Morrigan, die Wüstenblume

  • Der Elefant gab seine Beute am Eingang der Kaserne ab und verschwand dann wieder im Stadtbild mit seinen Leuten. Verdeckte Prätorianer betraten selten die Kaserne. Zwei Soldaten in einfacher Montur schleppten Morrigan in eine Zelle, nahmen ihr aber nicht den Leinensack ab, sondern ketteten sie schlicht an den Füßen und Händen fest. Jedoch kettete man sie nicht so fest, dass sie unbequem lag. Sie hatte genug Kettenspiel, um sich ein wenig bewegen zu können. Nachdem das Kettenschloss am großen Ring verschlossen war, schlossen sie das Gatter, um Manius zu informieren. Die beschlagnahmten Texte und die wertvolle Tabula war ihm bereits durch einen flinken Boten überstellt worden. Scheinbar begann er bereits diese Texte zu studieren. Und die persischen Texte würde er übersetzen lassen, denn das tat er immer mit fremdsprachlichen Texten.

  • Sie wurde wach oder nicht? Es blieb Dunkel um sie herum, obwohl sie die Augen geöffnet hatte. Wo war sie? Ihr Kopf dröhnte. Der Mann in ihrem Lupanar! Er hatte sie verschleppt! Sie versuchte sich zu bewegen, konnte dies auch bedingt, doch kaum tat sie es vernahm sie das Klirren von Ketten. Ketten? Sie wollte sich den Sack vom Kopf ziehen, als sie jedoch ihre Arme bewegen wollte wurde diese Beweung abruppt von Ketten gestoppt. Diese Schweine hatte ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt!
    So rappelte sie sich also mühsam in eine sitzende Position und versuchte sich zu orientieren. Für einen Sehenden, dem man seine Sicht genommen hatte nicht gerade einfach. Ihre Hände fuhren über den Boden. Kalt, feucht und aus Stein. Scheinbar mit Stroh bedeckt. Es roch modrig, muffig und nach Körperausscheidungen. Sie bewegte sich ein wenige und hörte neben dem klirren der Ketten, eine Ring, der immer wenn sie die Spannung löste mit einem kleinen Plop an die Wand schlug. Dies war also ein Raum, der auf Gefangene vorberietet war.. Und da wohl kaum jeder Römer einen eigenen Folterkeller hatte...
    Im Carcer !
    Sie überlegte fieberhaft, wie sie hier wieder heruaskommen konnte. Sie fluchte auf persisch vor sich hin.

  • Manius hatte wenig geschlafen. Wirklich wenig geschlafen. Dieser Fall konnte nicht nur sein letzter Fall sein, sondern sein Allerletzter. Er spürte bereits wieder seine Herzschmerzen. Der alte Prätorianer war übernächtigt aber hielt sich dank eines starken Willens aufrecht. "Auf Neues," sagte Manius zu seinen besten Handverlesenen, die das Gatter öffneten und in den Raum traten. "Wenn ein Stern vom Himmel fällt, zerbricht eine ganze Welt," sagte Manius beim Eintreten. Er trug, wie üblich, keinerlei Waffen, außer seinem Knüppel, den er gewohnt zur Seite legte. Simplex, der Mann mit den starken Armen, trug die beiden Eimer, sowie das saubere und sehr dünne Leinentuch. Gracchus schuftete sich an den beiden Stühlen ab. "Noch keinen Stuhl für sie," sagte Manius und Gracchus verstaute den Stuhl etwas Abseits. Manius nahm sich seinen Stuhl und positionierte diesen auf guter Sichtlinie zu Morrigan. "Entkleiden und Gesichtsverdeckung abnehmen," befahl der Befrager kalt. Er wollte Morrigan brechen, da Perser als Stolz galten. "Obwohl Nacktheit ihr nicht schaden wird," sprach er und lächelte zynisch. "Ich denke, dass wir mit dir die üblichen Verfahren überspringen können." Immerhin war Morrigan eine bekannte Tänzerin und Prostituierte, so dass Nacktheit mit Sicherheit kein Problem war. "Ausführen?" - fragte Simplex nun verunsichert. Manius nickte. Bevor man ihr den Sack vom Schädel entfernte, riss man ihr die leichte Bekleidung herunter, die daraufhin in langen Fetzen zu Boden fiel. Erst dann entfernte man den Sack und ließ auch diesen achtlos fallen. Simplex und Gracchus traten zurück. Blieben aber in der Nähe von Morrigan. Im Gang hörte man Schritte der bekannten Wachen, die ihre Patroullie gingen. Das Gatter stand offen. "Morrigan," sagte Manius galant und blickte sie interessiert an. Er hatte keinerlei Interesse an ihrer schönen Optik, sondern eher an sichtbaren Narben und ihrem Gesicht. Wenn Menschen nackt waren, waren sie ausgeliefert, auch wenn sie es selbt nicht wahrhaben wollten. Sie hatte keinen gesellschaftlichen Schutz mehr. Morrigan war in ganzer Natur vor ihm, so dass er kleinste Regungen erkennen konnte, wie Nervenzucken der Halsadern oder Fußspitzen.




  • Stimmen, sie kamen näher. Sie vernahm die Befehle eine vermutlich älteren Mannes. Entkleiden. Bei allen.. was hatten die denn vor? Wollten die sich einfach kostenlos bedienen lassen? Morrigan kochte vor Wut. Und genau das sah man ihr auch an, als ihr dieser ekelhafte Sack vom Kopf genommen wurde. Ihren Augen spürten, nein so glühten förmlich vor Wut auf die Männer. Wenn der Mann dachte, das sie sich ob ihrer Nacktheit unwohl fühlte war er mehr als schlecht informiert. Sie trug quasi gerade ihre übliche Arbeitskleidung. So blaffte sie nun also auch dem Mann wütend ihre Antwort entgegen. „Ja!“ mehr sagte sie nicht. Aber ihre ganze Körpersprache zeigte von Wut und einem enormen Selbstbewusstsein. Nein diese Frau machte sich nicht klein.
    Die Männer hatten sicherlich beim Herunterreißen der Kleidung auch ihren von Peitschennarben gezeichneten Rücken sowie das überbrannte Brandzeichen auf der Schulter gesehen. Ja die Frau hatte schon einiges durch und das hat sie stark gemacht. So funkelte sie nun auch den Mann, der vermeintlich die Befehle gab an. „Was willst du?“

  • Manius fand bei Morrigan Wut und Stolz. Einige brachen unter den Erfahrungen, die diese einstige Serva erdulden musste, doch sie wurde dadurch verbittert abgehärtet. Sie wurde stolz über ihr eigenes Leben. "Herr," sagte Simplex und deutete auf die Narben. "Ich sehe es," antwortete Manius und nickte zufrieden. Es bestätigte sich sein Bild, welches er über Morrigan hatte. Natürlich war sie bekannt. Die Prätorianer hatten bereits ein paar Informationen sammeln können. Nur die Erkenntnisse fehlten noch. Es waren nur Details ohne sachgerechte Verbindung. "Antworten. Klare Antworten von der Regina der Subura." Manius ließ seinen Blick über die Narben schweifen, die ihm nun durch prankenhafte Hand des Simplex präsentiert wurden, als man Morrigan leicht eindrehte. "Gut," meinte der Befrager und Simplex ließ die Gefangene in ihre alte Pose zurück. "Du hast Stolz aber ich habe Geduld," erklärte Manius zurückhaltend. Ihr böses Funkeln ließ ihn nach einer Strategie suchen. "Die Nadel," befahl Manius und bereitete sich bereits auf das handwerkliche Geschäft vor. Gracchus nickte, trat hinaus und war erstmal verschwunden. Der alte Ermittler bewegte seine Finger, um diese zu entspannen. "Wir werden uns unterhalten, Morrigan," benannte er seine Absicht. Seine ernste Absicht und ging anders als bei anderen Gefangenen bei einer Prostituierten nicht von einem Wahrheitsgehalt aus. Er ging sogar davon aus, dass eine persische Tänzerin ihn erheblich belügen würde, da sie aus einem kriminellen Milieu stammte, wo man nur durch Härte und Lügen überleben konnte. So etwas blieb nicht ohne Spuren. Etwas Mitleid hatte er mit ihr und auch darüber, dass es scheinbar keinen anderen Weg geben konnte.






