Varia, die Rädelsführerin des Sklavenaufstandes

  • Die Melodie seines Leben neigte sich dem Ende zu. Er gehörte zu jenen Männern, die ihr ganzes Leben einer einfachen Sache gewidmet hatten: der Wahrheit. Manius war ein alter Speculator und hatte es sogar in den Rang eines Centurios gebracht. Wenn er etwas konnte, dann war es einen Sachverhalt zu ermitteln und dies frei von jeder persönlichen Verwicklung. Manius und seine handverlesenen Leute wurden dann entsandt, um für das Imperium eine Sachlage zu klären. Ihnen lag nichts am persönlichen Ruhm oder Ehre, sondern sie dienten schlicht und einfach ihrem Bestreben einer soweit möglichen Wahrheit nahe zu kommen. Sie standen nie im Lichte und waren im Schatten aktiv, um dem Lichte Roms zu dienen. Manius war von den Unruhen nicht betroffen gewesen. Er war ohnehin zu alt, um noch aktiv an Frontkämpfen teil zu nehmen. Zunehmend war es ja auch nicht mehr die Aufgabe der Prätorianer blutige Kämpfe zu bestreiten. Der Konflikt war anderer Natur geworden. Manius blickte bereits auf seine Pension, sein graues Haar und seine tiefen Falten sprachen von einem durchsetzten Leben, so dass er überaus froh nur den Hergang des Vorfalles zu ermitteln, der zu Varia und ihren Horden geführt hatte. Zwar konnte er auch auf Berichte von Augenzeugen, Soldaten und weiteren Quellen zurückgreifen, so war doch die Aussage und die Geschichte einer Täterin von bedeutsamen Interesse. Manius hatte nie verstanden, warum für viele Gewalt ein Lustgewinn war. Für ihn selbst war sie stets nur ein Werkzeug gewesen. In seinem langen Leben hatte er bereits viele Geschichten gesehen und erlebt. Manius glaubte an nicht mehr viel, außer an die detektivisch erarbeitete Zusammenstellung, die er auf Vernunft basierend zusammenschloss. Seine beiden engsten Kameraden waren Simplex und Gracchus. Sie waren mit ihm in diesem Geschäft groß geworden. Die Wahrheitssuche war ein Geschäft sowie ein steter Handel mit dem Schicksal. Manius hatte mit seinen beiden Vertrauten vor der Zellentür gewartet, um das Schauspiel der unfähigen Soldaten zu belauschen und gelegentlich durch den geheimen Spalt zu beobachten, der mit einem Riegel verschlossen war. Es entlockte ihm kein müdes Schmunzeln mehr, da er sich angewöhnt hatte, sich nicht emotional zu beteiligen. Als Ermittler stand es ihm nicht zu, eigene Emotionen in den Sachverhalt einfließen zu lassen. Es könnte die Wahrheit beeinträchtigen, der er sich nähern wollte. Mitunter war er der Beste seines Faches, so dass dieser Auftrag wohl der letzte Fall seiner Karriere sein würde. Trotzdessen das er jene Prätorianer für Idioten hielt, konnte er durch die Beobachtung der gebotenen Szene erste Eindrücke vernehmen, die ihm bereits halfen.


    "Auf ein Letztes," sagte die väterliche Stimme des Manius, während die peinigenden Soldaten durch den Korridor entschwanden und die Zelle freigaben. Dieses Geschäft brauchte Ruhe und keine hektischen Narren. Man öffnete die Zellentür erneut. Manius selbst trat ein, trug keine Rüstung aber einen Knüppel in seinen Händen, den er geschickt auf einem herausstehenden Mauerwerk ablegte. Seine beiden Vertrauten brachten Öllampen aus Ton, um den Raum besser auszuleuchten. Schnell waren diese entzündet. Die Lampen standen in sicherer Entfernung, so dass diese nicht als Waffe verwendet werden konnten. Manius brauchte Licht für seine Arbeit, um die Gefühlsregung deuten zu können. Er hatte bereits eine Ahnung, was für eine Person Varia war. In gewisser Hinsicht bewunderte er sogar diese Frau, die allem trotzte und noch einmal mit einem Getöse verschwinden wollte. Ihre Welt war traurig und dunkel. Manius war geübt darin, Charaktere zu bewerten und einzuordnen. Sein ganzes Leben hatte er nichts anderes getan. Die arme Varia befand sich in einem desolaten Zustand, gar zugerichtet von diesen bestienhaften Soldaten, die nicht verstanden, was hier vor sich ging. Wie so oft, fehlte es an Verstand und Vernunft. "Fußketten fehlen," stellte Simplex sachlich fest und tat ohne Befehl, was ihm wichtig war. Man legte der Gefangenen Fußketten an, die man durch einen großen Ring an der Wand zog. "Stümper," meinte Gracchus und ging einen Schritt aus der Zelle, nachdem er sicher war, dass Simplex nicht angegriffen wurde. Man sicherte sich in diesem Gewerbe ab. Simplex selbst trat gebückt einen Schritt zurück und richtete seinen Gürtel, an dem ein Knüppel aber keine Stichwaffe hing. Man nahm keine gefährlichen Waffen, wie Schwerter oder Dolche mit zu einer Gefangenen. Simplex trug zusätzlich noch zwei Lederarmschienen, um seine Armmuskelatur zu entlasten, sobald er schwer heben musste. Gracchus kam mit zwei Eimern Wassern wieder hinein, auf seinen Schultern lagen mehrere Leinentücher. Er stellte die Eimer ab und warf die Tüchter achtsam zu Manius, der seinem Gehilfen zunickte. "Wir brauchen noch zwei Stühle," fragte Manius und Simplex führte aus, indem er aus dem Vorraum hektisch zwei einfache Holzstühle besorgte, um diese sich gegenüber in den Raum zu stellen. Danach stellte er sich mit einem sicheren Abstand neben Varia auf, um mit einen breitbeinigen Stand, ein argwöhnisches Auge auf die Gefangene zu haben, während Gracchus die Ketten straff anzog, um sie an der Wand aufzurichten, bevor man ihr mit einem Fußtritt den Stuhl anbot. "Sitzen ist bequemer," meinte Manius nüchtern und schloss die Zellentür bis auf einen kleinen Spalt, durch jenen ein schwaches Licht fiel. Die Öllampen gaben der Atmoshäre tatsächlich etwas Wärme und Ruhe im krassen Kontrast zur gesamten Situation. "Es tut mir leid, was sie dir angetan haben," erklärte Manius aber näherte sich nicht weiter, sondern nahm auf seinem Stuhl Platz, damit er auf Augenhöhe sprechen konnte. "Ich habe ein paar Fragen an dich und bin nicht hier, um dich erneut ohne Vernunft zu verletzen," versicherte der Ermittler. "Varia, das ist doch dein Name?" - eine reine Resonanzfrage, um die ersten leibhaftigen Eindrücke aus ihrem leidgebundenen Gesicht zu erhalten. Der alte Mann legte ruhig seine Hände auf seinen Schoß aber machte durch seinen Blick klar, dass er eine Antwort verlangte. Simplex und Gracchus hielten ihre Position, während ihre Hände wartend auf den Griffen der gefertigten Holzknüppel ruhten. "Du stammst aus Themiskyra?" - ergänzte er eine weitere Frage und nickte ihr zu. Es gehörte dazu, sich auf eine Person einzulassen und diese verstehen zu wollen. Manius war kein Mann, der moralische Urteile fällte, sondern versuchte nur zu erfahren, was einen solchen Menschen bewegte und was die Geschichte hinter dem Vorfall war. Zugegeben für die Prätorianer und sämtliche mit der Sicherheit des Imperiums Betrauten war dieser Vorfall mehr als peinlich, sondern sogar ein Totalversagen. Manius musste also schnellstens Ergebnisse liefern, damit man einen Urheber dieser Fehlerreihe in der römischen Kommandokette oder dem System als solchem finden konnte. So etwas dürfte sich nicht wiederholen.


    Dennoch zog Manius zwischen sich und Varia keine künstliche Grenze, sondern näherte sich ohne Vorwurf auf echter Augenhöhe. Er tat es immer so, denn es war ein kaltes Geschäft, welches auf einer grundlegenden Akzeptanz der menschlichen Umstände fußte. Es war ein Geben und Nehmen. "Du wünscht dir deinen Tod, nicht wahr?" Wieder nickte Manius, nachdem er bereits einige Eindrücke sortiert hatte. Wer konnte es ihr verübeln, nicht immer war die Welt für jeden wunderschön. Manius wusste das, denn er hatte viele Leidengeschichten gesehen und selbst sogar gefördert durch seine Ermittlungen. Für sich selbst rechtfertigte er es allein mit einer Wahrheitssuche, was andere mit dieser Wahrheit taten, war nicht seine moralische Schuldigkeit. Dennoch konnte sich sein altes Herz nicht davon freimachen, so dass er mit diesem Fall auch seine letzte Episode als Prätorianer erleben wollte. Es war genug für ein ganzes Leben.


    "Ich möchte deine Geschichte hören," begann er mit seiner letzten Befragung, die nach altem Schema zwischen Vertrauen und Furcht verlaufen würde. Solange Varia kooperativ war und er annahm nicht belogen zu werden, würde er das Vertrauen nicht brechen, sofern es soetwas überhaupt geben konnte. Es war eher ein Vertrauen darauf, dass keine Gewalt drohte. Manius gab sich sozial und nicht hungrig auf Vergeltung. Ein Respekt lag in seinen Worten, welcher nicht für und auch nicht gegen Varia gerichtet war. Er war ehrlich in seiner Person und versicherte mit jeder Geste und Wort, was er war und was er tun würde. Derzeit fragte er nur. Seine geübten Augen fixierten nun ganz Varia.





    [SIZE=7]HM[/SIZE]

  • Nein sie war keine Heldin und sie war nicht aus Stein.
    Sie bemerkte nicht wie die Soldaten die Zelle verließen und neue eintraten. Sie war gefangen in der Welt des Schmerzes, der Verstand hatte sich zurückgezogen so wie er es immer tat wenn Schmerzen übermächtig wurden. Immer noch versuchte sie sich auf ihren Beinen zuhalten. Sie spürte das Eisen, welches sich um ihre Fußgelenke geschlungen wurde.Sie hörte die Stimmen und dennoch drangen sie nicht zu ihr vor. Immer wieder wiederholte sie. „Ich bin Varia, erste Tochter der Serdana und eine Kriegerin meines Stammes.“ Man hatte sie darauf gedrillt eben jene Worte in derartigen Situationen herunterzubegeben. Es half. Es half wenn man wusste wer man war. Es half standhaft zu bleiben. Es half zu ertragen.
    Der Stuhl der zu ihr getreten wurde fand ihre Beachtung nicht.
    Sie hörte die Stimme des Mannes. Sie verstand jene Worte und doch glaubte sie ihm kein Wort. Es tat ihm leid? Er würde nicht?
    Sie betete einfach weiter ihre Worte herunter. „Ich bin Varia, erste Tochter der Serdana und eine Kriegerin meines Stammes.“
    Erst als er den Namen der Gegend, aus welcher sie stammte, nannte sah sie hoch und den Mann der sprach an. „Themiskyra.“ flüsterte sie. Der Name ihrer Heimat, er klang so fremd und doch so vertraut. Es war das erst mal das sie hier in Rom den Namen ihrer Heimat hörte. Noch einmal flüsterte sie den Namen. „Themiskyra.“ Er ließ sie schier zusammenbrechen. Sie konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und sackte in sich zusammen. Jedoch ihren Blick nahm sie nicht von dem Mann. Was wollte er von ihr? Ob sie sich den Tod wünschte? War das nicht offensichtlich? Und doch nickte sie schwach.
    Was wollte er hören? Ihre Geschichte? Ihr Verstand war noch nicht wieder vollends da. Zu groß waren die Schmerzen, so dass er sich immer wieder zurückzog. Der Mann der ein guter Beobachter war, würde sicherlich in ihren Augen erkennen, wann sie Momente hatte in denen sie seinen Worten folgen konnte und in welchen sie nicht in der Lage war sie zu erfassen. So antwortete sie ihm auch nur. „Ich bin Varia, erste Tochter der Serdana und eine Kriegerin meines Stammes.“ Ja sie war nur für einen Moment anwesend gewesen. Der Name ihrer Heimat hatte es für einen Moment geschafft den Kreislauf des Schmerzes zu durchbrechen, ihn in den Hintergrund zu rücken und längst vergessene Erinnerungen hervorzuholen. „Themiskyra.“ leise formten ihre Lippen erneut dieses Wort. Nun waren es Tränen der Erinnerung, welche über ihre Wangen liefen. Sie sah erneut auf und dem Mann in die Augen. Ihre Augen selbst waren immer noch getrübt. Sie kauerte hinter dem Stuhl unfähig sich zu bewegen und starrte den Mann an. „Ich habe keine Geschichte. Ich bin Varia, erste Tochter der Serdana und eine Kriegerin meines Stammes. Und ich bin hier um zu sterben.“ Sie wusste nicht was der Mann von ihr wollte. Sie konnte es sich nicht erklären was er von ihr wollte. Es war sicherlich nichts anderes als eine weitere Methode um sie zu demütigen, sie zu brechen. Ihr waren derlei Dinge fremd, unverständlich. Warum sollte ihn ihre Geschichte interessieren?

