Ein kleines Essen, die Gemüter zu erfreuen

  • Da einige Gäste nicht gekommen waren, stellte dies die Sitzordnung vor eine besondere Herausforderung. Um mehr Platz zu schaffen und auch weiteren Gästen die indirekte Teilnahme am Essen zu ermöglichen, waren Anordnungen von drei Klinen im Tablinum aufgebaut worden, wo mit freiem Blick auf den Garten gespeist werden sollte. Bevor die Gäste sich also niederließen, wurden die Klinen von fleißigen Händen noch einmal etwas verrückt, um sich der neuen Situation anzupassen. Die Kaiserin war schließlich der Ehrengast, aber eine Frau auf einer Kline zu betten wäre äußerst unfein gewesen. Also wurden die Klinen dergestalt verrückt, dass der locus consularis von einem bequem ausgepolsterten Korbsessel ausgefüllt wurde. Neben der Kaiserin auf dem lectus medius wurden – ihrem Rang entsprechend – Consular Purgitius Macer und daneben Senator Flavius Scato zu Tisch gebeten. Auf dem lectus imus lagen der Gastgeber Senator Aurelius Lupus, und daneben Flavius Gracchus Minor und – um seine Cousine glücklich zu machen – Claudius Sabinus. Immerhin war diese Kline eigentlich für die Familie reserviert, der es allerdings an männlichen Mitgliedern mangelte.
    Den etwas verschobenen lectus summus schließlich versuchte man schließlich folgendermaßen zu bevölkern: Tiberius Merula als Angehöriger der Tiberii, sowie die beiden mitgebrachten Klienten, Duccius Callistus und Pompeius Atticus.
    Eigentlich wäre es wohl korrekter gewesen, Tiberius Verus einen Platz hier anzubieten, allerdings hatte der Gastgeber doch kurzerhand entschieden, dass dieser in diesem Aufzug und Selbstpräsentation kein besonders geeigneter Tischgast wäre.


    Die übrigen Gäste konnten sich auf Klinen in der Nähe niederlassen. Für die Damen des Hauses und die der Gäste waren ebenfalls sehr bequeme Korbsessel bereitgestellt, die von fleißigen Sklaven auch gerne zu kleinen Klatschkränzchen zusammengestellt wurden.

  • Als offiziell zum Beginn des Abendessen gebeten wurde, begab sich Macer gemessenen Schrittes zu den Speiseliegen und ließ sich den für ihn vorgesehen Platz zuweisen. Wenig überraschend würde sein Klient woanders Platz nehmen, aber immerhin am selben Tisch liegen. Ein bisschen beneidete Macer ihn darum sogar, denn gleich bei seinem ersten größeren halb-öffentlichen Auftritt am selben Tisch wie die Kaiserin zu speisen, war zweifellos auch nicht jedem vergönnt. Macer selber hatte sich inzwischen zumindest daran gewöhnt, als Consular regelmäßig einen Platz auf dem Lectus Medius angeboten zu bekommen. Zuweilen quälte ihn etwas die damit verbundene Verpflichtung, das Tischgespräch mit zu gestalten, aber andererseits war dies natürlich auch ein großer Vorzug. Heute war es jedenfalls ganz sicher keine Qual, denn erstens hatte der Gastgeber sicher anlässlich seines Wahlkampfes eine vorbereitete Agenda, zweitens konnte er jederzeit guten Gewissens der Kaiserin den Vortritt lassen bei der Wahl der Gesprächsthemen und drittens war es sowieso ein entspanntes und geselliges Fest. Mit diesen entspannten Gedanken machte es sich Macer also auf seinem Platz bequem und wartete ab, bis auch die anderen lagen und saßen und der erste Gang serviert wurde.

  • Scato nahm ebenfalls Platz am Tisch der denn eher höhergestellten vorbehalten war. Er hatte durchaus ein wenig Appetit, hatte jedoch weitaus mehr Hunger auf Politik und bedeutsame Gespräche mit anderen einflussreichen Männern (und in diesem Fall auch Frauen).
    Er setzte sich, hielt sich aber zunächst zurück, da es sich ohnehin nicht gehörte wenn er nun das Gespräch eröffnen würde.

  • Caius fühlte sich zutiefst geehrt. Er durfte im Kreise der höchsten Gäste - allen voran die Augusta! - am Abendessen teilnehmen! Gleichzeitig war er unglaublich nervös. Es war sein erstes Gastmahl im Kreise von Senatoren. Ganz zu schweigen von der Anwesenheit der Kaisergattin. Seine Furcht sich irgendwie zu blamieren, hatte er während der Begrüßungen halbwegs erfolgreich mit dem einen oder anderen Becher Wein zu reduzieren gewusst. Jetzt musste er sich aber erstmal mit dem Alkohol zurückhalten, damit es nicht aus gerade diesem Grunde zu einer Blamage kam.