  • Morrigan ließ sich natürlich nicht widerstandslos drehen. Sie funkelte den Typen der das tat entsprechend an und versuchte gegen die Kraft des Mannes anzukämpfen. Erfolglos, aber immerhin zeigte sie damit wohl auch, dass sie nicht im geringen bereit war sich zu unterwerfen.
    „Ich habe keine Antworten für euch.“ knurrte sie mit immer mehr Wut im Bauch. „Das sagte ich schon dem minderbemittelten Mann, den du mir geschickt hast.“ Von der Drohung ließ sie sich nicht beeindrucken. Was auch immer er dachte zu haben. Morrigan wusste was sie zu ertragen im Stande war. Sie hatte schon in Abgründe blicke müssen, die so manch anderen hätten verzweifeln lassen. Aber sie hatte sich immer wieder nach oben gekämpft. Das hatte sie stark gemacht. Stark und selbstbewusst.
    So blickte sie den Mann nun auch mit festen Blick frei von Angst an. „Ich habe dir nichts zu sagen.“ Ihr Blick war kalt – eisig und Voller Ablehnung. Nein sie würde ganz sicher nicht mit diesem verlängerten Arm des Kaisers zusammenarbeiten. Wenn man in der Subura verankert war wie sie, dann arbeitete man ganz sicher nicht mit Staatsdienern zusammen.

  • Wie sich die Zeiten doch stets wandelten. Manius überlegte, wie viele Leute in diesem Kerker verrottet waren, wie viele Namen er gehört hatte und doch endete die Arbeit niemals. Doch für Manius war es der letzte Fall. Endlich würde diese eintönige Wiederholung von menschlichen Befindlichkeiten enden. Enden sollte nicht nur sein Dienst, sondern auch die Erfahrungen, die sich stets wiederholten. Menschen leisteten Widerstand, ob einer Situation, die sie ohnehin nicht ändern konnten. Anstatt sich nun kooperativ zu zeigen, wählte Morrigan ihren eigenen Fluch des Stolzes. Immer wieder beobachtete er dieses Phänomen, dass unfähige Geister stets den Kampf auch gegen jedwede Vernunft wählten. Manius seufzte traurig. Er hatte keinerlei Spaß daran, was nun folgen musste.


    "Überlege es dir noch einmal. Ich habe nur Fragen," wollte er selbst diesen nächsten Akt verhindern, der inzwischen obligatorisch schien. Nein, Morrigan würde nicht einbrechen. Nicht einfach so. Mit Vernunft war ihr nicht zu kommen. Es war ihr nur mit einem beizukommen, was er selbst verachtete. Doch war es zu nützlich, zu dominant in der Anwendung, dass es keine Wahl gab. Die Gefangene machte es durch ihre Körpersprache, ihren Ausdruck und ihre Wortwahl alternativlos. Rom musste handeln, denn Widerstand wuchs, wie ein Pilz und zog weite Spuren. Niemand sollte sich widersetzen. Manius fuhr sich mit der Hand besorgt über die Stirn, da es ihm immer schwerer fiel dieses Geschäft auszuüben. Doch zum Glück war es bald vorbei. Gracchus tauchte wieder auf. Er trug ein schwarzes Holzkästchen bei sich, welches er neben Manius auf den Boden stellte. "Wir beginnen harmlos," sagte der erfahrene Befrager des Kaisers. Nein, natürlich war ab jetzt nichts mehr harmlos. Ihre Verachtung traf ihn nicht mehr. In diesem Geschäft war Verachtung auch nur eine Währung, welche als Erfolg galt. Wenn man verachtet wurde, hatte das Gegenüber wenigstens eine klare Position eingenommen. Manius öffnete den Verschluss des Kästchens.



    Die Zeiten änderten vieles aber nicht dieses. Menschen mussten ihre Ketten kennen. Einige wählten sie selbst, andere brachen sie und wiederum andere mussten zwangsweise in Ketten gelegt werden. Ohne Ketten ging es nicht. Manius wusste, dass Menschen ohne Ordnung Raubtiere waren und Morrigan war ein gefährliches Tier, das wusste er. Nicht ohne Grund hatte sie große Teile der Subura unter Kontrolle. Es war an der Zeit, die Kette zu schmieden; ihre ganz persönliche Kette, die sie nicht mehr brechen konnte. Eine Kette im Geiste. Die weltlichen Ketten hatte sie gesprengt. "Ich erinnere dich darin, dass dein rechtlicher Status bedenklich ist. Nicht nur, dass wir dich in Gewahrsam haben und lange festgesetzt halten werden, ist dein Status als Freigelassene auf sehr dünnem Wachs geschrieben. Es könnte schmelzen," erklärte Manius, der natürlich bereits umfänglich informiert war. Der Elefant hatte einen kurzen Bericht mit zu den Unterlagen gelegt.


    "Wir kennen deine Kontakte und ich möchte nur noch ein paar Details wissen," sagte Manius mit einer väterlichen Stimme, als er die Kiste zu sich zog. Mehrere kleine goldene Nadeln kamen zum Vorschein, in verschiedenen Größen. Doch alle waren klein genug, um kaum im diesigen Licht erblickt zu werden. Die Goldnadeln lagen schön aufgereiht in Lederriemen. Manius strich mit den Fingern über das Gold. "Du bist uns Gold wert, Gefangene," scherzte Manius bitter und schämte sich ein wenig selbst für diesen Witz. Er würde ab jetzt auch ihren Namen verweigern und sie nur noch als das betiteln, was sie für diesen neuen Zeitraum war: Eine Gefangene. Ohne Namen war sie auch keine Person mehr. Er würde ihr klar machen, dass man sich einen Namen verdienen musste. "Festhalten," befahl der Befrager ohne große Lautstärke. Gracchus und Simplex pressten ihre Hände auf Morrigan, wobei Simplex einen Teil seiner Schulter benutzte, um sie in einem festen Haltegriff zu halten und Gracchus hob ihren linken Arm an, um schließlich die Hand vorzustrecken, so dass Manius die Finger gut erreichen konnte. Manius zog eine der etwas größeren Nadeln hervor, welche frisch geputzt waren und ein wenig funkelten. Mit einer streichelnden Bewegung richtete er ihren Daumen aus und schob die Nadel sanft aber beständig ins Nagelbett, so dass der Nagel mitsamt Metall Druck auf den Nerv ausübte. Ein wenig Blut quoll aber tropfte bedeutungslos ab. Manius schien beherrscht und zeigte keine Reaktion in seinem Gesicht, weil seine Augen sein Handwerk beachten mussten. Erst als die Nadel saß, blickte er auf und suchte ihr Gesicht. Nun konnte er die Nadel leicht drehen, um den Schmerz dezent zu steuern. "Wir beginnen erst," sagte Manius. "Du hast immer noch die Wahl. Bist du bereit zur Kooperation? Nicke einfach, wenn du bereit bist, Gefangene," wollte er seinem Ziel eine Brücke lassen. Denn ihm selbst missfiel diese blutige Arbeit immer.


  • Morrigan schaltete auf stur. "Mein Status ist verbrieft." bellte sie wütend zurück. Nein damit würde sie sich sicherlich keine Angst machen lassen. Denn wenn es so einfach wäre würde er ihr nicht damit drohen und schlimmer noch, er drohte ihr mit Folter.
    Ihr Blick fiel auf die kleinen Nadeln. Seinen höhnischen Kommentar bedachte sie mit einem Schnaufen. Als sie nun aber von den Männern gepackt und festgehalten wurde regte sich Widerstand. Sie zappelt mit ihren Beinen, versuchte natürlich nach den Männer zu treten. Nein sie würde sicher nicht still halten. Folter ließ man nicht einfach über sich ergehen - nicht wenn man einen Freie war. Früher, ja da war sie ausgeliefert, da hatte sie erdulden müssen, aber dies hatte sich grundlegend geändert.
    Der Folterknecht musste wohl einiges an Kraft aufbringen um den Arm nach vorn zu strecken, denn die Perserin wehrte sich nach Leibeskräften und ganz untrainiert war sie ja auch nicht. natürlich hielt sie ihren Körper in Form, Schließlich war ihr Körper ihr Kapital.
    Als die Nadel nun in ihr Nagelbett eindrang hatte sie höllische Schmerzen, ihr Puls beschleunigte sich und ihre Atmung wirkte gepresst. Sie versuchte nur einen Moment einen Schrei zu unterdrück, aber warum sollte sie das tun?


    Morrigan bellte den Männern einen Schwall von persischen Schimpfwörtern entgegen. Nützen würde das zwar nicht, aber es war ein Kanal um dem Schmerz zu begegnen. "ICH HABE EUCH NICHT ZU SAGEN!" Schrie sie unter Schmerzen dem Folterer entgegen. Nein das hatte sie nicht.