  • Sie wollte nicht sitzen. In ihrer Situation bewundernswert. Manius kam nicht um den Gedanken hin, dass diese Frau trotz ihrer Erfahrungen an ihrem Selbst festhing und dieses Selbstbild einer Kriegerin bis ins Grab aufrechten erhalten würde. Vielleicht war es alles, was sie noch hatte. Rom schien ihr vieles genommen zu haben, so dass diese Frau nicht mehr war als eine sterbende Geschichte. Doch diese Geschichte interessierte ihn nun auch aus persönlicher Neugierde. Er brach mit seinem Grundsatz. Der Ermittler war zufrieden, denn die Gefangene beantwortete seine Fragen auch ohne konkrete Aussage. Manius hatte die Informationen erhalten, die er brauchte, um Varia einschätzen zu können. In seinem Lebensalter hatte er viel gesehen und kannte diese Art der Reaktion von vielen Gefangenen, die einer kriegerischen Kultur entstammten. "Serdana," wiederholte er den Namen der Mutter, um ihr klar zu signalisieren, dass er ihre Geschichte vernahm. Auch half dies eine emotionale Brücke zu schlagen. Den Namen von Vertrauten zu wiederholen, gab den Gefangenen unterbewusst Hoffnung und rief vergrabene Emotionen ab, die Manius nutzen wollte, um seinem Auftrag genüge zutun. "Eine tapfere Kriegerin liegt dort vor mir, die selbst ihren eigenen Untergang bestimmen wollte," offenbarte er seine Einschätzung, während Simplex die Frau nicht auffing, während sie zusammenbrach. Sollte sie doch zusammen, um am Boden eine gewisse Ruheposition zu finden. Sofern sie einschlief oder bewusstlos wurde, würde man sie ohnehin wecken können. Manius gab kein Zeichen des Eingriffes und gönnte ihr wohl eine gewisse Ruhe. Grundlose Gewalt lag Manius und seinen Leuten einfach nicht.



    "Themiskyra war einst schön und ist sicherlich immer noch schön," spielte er mit den traumhaften Ideen einer verlorenen Heimat aber musste um der Ehrlichkeit seines Handwerkes zu genügen, auch die Furcht nicht brechen. "Doch es ist lange durch Rom besetzt und dein Volk ist längst vertrieben. Die Legionen haben ihr Werk getan," sagte Manius kalt mit einer berauschenden Schande, die ihm stets bewusst war. Denn Manius kannte die Geschichten der Welt gut. Im Grunde war alles eine Geschichte, die man sich erzählte und weitergab. Manius, der Ermittler des Kaisers, kannte natürlich auch die Eroberungen Roms und die eigene Historie. "Du hast kein Zuhause mehr." Ein wenig tat sie ihm nun leid, denn eine solche Botschaft gab ihr keinen Schutz mehr und geschickt wollte Manius ihre Träume zerstören, damit er sie kontrollieren konnte. Träume waren Gedanken und Gedanken konnten manipuliert werden durch fremde Worte. Durch Wiederholung von Worten und Gedanken konnte jeder Geist auch gegen seinen Widerstand bewegt werden. Allein durch Ablehnung wurde der Gedanke, welcher fremd war, durchdacht. Wurde er akzeptiert, wurde er auch durchdacht. Manius war manchmal, wie Gift, welches behändig einsickerte. Manius verachtete sich selbst nicht dafür, denn am Ende sollten beide gewinnen: sein Gegenüber und auch er selbst, indem er seinen Auftrag abschließen konnte. Sein Gegenüber würde sich dann von einer Schuld, Schande oder Erinnerung befreit haben. Erleichterung lag in mächtiger Gewissheit, dass etwas zu Ende ging.


    "Themiskyra," wiederholte er sanft das Wort, welches ihre Heimat beschrieb. Er machte eine Geste mit seiner Hand, die einer Wischbewegung nicht unähnlich war. Mitunter wollte er den Gedanken fortwischen, aus der Zelle schaffen, damit er selbst Platz für etwas mehr Wahrheit hatte. Varia gab ihm sämtliche Informationen auch in ihrem Widerstand. Manius schwieg für einen Moment, um die Eindrücke zu verarbeiten. Er hatte keine Eile in dieser Sache. Hektische Manöver führten schnell zu neuen Problemen. Manius lag die Ruhe. "Ich glaube, dass du niemals ein Zuhause hattest nicht wahr?" Der Ermittler hatte so ein Gefühl, ein echtes Bauchgefühl, dass Varia längst verloren war und ihre Tränen nicht einmal mehr Hoffnung bargen. "Träumst du bereits ohne Farbe?" - eine emotionale Frage, um die weiteren Fragen mit sanfter Hand einzuleiten. "Rom hat es dir genommen oder waren es nur Menschen? Waren es die Umstände? Aber ich denke, dass dies nun ohne Bedeutung ist, denn du bist hier," sprach der erfahrene Manius und deutete zu Simplex, dass er Varia dezent an der Wand aufrichten konnte. Seine groben Hände packten sie behutsam, um den leidenden Körper gegen die Wand zu heben, damit sie aufrechter saß. Manius wollte ihre Reaktionen besser erkennen können und ließ Simplex auch den Stuhl entfernen, so dass er direkt in gerader Linie auf Varia blicken konnte. Er verurteilte sie nicht und machte auch keine herablassende oder stolze Bewegung mit seinen Augen. "Du hast sehr wohl eine Geschichte. Eine Geschichte, die dich an diesen Ort geführt hat und mich interessiert diese Geschichte," erhob Manius nicht fest seine Stimme aber machte deutlich, dass es kein Entkommen gab. "Du warst Sklavin, nicht wahr?" Er benutzte die Vergangenheit, um ihr klarzumachen, dass sie hier für ihn keine Sklavin war, sondern sich für einen Hauch an Zeit eine gewissen Freiraum erlitten hatte. In Ketten war sie freier, als in ihrem bisherigen Leben. Hier konnte sie ganz sie selbst sein und ihr Leid ertragen, welches stets einem Geschwür gleich gewachsen war. "Du wünscht dir deinen Tod aber dein Tod hat auch eine Geschichte und kann nur vergeben werden, wenn du mir erklärst, wie es zu diesem Fiasko deines Lebenswegs kommen konnte und warum du Rom alles vergelten wolltest," erklärte Manius und deute auf Varia.


    "Simplex schau nach, ob sie ein Brandzeichen hat. Gracchus achte auf Simplex," befahl der Ermittler und die beiden Soldaten führten aus, wie ihnen befohlen wurde. "Wer war dein Besitzer, Varia?" - wollte er nun wissen, um die Falllage besser ausleuchten zu können. Er brauchte Hintergründe und ein wenig Klarheit über den Verlauf der Geschehnisse. Mitunter suchte er als alter Geheimdienstmann nach einer Verschwörung, einem Nutznießer der Unruhen oder schlicht nach einem Urheber, der jener paranoiden Angst dienlich sein konnte. Manius wurde von seiner Lebensschule verfolgt, die nur Grautöne und Schatten kannte. In seiner Position hatte man gesundes Misstrauen und sah hinter vielen Ecken eine Bedrohung für den großen Auftrag.





    [SIZE=7]HM[/SIZE]