    Es wurde also zu Tische gebeten und Caius nahm einfach still den ihm zugewiesenen Platz auf dem Lectus Summus ein. Neben ihm würden Pompeius Atticus und ein Tiberius Platz finden. Caius war sehr froh, dass er mit Atticus einen Bekannten in seinem Alter bei sich hatte, der genau so wenig Erfahrung mit solcherlei Zusammenkünften hatte. So hoffte er jedenfalls. Gut nur, dass Flavius Scato und Purgitius Macer als Patron jeweils Hilfestellung geben konnten, falls beispielsweise die Kaiserin einmal eine schwierige Frage an die jungen Leute richten würde.


    Caius hatte das Glück, den mittleren Platz auf der Kline zugewiesen zu bekommen. So würde er in jedem Falle mit einem seiner Nachbarn ins Gespräch kommen können, sofern nicht ohnehin sich alle nur auf die Ehrengäste konzentrierten. Caius erwartete nicht, dass es viel Zeit für ausschweifende persönliche Unterhaltungen geben würde. Aber auch für den Fall, dass hauptsächlich über Aurelius Lupus' politische Ambitionen diskutiert würde, befand er seinen Klinenplatz für ordentlich, denn da er nicht direkt neben seinem Patron lag, würde dieser ihn womöglich nicht zu jedem Kinkerlitzchen ins Gespräch einbinden.


    So oder so, er hatte bis auf Tiberius und Claudius alle Gäste bereits begrüßt und wartete deshalb zunächst einfach ab, ob sie ihn ansprechen würden oder ob Aurelius Lupus nochmal innerhalb dieser Gästerunde eine Vorstellung übernehmen würde.

  • Während seine Gäste sich setzten, begab sich auch Sextus zu seiner Position und legte sich hin. Von seinem Platz aus hatte er die Möglichkeit, mit jedem der Anwesenden eine Unterhaltung zu führen, allerdings war er sich durchaus im klaren, den Großteil des Abends damit zu verbringen, zu reden und weniger damit, zuzuhören. Aber eben jenes hatte er sich ja auch gewünscht, folglich wäre es etwas vermessen, sich jetzt genau darüber zu beklagen.
    Er ließ sich einen Becher mit Posca einschenken. Aufgrund der Länge des Abends hatte er beschlossen, komplett auf Wein zu verzichten. Er wollte möglichst jeden Gast mit voller Aufmerksamkeit beschenken können und nicht benebelt das ein oder andere Detail verpassen. Überdies hatte er bei der Beschaffung sämtlicher Getränke keine Kosten gescheut, so dass auch der Essig von erlesener Güte war.


    Als alle soweit Platz genommen hatten, ließ Sextus auch den ersten Gang servieren: Kunstvoll angerichtet gab es frische, in Speck gebratene Feigen, übergossen mit feinstem Akazienhonig, dazu ein milder, cremiger Schafskäse. Für die persönlichen Geschmäcker standen kleine Schälchen mit Salz, Pfeffer, orientalischen Gewürzen, Kräutern und mehr Honig bereit. Auch gab es weiterhin die Leckereien von zuvor: Mit Ziegenkäse gefüllte Datteln, Oliven, Aprikosen mit Minze, Brot mit Tapenade oder Moretum, Trauben und gekochte Eier mit Honig-Pinienkern-Sauce.
    Da die Begrüßungsrede des Festes schon gehalten war, verzichtete Sextus auf eine Wiederholung des ganzen und begann gleich jenseits der nun nicht wiederholten Dankesfloskel. “Ich hoffe, das Essen trifft eure Geschmäcker. Ich wünsche allen einen guten Appetit und bin so frei, noch einmal alle einander vorzustellen, sofern nicht ohnehin schon Bekanntschaft geschlossen wurde.


    Ich denke, unsere verehrte Kaiserin Veturia Serena bedarf keiner weiteren Vorstellung. Consular Purgitius Macer war langjähriger Leiter der Academia Militaris und schon mehr Ämter im Dienste Roms ausgefüllt, als ich aufzählen kann, da ich bestimmt ein wichtiges vergessen würde. Neben ihm Flavius Scato, der zuletzt den Rang des Aedilis curulis bekleidet hat. Neben meiner Wenigkeit noch sein Vetter, Flavius Gracchus Minor, Sohn des Pontifex pro magistro und Consular Flavius Gracchus. Daneben Claudius Sabinus, Enkel des Praetorius Claudius Menecrates. Und auf der lectus summus den erst jüngst in Rom eingetroffenen Tiberius Merula. Mittig Duccius Callistus, ein Klient des Flavius Scato; und zu guter letzt Pompeius Atticus, Klient des Purgitius Macer.“ Damit sollte jeder zumindest seine Sitznachbarn nun kennen und sich damit ausgiebig austauschen können.
    “Wenn ihr gestattet, werde ich auch gleich das Gesprächsthema beginnen, welches zu bereden ich heute unter anderem eingeladen habe. Wie ihr wohl alle wisst, habe ich nun nach langer Zeit mich entschieden, doch zum Amt des Aedilen zu kandidieren. Dass ich dies nicht bereits zuvor getan habe, hatte unter anderem den Grund, dass ich keinen Mehrgewinn für den Staat darin sah, ein weiterer Aedil zu sein, der eigentlich nur seine Pflicht erfüllt, ohne etwas voran zu bringen, und für eben jenes Voranbringen fehlte mir die passende Idee. Nun, bis vor einiger Zeit, als ich auch schon Consular Purgitius darauf ansprach:
    Kein Gesetz wird so häufig geändert, wie das Marktgesetz. Wegen keinem Gesetz wird so oft geklagt, wie wegen Verstößen hierbei. Beide Tatsachen sagen mir recht deutlich, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form zum einen missverständlich ist, und zum anderen fehlerhaft. Beides Umstände, die es zu korrigieren gilt. Hierzu habe ich selbst einige Ideen, die ich euch gerne vorstellen würde, ebenso würde ich selbstverständlich auch eure Ideen hören und diese gegebenenfalls ebenfalls berücksichtigen, bevor ich in meiner Amtszeit als hoffentlich gewählter Aedil dann an der Umsetzung eben jener Ideen arbeiten werde.“