    Ja es war nur eine kleine Nadel, aber diese wurde an eine Stelle gesetzt, an der der Schmerz gar fürchterlich sein konnte. Ihr Nagel wurde auch leicht angehoben, so das sich der Druck nur noch verstärkte. Es war eine Methode, die keine großen Verletzungen hervorrief, aber es war ein Schmerz, der sich in den empfindlichen Nerven der Finger ausbreitete und im Gehirn explodierte.
    Inzwischen rannen auch Tränen über ihre Wangen. Sie schüttelte heftig den Kopf. Nein sie hatte ihnen nichts zu sagen.


    Jeder wusste, dass man mit diesen Männer nicht zusammenarbeitete. Wenn sie es tun würde, dann könnte sie auch gleich ihr eigenes Todesurteil unterschreiben. Jeder wusste, dass Verräter in der Subura des Todes waren. Sie verschwanden einfach.

  • Sie wollten nie etwas sagen, wenn sie einer dunklen Welt entstammten. Das war immer so. Doch dabei hatte jeder seine Geschichte zu erzählen. In dieser Sekunde dachte er an Varia, die bereitwillig ihre Geschichte geteilt hatte und sich augenscheinlich nicht verstellt hatte. Manius war ein Minenarbeiter für goldene Herzen. Für ein bisschen Wahrheit in einer verkrümmten Zeit. Es war harte Arbeit, diese Mine zu betreten und mit feiner Hacke zu schürfen. Nichts anderes tat er gerade. Er bohrte, schürfte und schlug auf eine mentale Felswand ein. Ihr Status mochte noch so sehr verbrieft sein. Wachs schmolz. Texte verblichen aber was die Menschen waren, das blieb. Menschen war fehlbar, ängstlich und verirrt. Manius hatte viele Menschen durch seine Hände gehen sehen. Die Bearbeitung hatte am Ende noch jenen scheinbaren Schutz fortgewaschen. Er wollte sehen, wer Morrigan wirklich war. Ihre Geschichte musste traurig und grausam sein, wenn diese ansehnliche Frau derartig widerspenstig war. Ihr Widerstand gefiel ihm, denn er hatte auch viele ängstliche Seelen erlebt, welche schlicht alles gestanden, bevor die eigentliche Arbeit begonn. Ihr Widerstand verhieß einen echten Schatz an Informationen. "Natürlich hast du nichts zu sagen." Manius drehte die Nadel um die eigene Achse, so dass sich der Schmerz noch einmal deutlich zeigte. Ihr Gesicht spiegelte den Verlust des natürlichen Empfindes wieder, welches durch Schmerz geflutet wurde. Ihre Augen schlugen sich nach Innen und ihre Lippen bebten unter dem Eindruck des Schmerzes. Schließlich begannen ihre Wangen zu schwingen, bis Manius den Druck von der Nadel nahm. Der kriechende Schmerz blieb aber der Druckschmerz wich, gab etwas Raum, damit Morrigan Luft holen konnte. "Ich denke, dass du die Dinge verkennst. Ich habe hier die Kontrolle. Nicht du," erklärte der Befrager sachlich ohne jede Emotion und drehte erneut die Nadel, schob sie noch etwas hinein, betont langsam. Morrigan schrie auf, gar fürchterlich durchdrang das Geschrei den Carcer, schallte an den Wänden wieder. Ihre Tränen waren Perlen seiner wenig eleganten Arbeit. Wieder ließ Manius locker.


    "Ich habe keine Angst vor diesem Ort. Hast du Angst?" Der erfahrene Mann baute geschickt eine diffuse Atmosphäre des Terrors auf, ohne diesen jemals wirklich beim Namen zu nennen. Terror war ein mächtiges Instrument, um den Willen einer Person zu beherrschen aber musste dosiert angewandt werden. Ansonsten verlor man die Kontrolle über die Ängste. Manius wollte sie nicht in den Wahnsinn treiben, sondern sie schlicht kurz davor halten. An jener Grenze zwischen Wahnsinn und Bewusstsein lag das Portal zur Wahrheit. Dort konnte man jeglichen Widerstand zermalmen, damit die Person ihren Platz im System der Herrschaften wiederfand. Es ging bei dieser Folter nicht alllein um die Wahrheitsfindung, auch wenn Manius sich dies selbst gerne einredete. Es ging auch um Obrigkeit. Ein System. Eine Macht, welche Menschen in einer geschloßenen Ordnung halten musste. Denn alles, was dieses System hatte, war Ordnung und sein Eigenzweck. Es musste handeln, denn sonst würde es vergehen. Widerstand war eine Krankheit gegen die Ordnung. Eine Ordnung, die sakrosankt war, weil sie alternativlos war. Außerhalb der Ordnung lag nur Chaos. Und in fester Absicht, dass Chaos schlimmer war als Gewalt gegen einen Menschen, war das System überlegen genug, seine Arme fest um einen Menschen zu legen, damit dieser nicht das Chaos förderte. Man wollte ihn heilen. Wirklich besänftigen, damit Chaos keine Möglichkeit oder Wahlzustand einer Gesellschaft war. Ein irriger Kampf um die selbstbestimmte Herrschaft. Manius war selbst nur Handlanger dieser Idee und konnte seiner vermeintlichen Klugheit nicht entkommen. Er war zu feige, zu erkennen, dass seine Handlungen nicht weniger grausam waren, als jenes Chaos, welches er fürchtete. Genügsam und beherzt griff er erneut in die schwarze Kiste, um eine weitere Nadel zu ziehen.


    "Gefangene, auch du wirst lernen," meinte Manius, während er mit geübter Bewegung die Nadel am nächsten Finger ansetzte, welcher unmittelbar neben dem bereits verwendeten Daumen lag. Die beiden Männer, Simplex und Gracchus, hielten Stand und Morrigan fest in ihren Haltegriffen. Mit einem stechenden Ruck schob er auch diese Nadel ins Nagelbett. Morrigan rannen erneut bittere Tränen über das Gesicht, wieder schrie sie und keuchte nach Luft, während ihre Muskeln am Hals zu zittern begannen. Manius versuchte seine Beobachtung einzuschätzen. Er beobachtete gezielt die Augen der Gefangenen, welche sich erneut verdrehten. "Ich habe Zeit," sagte der Mann. "Viel Zeit." Er machte klar, dass dies nicht enden würde. Nicht heute. Und mit Sicherheit auch nicht morgen. Morrigan war ausgeliefert. Unschuld, Schuld oder die Fakten waren für einen Atemzug nebensächlich. Selbst Manius wurde dies klar. Er würde diese Folter rechtfertigen müssen. Folter wurde immer im Nachgang gerechtfertigt. Immer wieder. Durch ein Geständnis. Wenn jemand gestand, war er ja schuldig und verdiente die Folter. Diese Handlungen hatten immer ihre Rechtfertigung. Sie hatten immer Recht. Die Didaktik des Terrors war einfach, schlicht weil Angst ein guter Ratgeber war. Angst erschien immer als passend, als Triebfeder für versprochene Sicherheiten. Und doch am Ende war sie nur ein Gefühl, welches keine Rechtfertigung sein konnte. Sie blieb leer, unbegründet und verschwommen. Ein getriebener Hund in der Straße, der eifrig suchte aber niemals fand. Beide verrieten sich.


    Der Folterer und die Gefolterte. Beide verband eine seltsame Beziehung. Eine Beziehung, geboren aus gegenseitiger Abhängigkeit, die für diesen Moment absolut war. Beide fürchteten etwas aber sprachen es nicht aus. Sie handelten einfach, weil Handlung so einfach war. Morrigan schrie, Manius wachte und steuerte. Dies war ein Ort fern jener klaren Absicht, obwohl Manius dies stets beteuern würde. Man machte einfach. Es versprach Ergebnisse und Manius würde liefern. Egal, wie diese Ergebnisse aussahen. "Kennst du eine Sergia Fausta?" Begann die eigentliche Arbeit, die vergebens am Widerstand schien. Morrigan von Schmerz verstellt, spuckte Manius ins Gesicht, weil sich durch den Schmerz genug Speichel angesemmelt hatte. Manius wischte mit einem Lappen den Speichel aus seinem Gesicht. "Wie du wünscht," antwortete er und drehte nun beide Nadeln mit eleganter Handbewegung. Morrigan wandte, rang mit den beiden Bewachern, die sie fest umklammerten. Der Schmerz war betäubend, wie ein kaltes Feuer, welches durch alle Nervenenden kroch und sogar den Verstand vernebelte. Keine klare Gedanken mehr, nur noch Schmerz und diese Taubheit in ihrem Unterarm. Ihr Geschrei erzeugte bei Manius immer noch keine Regung. Er hatte es zu oft gesehen, erlebt und durchgemacht. Es war eben eine natürliche Reaktion. Aktion und Reaktion. Menschen waren in seiner Betrachtung auch nur Maschinen, wie die Ballisten oder Hebelwerke.