  • Kühl, so angenehm kühl war der Boden. Varia wollte nur noch ihre Ruhe. Und doch drangen die ruhig gesprochenen Worte an ihr Ohr. Sie wollte nicht hören und doch nahm ihr Geist die Worte des Mannes auf. Sie antworte ihm nicht, sondern hörte nur zu. Ihr Gesicht barg sie an der kühlen Wand. Erst als man sie aufrichtet, sie gegen die Wand lehnte und den Stuhl beiseite räumte, sah sie den Mann wieder an. Ihre Augen waren nun wie sie vor den ganzen Martyrium hier waren tot und leer. Regungslos sah sie den Mann an, der mit angenehmer Stimme weiter auf sie einredete und dabei so einige Wahrheiten ansprach. Noch immer antwortet sie ihm jedoch nicht. Auch als die Männer nun nachsahen ob sie ein Brandzeichen hatte, welches sie natürlich in ihrem Nacken finden würden - das Brandzeichen des Helvetiers -, bewegte sich sich nicht. Ihr Blick ruhte auf dem Mann der auf sie einredete. Sie verstand nicht. Was diese Männer hier taten stand in so krassen Widerspruch zu dem was sie in den Stunden zuvor ertragen musste.
    „Helvetius Commodus.“ Sagte sie mit leiser Stimme auf seine letze Frage hin. Immer noch arbeitete es in ihr. Sie zog ihre Beine an ihren Körper und umschlang diese mit ihren Armen, was den Ketten ihr so typisches Rasseln entlockte. Ihr Blick fiel dabei auf ihre Hände. Sie waren gezeichnet von den Kämpfen der letzten Tage und von viele früheren Kämpfen. Dann sah sie wieder auf. Sie wusste nicht warum der Mann ihre Geschichte hören wollte und dennoch fing sie leise an zu erzählen. „Ja Rom war in Themiskyra, doch die Legionen haben ihr Werk nur teilweise getan. Viele von uns haben überlebt. Es war lange bevor ich geboren wurde und doch erzählt man uns immer die Geschichten über euch. Ihr kommt und nehmt was euch nicht gehört. Wir haben überlebt und sind im Schatten Roms wieder erstarkt.“ Ihr Blick sah den Mann zwar an, aber ihre Gedanken gingen in die Ferne. „Es ist immer noch schön wunderschön. Ich habe es lange nicht gesehen und werde es wohl auch nur noch in meinen Träumen sehen können.“ Nun sah sie den Mann wieder mit ihrem leeren Blick an. „Serdana ist meine Mutter sie führt unseren Stamm an. Als ihre erste Tochter wurde ich früh dazu erwählt eine Kriegerin zu werden.“ Wieder glitten ihre Gedanken ab und sie machte eine Pause. „Ich war ein Kind, dass zur Kriegerin wurde.“ Wieder besah sie sich ihre Hände. „Was ist Heimat? Eine Stück Land? Eine Idee? Eine Illussion? Ein Traum?Ich habe für das gekämpft für diesen Traum.“ Als sie wieder aufsah konnte man kleine Tränen in ihren Augen blitzen sehen. „Meine Heimat starb, als meine Schwester im Kampf fiel und in meinen Armen ihren letzten Atemzug tat. Ihr war ich immer nah, näher als meiner Mutter oder der Heimat.“ Varia rieb sich kurz mit einer Hand über die Augen, bevor sie wieder ihre Beine umschloss. „Rom hat sie mir genommen, ebenso wie meine Freiheit – oder das was ich als Freiheit betrachtet habe.“ Varias Stimme wurde nun emotionslos. „Man brachte mich als Sklavin hier her. Der Bauer... Varus, Helvetius Varus kaufte mich für seinen Verwandten. Ich sollte sein Custos Corporis sein. Ich konnte zwar kämpfen, aber da ein Custos auch andere Aufgaben hat wurde ich in einer Gladiatorenschule ausgebildet. Man brachte mir den unsauberen Kampf bei. Man zeigte mir wie man in den Straßen Roms kämpft und tötet.“ Sie lehnte sich so weit es möglich war entspannt an die kühlende Wand. „Helvetius Commodus hatte es einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass ich ihm die Treue schwören musste. Ihm gehört mein Leben,“ Welche Umstände das genau waren führte sie nicht aus. Aber damit war wohl auch klar, warum sie sich nicht einfach selbst getötet hat. „Ihm und nur ihm war ich zur Treue verpflichtet – ich bin es wohl noch. Doch er ging. Er ließ mich allein, allein hier in Rom. Nicht mal für den Unterhalt sorgte er. Ich habe angefangen Geld mit Kämpfen in der Subura zu verdienen oder dabei zu sterben. Ich war wohl einfach zu gut in meinem Tun." Sie lächelte verächlich, aber wohl mehr über sich selbst.
    "Helvetius Commodus, er kam und kam nicht wieder. In einer Welt wie Rom allein. Jeden Tag die schreiende Ungerechtigkeit vor Augen, dass nur die Geburt entscheidet auf welcher Seite man steht.“ Sie stockte wieder, sah auf ihre Hände, dann wieder zu dem Mann, es würde doch eh keinen Unterschied machen ob sie es erzählte oder nicht, also warum etwas verschweigen. „Ich fing an Römer in der Subura zu töten. Jene arroganten Römer, die dachten, dass sie sich aufgrund ihres Standes alles erlauben können. Ihr müsste ihre Leichen doch gefunden haben. In der Subura und den angrenzenden Bezirken. Ich tötete sie mit einem Stich ins Herz oder Schnitt ihnen die Kehle durch. Allen haben ich jedoch ihr Standeszeichen in den Rachen gedrückt. Sie sollte im Tode an ihrem arroganten, ignoranten Rom ersticken.“ Wieder musste sie eine kurze Pause einlegen, das Reden strengte sie sehr an. „In der Subura sprach es sich wohl herum und so schlossen sich immer mehr und mehr mir an. Ich sah eine Möglichkeit aus diesem Leben zu gehen und dabei Rom seine eigene Selbstherrlichkeit vorzuführen. An den Wänden der Stadt wurden die Sklaven dazu aufgerufen sich zu erheben. Habt ihr dies denn nicht gesehen? Ist Rom wirklich so arrogant, so selbstherrlich zu glauben, dass die Sklaven sich nicht gegen ihre Unterdrücker erheben?“ Varia sah den Mann fragend an. „Ihr wart blind und taub. Viele der Unterdrückten, viele der Unzufriedenen, viele derer die am Rand eurer Gesellschaft leben schlossen sich mir an. Ich hatte einen Ruf aufgrund der Kämpfe die ich bestritten habe. Der Mythos, dass ich eine Tochter des Mars bin half. Er half dabei, dass die Menschen Hoffnung hatten. Hoffnung ist ein scharfes Schwert. Wenn sie diese Hoffnung auch nur für ein paar Tage hatte, so hatten sie doch endlich etwas in ihrem Leben, an de sie sich festhalten konnte.“
    Nun wahr ihr Blick das erst Mal klar und fest. „Ich wollte nur streben.“ ja was wäre wohl gewesen wenn dies nicht ihr Zeil gewesen wäre, wenn sie noch mehr um sich gescharrt hätte wie einst Spartacus.
    „Auch wenn ihr uns geschlagen habt, so haben wir wohl doch gezeigt, das auch Rom nicht unverwundbar ist. Ein Rom der Dekadenz, der Arroganz gegenüber andere und der Selbstherrlichkeit wird immer angreifbar und vielleicht mit dem richtigen Anführer auch zu schlagen sein. Dies lag jedoch nie in meiner Abschickt. Ich wollte nur ein Ende finden.“
    Ihr Mund war trocken vom vielen reden und sie lehnte sich erschöpft gegen die Wand. Ihr Blick aber ruhte immer noch auf dem Mann. Was würde er nun mit ihrer Geschichte anfangen?

  • "Gens Helvetia," blaffte Simplex, der das Zeichen erkennen konnte. Manius strich sich verstehend über das Kinn und nickte dann. Schließlich sprach auch Varia einen Namen aus, den sich Manius gut merkte und er wiederholte ihn sogar tonlos mit seinen Lippen. Die beiden Handlanger ließen von Varia ab und gaben ihr wieder etwas Raum, ohne ganz von ihr wegzutreten. Der Befrager Manius achtete nun auf jede Regung in ihrem Gesicht, ihrer Körpersprache und auch jede kleinste Bewegung ihrer Lippen. Es war wichtig, jene Mikroausdrücke zu erkennen, die er zu gut studiert hatte. Ein kaltes Lächeln, vielleicht sogar ein Zeichen von Trauer oder Verachtung. Es waren die Spuren eines Geistes, der niemals ganz verbergen konnte, was ihn wirklich bewegte. Kein Mensch konnte dies verbergen. Außer der Mensch war von Natur aus taub und ohne jede Empathie geboren, was man später als Psychopath bezeichnen würde. Menschen, die soziales Verhalten imitierten aber selbst keinen Bezug zu ihrer Umwelt hatten. Sie waren Gefangene ihres kalten Geistes. Dennoch war Varia keine Psychopathin. Ihre Taten mochte anderes sagen, doch erkannte Manius ein Muster und eine emotionale Beteiligung. Varia fühlte etwas. Endlich begann ihre Geschichte in Worten aus ihrem Mund zu brechen. Manius schwieg bedächtig und ließ die arme Seele sprechen. Wieder ein Name. Helvetius Varus. Manius würde die Archive durchforsten müssen, um weitere Hintergründe zu ergründen. Warum kaufte ein Varus eine solch' gefährliche Frau für seinen Verwandten Commodus, damit dieser aus ihr eine Meuchelmörderin machen konnte? Manius dachte nach, verkniff dabei etwas die Augen und wandte sich an seine Kameraden. "Die Gens Helvetia muss geprüft werden. Insbesondere die Hintergründe zu Helvetius Commodus und Helvetius Varus. Alle Kontakte, Beziehungen und auch Netzwerke," sagte er in einem sachlichen Tonfall und unterbrach kurz den Redefluss von Varia. Simplex erhob seine Stimme in ähnlich sachlicher Form: "Ich meine, dass der Commodus damals aufgefallen ist. Ich kann mich an eine Ermittlung erinnern aber bin mir nicht sicher. Sollen wir die Löweneinheit oder die Gänseeinheit schicken?" Eine ernste Frage, denn beide Einheiten waren verdeckt im Stadtgebiet aktiv und hatten unterschiedliche Herangehensweisen an einen Auftrag. Die Löwen beobachteten lange und waren dann bereit ein blutiges Attentat durchzführen, wurden aber meistens zur langfristigen Beobachtung eingesetzt. Die Gänse waren friedlicher aber setzten auf Netzwerke. Sie schnatterten viel und das mit vielen Leuten. Mitunter schleusten sie sogar Vertrauenspersonen in Strukturen ein. Am Ende, wenn sie ein Ziel hatten, welches beseitigt werden sollte, vergifteten sie oft über Mittelsmänner. Doch in dieser Sache schien ein Attentat nicht notwendig, sondern die grundlegenden Fähigkeiten der Beobachtung der verdeckten Einheiten. Manius überlegte. "Aktiviert beide. Wir brauchen ein genaues Lagebild des Beobachtungsobjektes Gens Helvetia. Ich glaube, dass dieser Commodus mehr verbirgt," sagte der erfahrene Ermittlungsmann. Er gab Varia ein freundliches Handzeichen als entschuldigende Geste, dass er sie so rauh unterbrochen hatte. Sie konnte weitersprechen und tat es wohl auch. Er würde später noch einige Fragen an Varia zum Thema Gens Helvetia stellen. In seinem Kopf verbanden sich seine Gedanken bereits zu einer ausreichenden Anklage, dass beide zumindest fahrlässig diese Waffe erzeugt hatten, die Rom heimgesucht hatte.


    Was Manius nun hörte schockierte ihn nicht, denn ihr ganzes Leben war geprägt von Gewalterfahrungen und nicht den besten Erinnerungen. Den Fakt, dass die Themiskythen entkommen waren, kannte er aber war vernachlässigbar, da das Gebiet längst römisch war. Es ging doch nur um das Land und die Menschen. Manius waren diese Kriegerinnen gleichgültig, da sie zu diesem Fall nicht mehr viel beitragen konnten. Das Reden strengte sie an und Manius deutete auf den Wassereimer, um diesen näher heran zu bringen. Der Ermittler machte eine trinkende Geste zu Gracchus, der sofort einen Holzbecher in den Eimer tauchte, um Varia jenes Gefäß zu reichen. "Trink' ruhig," bot Gracchus an und trat dann zurück, sofern sie den Becher annahm. Manius lauschte weiter, nickte gelegentlich und gab vertrauliche Töne des Zuhörens von sich. "Rom ist nicht blind aber manchmal durch seine Größe langsam," kommentierte der alternde Soldat ehrlich und legte dann seine Hand gebetsförmig ineinander, so als ob er einen Gott beschwichtigen wollte. "Du hast grausame Taten begangen und nicht nur schlechte Römer getötet, sondern auch gute Seelen. Deine Gewaltakt hat viele Leben gekostet, die auch nur ein friedliches Leben führen wollten, Varia," leistete sich Manius eine leichte Moralisierung aber brach dann mit einer Geste ab, indem er seine Hände wieder auseinander faltete. "Es war egoistisch, dass die Welt brennen sollte, damit du ein großes Ende finden konntest." Manius missbilligte das aber verstand ihren Standpunkt, da er ihren Charakter gewisslich einschätzen konnte. "Aber ich muss eingestehen, dass du uns gut zugesetzt hast," sagte er mit bitterer Stimme und akzeptierte den schlichten Fakt, dass Rom versagt hatte. In letzter Zeit stellte er ohnehin eine lasche Handhabung des Geschäftes fest.


    Früher wäre dies den Prätorianern nicht passiert. Man hätte zumindest die Graffiti gefunden. "Wir sind alle nur Kinder unserer Umstände, Varia," erlaubte er sich einen Kommentar und holte dann tief Luft. "Ich danke dir für deine ehrlichen Worte," schätzte er ab und bewertete ihre Aussage als zumindest annähernd wahr. Natürlich könnte er jetzt noch weitere Kampfgefangene foltern lassen, um den Wahrheitsgehalt bestätigen zu lassen. "Ich möchte, dass sich die Elefanteneinheit in der Subura umhört," befahl Manius und Simplex zog beide Brauen hoch. Die Elefanten waren grobschlächtige Schläger, die mitunter recht rabiat Fragen stellten und Informationen schlicht erpressten. Dennoch schienen sie passend für den Auftrag in der Subura nach Varia zu fragen und nach den Vorkommnissen waren starke Männer wichtig, um dort lebend operieren zu können. "Ich möchte wissen, was Varia dort für die Leute war und an welchen Kämpfen sie teilgenommen hat. Schickt auch einen erfahrenen Mann mit Geleit zur bekannten Morrigan, die das große Lupanar betreibt," erweiterte er seine Anweisung und deute auf Gracchus. "Du bist verantwortlich, dass die Befehle umgesetzt werden." Gracchus seufzte und nickte dann. "Jawohl," war die schlaffe Antwort. Dann wandte sich Manius wieder an Varia. "Du wirst bald dein Ende finden und ich garantiere ein schnelles Ende. Du wirst nicht mehr unnötig leiden, wenn du mir noch ein paar Fragen beantwortest."