  • Auch die Kaiserin hatte inzwischen ihren Platz eingenommen. Sie verfolgte die Vorstellung des Aureliers. Sie nickte noch einmal jedem einzelnen zu, bevor sie es sich in ihrem bereitgestellten Sessel so bequem, wie es in ihrem Kleid möglich war, machte.
    Nun aber galt ihre Aufmerksamkeit dem Gastgeber, der erklärte, warum er kandidierte. Die Beweggründe waren durchaus einleuchtend, so dass sie zustimmend nickte. Sie freute sich nun schon auf weitere Erklärungen und Ideen die hoffentlich präsentiert wurden.

  • Als der Aurelier das erste Gesprächsthema einwarf wurde Scato sogleich spitzhörig. Das Marktgesetz also, Scato lehnte sich interessiert nach vorne und hörte Lupus bei seinen Ausführungen zu.
    "Hört hört!" antwortete Scato und schaute sich um ob noch jemand so interessiert an diesem Thema war wie er. Eigentlich war es ihm auch egal, es war sein Thema und ein weiterer patrizischer Mitstreiter konnte bei diesem Prozess nur nützlich sein.
    "Wie du vielleicht weißt bin ich selbst ein Verfechter von Marktreformen Aurelius. Also bitte, fahre nur fort, ich bin mehr als interessiert an deinen Ideen." erklärte er und blickte ihn an, bevor er zu seinem Becher griff und sich wieder etwas zurücklehnte um den Worten des Gastgebers weiter zuzuhören.

  • Das erste Thema, das der Aurelier als Gastgeber für den heutigen Abend aufrief, überraschte Macer nicht, zumal er genau darüber ja schon einmal mit ihm diskutiert hatte, wie er in seiner Eingangsrede auch noch einmal erwähnte. Macer wählte sich also schnell einen kleinen Happen aus, um seinen Magen nicht zu vernachlässigen und ließ sich etwass zu Trinken reichen, um so gewappnet dann auch bald das Wort zu ergreifen, nachdem es bereits erste zustimmende Worte von seinem Nachbarn gegeben hatte. "Eine gute Entscheidung, Aurelius!", lobte er den Gastgeber ebenfalls erst einmal für seinen Entschluss. "Ich bin schon sehr gespannt, wie du die kleinen Ideen, die wir damals besprachen, seither weiterentwickelt hast und in welcher Form sie schließlich in ein Gesetzeswerk münden werden. Ich möchte zwar vermuten, dass selbst bei einem höchst vollendeten Werk noch immer zahlreiche Klagen die Aedilen und Praetoren beschäftigen werden, denn es dürfte heute kaum etwas geben, was die Streitlust mehr befördert als die Konkurrenz um Geld, Besitz und Gewinn, aber zweifellos ist es ein ehrenwertes Ziel, die vorhandenen Regelungen zu verbessern und klarer zu fassen", sprach er dann zumindest dem Vorhaben seine Unterstützung aus, auch wenn er die Erwartungen an das Endprodukt ein wenig zu dämpfen gedachte. Dafür hatte er selber als Aedil und Praetor zu viel erlebt, um die Hoffnung zu haben, dass man Gesetze so formulierne konnte, dass niemand mehr klagen musste.

  • Ein wenig enttäuscht musste Manius Minor feststellen, dass er anstatt an der Seite Silanas an der des Hausherrn selbst seinen Platz zugewiesen bekam, obschon er dies angesichts des heutigen Publikums wie des politischen Sujets des Abends beinahe hätte antizipieren können. Indessen erschien sein weiterer Nachbar Claudius Sabinus als eine agreable Option des Divertiments, sofern die judikativen Projekte des Aurelius sich doch als ein wenig ennuyant würden erweisen, wie der junge Flavius bereits argwöhnte, nachdem weder Jurisprudenz, noch Ökonomie sein sonderliches Interesse genossen.