    "Sergia Fausta," wiederholte Manius und Morrigan biss sich fest auf die Lippen. Sie würde keine Antwort geben. Nicht diesem Schwein von Mistkerl, welcher keinerlei Herz zu haben schien. Doch Manius besaß ein schlagendes Herz, fühlte sogar und dies machte ihn gefährlich. Er entschied sich bewusst für diesen Weg; nicht aus Spaß oder Willfährigkeit, sondern weil er ihn als notwendig erachtete. Es tat ihm sogar leid aber die Didaktik seines Geschäftes verlangte es nun mal. Ihr Schweigen traf Manius, der die nächste Nadel aus der Kiste nahm. "Wie ist die Struktur eures Netzwerkes? Was tun Helvetius Varus und Helvetius Commodus?" Wieder eine Frage. Mit vorsichtiger Hand schob er die nächste goldene Nadel in den nächsten Finger. Behändig drehte er auch diese auf den Fixpunkt unter dem Nagel. Morrigan schrie erneut, brach dann aber kurz ein, da sie keine Luft mehr hatte, um weiter zu schreien. Es kostete ungemeine Kraft, diesem Gefühl zu widerstehen, welches immer mehr brannte und den ganzen Körper erfasste. Ihr Schädel sackte vor, während sie nach Luft rang und sich ihr Herzschlag ins heftige Wummern verschlug. Ihre Adern pulsierten in Zorn und Schmerz. Sanft drehte er nun alle Nadeln in willkürlicher Reihenfolge, bis Morrigan kurz zwei mal heftig zuckte. Dies war sein Zeichen erst einmal vom Druck an den Nadeln abzulassen. Agonie. Der finale Schmerz, welcher alles erfasste und nicht mehr übertroffen werden konnte. Manius musste pausieren, damit er den Bogen nicht überreizte und die Nadeln noch wirksam blieben. Mit seinem Händchen schlug er Morrigan andächtig auf die Wange, immer wieder kleine Schläge, damit sie nicht wegdöste in jenen schmerzhaften Traum. "Bei uns bleiben," sagte er freundlich. Morrigan verdrehte beide Augen unabhängig voneinander. Ein klares Zeichen, das ihre Nerven überlastet werden. Doch schnell sortierten sich die Augenlider und Augen selbst. Es war noch nicht vorbei.


    "Ich...," keuchte sie und sabberte leicht. "Du wirst nichts sagen. Ich weiß," nahm Manius ihre Antwort vorweg. Er hatte es befürchtet. Denn er konnte inzwischen ihren Zorn deuten. Ihre Wangen bebten noch immer. Doch das sollten sie eigentlich nicht mehr. Sie sollte sich ergeben. Doch Morrigan ergab sich nicht. "Habe ich dir schon mal eine Geschichte erzählt, Gefangene?" Manius lehnte sich zurück, griff erneut in die Kiste, um mit einer sprunghaften Bewegung seiner Finger eine Nadel heraus zu ziehen. Er ließ sich Zeit. "Varia, eine tapfere Kriegerin, wird als Sklavin nach Rom verschleppt. Dort wird sie an einen Helvetius verkauft, dieser wiederum vergibt sie an einen Verwandten, nachdem er sie in einer Gladiatorenschule zu einer Meuchlerin ausbilden ließ," plauderte Manius und gab damit einen Teil seines Wissens preis. "Später führt diese Sklavin einen der Größten Aufstände der nahen Vergangenheit und tötete viele Römer," betonte er schließlich mit einer kalten Bewunderung. "Die beiden Helvetier sind dir bekannt. Der eine ist Helvetius Varus, dein ehemaliger Besitzer und Helvetius Commodus, der spätere Eigner von Varia. Was hast du mit dieser Geschichte zutun? Mir ist bekannt, dass du ein eigenes Netzwerk in der Subura unterhälst. Kleinere Geschäfte, kriminelle Abläufe und Kunden, die man nicht kennen will. Du hast Geheimnisse, Gefangene." Mit einer gewissen Wucht rammte er die nächste Nadel in einen entsprechenden Finger an der Hand. Morrigan schrie erneut panisch, kreischend und wirr auf. Die Hölle brannte in ihrem Arm. Manius drehte nun alle Nadeln gleichmäßig. Wieder Agonie, die bis zum ultimativen Punkt reifte. "Sergia Fausta," sagte er wieder und noch nicht einmal mehr in einem fragenden Tonfall. Morrigan schwieg weiter. Dieses Schwein würde nichts bekommen, obwohl bereits Teile ihres Verstandes ihren Dienst verfehlten. Auch ihre Sicht wurde verschwommen durch die Tränen, den Schmerz, da sie kein Objekt im Raum mehr klar erfassen konnte. Die Subura war nun nicht mehr relevant. Morrigan wollte nur noch überleben aber diesen Prätorianern nicht den Sieg überlassen. Auch dieser Albtraum würde enden. Jeder Albtraum in ihrem Leben hatte ein Ende gefunden, irgendwie.


    Manius nahm die fünfte Nadel aus der Holzkiste. Wortlos verbrachte er das goldene Ding in ihrem Nagelbett, entlockte Morrigan erneut Nervenregungen, doch ein Teil von der Gefangene verabschiedete sich an einen fernen Ort, da sich die Augen vollens ins Weiße umwandten. Nicht einmal ein Schrei ertönte, durchbrach ihre Stille, denn der Schmerz machte sie nun taub, leblos und ertränkt. Manius ließ die Nadeln noch ein wenig wirken, entschied sich dann aber diese zu entfernen. Vorsichtig und gezielt entfernte er die Nadeln, um sie zurück in die Kiste zu legen. Ihre Finger schienen nahezu unverletzt, bis auf eine tiefblaue Färbung unter den Nägeln, die bereits ins leicht Grüne umschlug. "Das übliche Verfahren," befahl Manius, erhob sich von seinem Stuhl und Simplex sowie Gracchus hoben Morrigan, die nicht mehr zum körperlichen Widerstand in der Lage war, ein Stück an. Manius löste die Hauptkette, die jene Gefangene an der Wand hielt und befestigte diese an einem großen Metallring an der Decke. Man zog sie dezent an ihren Händen hoch, verdrehte diese leicht um die eigene Achse, so dass ihre Schultern überdehnten, bis sie schließlich vollens am Ring hing. Die Fußketten beschwerte man mit zwei Gewichten, die ihre beiden nach Unten zogen. So hing sie nun im Raum in einer sogenannten Stressposition, welche die Muskeln und den ganzen Körper unter Belastung stellte. Ein berechneter Schmerz, der sich auf Dauer entfaltete und den Körper beachtlich beanspruchte, ohne ihn konkrekt zu verletzen. Nur die Hände nahmen einen geringen Schaden, da das Metall in die Haut drückte. Nach der Arbeit an der Hängenden, blickte er zu ihr auf und nickte ihr zu. So als ob er verstand, was sie bewegte. "Wir gehen," befahl Manius, der mit seinen Männern hinausging und das Gatter für mehrere Stunden verschloss. Leider war dem Befrager klar geworden, dass er nun keine weiteren echten Informationen generieren konnte. Er musste also nur die Rechtfertigung erzeugen, die üblich war, um den Fall am Laufen zu halten. Dieser Schritt war immer bitter aber nicht vermeidbar, denn ohne Ergebnis war diese Befragung sinnlos.