    Manius strich sich mit dem Finger über die Stirn. "Was weißt du über die Geschäfte des Helvetius Varus und des Helvetius Commodus? Hast du Einblicke in deren Lebenswelten erhalten? Welche Leute kannten sie? Ich brauche ein paar Namen und Daten," fragte der Ermittler konkret und zeigte dann auf die Kettenhalterung, einem schweren Metallring an der Wand, damit Simplex die Ketten etwas löste. Simplex tat, wie ihm aufgetragen wurde und löste die Ketten ein wenig, damit Varia bequemer kauern konnte und die Ketten lockerer fielen. Die Frau, die sich ihr Schicksal zum Schluss erarbeitet hatte, schien gebrochen und verloren. Manius wollte ihr zumindest aus Respekt ein paar Minuten ohne schweres Gewicht geben. Eine Flucht war ohnehin nicht mehr möglich. "Wie schätzt du die beiden ein?" - war eine allgemeine Frage, um später ihre Aussage mit den Berichten der Einheiten zu vergleichen. Er wollte ein möglichst klares Bild erhalten. Insofern drängte sich eine Frage auf: "Hast du bei diesem Aufstand helvetische Läder und Geschäfte beschädigt? Könnte jemand davon profitieren, dass du ein solches Ende gesucht hast?"


    Der alte Speculator musste nun mehr wissen und beugte sich dezent mit seinem Kopf war. Die Anfeindungen gegen die Selbstherrlichkeit Roms hatte er geschickt ignoriert, da sie nicht weiterführen würden und er selbst sich keine moralische Bewertung leisten wollte, ob Rom arrogant oder selbstherrlich war. Rom war Rom und somit erübrigte sich eine Bewertung von seinem Standpunkt. Trotzdessen kannte er die Schwächen des Imperium und musste diese auch bewerten. In seine Überlegungen schloss er also weitere Probleme mit dem groben Pöbel ein. Diese Sache war noch lange nicht vorbei. Jetzt begann erst die wahre Aufräumarbeit, denn Varia war nur ein Symptom eines komplexen Machtverlustes des römischen Staates. Doch bald stand seine Pensionierung an. Manius wollte nur noch einen gelungenen Bericht abgeben, seine letzten Ehren empfangen und zu seiner Geliebten gehen, die ihm drei Kinder geschenkt hatte. Er wollte mit diesem Leben aufhören und wenigstens noch ein paar Jahre glücklich außerhalb Roms leben. Manius würde dennoch seine Amtspflicht bis zum Schluss erfüllen und auch diesen Fall sauber ausarbeiten, damit die Prätorianer den Machtverlust bekämpfen konnten. Rom war Macht und ohne Machtkontrolle würde sich soetwas schnell wiederholen. Es war eine sachliche Überlegung und keine konkrete Furcht.


    "Ich glaube, dass die Gefangene, den Ianus-Saft benötigt," fragte Simplex vorsichtig, als er auf die immer weiter einbrechende Varia blickte. Manius überrascht, zögerte für einen Moment und gestand sich dann ein, dass diese Frau dringend etwas Erbauliches und Schmerzstillendes brauchte, damit die Befragung nicht abrupt endete. "Stimmt," gab er also zu. Gracchus murrte aber suchte unweit des Raumes, den er kurz verließ, nach einem kleinen Tongefäß mit Metallverschluss. Er trat wieder ein. "Trinkst du es selber oder soll ich dir helfen?" - donnerte Gracchus, der bereits müde von diesem anstrengenden Tag war. "Es ist nur eine Mixtur, die der helfen soll, bei uns zu bleiben. Opium, Myrrhe und diverse Kräuter," erklärte Manius. "Nur zu!" Der alte Soldat lächelte sogar vorsichtig, um ihr zu versichern, dass dieser Drogensaft ihre Sinne wieder im Moment halten würde, wenn auch leicht verstellt. Er würde zumindest die Schmerzen und Taubheit reduzieren.





    [SIZE=7]HM[/SIZE]

  • Varia nahm den Becher mit dem Wasser entgegen. Was die Männer sich gegenseitig zu sagen hatten interessierte sie nicht. Sie nutze diese Ruhepausen und schloss ihre Augen. So brauchte sie auch immer wieder einen Moment um sich zu orientieren, wenn sie angesprochen wurde.
    Sie nahm nun auch den Becher mit der der Mixtur entgegen. Sie nahm die Erklärung hin, eigentlich jedoch interessierte es sie auch nicht. Wenn die Männer sie vergiften wollten, dann sollten sie dies tun.
    Sie trank langsam, weil selbst das Trinken Schmerzen verursachte. Sie lehnte sich eine Weile gegen die Wand und schloss wiederum de Augen. Die Mixtur brauchte etwas, aber dann wirkte sie, die Schmerzen wurden weniger. Nun nahm sie auch bewusst war, dass die Ketten etwas gelockert waren. Sie nahm es dankbar aber schweigend hin.
    Dann sah sie wiederum den Befrager an. "Wer ist schon unschuldig in dieser Welt? Es mag egoistisch gewesen sein. Aber ist Rom das nicht auch zu jene Menschen, die nicht zum Imperium gehören? Ich war nicht anders zu Rom, als Rom zu mir." Sie drehte den nun leeren Becher in der Hand. Ja man konnte sehen, dass der Vorwurf an ihr abprallte. "Es gab so viele Tote, schon lange vor Rom habe ich Römer, die du wohl als gute Seelen bezeichnen würdest getötet. Macht es einen Unterschied ob nun hier oder auf dem Schlachtfeld?"
    Vorsichtig stellte sie den Becher ab umschlang dann wieder ihre Beine und lehnte sich bequem, so bequem es eben ging, an die Wand. Doch sie wirkte jetzt, da die Schmerzen weniger wurden tatsächlich wacher. Ihre Stimme blieb jedoch weiter emotionslos. "Wie ich ende ist mir egal. Ich glaube auch nicht, dass der Tod am Kreuz ein schneller ist. Du musst mir nichts versprechen, was du nicht halten kannst." Sagte sie und stellte damit klar, dass es wirklich keine Bedeutung für sie hatte, wie sie starb. "Über die Geschäfte, nun ich weiß nicht viel darüber, der Bauer, Varus, er hat ein Weingut und ein Lupanar. Das Lupanar kennst du, du hast es vorhin schon erwähnt. Was Commodus genau getrieben hat weiß ich nicht. er verkehrte aber mit so einigen Senatoren. Viele lud er auf eine Feier in sein Haus ein. Mich hat er dabei ausgestellte wie eine Statue." Varia erschauderte bei den Gedanken daran, wie sie sich präsentieren musste. "Eine Frau besuchte ihn häufiger. Die beiden waren immer lange in seinem Zimmer. Die Sklaven des Hauses meinten die Frau… Sergia …Fau…Fausta - ja sie hieß sie wohl, betrüge ihren Mann. Commodus soll ihr was geschenkt haben. Geld oder ein Grundstück oder so was.
    Der Varus wollte eine Quitilia oder so heiraten, euer Vorgesetzter Decimus kam ihm zuvor, dass hat ihn sehr wütend gemacht. ja man könnte sogar sagen, dass er außer sich war. Sonst weiß ich über ihre Geschäfte nicht viel. Aber die die ich kenne wurde auf meine Weisung hin in Ruhe gelassen. Das Haus des Commodus, habe ich jedoch besucht. Die Sklaven dort, sie haben mich hintergangen und verraten. Ich habe sie während der Abwesenheit des Commodus ernährt und sie dankten es mir mit Intrigen. Sie sind alle tot."
    Sagte sie und zuckte dabei mit den Schultern. Ja Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit waren ihr wichtig, dies waren jene Sklaven nicht gewesen. "Das Haus selber blieb aber fast unversehrt." Das sicherlich einiges geplündert wurde, war nicht zu verhindern, aber das Haus stand ja noch.

  • [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/4l83-45-5872.jpg]



    Unschuld war kein Begriff, den Manius gerne benutzte. Varia hatte Recht, dass es in der römischen Welt sicherlich keine Unschuld gab. Es bedurfte keines Kommentars durch den Prätorianer, der selbst genug Blut an seinen Händen hatte. Ein Staatsgebilde wurde immer mit Blut erkauft und nicht durch schöne Träumereien. Manius war sich stets bewusst gewesen, dass diese Welt durch Handwerk, Geschäft und Engagement geschaffen wurde. Zwar konnte eine Idee ursächlich für eine Handlung sein aber die Handlung war das entscheidende Element, welches die Welt formte. Als Prätorianer war es seine Aufgabe, Handlungen gegen den Kaiser oder Rom zu unterbinden oder garnicht erst möglich zu machen. In seiner Perspektive war in der Tat niemand unschuldig, so dass er Varia mit einer schnellen Augenbewegung zustimmte. Alle bezahlten sie am Ende den Fährmann. Einige früher und andere später. Aber bezahlt wurde der Fährmann immer, um die Seelen von dieser Welt zu bringen. Auch wenn Stimmen stets rieten, ihn nicht zu bezahlen aber der Preis war nicht verhandelbar. Er stand stets in der Summe fest und die war bestimmt durch die Schuld eines Lebens. Jedes Leben war die Münze schuldig. Manius verstand diese Legende sehr wohl aber übertrug sie auf seine Erfahrungen. Schuld wurde immer beglichen; früher oder später. Varia bezahlte nun.


    "... es wird enden," sagte Manius leise und beobachtete die Wirkung des illustren Saftes, der seine Wunderwirkung nicht verfehlte. Opium war ein recht gutes Mittelchen und Medizin, auch für sein Geschäft. Die Gefange führte weiter aus, was Manius gebannt lauschen ließ. Sie sprudelte als gute Quelle, was dem alten Mann sicherlich gefiel. Der Fall entpuppte sich doch als groß. Neue Namen und Umstände. Morrigans Lupanar im Besitz des Helvetius Varus, welcher wiederum dem Commodus diese lebendige Waffe vermacht hatte? Manius stutzte aber nun entfaltete sich ein Organisationskonstrukt, welches ihm deutlich missfiel. Seine Paranoiasinne klingelten und verglichen sofort bekannte Informationen, um eine Erkenntnis gewinnen zu können. Wenn Commodus mit vielen Senatoren Kontakt hatte, war es ein bedrohliches Netzwerk. Und wozu brauchte dieses Netzwerk eine Meuchelmörderin? Ihm wurde klar, dass sich hier mehr zeigte, als ihm persönlich lieb war.


    "Ja," sagte Manius nachdenklich und hielt Varia an, ihre Aussage mit ähnlichem Tempo fortzusetzen. "Sergia Fausta," erhob er lauter seine Stimme, da ihm nun das Herz in den Magen fiel. Ihm wurde nun klar, dass eventuell die Procuratrix in eine Sache verstrickt war, die zu den grausamen Unruhen geführt hatte. Vielleicht war sie sogar Nutznießerin. Immerhin saß sie in der Kanzlei und hatte Zugang zu allen archivierten Informationen, was sie ohnehin gefährlich machte. Darüber hinaus war sie eine Frau und was suchte überhaupt eine Frau auf solch' einem Posten? Es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen. Manius war überzeugt, dass Sergia Fausta durchtrieben war. Gerüchte über sie hatte er bereits vernommen aber nun bestätigte dies seine Befürchtung. Auch die weitere Aussage, dass die Fausta ihren Mann betrogen hatte, ließ das Bild wachsen. "Weiter," stammelte Manius und musste sich an die Lehne des Stuhles werfen, um erschüttert Luft zu holen. Wahrscheinlich zeigte sich gerade eine Verschwörung, da der Helvetier erbost war, über einen Zufall, dass der Präfekt ihm eine Frau ausgespannt hatte. Ohnehin war bekannt, dass der Präfekt eher Männer bevorzugte. Er wollte zwar ein Geheimnis daraus machen aber in seinen Kreisen waren Geheimnisse eine ständige Währung, so dass das "Wegschnappen" wohl eher Standesdünkeln zu verdanken war. "Also hast du die Geschäfte der Helvetia in Ruhe gelassen," wollte er noch eine Bestätigung, um sich selbst etwas Bedenkzeit einzuräumen. Manius musste seine Gedanken sortieren. Dies würde noch größere Ermittlungen nach sich ziehen. Weitaus größere, die sicherlich die Kanzlei und viele Senatoren betreffen würden. Die Macht des Kaisers war unterlaufen worden. Eine Schandtat, die nicht einfach vergehen konnte. Denn sofern der Kaiser keine Macht oder Ansehen besaß, würde die Korruption des Imperium zerfressen. Ein bisschen Schmiergeld floss immer aber der Umstand hier war deutlich über die übliche Verfahrensweisen hinaus. Sergia Fausta schien sich ihr Amt ergaunert zu haben, um weiteren Einfluss zu generieren, um mit Helvetius Varus sowie Helvetius Commodus, der jene Meuchlerin beschäftigte, ihre Machenschaften zu stärken. Es war ein Schreckensnetzwerk. Jetzt fehlte nur noch, dass einer der genannten einer bereits bekannten Organisation von Schattenleuten angehörte. Manius war noch unklar, welchem diebischen Zweck dieses Netzwerk diente aber es schien zu existieren, was ihn umso mehr ängstigte. Er ließ sich seine hektischen Gedanken nicht anmerken aber er wollte schnellstmöglich den Bericht abfassen, damit die Prätorianer mit der Arbeit gegen diese Verschwörung begannen, bevor es zu spät war. Scheinbar war die Verschwörung auch für die Unruhen verantwortlich und wollte wohl ihren Nutzen daraus ziehen. Paranoia war ein Gift, welches Manius langsam trank. Für ihn waren diese Gedanken durchaus real und mit Sicherheit mit Fakten belegt. Die Namen waren genannt worden und standen in direktem Kontakt. Auf den Mord an den Sklaven sowie dem Hausstand der Gens Helvetia ging er nicht weiter an, weil er für das große Ganze unwichtig war.