    Dennoch gebot die Höflichkeit selbstredend, zumindest für eine Weile den politischen Plänen des Gastgebers zu lauschen, ehe man sich anderen Themen zuwandte, sodass er vorerst mit halbem Ohr lauschte, während er zugleich bereits sich der Vorspeise zuwandte und ein Ei in die präparierte Sauce tauchte, um es, veredelt durch die süße Masse, sich folgend genüsslich einzuverleiben.

  • Sextus war zufrieden, dass zumindest zwei seiner Zuhörer ernsthaftes Interesse am Thema hatten – oder jenes sehr gekonnt heuchelten – und tat ihnen gerne den Gefallen, zunächst mehr von seinen eigenen Ideen zu erzählen, ehe er ihre zu dem Thema hören wollte.
    “Zuvorderst würde ich damit aufhören, an einzelnen Paragraphen herumzudiskutieren und so das Gesetz in mühevoller Kleinstarbeit doch wieder zu verschlimmbessern. Stattdessen sage ich, wir sollten etwas gänzlich neues schaffen, eine Art Lex Mercatus II, die nur die Teile der Lex Mercatus beibehält, die klar und unmissverständlich sind, und die insgesamt besser strukturiert und verständlicher ist als das uns momentan vorliegende Werk.
    Allen voran müsste eine solche neue Lex klarer regeln, wer welche Betriebe führen darf, da der jetzige Paragraph – und das muss ich in dieser Deutlichkeit leider sagen – der reinste, schwammige Unsinn ist. Es wird gesagt, dass Senatoren und Patrizier nur landwirtschaftliche Betriebe führen dürfen – so weit, so richtig – allerdings ist der Wortlaut dergestalt schwammig, dass dieser Begriff mehr und mehr aufgeweicht wird. Ursprünglich beruft sich dieser Paragraph auf unser edles Erbe als Bauern, die dieses Land mit der Kraft ihrer Hände urbar gemacht haben und ihren Lebensunterhalt dem Wind und dem Wetter abgetrotzt haben, bis wir das starke Reich waren, das die Welt erobern sollte. Eine Welt, in der jeder Mann seine Familie kraft seiner eigenen Hände ernährte von seinem eigenen Land.
    Heutzutage wird vor Gericht darum gestritten, ob ein Schuster oder ein Händler vielleicht doch keine Handwerker oder Kaufleute sind, sondern doch im weitesten Sinne Bauern, da die von ihnen hergestellten oder nach Rom gebrachten Produkte einen natürlichen Ursprung haben. Nun, wenn es nur um den natürlichen Ursprung geht, ist alles, was nicht von Götterhand gegeben wurde, 'landwirtschaftlich'.“

    Sextus machte eine kurze Pause, um einen Schluck zu trinken, ehe er fortfuhr. “Da frage ich mich: Hat unsere Gier denn unseren verstand gefressen, dass wir hierauf angewiesen sind? Mir schwebt daher hier eine weit eindeutigere Regel vor, die klar ausdrückt, dass nur diese Betriebe für Senatoren und Patrizier statthaft sind, die das angestrebte Produkt selbst anbauen, erfischen oder erjagen, nicht aber solche, die ihre Rohstoffe erst von einem solchen Betrieb ankaufen müssen, um sie weiterzuentwickeln, oder solche, die sich lediglich mit der Weitergabe von Waren und deren Transport beschäftigen.
    Versteht mich nicht falsch, ich will keine neuen Betriebe erschaffen. Der Weinbauer mit seinem Weinberg soll nach wie vor aus den Trauben, die er anbaut, auch Wein pressen und lagern dürfen, ebenso wie das Obstgut sein Obst auch in Honig einlegen darf und so fertig eingelegt und eingekocht in Amphoren zum Markt bringen. Daran will ich nicht rütteln. Aber der Bäcker, der sein Korn erst zum mahlen ankaufen muss, oder der Gewürzhändler, der aus Syria den Pfeffer heranbringt, diese Betriebe sollten den Plebejern und nicht-Senatoren vorbehalten sein. So gierig muss unser Stand nicht sein, ihnen diese Betriebe zu neiden.


    Und dergleichen geht es auch gleich weiter: Von der Führung von Betrieben ausgeschlossen sind Sklaven. Nun möge derjenige hier am Tisch die Hand heben, der seine Landgüter – so er welche hat - nicht von einem Vilicus verwalten lässt. Was das Gesetz sagt und was das Gesetz meint driftet auch hier weit auseinander, weshalb in der Realität eigentlich fast alle gegen diesen Paragraphen verstoßen, wenn man ihn streng dem Wortlaut nach auslegt. Was das Gesetz meint, ist, dass nur ein freier Mensch Eigentum haben kann, was auch das Eigentum an einem Betrieb mit einschließt. Nur steht eben jenes momentan nicht in diesem Paragraphen. Dieser beschäftigt sich momentan dem Wortlaut nach mit der Verwaltung eines Betriebes, welche vollkommen irrelevant ist.