    Eiskalte Leere. Es ging der eine Schmerz und es kam der andere. Mit ihm auch eine tiefgreifende Erschöpfung. Morrigan hatte das Gefühl, dass ihre Schultern auskugeln würde. Alles spannte sich an ihr und die Gewichte zogen an ihren Gelenken. Sie konnte noch nicht einmal einschlafen, da sie ihren Kopf durch die verdrehte Position nicht in eine angenehme Position drehen konnte. Sie war verdammt noch wach zu sein und jede Belastung zu fühlen. Die Erschöpfung übermannte ihren Geist. Sie konnte nicht mehr zwischen Realität, Wahn und Wunsch unterscheiden. Die Wände schienen sich zu bewegen, wie Wasser und vibrierten in Puls ihres Herzschlages. Ihr war kalt, furchtbar kalt, wie Frost umschlung eine grausame Erfahrung ihren Körper. Das war schlimmer als die Peitschenhiebe. Die gingen vorbei. Sogar schnell. Die Wunden konnte man pflegen aber diese Position hielt schon seit Stunden und kostete alle Kraft, die sie noch besaß. Ihre Agonie wandelte sich. Ein anderer Schmerz, ein viel beständigerer und dauerhafter Druck, kratzte an ihren Knochen. Sie wurde wahnsinnig, wollte schreien aber hatte keine Luft in ihren Lungen, da sie diese kaum heben konnte. Die arme Gefangene bekam gerade genug Luft, um nicht zu verenden. Der Mangel an guter Luft, ließ ihren Verstand fantasieren, aber nicht von schönen Träumen, sondern von diesen grauen Wänden, den Erfahrungen, die sie gemacht hatte und von ihrer Zukunft in den Händen der Prätorianer. Er hatte Zeit, das hatte er gesagt und bewies es gerade. Wie viele Stunden waren vergangen? Sie konnte sie nicht mehr zählen. War es vielleicht schon ein Tag? Morrigan wollte enden, doch es war noch genug Leben in ihren Adern. Genug von dem, was sie wollte. Ein Leben. Etwas Glück. Etwas von dem, was die anderen hatten und ihr immer wieder entrissen wurde. Wieder stürzte sie hinab. Bevor sie endlich eine gnädige Bewusstlosigkeit erreichte, trat Manius mit seinen Gehilfen wieder ein. Das Gatter öffnete sich lautstark. "Absenken und das Wasser vorbereiten," sagte Manius und nahm wieder seinen Stuhl ein. Man senkte Morrigan ab, löste die Stressposition auf und betrachtete kurz ob sie sichtbare Schäden erhalten hatte. "Gefangene weiter unter Befragung zu setzen," meldete Simplex, während Gracchus die beiden Eimer näher heranstellte. Simplex hob die Beine der Frau an, so dass sie senkrecht aber nicht übermäßig gebückt lag. Gracchus suchte sich den feinen Stoff aus Leinen und legte diesen über Morrigans Gesicht, um ihn schließlich dagegen zu pressen. Manius nahm einen Becher aus Ton und tunkte diesen in den Eimer, um Wasser aufzunehmen. Mit einer ausschweifenden Bewegung goss er das Wasser über das Tuch, welches sofort Wasser in sich aufzog und die Atmung erneut erschwerte. Morrigan geriet in einen instinktiven Todeskampf, zuckte und wehrte sich aber erneut goss Manius die flüssige Strafe über das Tuch. Immer wieder zuckte sie in Todesangst. "Lasst sie kurz atmen," deutete er mit einer Handbewegung und sagte dies deutlich. Gracchus ließ das Tuch zur Seite gleiten, behielt es aber in der Hand. Er schüttelte es kurz aus, um den Effekt beim erneuten Einsatz zu verstärken.


    "Gefangene," fragte Manius, der sich schützend über ihr Gesicht beugte, welches immer noch von einer Pranke des Gracchus in Linie gehalten wurde. In ihren Augen war kein Widerstand mehr. Sie wollte nur noch überleben. Diese Todesangst kostete sie alles. "Bist du Teil eines kriminellen Netzwerkes?" Morrigan nickte schwach. Manius lächelte zynisch. "Sind Helvetius Varus und Commodus führende Kader?" Wieder nickte Morrigan, entkräftet und leer, während ihre Augenlider ins Blaue fielen und auch ihre Lippen. "Ist Sergia Fausta das Oberhaupt dieser Vereinigung?" Morrigan wollte entkommen. Endlich. Es sollte aufhören. "Ja," verschluckte sie sich fast an diesem Wort, während sie eiligst Luft durch die Nase einsog. "War Varia eine Waffe des Netzwerkes?" Erneut ein Nicken, welches leer und leblos war. "Hat Sergia Fausta ihr Wissen aus der Kanzlei für eure Geschäfte genutzt?" Die Gefangene wollte nicht mehr antworten aber konnte keinen neuen Widerstand aufbauen. "Ja," wieder versuchte sie die Flucht im Wort, um nicht erneut angebunden zu werden oder diese Todesangst zu erleben. "Warst du Handlanger auf niederer Ebene in der Subura?" Morrigan wusste, dass dies ihr Ende war aber es war besser, als erneut diese Tortur zu erdulden. "Ja," schrie sie wütend und wehrte sich noch einmal, vergebens. Manius nickte. "Du wirst mir dies gleich auf einer Tabula unterschreiben," erklärte der Befrager.


    Sim-Off:

    Mit Morrigan abgestimmt und in Rücksprache erstellt.


  • Tränen immer wieder rannen ihr Tränen über das Gesicht. Mit jeden Dreh, mit jeder Nadel wurde es schlimmer. Sie schrie ihren Schmerz heraus. Ein Kanal um den Schmerz zu ertragen. Es half bedingt. Irgendwann jedoch wurde der Schmerz übermächtig. Endlich kam sie an den Punkt, an welchem die erlösende Ohnmacht kommen würde, der der Mann verstand sein Handwerk. Rechtzeitig wurde der Druck gelöst. Die fast schon sanft anmutenden Ohrfeigen und der höhnische Kommentar, zerrten am Geist der Frau. Und doch hielt sie stand. Schüttelte immer und immer wieder den Kopf. Sie wusste irgendwann würde er diesen Punkt nicht mehr überbrücken können. Das wusste aber wohl auch der Folterer. Er ließ von ihr ab, entfernte sogar die Nadeln. Der Schmerz aber blieb. Zu sehr waren die Nerven überreizt. Kaum noch fähig sich auf den Beinen zu halten wurde sie unter die Decke gehieft und ihre Beine wurden mit Gewichten beschwert. Die Finger hämmerten, doch bald schon trat dieser Schmerz in den Hintergrund. Ihr Körper wurde unnatürlich über streckt. Die Schulter, die sicherlich nicht mehr in ihrer natürlichen Postion waren brannten wie Feuer. Ihr Körper, ihr Geist war überflutet von Schmerzen und doch fand sie keine Ruhe. Ihr Kopf sackte nach vor nur um dadurch noch mehr Schmerzen zu verursachen. Die Minuten wurden zu Stunden, die Stunden zu Tagen. Sie konnte nicht mehr sagen wie lange sie hier schon hing. Ihre Atmung wurde immer flacher, tiefe Atemzügen taten unsäglich weh. Ja ihr Körper kämpfte nicht nur gegen die Pein, nein er kämpfte ums nackte überleben. Ihre Gedanken kreisten. Wie konnte sie nur hierher geraten? Warum spielte das Schicksal ihr schon wieder s übel mit? Sie wusste sehr wohl, dass man den Prätorianern nicht entkam. Aber sie wusste auch, wenn sie mit ihnen zusammenarbeiten würde, war sie des Todes. Man würde sie in einer Gasse der Subura finden – so wie manch anderen unliebsamen Bürger. Sie wollte schreien wollte gegen diesen Schmerz und die Ungerechtigkeit anbrüllen, doch fehlte ihr dafür die Luft und die Kraft. Sie hatte jeglichen Bezug zu Raum und Zeit verloren, Die Wände schienen auf sie zuzukommen. Sie bewegten sich?! Wasser hörte sie Wasser rauschen? Stimmen? Schritte? Sie wusste nicht mehr was sie wahrnahm und was nicht. Der Schmerz kroch über ihren ganzen Körper und entlud sich wie die Wellen eines tobenden Meeres in ihrem Gehirn um sich von dort ebenso wellen artig in ihrem Körper auszubreiten. Sie war gefangen in diesem Kreis aus Schmerz und Pein.
    Stimmen? Ja tatsächlich Stimmen, sie waren wieder da.
    Ein Gefühl der Erleichterung machte sie breit, als man die Spannung der Ketten löste. Doch dauerte diese gnädige Entspannung nur Augenblicke. Schon wurde sie immer weiter abgesenkt. Ihr Kopf schwebte nun über dem Boden. Ihre Beine Wurden angehoben. Ehe sie verstand was passierte wurde ihr ein Tuch über den Kopf gelegt. Luft... sie bekam keine Luft mehr, der Rest Überlebenswillen in ihr kämpfte dagegen an. Ihr Körper reagierte in Todesangst. Die Prozedur wurde wiederholt. Ihre Lungen versuchten verzweifelt nach Luft zu ringen. Ihr Körper zuckte unkontrolliert und entgegen jeglicher Schmerzen bog sich ihr Körper und versuchte der nassen Folter zu entkommen. Als das Tuch weggezogen wurden füllten sich ihre Lungen mit einem tiefen Atemzug, der Schmerzen verursachte, aber so gut tat. In ihren Augen stand die Angst, die Verzweiflung, der Schmerz und die Pein.
    Sie zuckte zusammen, als das Gesicht ihre Folterers nun vor dem ihren auftauchte.
    Als er nun seine Frage stellte nickte sie zunächst. Gab ein schwaches ja von sich. Selbst als er sie beschuldigte bellte sie ihm wütend ein ja entgegen. Sie würde alles sagen nur um diese Folter nicht nochmal durchleben zu müssen. Hätte er sie nicht einfach auspeitschen können? Nein dieser Mann war anders, er hatte sie so lange am Rand zwischen Schmerz und Wahnsinn gehalten, dass sie jetzt sogar ein Attentat auf den Kaiser selbst gestanden hatte.
    Ja sie würde in ihrem jetzigen Zustand alles gestehen und auch unterschreiben. Sie nickte also auf seine Worte bezüglich der Tabulla hin schwach. Als man der Folterknech der bis eben ihren Kopf fixiert hatte eine Hand auf ihren Arm legte zuckte sie zusammen. „Nein nicht mehr! Ich unterschrieb alles.“ Leise kamen diese Worte über ihre Lippen und Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie wusste, dass sie sich gerade auslieferte.