    "Kann es sein, dass sie dich unter Drogen gesetzt haben, damit du Morde begehst und du vielleicht auch durch Manipulation diesen Aufstand angezettelt hast, damit die bekannten Namen ihren Nutzen daraus ziehen?" - fragte er also unverblümt, um seine eigenen Gedanken zu bekräftigen. Er hob seine Hand und winkte Gracchus heran. Der Handlanger näherte sich. "Gracchus, ich möchte, dass du diskret Sergia Fausta und ihren Ehemann beobachten lässt. Wir haben wohl ein erhebliches Leck in der Kanzlei," befahl Manius und Gracchus legte ernstlich die Lippen aufeinander. "Ich werde die Wachmannschaften instruieren und die Adler schicken," erklärte Gracchus. Die Adlereinheit, die Besten der Speculatores, die in allen Bereichen herausragende Fähigkeiten bewiesen hatten. Scheinbar war für Gracchus der Vorfall, dass die Kanzlei betroffen war, so ausschlaggebend, dass man nun die Besten einsetzen musste. "Wir brauchen ein klares Bild von den Vorgängen um Sergia Fausta und ihre Verbindungen," sagte Manius kalt.


    Er war enttäuscht von den laschen Sicherheitsvorkehrungen und es bestätigte sein Weltbild, dass Frauen nicht in hohe Staatsämter gehörten. Sie konnten mit Macht nicht umgehen. Frauen waren zu emotional und willkürlich. Viel wichtiger war dem angesehen Ermittler nun, dass diese Bedrohungslage sauber beseitigt wurde. Bei Zeiten würde man einen angesehen Offizier zum Kaiser schicken müssen, um diesen Fall zu schildern. Der Kaiser würde dann auswählen, wie die Namen zu bereinigen waren. Brutal oder sanft mit gnadenvollen Händen. Aber behandelt wurden die Namen mit Sicherheit, da die Prätorianer nun zum Handeln gezwungen waren sowie bereits mit ihren dunklen Arbeit begannen. Es ging hier um die Autorität des Kaisers.




    [SIZE=7]HM[/SIZE]

  • Varia beobachtete nun ihrerseits den Mann, jetzt da die Schmerzen in den Hintergrund traten war ihr Verstand wieder wacher. Aber sie verstand nicht was dieser Mann mit jenen Informationen wollte. Sie verstand nicht warum er etliche Anweisung gab diese und jene Nachforschung anzustellen. Derartige Dinge waren ihr fremd. Sie klärte einen Konflikt offen im Kampf. Dieses Ermittlungen. Nachforschungen oder wie immer er das nannte kannte sie nicht. Derartige war in ihrem Stamm nicht nötig um diesen zusammenzuhalten. Warum wollte er Römer beobachten lassen? Sie sah nun zwischen den Männern hin und her und verstand dennoch nicht. Diese Männer gingen einem Geschäft nach, dass ihr fremder nicht sein könnte.
    „Ja die Geschäfte der Helvetier wurden verschont.“ Bestätigte sie. Warum, dass hätte sie jetzt selbst nicht mal mehr sagen können. Das Lupanar von Morrigan war tabu gewesen, dass wussten alle und kaum einer der Sklaven hätte sich auch nur getraut diese anzugreifen. Nicht nur weil Varia es so wollte, sondern weil auch jeder wusste, das Morrigan über ein durchaus nicht zu verachtendes Netzwerk in der Subura verfügte. Und die Subura war nun mal ihr Zuflucht gewesen. Varia hatte sie nicht behelligen wollen, weil sie die kleine Perserin flüchtig kannte. Die Kleine hatte Schneid und hatte sich alles was sie hatte selbst erarbeitet und teuer mit ihrem Blut erkauft.
    Sie stutze einen Moment. Bot ihr der Mann dort gerade einen Ausweg? Sie müsste jetzt nur lügen und sagen, dass man sie unter Drogen gesetzt hatte.
    Ihre Augen weiteten sich um sich nur Augenblicke später zu verengen. Nein so war sie einfach nicht. Sie war aufrichtig. Sie verlange Ehrlichkeit von anderen und natürlich auch von sich selbst. Sie schüttelte also den Kopf. „Nein.“ Nun sah sie den Befrager mit festen Blick an. „Alles was ich tat geschah bewusst. Niemand hat mich unter Drogen gesetzt.“ Das sie mehr oder minder vom Opium abhängig war um ihre ständigen Schmerzen zu bekämpfen sagte sie nicht. Diese Droge gab ihr niemand, sie besorgte sie sich selbst. „Mich hat niemand gezwungen die Morde auszuführen. Diese Männer haben sich ihren Tod redlich mit ihrem verhalten verdient. Sie waren es die, wie nanntest du sie vorhin? Unschuldige angegriffen haben. Diese Unschuldigen waren natürlich keine Bürger Roms. Was diese Männer natürlich zum Anlass nahmen über sie zu bestimmen, sie zu zwingen Dinge zu tun, die sie nicht wollten.“ Es war halt diese typische römische Arroganz, die den Männer zum Verhängnis wurde. Varia sah erneut auf ihre Hände. „Ich habe es bewusst mit diesen Händen getan. Ich habe das getan was ich kann. Ein Bauer bestellt Felder, ein Bäcker backt Brote, ein Schmied formt Eisen. Ich kann mit diesem Eisen umgehen. Ich habe nur gelernt zu töten. Ich kann nichts anderes.“ Sie sah wieder auf und diese Leere war nun wieder da. „Ich sah die Ungerechtigkeit und tat was ich konnte, im Rahmen meiner Möglichkeiten. Es ist gekommen wie es kommen musste.“ Sie Blick wurde starr mit den folgenden Worten offenbarte sie wohl, wie sie sich selbst sah. „Wenn man eine Bestie unter Schafen allein ohne Aufsicht läst, dann wird die Bestie die Schafe irgendwann reißen.“ ja sie sah sich wohl selbst so. Zu viel Tote pflasterten ihren Weg. Wenn man sie fragen würde wie viele es waren könnte sie es nicht mal sagen, es waren viele. Aber sie hatte mit ihren Worten wohl auch offenbart, dass es hätte verhindert werden können, wenn sie nicht allein gewesen wäre. Allein in einer Welt in die sie nicht passte. Allein in einer Welt, die keine Verwendung für sie hatte. Allein in einer Welt in der sie sich selbst nur als Außenstehende betrachtete. „Es endet hoffentlich bald.“ Offenbarte sie ihren innigsten Wunsch. Denn sie war müde, des Lebens das sie führte, führen musste seit Kindestagen an müde. Sie wollte nicht mehr töten. Eigentlich hatte sie das nie gewollt, aber sie hatte es getan, weil es verlangt wurde. Weil man es von ihr erwartet hatte. Sie hatte nie eine Wahl. Sie war schon immer eine Sklavin und erst seit sie wusste, das es bald endete fühlte sie sich frei, das erste mal in ihrem Leben wirklich frei. Keine Erwartungen mehr, die sie erfülle musste. Keine Pflicht die getan werden musste. Es war paradox, aber jetzt und hier fühlte sie sich so frei wie nie in ihrem ganzen Leben.

  • Die Sachlage wurde nicht einfacher, sondern komplizierter. Zwar hatte Manius ein gewisses Bild von der Lage aber es blieben erhebliche Fragen, die diese Befragung nicht mehr beantworten konnte. Der Mann war sich recht sicher, dass Varia nicht mehr genug wissen konnte. Immerhin war sie redselig und gab entsprechende Hinweise auf eine große Gefahr für die imperiale Sicherheit. Sie hatte die Geschäfte verschont, was ihm persönlich reichte, den Helvetiern und auch deren Querverbindung zu Sergia Fausta alles zu unterstellen. Leider schienen seine gedachten Unterstellungen mitunter wahr zu sein. "Vielleicht glaubst du auch nur, dass du frei agiert hast. Niemand agiert völlig frei," erklärte Manius und bestätigte damit seine eigene Vermutung, dass eine einfache Sklavin nicht über die Hintergründe verfügte, um solange unentdeckt zu agieren. Scheinbar wurden ihre flüchtigen Aktivitäten in Subura von Außen gedeckt. Jemand hatte Varia gedeckt, damit dieser Aufstand möglich wurde. Es ging garnicht mehr darum, ob Varia frei oder unfrei gehandelt hatte, sondern wem ihr Handeln nutzen konnte. Die bekannten Namen schienen einen erheblichen Nutzen davon zu haben, was seine Verschwörungsthese bestätigte. "Ich habe genug gehört," schloss Manius ab und war erleichtert, die nackte Frau zumindest nun verlassen zu können. Ihr Anblick erzeugte in seinen Augen eine gewisse Form des Mitgefühls. Manius war Mensch geblieben, obwohl er sich stets zur Sachlichkeit zwang. Sicherlich war dies eine seiner Stärken, die ihn in Sachen des Geschäftes gut machten. Er fühlte noch etwas Menschlichkeit. Der Ermittler griff zu einer Decke und warf diese zu Varia, damit sie nicht mehr fror. Eine sinnbildliche Geste, da Deckengabe immer eine menschliche Geste war. Decken hatten etwas Magisches. "Dein Ende wird bald kommen. Ich kümmere mich um alles," versprach Manius mit einer gesenkten Stimme. Dieser Gang war nie einfach aber notwendig. Dies waren wohl die letzten Tage der Varia. Eine Geschichte mit Tragik und Wut. "Macht die Kette wieder fest." Simplex und Gracchus nickten. Beide zogen Varias Gespann wieder etwas fester an und befestigten die Kettenenden in einem Schloss, welches sie mit einem Schlüsselruck verschlossen. Simplex verstaute den Schlüssel an seinem Gürtel. "Danke, Varia. Danke für deine Geschichte," sagte Manius, während er bereits aufstand und seinen Stuhl an der Lehne griff, um mit diesem aus dem Raum zu gehen. Gracchus schnappte sich den anderen Stuhl. Simplex hingegen sammelte die Wassereimer ein. "Wir gehen," schloss der erfahrene Prätorianer diese Befragung ab und verschwand ohne Verabschiedung aus der Zelle, zusammen mit seinen Leuten. Mit einem Krachen wurde das Gatter verschlossen und Varia war allein. "Simplex; Gracchus, ihr kennt eure Aufgaben," sagte Manius, der den Stuhl unweit der Zelle abstellte. "Ich gehe in die Amtsstube und schreibe den Bericht." So entschwand der Ermittler mit einigen belastenden Gedanken. Es half fokussiert zu bleiben.


    ~~~


    Alsbald lag den Prätorianern dieser Bericht vor.


    Befragungsbericht


    Dieser Bericht unterliegt der Geheimhaltung. Nur Personen mit entsprechender Berechtigung erhalten Zugang. Eine Veröffentlichung außerhalb des vertraulichen Personenkreises ist unter Strafe gestellt.


