"
    Er sah sich weiter um und entdeckte Octavius Maro:
    "Optio, du sorgst für den Abtransport der Gefangenen. Die kommen auch in die Castra unter Obhut der Prätorianer."
    Die waren die Verhörspezialisten.
    "Dann ziehen wir uns zu unserem Stützpunkt zurück!"
    Er lächelte zu einem blassen Mieter, der voller Entsetzen auf die Toten und die Sauerei in seinem Haus blickte. Ein wenig ironisch - obwohl Ironie nicht gerade Lucius' Stärke war - rief er ihm zu:
    "Glückwunsch, ihr Bürger, ihr seid wieder in Sicherheit!"

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