  • Manius war zufrieden aber etwas fehlte noch. Eine wichtige Kleinigkeit. Sie würde gestehen aber sie musste es auch glauben. Sie musste es fühlen und verstehen. "Das reicht nicht, Morrigan. Das reicht einfach nicht." Mit einem Handzeig deutete er seinem Mitarbeiter an, das Tuch wieder auf Gesicht zu pressen. Der feuchte Fetzen legte sich auf ihren Mund und die Nase, verdeckte die Sicht und lag schwer auf der zarten Haut. Manius tunkte den Becher erneut in einen der Eimer und ließ erneut einen Schwall darüber ergehen. Immer wieder, bis Morrigan nicht mehr zuckte. Man nahm den Stoff herunter, schlug ihr auf den Bauch, so dass sie kräftig Luft holen konnte. "Du musst es glauben. Du hast dich und andere bezichtigt," sagte der Mann, der dem Gevatter Tod nicht unähnlich war. Wenigstens hatte sie sich ihren Namen erneut verdient. "Es ist deine Erinnerung. Nichts ist hier Lüge, alles ist Wahrheit, nicht wahr?" Er beugte sich über Morrigan, während er ihr sanft und sehnsüchtig in die Augen blickte. Manius suchte etwas. Er wollte den toten Punkt finden, wo sie selbst daran glaubte, diese Behandlung zu verdienen. Der Mann ließ den Becher in den Eimer sinken, indem er ihn losließ. "Du wirst nicht nur etwas unterschreiben, sondern wirst es glauben und mit Würde ertragen, meine Morrigan," forderte Manius, während er sich mit breiten Schritten die Tabula von Unweit holte. Mit geübter Griffelhand schrieb Manius folgendes Geständnis:



    Geständnis der Gefangenen Helvetiana Morrigan


    Ich, Helvetiana Morrigan, Freigelassene, gestehe Beteiligte in einer Verschwörung gegen die staatliche Ordnung gewesen zu sein. Ich gestehe, dass ich das Lupanar als Versammlungsort und Hauptquartier für verbotene Machenschaften in der Subura genutzt habe. Ich gestehe, dass ich auf Geheiß des Helvetius Varus und des Helvetius Commodus arbeitete. Ich war Handlanger. Ich gestehe, dass die beiden Helvetier führende Köpfe des Netzwerkes sind. Ich gestehe, dass ich bezeugen kann, dass Sergia Fausta das Oberhaupt dieser Organisation ist und ihre Position in der Kanzlei zum Wohle des Netzwerkes nutzte. Ich gestehe, dass Varia eine Meuchlerin dieser kriminellen Verschwörung war.


    _______________ Geständige
    Manius II , Zeuge



    Man richtete Morrigan auf, löste die Ketten ein wenig und drückte ihr den Griffel in die noch funktionierende Hand. "Über dich reden wir noch aber erst einmal: Zeichne diese Tabula, bitte," sagte Manius, während er ihr bedächtig die Wachstafel vor den Oberkörper hielt.


  • Das reicht nicht? Was wollte der Mann denn noch? Sie war bereit alles zu gestehen und zu unterschreiben, was er ihr vorwarf und das reichte ihm nicht?
    Ehe sie aber darüber nachdenken konnte, wurde das Tuch wieder auf ihrem gesicht platziert und die Folter begann erneut. Sie zuckte, sie zappelte so lange bis ihre Kraft gänzlich nachließ und ihr Körper und Geist nicht mehr kämpfen wollte. Langsam sackte sie hinab...
    Ein unsanfte Schlag auf den Bauch und die Lungen füllten sich abrupt wieder mit Luft, was einen schweren Hustenanfall zu Folge hatte. Es war nicht vorbei? Warum war es nicht vorbei? Was wollte er denn noch? In ihren Augen stand die pure Angst vor dem Tod, sie würde alles sagen nur damit er aufhörte und vielleicht glaubte tatsächlich ein kleiner Teil von ihr, dass sie sich das hier mit ihrem bisherigen Leben mehr als verdient hatte. Sie hatte gemordet, geraubt, erpresst nur um dahin zukommen wo sie war... ja ein teil von ihr glaubte, dass sie das hier wohl verdient hatte. Schlechte Taten zogen Schlechtes nach sich.
    Sie nickte schwach auf seiner neuerliche Frage hin. „Wahr.“ Mehr als dieses eine Wort kam nicht über ihre Lippen. Sie konnte einfach nicht mehr. Ihre Kraft war gänzlich aufgebraucht worden in den letzten Stunden(?) Tagen(?).
    „Ertragen.“ kaum wahrnehmbar flüsterte sie dieses Wort und nickte kraftlos.
    Sie wurde aufgerichtet und man drückte ihr den Griffel in die Hand. Hätten die Helfer des Folterers sich nicht gehalten, wäre sie sicherlich einfach zusammengebrochen. Dieses über dich unterhalten wir uns noch, klang wie eine Drohung. Doch sie hatte keine Kraft zu protestieren. In ihren Augen jedoch lag dieses unausgesprochenen Bitte, dass sie genug hatte. So aber wurde sie gehalten und unterschrieb mit zitternder Hand die vorgelegte Tabula. Sie lass sich nicht einmal durch was da stand.




    Geständnis der Gefangenen Helvetiana Morrigan


    Ich, Helvetiana Morrigan, Freigelassene, gestehe Beteiligte in einer Verschwörung gegen die staatliche Ordnung gewesen zu sein. Ich gestehe, dass ich das Lupanar als Versammlungsort und Hauptquartier für verbotene Machenschaften in der Subura genutzt habe. Ich gestehe, dass ich auf Geheiß des Helvetius Varus und des Helvetius Commodus arbeitete. Ich war Handlanger. Ich gestehe, dass die beiden Helvetier führende Köpfe des Netzwerkes sind. Ich gestehe, dass ich bezeugen kann, dass Sergia Fausta das Oberhaupt dieser Organisation ist und ihre Position in der Kanzlei zum Wohle des Netzwerkes nutzte. Ich gestehe, dass Varia eine Meuchlerin dieser kriminellen Verschwörung war.


    Helvetiana Morrigan Geständige


    Manius II , Zeuge


  • Es war getan. Zumindest hatte er seinen Fall wieder auf Kurs gebracht und diese Eskapade hier gerechtfertigt. Mit Sicherheit war es nicht schade, dass diese Morrigan nun in seinen Händen war. Sie half ihm beträchtlich, diese kriminelle Vereinigung aufzuklären, da er nun die Mittel für weitere Ermittlungen freimachen konnte. In gewisser Hinsicht war er ihr dankbar. Mit einem flinken Bewegung seiner Hand, klappte er die Tabula zusammen, verstaute den Griffel an deren Seite und legte diese ohne weitere Regung auf den Stuhl. "Ablegen," befahl Manius und die beiden Soldaten legten Morrigan ohne zusätzliche Gewalt ab. Man ließ ab von ihr und die beiden Prätorianer traten einen Schritt von ihr weg. Manius gab Morrigan eine Decke. "Du hast dir etwas Ruhe verdient," meinte er und nickte ihr zu, bevor er mit einem seichten Kniefall eine Flasche mit jenem Janus-Saft ablegte, um ihre Schmerzen zu lindern. "Wir räumen auf und rücken dann ab," erklärte er seinen Männern, die nickten und Morrigans Ketten wieder fixierten und das Schloss verriegelten. Eine Flucht war immer noch unmöglich. Manius erhob sich wieder von seiner andächtigen Position. "Es ist kein Gift. Nur etwas gegen deine Schmerzen," erklärte er seiner Gefangenen. Er war schließlich kein Unmensch. Schließlich sammelten sie ihre Gegenstände und Hilfsmittel ein, wobei sie mehrere Fußwege brauchten. Manius wartete diese ab und blickte interessiert zur Gefangenen herab. "Ich komme wieder und wir sprechen über deine Zukunft. Du hast dir etwas Leben verdient," sagte er freundlich ohne Wut in der Stimme. Noch nicht einmal Gehässigkeit lag in seinen Tönen. Man verschwand durch das Gatter, denn Manius musste jetzt einen weiteren Bericht schreiben und würde später seinen Kaiser aufsuchen, um die aktuellen Entwicklungen persönlich darzulegen.