    Fall: Varia
    Ermittler: Manius II
    Gefahrenstufe: Bedrohung für den Kaiser und das Imperium
    Priorität: Hoch


    Allgemeine Lage:
    Aufstände in Rom. Die Rädelsführerin Varia wurde nach harten Kämpfen aufgegriffen. Entsprechende Lageberichte liegen bei den Einheiten vor. Varia wurde ins Verließ gebracht und dort von niederen Soldaten misshandelt. Folter nicht ausgeschlossen. Dem eingesetzten Trupp bot sich eine geschundene Frau als Anblick, welche nackt und mit Wundmalen gezeichnet war. Die Befragung diente der erweiterten Feststellung und Einschätzung der vorhandenen Bedrohung. Die Befragung begann gegen Abend des gegebenen Tages.


    Bericht:
    Varia gab an einem Stamm aus Themiskyra anzugehören. Sie war dort Kriegerin. Ihre Mutter trug den Namen Serdana. Sie wurde im Zuge der Eroberungen versklavt und nach Rom verkauft. Ihr Besitzer war Helvetius Commodus. Ein bekannter Ehrgeizling. Sein Verwandter Helvetius Varus erwarb Varia vom Sklavenmarkt für Helvetius Commodus. Sie sollte als Leibwächterin dienen, was bereits eine merkwürdige Verkettung darstellen könnte. Denn Helvetius Varus ist nach Angaben der Varia und Aussagen diverser Ermittelnder der Besitzer des bekannten Lupanars von Morrigan, welche als geheime Herrin der Subura betrachtet wird. Ferner besitzt Helvetius Varus ein Weingut, welches noch ermittelt wird. Morrigans Lupanar wird verschiedener Aktivitäten verdächtigt, die sich mittelbar gegen Amtsmacht des römischen Staates richten. Noch konnte der Einrichtung um Morrigan keine Straftat nachgewiesen werden. Helvetius Varus scheint in diffuse Machenschaften um dieses Lupanar verstrickt zu sein. Durch den Kauf jener Sklavin Varia für seinen Verwandten zeigt sich eine Querverbindung zum Helvetius Commodus. Dieser ließ Varia in einer Gladiatorenschule zu einer Attentäterin und Meuchlerin ausbilden. Sie sollte verdeckt töten können.


    In Anbetracht der Verbindung zum Lupanar und seinem Verwandten scheint dies kein Zufall zu sein. Varia bestätigte dies innerhalb der Befragung. Scheinbar tauchten die beiden Helvetier im Laufe der Jahre ab. Ihr derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt. Die Gefangene gab an, ab diesem Zeitpunkt allein gewesen zu sein und sich in der Subura aufgehalten zu haben. Es ist anzunehmen, dass die Varia von fremder Hand gedeckt wurde. Nicht nur, dass sie Graffiti mit staatsfeindlichen Parolen verbreiten ließ, sondern auch, dass diese Frau meuchelte und mordete. Vorallem römische Bürger, die sie einer Schandtat bezichtigte. Der Verdacht liegt nahe, dass jemand an diesen Morden verdienen konnte oder zumindest seinen Nutzen daraus ziehen konnte, da primär römische Bürger betroffen waren. Ein Scheitern der Ermittlungen vor Ort in den letzten Monaten und das keine weiteren Maßnahmen gegen diese Umtriebe beschlossen wurden, zeigt eine gefährliche Verkettung auf. Es ist möglich, dass die Varia nur eine Waffe in einem Waffenlager einer größeren Verschwörung gewesen sein könnte. Konkret wurde dies deutlich, dass sich in der weiteren Befragung weitere Namen ergaben. Im Haus des Helvetius Commodus gingen scheinbar Senatoren und wohlbetuchte Bürger ein und aus. Darunter wohl auch eine bekannte Frau, die einer Tätigkeit in der Kanzlei nach geht. Der Name der Sergia Fausta wurde genannt. Sie scheint eindeutige Kontakte aufrecht erhalten zu haben und scheint ein Netzwerk mit den beiden Helvetiern betrieben zu haben, welches Varia benutzte. Ferner teilte Varia Gerüchte mit, dass Sergia Fausta ihren Mann betrogen haben sollte und Commodus habe ihr darauf ein Grundstück und/oder Geld geschenkt. Die Umstände sind nicht mehr deutlich zu ermitteln. Fakt ist, dass Sergia Fausta mit Helvetius Commodus und Helvetius Varus in diffuse Geschäfte verstrickt war und womöglich noch ist. Die Geschäfte und Anlagen der Helvetier wurden während der Aufstände nicht beschädigt.


    In ihrer Position in der Kanzlei hat sie Zugang zu Informationen und Kanälen. Es ist durchaus möglich, dass sie ihre Position schandhaft ausgenutzt hat. Der Umstand ist noch nicht vollens ermittelt. Das Grundstück und/oder Geldgeschenk könnte ein Anteil an illegalen Machenschaften sein. Sergia Fausta stellt ein Sicherheitsrisiko dar, da nach Annahme des Ermittelnden auszugehen ist, dass sie der Kopf einer Verschwörung ist, die Nutznießen aus verschiedenen Entwicklungen der nahen Vergangenheit gezogen hat. Denn Helvetius Varus und Helvetius sind abgetaucht aber das Netzwerk scheint noch zu existieren. Nur noch Sergia Fausta bleibt durch Ausschluss als Kopf über, sofern außerhalb des bekannten Kreises nicht weitere Tiefen entstehen. Die Aufstände schadeten ihr nicht und bestärkten nur die Position des Netzwerkes um das Lupanar der Morrigan, welches Helvetius Varus gehört. Es ist auch möglich, dass Sergia Fausta nicht nur eine Varia benutzte, sondern andere Meuchler unterhält. Dieses Netzwerk muss aufgeklärt werden und die ersten Einheiten wurden bereits entstandt, um weitere Berichte zu fertigen. Varia scheint hingegen eine außer Kontrolle geratene Waffe gewesen zu sein oder sich ich ihrer eigenen Position in diesem Spiel nicht bewusst gewesen zu sein.


    Betroffene Personen:
    Helvetius Commodus (Bürger),
    Helvetius Varus (Bürger),
    Sergia Fausta (Procuratrix a Memoria) und
    Morrigan (Lupanar-Betreiberin)


    Erkenntnis:
    Es besteht eine geheime Verschwörung, deren genauer Zweck noch unbekannt ist. Sergia Fausta und die bekannten Namen sind darin verwickelt. Sergia Fausta ist ein Sicherheitsrisiko, da mitunter eine kriminelle Persönlichkeit.


    gesiegelt und gesichtet durch
    Manius II, Centurio (Speculatores)






    [SIZE=7]HM[/SIZE]

  • Varia nahm die Decke, die vor ihren Füßen gelandet war auf. Dem Mann nickte sie noch schweigen zu. Es war alles gesagt. Die Ketten wurden wieder etwas gestrafft, dieses Mal jedoch nur so weit, dass sie noch liegen konnten. Und kaum hatte sich die Tür hinter den Männer geschlossen, legte sich die Kriegerin nieder und schloss die Augen. Der Mann hatte so einige wunde Punkte angesprochen nur in einem hatte er nur teilweise recht. Sie träumte nicht grau. Sie träumte gar nicht. Wenn sie die Augen schloss war da nur Leere. Eine unendliche Leere. So leer wie ihr Herz und ihre Seele. Wenn sie die Augen schloss, fiel sie in diese alles verschlingende Dunkelheit, verlor sich darin und doch fand sie hier ihre Ruhe und ihren Frieden. So wie jetzt in diesem Moment auch. Ihre Gesichtszüge entspannten sich. Sie war frei wenn sie schlief. Sie war frei von all dem Übel dieser Welt in die sie nicht passte befreit. Befreit von alle den Bilder die sie während des Tages immer verfolgten. Nie würde sie das Gesicht des Mannes vergessen, welcher getroffen von ihrem ersten in Kampf verschossenen Pfeil zusammenbrach. Sie war gerade mal vierzehn Jahre alt gewesen. Der Mann war nur unwesentlich älter als sie. Ein junger Soldat. Beide hatten sie ihre Leben eigentlich noch vor sich, nur hatte er den Tag nicht überlebt. Nie würden sie den Ausdruck seiner Augen vergessen, als er gewahr wurde, dass es für ihn nun vorbei war.
    Nie würde sie vergessen, wie es sich anfühlte ein Schwert in einen Körper zu stoßen. Dieses unwirkliche Geräusch. Sie hatte es mit ihren vierzehn Jahren auch nicht mit einer Hand geschafft, dass Schwert in den Körper zu stoßen. Ja sie hatte die zweite Hand zu Hilfe nehmen müssen. Mit der Rechten den Griff fest umschlossen, die Linke mit dem Ballen hinten am Griff, um das Schwert in das Fleisch zu treiben. Ein leichter Dreh und mit einem Ruck wieder heraus aus dem Körper. Nein Krieg und Kampf war nicht das was man sich erträumte, aber es war das Einzige was sie konnte.
    Aber genau das wollte sie nicht mehr. Sie wollte nicht mehr töten. Sie wollte keine Leben mehr nehmen. Sie wollte nur noch ihren Frieden und den gab es für sie nur in ihrem eignen Tod.
    Varia lag fest eingewickelt in die Decke und schlief umschlossen von dieser Leere die sie alles vergessen ließ.

  • Lange jedoch dauerte Ruhe nicht. Zu viele der Soldaten hatten wohl noch eine Rechnung mit ihr offen. Immer wieder wurde ihre Zelle aufgeschlossen, immer wieder kamen sie um sich zu nehmen, was sie dachten was ihr gutes Recht wäre. Varia ertrug es stumm. Sie beugte sich ihnen nicht. Sie nahm es einfach nur hin. Wenn sie der Meinung waren, dass sie genug von der Frau hatten wurde sie mit Schläge traktiert, bis sie irgendwann bewusstlos zusammenbrach. Ein Eimer kalten Wassers wurde über ihr ausgeschüttet. Und doch brauchte sie eine ganze Weile um zu sich zukommen. Wieder hagelte es Schläge. Dieses Mal jedoch, weil sie zum wiederholten Mal das was man ihr als Essen vorsetzte nicht angerührt hatte. Nun wollte man sie zwingen zu essen, doch alles was man ihr in den Mund stopfte, spuckte sie wieder aus. Was weitere Schläge zur Folge hatte. Doch zum Essen brachte sie das nicht. Sie hing irgendwann kraftlos in ihren Ketten und dämmerte vor sich hin, als sie die Schreie einer Frau vernahm. Sie waren vollen Pein und Schmerz und gingen Varia unter die Haut. Was tat man dieser armen Frau nur an? Sie hörte das Schreien, Jammer und Schluchzen. Die Frau musste ganz nah sein. Was waren diese Römer nur für Monster? Doch ehe sie weiter darüber nachdenken konnten kamen auch schon wieder Soldaten in ihre Zelle und verpassten ihr ihre tägliche Dosis an Stockschlägen. Ihr Körper war inzwischen von Hämatomen, die in allen möglichen Farben schillerten übersät. Hier und da hatten sich auch dunkle Striemen gebildet. Einige von ihnen waren aufgeplatzt und offen. Die frischen bluteten und älteren begannen sich zu entzünden, einige eiterten. Doch all das störte sie nicht. Sie wolltet nur noch diese Welt verlassen, diesem Leben den Rücken kehren....