    Auch schließt das Marktrecht Angehörige des Exercitus Romanus und Diener des Cultus Deorum pauschal von den Märkten aus, sofern sie nicht wenigstens Ritter sind. Da frage ich mich: Warum ist dies etwas, das im Marktrecht geregelt werden muss? Zum einen ist mir bislang noch nie logisch dargelegt worden, warum ein Pontifex minor nicht neben seinen Pflichten im Tempel einen Betrieb in seinem Eigentum haben darf, den er von seinen Sklaven führen lässt und der ihn folglich nicht behindert, wenn er der Sohn eines Plebejers ist. Ist aber genau derselbe Pontifex minor der Sohn eines Senators, ist dies alles auf einmal kein Problem mehr. Das ist nicht logisch, das nennt man im üblichen Nepotismus und Neid.
    Versteht mich nicht falsch, sollten die Pontifices einer Stadt der Meinung sein, dass bestimmte der ihnen unterstellten Priesterschaften keine Betriebe führen sollten, so steht es ihnen selbstredend frei, eine entsprechende, eigene Arbeitsanweisung zu erlassen und zur Not Priester und andere Diener, die hiergegen verstoßen, vom Dienst freizustellen. Allerdings ist dies meiner Meinung nach nichts, was der römische Senat für das gesamte, römische Reich gleichermaßen, ob es nun hier in der Stadt Rom oder in der Provinz in Germania sei, in einem Gesetz über die Märkte regeln muss. Dies können die örtlichen Gremien unter Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse selbständig beschließen, was sie für angemessen erachten und was nicht. Und insbesondere möchte ich nicht daran Schuld tragen, wenn in der Provinz sich niemand ausreichend um einen Wegeschrein oder eine Götterstatue zu kümmern traut, weil er sonst Gefahr läuft, wegen Verstoßes gegen die Lex Mercatus verklagt zu werden.
    Derselben Logik folgend gilt dies auch für den exercitus romanus, wo die Kommandeure ihren Legionären und Offizieren sehr viel effektiver das Führen oder Nicht-Führen erlauben oder verweigern können. Oder, sollte eine generelle Richtlinie notwendig sein, dass dies im Codex militaris seinen Platz findet.“


    Das war erst einmal ein erster Punkt,d er aber wohl schon genug Diskussionsstoff bieten sollte für erste Meinungen.

  • Was für ein Einstieg ins Tischgespräch! Der Versuch, freihändig aus der Aqua Appia zu trinken, dürfte ungefähr dasselbe Gefühl verursachen wie dieser äußerst schwungvolle Auftakt, vermutete Macer. Zumindest fühlte er sich ein wenig überrollt, auch wenn die Inhalte nicht einmal gänzlich neu für ihn waren. "In der Tat sprichst du hier einen guten Punkte an oder eigentlich ja derer gleich drei", meldete er sich dann zu Wort, nachdem er eine Dattel geschluckt hatte. "Die Frage der Betriebsführung erscheint mir dabei die unkritischste zu sein, denn wie du schon sagtest, meint das Gesetz einfach etwas anderes, als die Buchstaben sagen, aber das scheint auch jeder zu wissen. Mir ist zumindest keine entsprechende Klage bekannt und viele Verwalter dürften auch Freigelassene sein und gar keine Sklaven, so dass dieses Gesetz dann doch wieder nicht so stark tangiert ist, wie man vermuten könnte. Auf meinem Landgut verhält es sich jedenfalls so", griff er sich dann den seiner Ansicht nach schwächsten Punkt heraus und erwähnte ganz nebenbei, dass er tatsächlich Landwirtschaft betrieb oder betreiben ließ. Mehr wollte er zu dieser Frage auch erst einmal gar nicht sagen, denn da sah er andere an der Reihe, die Geschäfte einiger Senatoren entweder zu verteidigen oder mit zu verurteilen. Die Rolle des Censors war schließlich fest vergeben. Zum dritten Punkt würde er dagegen sicher noch etwas sagen, denn der Codex Militaris war ja quasi sein Stichwort, aber es wäre wohl sowohl unhöflich als auch ermüdend für die anderen Gäste gewesen, wenn er nun ebenso viel gesprochen hätte wie der Gastgeber.

  • Nachdem sich nun alle zum Essen begeben hatten stand Luna auftragsgemäß bereit um den Gästen die Speisen anzureichen, die Getränke nachzufüllen oder bei Bedarf eine Wasserschale und trockne Tücher für die Hände zu reichen.
    Wenn gerade keine Wünsche bestanden hielt sie sich im Hintergrund. Was besprochen wurde nahm sie nur nebenbei wahr, wirkliches Interesse an den Themen hatte sie natürlich nicht.