  • Als neuer Trecenarius musste Verus auch die Altfälle übernehmen und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Es fiel ihm schwer diese Menge an Arbeit zu überblicken. Wie sollte er auch? Er war gerade erst in diese Art des Geschäftes eingestiegen. Von seinen neuen Männern ließ er sich durch die Einrichtungen führen und ein gewisser Manius briefte ihn über die aktuelle Lage. "Hier," sagte der leitende Speculator Manius und deutete in die Zelle. "Mit ihr haben wir noch ein Problem. Es ist offenkundig, dass sie gegen Rom paktiert hatte aber wie üblich sind Geständnisse unter Folter zwar wahr aber auch gleichsam ... schwierig," erklärte Manius, der hoffte bald seine verdiente Pension anzutreten. Verus gedachte ohnehin die Missionen zu straffen und Rom sicherer zu machen, indem die Prätorianer mehr Kontrolle ausübten. "Diese Morrigan...," versuchte sich Verus an den Namen aus Akten zu erinnern. "Ja, genau." - war die knappe Antwort von Manius, der die Entourage von Verus abschloss. "Ich werde das Problem direkt angehen," meinte Verus, der sich seiner Position noch unsicher war aber entscheiden musste, um den Kaiser und Rom nicht mit Altlasten zu belasten. "Öffnen," befahl Verus, der nicht einmal eine Rüstung oder Bewaffnung. Man konnte meinen, dass er nur ein einfacher Mann war. Nur seine Stiefel, die eines Offiziers, wiesen ihn als ranghohes Mitglied aus. Das cingulum militare war üblich und zeigte nur an, dass er Soldat war. Auf einen Pugio oder den hier gebräuchlichen Schlagstock hatte er heute verzichtet. Mit gebückter Pose trat der neue Trecenarius ein und betrachtete die geschundene Morrigan, die seit Wochen schon in diesem Loch hauste. Ihre Ketten wogen immer noch schwer. "Salve," grüßte Verus knapp und versuchte die Eindrücke zu deuten. "Gefangene Morrigan," rief er ihr zu. Er wollte dieses Problem endgültig lösen, da der Nutzen dieser Frau erloschen war. Verus musste sehen, was er tun konnte und wie man aus diesem Altfall noch einen Nutzen für die Zukunft ziehen konnte. Manius trat mit zwei Handlangern hinter Verus ein, die drohend ihre Schlagstöcke in den Händen hielten. Sie waren bereit, im Notfall ihrem Trecenarius zur Seite zu springen und diese Gefangene auf Distanz zu halten oder eben auf Wunsch zu bestrafen. Gewalt war hier alltägliche Praxis.

  • Tag? Wochen? Morrigan hatte jedes Zeitgefühl verloren.
    Sie hockte einfach da und hatte ihren Kopf auf ihre Knie gebettet. Normalverweise betrat nur ein mal am Tag einer ihrer Zelle, stellte ihr was zu trinken und einen Schüssel irgendwas hin, was sie wohl mehr oder weniger nur am Leben halten sollte. Genießbar war es eigentlich nicht. Aber wenigstens hatte sie im Gegensatz zu der Gefangenen in der Nachbarzelle, die ständig Besuch bekam, ob nun für das Vergnügen der Männer oder für Schläge, ihre Ruhe. Um so erschrockener war sie, als sich heute zum zweiten man die Tür öffnete. Sie hob den Kopf und spannte sich automatisch an, was die Ketten zum klirren brachte. „Ja.“ Sagte sei dennoch in einem fast schon gleichgültig anmutenden Tonfall.

  • Das harte Gesicht des Verus blickte Morrigan für eine Weile an, ohne wirklich eine Regung zu zeigen. Die Narbe auf seiner Wange verhieß viele Schlachten. Verus holte tief Luft und versuchte Morrigan einzuordnen. Zwar verließ sich der Trecenarius auf das Bild aus den Akten aber ergänzte dies gerne durch eigene Beobachtungen. Man wollte meinen, dass Verus überaus engagiert war und auch diese Pflicht achtsam zu erledigen gedachte. Verus versteckte sich nicht und zeigte offen, warum er hier war. Um ein Urteil über Morrigan zu fällen. Der kalte aber vernünftige Blick ruhte auf ihr, bis er endlich ein paar Worte sprach: "Wir müssen eine Lösung für dich finden, Gefangene." Für den Tod war es noch zu früh, da Morrigan noch einen Nutzen haben konnte und auch ihre Rolle noch nicht ganz geklärt war. Es war vieles noch offen aber in diesem Kerker nützte sie keinem mehr etwas. Vielleicht sollte er sie tatsächlich beseitigen lassen aber dann wäre ihr Tod sinnlos und nicht brauchbar. Es wäre verschwendete Zeit und Arbeitskraft. Verus überlegte zwischen verschiedenen Entwicklungen, die Morrigan einschlossen aber konnte keine saubere Entscheidung fällen. Insofern wartete er ihre Reaktion ab, um einer Bewertung Raum zu geben.

  • Morrigan hatte die Hölle, wie es die Christen nannten schon mehr als einmal erlebt und sie war nicht daran zerbrochen. So blickte sie nun auch den ihr unbekannten Mann direkt an. Sie betrachtete ihn ebenso wie er sie. Sie war lang genug in ihrem Geschäft tätig. Eine Geschäft, dass verlangte, dass man sein gegenüber einzuschätzen wusste. Sie selbst aber zeigte keine Angst. Sie zuckte mit den Schultern, was wiederum die Ketten zum klingen brachte. „Als ob ich da ein Mitspracherecht hätte.“ Nein sie würde nicht zulassen, dass der Mann falsche Hoffnungen in ihr weckte.

  • Verus war erstaunt über diesen Trotz und bewunderte ihn sogar insgeheim. Sie hatte mehr Mut als geglaubt. In den Schriften hatte er vom üblichen Verfahren gelesen, welches ihr angetan wurde und sie war daran nicht zerbrochen. Nicht vollständig. Zwar hatte man ihr Geständnis aber nicht ihren ganzen Willen. Verus war nicht entsetzt aber sichtlich erfreut, dass er kein Wrack vor sich hatte. Mit geistig klaren Menschen konnte er besser arbeiten als mit zerbrochenen Seelen. Natürlich konnte man nun argumentieren, dass jeder Mensch, der sich gegen die natürliche Ordnung der Welt stellte, per se geisteskrank war und die Dinge verkannte. Ideologien und Religionen waren in Verus Augen sowieso nur Veirrungen weg von der Ratio. Selbst der römische Glaube, dem er natürlich folgte, war reine Funktion. Er steuerte den Alltag und gab den unsinnigen Dingen Sinn. Verus selbst war durchaus athetisch und sicherlich von einer kalten Vernunft geleitet, die im furchtbaren Kontrast zu seinem warmen Herzen stand. "Kluge Gefangene," antwortete er also nicht unfreundlich. "Leider hast du deinen Verrat an unseren Gesetzen gestanden," sagte Verus nüchtern und machte eine Geste mit seiner Hand, indem er auf sie zeigte. "Wir brauchen eine Lösung für deine elendige Existenz," leistete er sich einen bitteren Kommentar. Er musste sich selbst schützen, indem er Morrigan herabsetzte. Hier war nicht Verus, der liebe und sanfte Mann, der eine Frau, wie Luna, liebte, sondern der harte Trecenarius, der die römische Staatsmacht vertrat. Es half diese Rolle mit Leben zu füllen. In ihrer Ablehnung fand er eine gewisse Absolution, denn er sah sich selbst als dieses Monster und wollte auch von anderen so gesehen werden. Hier war nichts Gutes und somit sollte Morrigan auch nicht geschont werden, indem man ihr eine falsche Position vermittelte. In den Akten war sie nur noch eine Existenz und Verus musste sie davon erlösen, damit sie nicht mehr sein Problem war; bis sie wieder von Nutzen war und somit wieder ein Problem in seinen Akten. Ein Kreis aus Nutzen und Abnutzen. "Ich denke, dass deine Vergangenheit dir bereits Lehrstunde genug war," dachte er laut nach aber verkleidete seine Gedanken in einem bösartigen Zynismus. "Deine Urkunde deiner Freilassung wird schmelzen. Du bist und warst immer eine Sklavin. Aber wirst am Leben bleiben, bis wir dich wieder brauchen," teilte er mit und deutete zur Seite, damit Manius näher trat. "Die Freilassungsurkunde wird eingeschmolzen. Wir werden sie öffentlich auspeitschen; ihr ein staatliches Brandzeichen geben, damit sie öffentlich als bestraft gilt und wir werden sie als Sklavin in die Hände eines geeigneten Senators geben," war der Befehl, den er gab. "Sie ist und bleibt eine Sklavin und jeder soll es sehen, dass Rom nicht nur Macht, sondern auch Gnade ist. Sie ist ein Symbol und lebendig nützlich," rechtfertigte sich Verus, mehr vor sich selbst als vor Morrigan. Manius schwieg und blickte traurig zu Morrigan. Ein erneutes Schicksal als Sklavin mit einer verbundenen öffentlichen Demütigung, war deutlich schlimmer als ein schneller Tod durch einen schmerzfreien Schnitt.