  • Varia lief und lief, bis die Sohlen schmerzten. Wie jeden Tag. Ohne anzuhalten.So lange sie ihr diese Möglichkeit gaben. Der Weg war beschwerlich, denn die Kette an ihren Füßen wog mehr als zehn Kilo. Doch die junge Frau lief und lief. Genoss jeden Augenblick, den sie so für sich hatte. . Gleichmäßig setzte sie einen Fuß vor den anderen. Das Metall rasselte über den kahlen, kalten Steinboden. Vier Schritte von der Wand bis fast zur Holztür. Zwei Schritte von einer Wand zur anderen. Vier Schritte zurück zur Wand. Immer wieder.
    Irgendwann blieb sie stehen. Ihr Atem ging schwer. Durst quälte. Die Zelle, in der sie lebte, maß kaum mehr als zwei Quadratmeter. Der einzige Gegenstand hier war die Ketten, an den Ringen in der Wand befestigt waren. Wenn Varia nicht durch den Kerker lief, kauerte sie in der Ecke, unfähig aufzustehen, weil dann jene Kette den Ringen so fest gezogen wurden und sie damit an die Wand fesselten. Tag und Nacht lag sie so da. Angekettet wie eine Kuh im Stall.
    Einen Moment hielt sie inne. Saß an die Tür, durch die ein kleiner Lichtstrahl fiel, gelehnt und betrachtete gedankenverloren ihren von Schmutz und Blut bedeckten nackten Leib, die dunklen Mauern, ihre zusammengeketteten Füße. In völliger Finsternis hockte sie da. Licht drang nur in die Zelle, wenn man ihr Essen brachte, welches sie kaum anrührte oder die Soldaten ihr ihre tägliche Prügel verpassten. Inzwischen stank sie zum Himmel, was sich vor anderen Übergriffen der Männer schütze. Und doch kamen sie jeden Tag mit ihren Knüppeln aus Holz und schlugen so lang auf sie ein, bis sie zusammenbrach. Doch hörten sie keine Schreie von ihr. Sie hörten kein Bitten um Gnade. Und jeden Tag wenn sie die Zelle betraten und die Amazone die Bewegungsfreiheit hatte, dann stand sie aufrecht da und blickte den Männer entgegen.


    An nichts denken! Ruhig bleiben. Sie lief weiter. Noch durfte sie sich bewegen. Aufrecht gehen. Immer weiter. Vier Schritte von der Wand zur Tür. Zwei Schritte von einer Wand zur anderen. Vier Schritte zurück zur Wand. Immer und immer wieder. Vorwärts. Im Kreis.
    Sie hörte Stimmen in der Zelle nebenan. Nur kurz hob sie verwundert den Blick, denn aus dieser Zellen drangen nie Geräusche. Nur einmal am Tag wurde sie aufgeschlossen, die Schale mit dem Essen eingeschoben um dann wieder verschlossen zu werden. Die Schrei der Frau unter Folter waren Tage oder Wochen her. Seit her hatte sie nichts mehr als die tägliche Routine von dort vernommen.
    Doch dieses innehalten dauerte nur einen Augenblick. Es interessierte Varia nicht, was neben an geschah. Sie konnte es ehe nicht ändern. Sie konnte für die Frau nur hoffen, dass nicht so gequält wurde wie sie selbst.



    Sie lief weiter....

  • Die Geräusche aus der Nachbarzelle ließen Varia wieder innehalten. Das dumpfe Geräusch der Knüppel die einen Körper prallten kannte sie nur zu gut. Das anschließende klirren der Ketten verhieß nichts Gutes für die Frau. Varia wusste nur zu genau, was sie mit der Frau taten. Nach jeder Prügel die sie bezog wurde auch sie so an die Wand gekettet, das sie sich kaum noch bewegen konnte. Ihr war es gerade mal möglich sich niederzulegen, ohne sich mit dem Halsring zu strangulieren. Und doch huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, als sie die Worte der Frau hörte. Sie erkannte die Stimme, auch wenn sie eine Weile brauchte sie einzuordnen. Die kleiner Perserin saß also der Zelle nebenan.
    Ja Varia kannte sie und wusste natürlich von ihren Geschäften. In der Subura kam ja kaum einer an der Perserin vorbei. Nun hatte sie wohl den Falschen ans Bein gepinkelt. Varia konnte nur hoffen, dass die Kleine es auch dieses Mal schaffte mit halbwegs heiler Haut herauszukommen.
    Die Amazone hatte keine Zweifel, dass wenn die Perserin es hier lebend raus schaffen würde, sie es auch wieder schaffen würde ihren Platz in der Subura einzunehmen. Die Frau aus Persien war wie ein Katze, die fiel immer auf die Füße. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Aber viel länger konnte sie sich keine Gedanken über die Frau in der Zelle nebenan machen, denn genau in diesem Moment wurde ihre Zellentür aufgestoßen und drei kräftige Männer mit ihren Holzknüppeln traten ein.
    Das Gesicht der Amazone wurde zu einer Maske und sie schaute ihnen mit eisigen, stolzen Augen entgegen.
    Genau das war es wohl, was die Männer wütend machte, seit Wochen nun schon immer wieder die selbe Prozedur. Sie droschen auf die Frau ein und dennoch zeigte sie keine Demut, keine Unterwürfigkeit. Nein sie war immer noch stolz in ihrer Haltung und ihren Gesten. Sie sprach kein Wort, sie bat nicht um Gnade.
    Auch wenn sie wohl wusste, dass die Amazone auch dieses mal nicht um Gnade betteln würde, holten sie mit ihren Knüppeln aus und droschen auf die Frau ein. Immer und immer wieder sausten die Knüppel herab und trafen den ungeschützten Körper überall. Ab und an konnte man ein Aufstöhnen der Frau vernehmen, aber wie immer unterdrückte sie Schmerzensschreie. So lange ihre Beine sie trugen, stand sie aufrecht und ertrug die Schläge, bis sie unter der Wucht eines der Schläge zusammenbrach. Dann trafen sie die Knüppel im liegen. Arme, Bein, Rücken, Bauch nichts bleib verschont, bis die Frau keine Regung mehr zeigte. Der nun fast leblose Körper wurde zur Wand geschleift. Die Ketten wurden enger gezogen, der Stahlring um den Hals mit seiner dafür vorgesehen Kette versehen. Nachdem das geschehen war, trafen noch ein paar feste Fußtritte den Körper und einer der Männer spukte auf sie. Dann wurde es wieder still und Dunkel in der Zelle der Amazone.
    Viel später würde man wohl das klirren von Kettengliedern vernehmen. Dann wenn die Frau versuchen würde eine halbwegs bequeme, schmerzfreie Position einzunehmen.

  • Dieser Tag entwickelte sich nicht, wie geplant; sondern folgte längst seinen eigenen Regeln und diese Regeln missfielen Verus. Denn Verus konnte nicht ganz seine sentimentale Seite verleugnen, die ihm stets ungemeiner Ballast war. Seine Sorgen, Ängste und Gedanken zogen ihn herab, der kalt und rational agieren musste. Diese Welt wollte keinen traurigen und weinerlichen Soldaten, sondern einen Mann, der das tat, was notwendig war, ohne darüber zu sprechen oder dadurch belastet zu sein. Eine Maschine war Wunsch, wenn auch derzeit nur Bestie möglich war. Ein Wesen, durch Ketten geführt, seiner Umgebung beraubt und einsam zurückgelassen in einem Käfig, um dort zur Belustigung oder Bewunderung seine Runden zu drehen. Varia hatte Ähnlichkeit mit ihm. Beide schienen sie verloren, unrettbar und doch trugen beide ein Zeichen: sie wollten anders sein. Sich nicht fügen. Doch fügte sich Verus längst, wurde sogar zum Unterdrücker, nur um selbst nicht befreit zu werden. Denn Freiheit war Angst, nicht kontrollierbar und mitunter chaotisch. Freiheit, in ihrem Absolut, war nicht minder Willkür, niemals gerecht und auch niemals fair. Sie war nicht möglich und wenn sie angestrebt wurde, war es Wahnsinn. Freiheit war längst ein Symbol, eine reduzierte Fassung ihrer selbst, als Begründung für menschliches Handeln und doch war das Handeln in einer Gesellschaft niemals frei. Selbst Varia in ihrem Todeskampf, ihrer Suche nach Tod, war nicht mehr frei. Niemand war hier frei. Nicht einmal der Kaiser, der stets fürchten musste, dass er verraten oder hintergangen wurde. Rom war Macht - und Macht kannte nur Ängste. Ängste, die sich selbst befeuerten, und Maßnahmen erlaubten, die wiederum Macht sichtbar machten. Allein war Macht nur ein Gedanke und musste stets gezeigt werden, damit sie real wurde. Ein Zaubertrick. Menschen mussten glauben, dass sie existierte und am Ende taten sie dies, aus Furcht vor Dingen, die sie sich erdachten oder erträumten. Wenn sie sich selbst davon frei machten, wurden sie durch andere bestraft, die jener Macht aus Angst folgten. Es gab keine Flucht aus einer Welt, die stets einer Maschine gleich verlief. Niemand konnte wirklich wählen. Denn es war unmöglich seine eigene Existenz zu negieren. Man dachte, also war man. Mit dem Denken und den Gefühlen setzte der Wahn ein. Der Wunsch entstandt und entwickelte den Gedanken der Macht. Dieser Ort hier war reduziert, soweit entkernt, dass nur diese kalte Macht übrig blieb. Varia war Gefangene und Verus ihr Wächter. Beide teilten diese Dualität. Bestimmt einiges an Zeit hatte er Varia in ihrer Zelle beobachtet. Er wollte verstehen, was sie antrieb; mehr noch, wollte er ihr glauben, dass sie am Ende ihre Freiheit finden würde aber nicht mehr in diesem Leben. Ihr Leben war bereits seit Geburt verwirkt durch Krieg, Wahn und System.


    Verus hatte keine Wahl, als Beobachter eines Verfahrens zu sein; eines Abgesanges auf eine Person, die niemals gepasst hatte. Niemals passen konnte, weil ihr Zahnrad in der Mechanik der Gesellschaft zerbrochen war. "Manius," sagte der Trecenarius mit belasteter Stimme. "Das ist diese Varia, die unserem Rom so viel Schaden bereitet hat?" Manius nickte. "Ja, Herr, sie ist ein interessanter Fall aber noch viel interessanter sind die Gegebenheiten, die sie erst möglich gemacht haben," erklärte der erfahrene Ermittler zu seinem Kommandeur. Verus schwieg in stiller Betrachtung durch das Gatter. "Mir ist der Fall aus deinen Berichten und Erzählungen von Soldaten bekannt," meinte der gediente Offizier, der das Metallgatter, jene zwei Verschlüsse, öffnete, um zu Varia einzutreten. Auch hier musste er Fürsorge in einer Entscheidung walten lassen. Die Fälle brauchten stetige Bearbeitung und nun war er verantwortlich. Verantwortung wog nie leicht. "Sollen wir sie fixieren, Herr?" - fragte der Soldat, der sich an Verus vorbei drängte, damit der Trecenarius nicht in Gefahr geriet. "Ja," war die beunruhigte Antwort des Tiberius Verus, der sich zurückhielt, um die erfahrenen Kerkermeister ihr Handwerk ausführen zu lassen. Drei Mann umschlossen Varia, drängten sich zurück an die Wand, wo man Hand- und Fußketten festzog, damit sie sich nicht mehr von der Wand entfernen konnte. Sie war in eine stehende Position gezwungen. "Salve," grüßte Verus dann, nachdem die Wachen neben Varia getreten waren, so dass der Blick auf die Gefangene frei war. In Verus Augen lag Abschied; eine Traurigkeit und auch Gewissheit.

  • Vier Schritte von der Wand bis fast zur Holztür. Zwei Schritte von einer Wand zur anderen. Vier Schritte zurück zur Wand. Immer wieder.
    Die Blicke die sie betrachteten nah sie nicht war. Ihre Sinne, denen sonst kaum ein Geräusch entgangen war, waren abgestumpft. Sie wusste ohnehin, wenn sie die Tür öffnete würde es das gleiche Prozedere wie jeden Tag geben. Vier Schritte von der Wand bis fast zur Holztür. Zwei Schritte von einer Wand zur anderen. Vier Schritte zurück zur Wand. Immer wieder. Das Knarren der Tür ließ sie innehalten. Wie jeden Tag stand sie einfach nur da und ein leerer Blick traf die Eintretenden. Sie bewegte sich erst, als sie an die Wand gedrängt und dort fest gekettet wurde. Sie konnte ein bekanntes Gesicht und ein ihr vollkommen fremdes Gesicht unter den Eintretend aus machen. Der alte Mann, der sie befragt hatte, hielt sich zwar im Hintergrund, dennoch nahm sie ihn war. Ein kurzer Blick traf ihn, bevor sie sich jenen Mann zuwandte, der sie grüßte?
    Ihr Blick war leer, sie wirkte ausgebrannt, aber es lag keine Angst in ihnen. Ja ein geübter Beobachter konnte wohl erkennen, dass diese Frau mit ihrem Leben abgeschlossen hatte.
    Der Körper der Amazone schillerte in allen möglichen Farben. Rote Striemen, blaue, violette und grüngelbe Flecke übersäten ihren Körper. An den unterschiedlichen Farben konnte man wohl das Alter der jeweiligen Verletzungen ausmachen. Die Stellen ihres Körpers welche vom Eisen umschlossen wurden waren wund gescheuert und stellenweise offen. Und doch straffte sie ihren Körper um aufrecht dem Mann gegenüberzustehen. Sie antwortete ihm jedoch nicht, sonder erwiderte sie seinen Gruß nur mit einem kurzen Nicken.