  • Die harschen Worte des Gastgebers für die Lex Mercatus waren durchaus geneigt, den jungen Gracchen ein wenig zu irritieren, denn obschon er wenig Interesse für die profanen Fragen der Ökonomie hegte, so war er doch geneigt, ein Gesetz, welches über Jahre die Märkte Roms hatte reguliert, nicht als 'reinsten, schwammigen Unsinn' zu titulieren.
    "Ist es nicht doch Sache des Staatswesens darauf zu achten, dass jene, die ihm dienen, dieses auch mit voller Aufmerksamkeit tun? Mir zumindest erscheint es höchst irritierend, wenn ein Soldat, welcher etwa am Limes seinen Dienst verrichtet, nebenbei seine Felder bestellt und deren Früchte zu Markte trägt. Ebenso verhält es sich mit einem Aedituus, der anstatt seinen Tempel zu pflegen, seinen privaten Geschäften nachgeht."
    , thematisierte er direkt die letzte Kritik des Aurelius und dachte zurück an seinen Dienst, wo keineswegs jeder Soldat ausschließlich seinem Solddienst nachging, wie einer seiner Mittribunen ihm hatte berichtet. Solange er seine Handwerkskünste indessen auf den Schattenmärkten Mogontiacums offerierte, konnte jenes private Geschäft zumindest keinen allzu großen Umfang annehmen.
    "Und mag es bei den kommunalen Angestellten der Civitates dubitabel erscheinen, so sehe ich doch durchaus eine Berechtigung, die Nebenverdienste jener durch den Senat zu regulieren, welche ihren Sold aus der Staatskasse beziehen."

  • “Dennoch wäre es eines Gesetzes, das dieses Wort verdient, würdig, dass es genau das aussagt, was es meint und wie es praktiziert ist, und nicht etwas anderes. Und eben jenes tut das aktuelle Gesetz keineswegs.“ Sextus war sich seiner Sache sehr sicher, so dass er sich vom Einwand von Purgitius Macer dahingehend nicht aus der Fassung gebracht sah. Natürlich wurde das Gesetz so praktiziert, wie es eben aktuell praktiziert wurde. Das hinderte aber Sextus nicht daran, die Fehler der Formulierung zu bemerken.


    Und auch die Einwände des jüngsten Flavius' hatte er in vielfacher Form schon gehört – unter anderem von dessen Vater. Doch auch hier verhielt es sich so, dass es im Grunde demselben Problem unterlag. “Nun, ich verstehe deine Einwände, Flavius, und will diese Bedenken auch gar nicht kleinreden. Sie besitzen gewiss ihre Berechtigung.
    Allerdings gilt es auch hier, dass das Gesetz eben jenes gar nicht aussagt, was du aufführtest. Das Gesetz besagt nicht, dass ein Aedituus keine Betriebe führen darf, um dieses Beispiel zu nehmen. Das Gesetz sagt, gleichgültig wer den Göttern dient und gleichgültig in welchem Amt, dass er keine Betriebe führen darf, außer er ist Ritter, Sohn eines Senators, Patrizier oder Senator. Und das ist schlicht und ergreifend falsch. Entweder kann ein Aedituus grundsätzlich Betriebe führen – oder durch Sklaven oder Freie führen lassen, diese Möglichkeit hatte ich schon zuvor erwähnt – oder er kann es nicht.
    Und das richtige Gremium, hierüber zu urteilen, sind meiner Meinung nach die örtlichen Pontifices, die ja auch die Aeditui überwachen sollen. Und eben nicht der Aedil.
    So wäre es viel logischer, wenn die Pontifices für die ihnen unterstellten Priester und Tempeldiener eine solche einfache Anweisung ausgeben. Und sollten sich die ihnen untergebenen Träger nicht daran halten, steht es ihnen ebenso frei, diese einfach – eben wegen der Vernachlässigung ihrer Pflichten – zu entlassen. Sie sind ja nicht gezwungen, nachlässige Aeditui zu behalten. Weder führt ein hoher Stand automatisch zu einer besseren Ausübung der Pflichten, noch hindert ein niedriger Stand einen Menschen, fleißig und gewissenhaft zu sein, um mehrere Dinge zu tun.


    Aber das Gesetz jetzt bezieht sich weder auf konkrete Ämter, noch auf konkrete Umstände, noch nicht einmal auf Nachlässigkeiten. Es besagt einzig und allein, dass der Aedil einfache Plebejer und Peregrini bestrafen soll, wenn diese Besitz haben und gleichzeitig den Göttern dienen wollen. Es spezifiziert noch nicht einmal, worin sich der Dienst an den Göttern äußert – letztendlich ist ja jeder von uns angehalten, regelmäßig den Göttern zu opfern, ihnen Schreine zu errichten und diese zu pflegen.
    Und DAS ist einfach unpräzise und so im Grunde Unrecht. Und wenn ich schon darüber nachdenke, ein besseres Marktrecht zu erschaffen, sollte solches Unrecht nicht darin enthalten sein.