  • Morrigans kalter Blick traf den Mann, der nun ihr Schicksal verkündete.
    „Ich habe unter Folter gestanden. Wenn er...“ Sie deutete mit dem Kopf in Richtung des Mannes der sie verhört hatte. „... es hätte hören wollen, dann hätte ich sogar gestanden den Kaiser höchstselbst umbringen zu wollen. Ich hätte alles gesagt nur damit er aufhört.“ Jeder hier in diesem Raum wusste wohl was ein Geständnis unter Folter wert war. Auf Papier würde es wohl gerade mal dazu taugen sich den Hintern nach dem Gang auf den Abort zu putzen. Die Herabwürdigung ihrer Person durch den Mann störte sie nicht. Wie war eine Lupa und es gab schlimmeres als Worte. Man sollte nicht glaube, welch abartige Gelüste einige der ach so hochtrabenden Männer Roms hatten. Sklavin. Fast hätte Morrigan gelacht. Sie war schon oft Sklavin und hatte es doch schon mehrfach geschafft sich von ihren Fesseln zu befreien. Zur Schau stellen wollte er sie also auch noch und öffentlich auspeitschen. Morrigans Blick blieb kalt und undurchsichtig. „Tu was du für richtig hältst. Römer.“ Die Worte fielen voller Verachtung aus ihrem Mund. „Nur sei dir einer Sache bewusst, ich bin weniger Sklave als du. Ich mag ein Zeichen auf der Haut tragen, Narben, die du mir öffentlich auferlegen willst und doch werde ich immer weniger Sklave sein als du. Ich habe mich mehr als einmal meiner Ketten entledigt. Wie oft ist dir das gelungen?“ Ja sie hatte nichts zu verlieren. Was wäre die Steigerung? Der Tod? Wäre der wirklich schlimmer? Abschließend fiel ihr Blick auf ihren Folterer. Ein Blick voller kalter Verachtung traf den Mann.

  • Die Folter. Ein Mittel, welches Verus kannte und nicht immer wertschätzte. Sie hatte ihren Zweck. Doch im Grunde war sie nur für das System selbst notwendig; sie war für den Folternden da, um eine Legitimation für Herrschaft zu schaffen. Es trat eine seltsame Übereinkunft ein, die Herrschaft und folglich auch Macht sichtbar machte, die ansonsten unsichtbar war. Verus war sich sehr wohl bewusst, dass auch er foltern musste, um in diesem System zu überleben. Diese Welt würde niemals perfekt sein. Niemals war genügend Rechtschaffenheit vorhanden und je mehr man versuchte, Rechtschaffenheit zu beweisen, umso mehr war man infiziert mit dieser Übereinkunft, das man Macht erschaffen musste. Ohne Macht war alles formlos, chaotisch und nicht greifbar. Existenz ohne System war bedeutungslos, da die eigene Rechtschaffenheit nur im System funktionierte. Verus versteckte sich nicht mehr, kannte die Mechaniken seiner Strukturen und wusste auch, das außerhalb seiner Strukturen nur Chaos wartete. Ein Wegfallen war nicht vorgesehen, da es die eigene Existenz ins Absurde verdrehen würde; und doch war vieles absurd bis wahnsinnig widersprüchlich. Jeder versuchte sein Ego, das geschaffene Narrativ des eigenen Selbst, aufrecht zu erhalten, welches nur im komplexen Zusammenspiel aus Macht und Gegenmacht funktionierte. Folter war nur eine Antwort auf einen tiefsitzenden Widerspruch, den selbst Verus, der Grenzgänger war, nicht auflösen konnte. Diese Gedanken waren aber unwichtig für die Welt.


    Unwichtig deshalb, weil sie nichts veränderten und auch nichts besser machten. Es war die einfache und rationale Akzeptanz, dass die Welt eben so war, wie sie war und niemals eine andere sein würde. Man tauschte nur die Illusionen, die Begründungen und die Theaterstücke aus; entweder gegen einen neuen Stil, der mit der Zeit ging oder eben nur Mode war. Im Herzen blieben Menschen immer diese Kreaturen, die sich offenbarten, wenn man ihnen jene Kleider und Mode nahm. Folter und auch dieser Ort offenbarten schnell, was im Kern die Gesellschaft war. Diese Wahrheit war aber unerträglich, nicht zumutbar und somit verschwand sie stets mit den Worten und dem Verlassen jenes Kerkers. Man versteckte sich davor, wollte sich verwehren, aber dadurch wurde es nicht weniger wahr. Es war eine Krankheit, die wuchs und jeden infizierte, der mühsam Bedeutung in seinem Leben erstritt. Ignoranz war Lebensqualität für diejenigen, die an den Tischen speisten, die mit Blut gefüllt war. Gesellschaft war eine Abfolge von Darstellungen und Narrativen. Verus gab sich diesen Geschichten nicht mehr hin, aber gestaltete willfährig seine eigene Geschichte und folgte ohne Widerwillen dem System, welches keine Antworten für ihn hatte.


    Die Suche blieb und im gewisser Absicht wollte er Morrigan verstehen. "Wir alle sind nur Spielfiguren und die Rollen fallen uns willkürlich zu," erklärte Verus als Antwort auf die Folter. Es gab keinen Sinn oder Unsinn hier, sondern schlicht einfach den Zustand, der gegeben war. Eine genaue Betrachtung zeigte schnell, das es nun gleichgültig war, was Morrigan sein wollte oder Verus sein musste. Die Faktoren und sachlichen Gegebenheiten hatten entschieden. Sachzwänge, die Ketten einer jeden Gesellschaft, lagen schwer in ihrem Blei. Schließlich sagte Morrigan jenen Satz, den Verus verständnisvoll abnickte. "Ich tue das, was mir geboten ist, Gefangene," war die sanfte Antwort, die nicht urteilte oder verurteilte. Morrigan war auch nur ein Objekt in einem riesigen mechanischen Gebilde aus vielen einzelnen Interessen, die ihre eigenen Zahnräder waren. Alles griff ineinander, hielt sich am Laufen, immer weiter, bis alle Zahnräder verstummt waren. Verus war zynisch, kalt operierend am Spalt und Sprung zwischen der Gesellschaft, die längst zu komplex war, um von einer Einzelperson vollständig erfasst zu werden. Morrigan sprach endlich Wahrheit, die auch Verus teilte. Er selbst war längst Sklave seiner zynischen Sachlichkeit, die sein eigenes Herz stets verneinte und mit Angst vergiftete. Diese Angst war kennzeichnend für sein Geschäft und seine Aufgaben.


    Eine berufsbedingte Paranoia wuchs mit jedem Atemzug über den Unterlagen und in den Gesprächen, die Sachzwänge steuerten. "Wir alle sind nur Sklaven unserer Welt, Gefangene. Im Gegensatz zu dir, weiß ich um meine Ketten und wählte sie selbst. Ich mache mir keine Illusionen," war die ehrliche Reaktion des mächtigen Trecenarius, welcher sich anschickte die Schatten in Rom zu beherrschen. Die kalte Verachtung, die sie zeigte, schmeckte entsprechend gut, da sie nur Beweisführung war. Sie bewies Verus das, was er stets bewiesen wissen wollte: Menschen waren niedere Kreaturen, welche der Ordnung bedurften, um mehr zu sein. Ohne System waren sie wertlos. Doch diese kalte Bosheit stand ihm nicht gut und plötzlich traf ihn diese mitfühlende Sorge. Reue spiegelte sich in seinem Herzen, welches unterdrückt wurde von den sachlichen Gedanken, die Verus stets ins Felde führte, um sich selbst zu schützen. "Ich werde das tun, was ich tun muss," antwortete er dann und deutete auf die beiden Soldaten, die Manius begleitet hatten. Diese schlugen zwei mal mit ihren Schlagstöcken auf Morrigans Rücken, bis sie am Boden lag und man ihr wieder eine Halsfessel anlegte und die anderen Ketten enger zog, damit sich ihr Bewegungsspielraum einschränkte.

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