  • Verus betrachtete die Gefangene. "Unter all unserer Kultur, sind wir doch nur Wilde, nicht wahr?" - fragte er Varia. "Du hast mir mit deiner Geschichte vieles erzählt, Gefangene. Ich bin hier, um dich zu sehen. Wirklich anzublicken, damit ich verstehen kann, was diese Geschichte bedeutet," offenbarte sich Verus und gleichsam auch als Chef dieses Kerkers. Dem Trecenarius unterstand im Nebenberuf auch die Kerkerschaft der Prätorianer, die hauptsächlich zu befragende Personen umfasste. Alle zu ermittelnden Sachverhalte fielen qua Amt in seine Zuständigkeit."Aber Worte beschreiben unser Verhältnis nicht. Stille ist wohl die passende Antwort. Wir sind alle besessen mit Erklärungen und Worten aber ich bin besessen mit der kalten Stille. Deiner Stille. Du schweigst, ziehst deine Runden und antwortest ohne Worte," meinte der Trecenarius, zum verdutzen der Anwesenden. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass Verus keinerlei Frage stellen wollte und sogar offenes Verständnis zeigte. Natürlich wagten sie es nicht, der Strategie des Trecenarius in die Seite zu fallen und schwiegen mit ihm. Verus schwieg in der Tat und blickte mit breiten Augen auf Varia. Er gab ihr Stille und nickte ihr zu. Doch beide sollten für einige Augenblicke diese Stille teilen, bis sie einer brechen würde.

  • Ohne eine Regung zu zeigen blickte Varia den Mann, der fast schon mit Verständnis zu ihr sprach an. Ein kurzes Nicken verhieß Zustimmung. Und doch veränderte sie ihre Haltung nicht. Sie stand aufrecht, fast konnte man stolz sagen da und blickte den man an. Kurz fiel ihr Blick auf jene der sie als erstes befragte, bevor sich ihr leere Blick wieder dem vermeintlich Verantwortlichen zuwandte. Es war ein langes Schweigen, dass schließlich von der Amazone gebrochen wurde.
    „Ich bin müde. Müde immer zu kämpfe. Müde einsam und verlassen zu sein. Müde niemals jemanden für mich zu haben, der mir sagt, wohin wir gehen, woher wir kommen und warum. Am meisten müde bin ich, Menschen zu sehen, die hässlich zueinander sind, die miteinander kämpfen und sich gegenseitig töten ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben. Der Schmerz auf der Welt, die Kriege, das Kämpfen und das viele Leid, das macht mich sehr müde. Es gibt zu viel davon. Diese Welt hat keinen Platz für mich, es gab wohl auch nie einen für mich. Mehr als 20 Jahre kämpfen, töten, Blutvergießen reichen. Es muss enden... ich bin müde.”
    Sagte sie leise und mit monotoner Stimme, gar so als würde sie nicht über sich reden. Ja man konnte wohl deutlich erkennen, dass diese Frau mit ihrem Leben abgeschlossen hatte und das nicht erst seit ihrer Gefangennahme. Nein jemand der es einzuschätzen wusste, würde erkennen, dass dies schon viel länger die Gedanken der jungen Frau waren. Das wohl jene Gedanken zu dem geführt haben, was Rom schlussendlich für ein paar Tage ins Chaos gestürzt hat.

  • Verus war aufmerksam. Ehrlich aufmerksam, denn was diese Frau berichtete, war ihre letzte Geschichte. Ein Stückchen persönliche Wahrheit in einer verkrümmten Zeit, die immer nur Betrachtungsweisen anbieten kontne. Nichts war fest; nicht war wirklich erklärbar, sondern folgte stets diffusen und komplexen Regeln, die sich einem Menschenverstand oft entzogen. Wahrheit war auch immer nur eine Mehrheitsmeinung, und so konnte auch eine gute Geschichte oder eine tradierte Lüge Wahrheit sein; eine Betrachtungsweise unter vielen. Natürlich gab es stets bessere Wahrheiten, bessere Fakten und auch stets politisch mehr gewollte Wahrheiten aber am Ende des Tages war alles nur eine persönliche Entscheidung, was man sich anhörte und was man eben verschwieg; leugnete oder verdrängte. Dieses Imperium war bereits so alt, dass dessen Ursprung bereits Legende war. Selbst Verus, der sich intensiv mit der Historie auseinandersetzte, konnte nur wenig überblicken, was wirklich im Herzen der großen Maschine vor sich ging, die alles am Laufen hielt. Aber der stete Versuch dieses zu wollen, ermüdete auch ihn. Verus brauchte Verständnis und eine Antwort, eben eine echte Wahrheit, die nicht nur Betrachtung war, sondern ganz klar und ehrlich. Doch nichts in seinem Leben war ehrlich.


    Er war umgeben von Politik, Machthunger und Intrigen. Seine Welt war paranoid und düster. Es gab kein Heil, sondern nur ein Überleben. Ein stetes hinterfragen zum Selbstschutz vor Fallgruben seiner eigenen Umwelt. Misstrauen war seine Antwort auf den vielen Verrat, den sich Menschen antaten, um an einer Maschine zu gewinnen, die ihnen selten geeignete Preise bot. Es wurde niemals besser, sondern verlagerte nur seine Schwerpunkte. Leid war dem Leben angeboren oder zumindest dem Menschen, der in seiner Suche nach Heil und Schutz alles aufgab, was ihn einst ins Leben geworfen hatte. Varia durchbrach diese Welt mit ihrer Treue und doch auch ihrem Verrat. Sie verriet jenes Überbleibsel von Welt, die sie hervorgebracht hatte. Varia war ein Teil von Rom, wie auch Verus und somit verband beide der geteilte Schmerz über diese unnachgiebige Zeit, die beiden keine Antworten gab und den Geist müde machte.


    "Danke," sagte der Trecenarius aufrichtig. Er wollte ihr eine echte Emotion schenken, keine Maske, sondern etwas, woran sie sich festhalten konnte. Verus war kein Monster aber eine gemachte Bestie, geschmiedet in den Feuern der vielen Kriege und der Gewalt eines Staates, der nur Macht kannte. Doch auch eine Bestie hatte ein Herz und fühlte. Vielleicht war Verus sogar mehr Mensch als jene Gestalten, die sich stets versteckten und verschwiegen, was sie waren. Sie versteckten sich hinter Ausflüchten, Lügen und Selbstwahrheiten, dass alles gut sein würde, wenn sie fortblickten. Sie wollten nicht sehen, nichts wissen, sondern stets Illusion im Wahn erhalten. Sie wollten gut sein, waren es aber niemals, da es ihnen an Blickwinkeln mangelte. Ihre Herzen schlugen lustlos ohne Lebenskraft monoton, wohingegen Verus und Varias Herzen mit Leben schlugen; kraftvoll aber einsam. Wäre nicht Luna, seine Geliebte, wäre auch Verus verloren in dieser Müdigkeit, diesem dämmrigen Schlaf, der ihn Schlafwandeln ließ. "Ich muss dir noch ein paar Fragen stellen," begann Verus sanftmütig und nickte ihr zu. "Wie hast du diesen Aufstand organisiert? Hattest du Hilfe? Vielleicht von Sergia Fausta?" Es war eine vorerst folterfreie Befragung, sofern man von der Position, in der sich Varia befand, absah.

  • Sie sehte sich nach Stille und Dunkelheit. Eine Dunkelheit die sie umfing und auffingen. Doch immer weider brachen Stimmen in jene Dunkelheit und zerrten sie ins Licht. Es war fast so als wollte ihre Göttin sie verhöhnen. Sie gönnte ihr die Ruhe und Dunkelheit nicht. Immer wieder wurde ihre so sehnsüchtig herbeigeflehte Stille durchbrochen. Jeden Morgen wachte sie wieder auf, obwohl sie sich nichts mehr wünschte als ewigen Schlaf. Und nun brach dieser Mann in ihre Dunkelheit und Stille. Seine Stimme hallte in ihr wieder. Zwar zeigte er so was wie Verständnis und doch verstand er nichts. Varia blickte ihn mit ihren toten Augen an und schüttelte den Kopf. Leise sprach sie. „Ich habe dem dort bereits alles gesagt.“ Sie deutete mit dem Kopf auf jene Mann, der sie zuerst befragt hatte. Jener Mann der ihr versprochen hatte, das es bald vorbei wäre. Sie hatten so viel versprochen und nichts gehalten. Lügen. Rom bestand nur aus Lügen. Sie reden immer von Ehre und haben doch keinen Deut davon. Sie sprechen von Treuer und wissen nicht mal was das ist. Sie verlangen von Sklaven wie Varia unbedingte Treue und Loyalität und selbst kanten selbst nicht mal die Bedeutung jener Worte.
    Natürlich hatte Varia Hilfe, doch im Gegensatz zu den Römern bedeuteten ihr die Worte Ehre, Treue und Loyalität etwas. Sie würde nie jemanden verraten, der ihr geholfen hat. „Ich hatte keine Hilfe ich habe es allein getan.“ Sagte sie ihr Kopf war stolz erhoben auch ihr Blick hatte sich verändert er war nun stolz und unnachgiebig. Nein sie würde nicht mehr sagen. Sollten die Römer endlich das tun wofür sie da waren. Sie töten.

  • Verus fragte sich, ob sie ihn belog aber konnte keine Indikatoren ausmachen, die seine These bestätigen konnten. Dennoch musste sie ihn belügen. Niemand konnte eine solche Tat planen und umsetzen, ohne fremde Hilfe. Doch Verus war bereit, seinen Erwartungshorizont zu verlassen. Es war interessant, eine Fehlstelle oder ein Defizit im imperialen System zu finden, die Varia ermöglicht hatte, einen solchen Aufstand zu beginnen. "Dann scheint Rom sehr einfach gebaut zu sein," kommentierte er zynisch und nickte Manius zu. "Wenn eine Frau mit ein paar Halunken tausende Seelen in den Aufstand reißen kann," meinte er nun und überlegte, welche er Fragen er nun noch stellen konnte. Varia war eine erfahrene Kämpferin, die ohnehin bereits viel Leid erfahren hatte. Er konnte ihr nicht drohen oder ihr etwas antun, was mehr Informationen bereitstellen konnte. Schmerz war keine Erfahrung, die Varia brechen konnte. Denn sie war bereits zerstört. Verus betrachtete eine zerstörte Frau, die noch einen Teil der Welt mit sich reißen wollte, die sie zu dem gemacht hatte, was sie nun war. "Wir glauben Entscheidungen frei zu treffen aber längst werden wir alle durch Umstände bestimmt, Gefangene. Deine Umstände scheinen besonders gewesen zu sein," sagte der Geheimdienstchef mitfühlend, um Varia nicht das Gefühl zu geben, dass er sie belog. "Du hast es nicht allein getan. Wir haben bereits einige Gefangene, die uns berichten, dass du verschiedene Helfer hattest. Hauptsächlich aus der Subura," deutete Verus an und ließ aber offen, wie viele Quellen er hatte und wie viele Gefangene sich in seinen Händen befanden. "Du belügst uns, Gefangene. Ich bin nicht dein Feind. Du willst deinen letzten Kampf. Ein Ende. Du bist müde aber verzögerst es durch diese Haltung..." Der Römer machte eine Handgeste, indem er seine Hand einmal herumwandte und dann zur Faust formte. "... Ich möchte einfach nur eine Bestätigung von dir, dass du nicht alleine warst." Verus öffnete die Faust wieder. "Hattest du Hilfe durch die Christianer, welche sich in der Subura verstecken?" - war nun die konkrete Frage.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!