    Und auch das Argument der Finanzierung unterstützt im Grunde genommen meine Praemisse. Außerhalb Roms wird der Unterhalt der Tempel von den jeweiligen Gemeinden übernommen, in welchen sie stehen. Daher wäre ein Entscheidungsgremium in den jeweiligen Orten doch viel eher dazu berechtigt, Regelungen aufzustellen? Und ich wiederhole an dieser Stelle nochmal: Nachlässigkeit ist keine Frage des Standes, sondern der Person. Und die einzelne Person kann durch die für sie zuständigen Pontifices auch einfach entlassen werden, wenn sie nachlässig ist, unabhängig vom Stand.“

  • Da Macer schon früher eine Diskussion mit Aurelius Lupus um mögliche Änderungen am Marktgesetz geführt hatte, kannte er schon einige Argumente, die nun zwischen dem Gastgeber und Flavius Gracchus ausgetauscht wurden. Weder der eine, noch der andere konnte ihn daher überraschen und Macer sah sich mit seiner Position dazwischen, wenngleich mit einer Tendenz in Richtung der Ideen des Gastgebers. "Ich denke auch, dass es durchaus sinnvoll sein kann, bestimmten Personengruppen den Besitz eines Betriebes zu untersagen, weil dies mit anderen ihrer Pflichten kollidieren könnte", stimmte er zunächste Flavius Gracchus zu, ohne explizit auf den Cultus Deorum einzugehen. "Dabei muss ich aber auch Aurelius Lupus zustimmen, dass die derzeitige Regelung dies in sehr willkürlicher und nicht nachvollziehbarer Weise tut und daher verbessert werden sollte. Vor allem sollte man meines Erachtens im Blick behalten, dass wir hier über das Marktrecht reden. Wenn es für die Märkte schädlich ist, dass der Besitzer eines Betriebes noch andere Pflichten oder Einkommensquellen hat, dann ist es eine Frage das Marktrechts und sollte in der Lex Mercatus behandelt werden. Ist es jedoch vielmehr so, dass es eine Gefahrt für die Pflichten jenes Mannes ist, wenn er auch noch einen Betrieb besitzt, so ist dies keine Frage des Marktrechts, sondern es obliegt demjenigen, der diese Pflichten überwacht, entsprechende Regelungen zu erlassen", brachte er dann seine Ansicht zur sinnvollen Struktur einer Gesetzgebung zum Ausdruck. "Um es an einem Beispiel zu sagen: Ist es eine Gefahr für die Märkte, wenn ein Soldat einen Betrieb besitzt, muss dies in der Lex Mercatus untersagt werden. Ist es eine Gefahrt für die Armee, wenn ein Soldat einen Betrieb besitzt, muss dies im Codex Militaris untersagt werden. Zumindest ist dies meine Meinung."

  • Sextus Aurelius Lupus überrollte seine Gäste mit voller Wucht. Jedenfalls Caius war nach der Einführung in das Thema bereits platt. Und 'Einführung' war noch untertrieben. Caius bediente sich erstmal an den Vorspeisen und versuchte der sich nun langsam entwickelnden Diskussion zu folgen. Zunächst beteiligten sich nur der junge dicke Flavius und Senator Purgitius. Die anderen Gäste schienen auch ziemlich überfahren zu sein oder trauten sich nicht, mitzureden.


    Caius für seinen Teil konnte die Argumente nach dem ersten Wortwechsel halbwegs nachvollziehen, fand die ganze Diskussion aber noch reichlich unkonkret. Wenn Aurelius hier eine Gesetzesreform vorstellen wollte, sollte er doch langsam auch mal sagen, was er ändern mochte und nicht nur, was er abschaffen wollte. Auch wenn er Angst hatte, etwas falsches zu sagen, raffte Caius sich schließlich auf, räusperte sich und warf dann ein: "Senator Aurelius, erlaube mir eine Zwischenfrage: Du kritisierst die Lex Mercatus, indem du sagst, ihr Wortlaut gehe am intendierten Sinn und Zweck des Gesetzes vorbei. Die bisher vorgebrachten Argumente leuchten mir ein. Du sagst selbst, dass das Gesetz einer umfassenden Reform bedarf. Wie würde denn dein Reformvorschlag für die Regulierung der gerade diskutierten Betriebsführungsverbote aussehen, um das Unrecht zu beseitigen?"

  • Die Kaiserin verfolgte das Gespräch mit Interesse. Auch, dass musste sie zugeben, wenn sie nicht so genau wusste, welche Reformen der Aurelier nun konkret anstrebte. Doch sie hatte ihren Schreiber angewiesen alles mitzuschreiben, damit sie dem Kaiser berichten konnte. Der Klient von Flavius Scato stelle eine durchaus interessante Frage. Nun wurde die Kaiserin hellhörig und blickte den Gastgeber fragend an. Vielleicht konnte er nun Licht in ihr Dunkel bringen.

  • Purgitius Macer brachte wieder einmal auf den Punkt, was Sextus eigentlich sagen wollte, aber nicht so kurz und knackig in Worte fassen konnte. Da Sextus die Redepause gerade genutzt hatte, nach einer Feige im Speckmantel zu greifen, bekam Purgitius Macer eine zustimmende Geste anstelle einer verbalen Zustimmung. Kaum war die kleine Köstlichkeit in seinem Mund gelandet, gesellte sich auch die nächste Frage dazu, diesmal von Flavius' Klient Duccius.
    Sextus kaute in Ruhe zuende und schluckte, ehe er zu einer Antwort ansetzte. Manche Menschen störte es ja nicht, mit Essen im Mund zu reden, er schmatzte eher ungerne. “Natürlich sollst du fragen, Duccius. Gerade bei diesem Punkt interessiert mich gerade deine Meinung oder die von dir, Pompeius, insbesondere, da ihr, wenn ich es nun richtig erinnere, beide ja weder Ritter noch Nachkommen von Senatoren seid, so dass dieser Punkt ja ganz konkret solche jungen Männer wie euch betrifft. Für mich sind diese Überlegungen abstrakt, aber euch betrifft dies ja ganz persönlich.“
    Nachdem Sextus dies klargestellt hatte – denn ja, er war ja wirklich interessiert, ob seine Überlegungen denn von Wert waren für die, die sie betrafen – konnte er auch auf die eigentliche Frage antworten.


    “Wie bereits gesagt würde ich nicht versuchen, die alte Lex zu verbessern, sondern eine vollständig neue Lex zu schaffen, die die alte Lex in Vollständigkeit ersetzt. Und ein erster und zentraler Punkt dieser neuen Lex wäre dann gleich zu Beginn ein Punkt, der klar zwischen Eigentum und Besitz unterscheidet. Eigentum kann nur innehaben, wer frei ist, aber der Eigentümer kann jeder beliebigen Person sein Eigentum zum Besitz überlassen. Auf diese grundsätzliche Feststellung kann man sich im weiteren dann auch beziehen.
    Um jetzt zu dem konkreten Punkt zu kommen, der momentan den Cultus Deorum betrifft und den Exercitus Romanus: Diese Einschränkung käme in der neuen Lex schlicht nicht vor. Sofern mich niemand von der Notwendigkeit für die Märkte überzeugt, Priestern und anderen Tempeldienern oder Mitgliedern von Collegia und Vereinen das Eigentum an Betrieben zu verwehren.
    Ich bin mir indes unsicher, ob parallel zu einer Lex Mercatus es einer Lex Religiosus bedarf, die noch einmal explizit darlegt, welche Collegien welche Befugnisse haben. Ich denke, dass auch ohne eine solche Lex hinlänglich bekannt sein dürfte, dass die Aufsicht über die Tempel einer Stadt den Pontifices eben jener Stadt unterliegt und diese folglich ihren Tempeldienern weisungsbefugt sind.


    Für den Exercitus Romanus indes denke ich, dass ein Zusatz im Codex Militaris dann sinnvoll wäre, der aussagt, dass ein Mitglied des Exercitus nur dann einen Betrieb führen darf, wenn ihm dies von seinem Legatus beziehungsweise Praefectus explizit erlaubt wurde. Wobei gleichzeitig sicherzustellen wäre, dass ein Kommandant seinen Untergebenen eine Betriebsführung nur erlauben, allerdings nicht befehlen kann – dies halte ich nämlich wirklich für eine potentielle Gefahr für die Märkte.


    Ich weiß, dass meine Wortwahl diesbezüglich noch etwas unkonkret ist. Einer meiner Lehrer in Velutonia sagte einmal den Satz zu mir: Ein kluger Mann weiß um seine Stärken, aber ein weiser Mann um seine Schwächen. Ich weiß, dass ich gut darin bin, Unrecht und Fehler zu erkennen, wenn ich sie sehe. Aber ich weiß auch, dass ich nicht sehr gut darin bin, Gesetzestexte zu formulieren. Daher kann ich mit einem formulierten Gesetzestext zu diesem Zeitpunkt noch nicht dienen. Sofern sich aber jemand findet, der Spaß an eben jenem hat, wäre ich einer Zusammenarbeit sicherlich nicht abgeneigt.“

  • Macer fand es noch ein wenig früh, bei einem solchen informellen Abendessen schon über konkrete Neuformulierungen zu sprechen, wenn es doch noch nicht einmal klar war, ob man sich darüber einig werden konnte, was an der derzeitigen Lex alles ungünstig ist. Aber da hatte wohl jeder seine eigenen Vorstellung von einem guten Vorgehen und letztlich war es ja auch die Entscheidung des Aureliers, wie er die Diskussion lenken wollte. Macer nutzte die Zeit daher für einen weiteren Griff zu den Vorspeisen und entschied sich für eine Feige mit Honig.


    "Ich bin sicher, dass es eine Menge kundige Juristen gibt, die mit Freuden daran mitwirken werden, deine Ideen in einen neuen Gesetzestext zu gießen", griff er dann den Gesprächsfaden wieder auf. "Eine komplette Neuformulierung dürfte dahingehend auch attraktiver sein, als nur ein paar Sätze zu ändern, vermute ich." Macer selber hatte durchaus Freude am Entwurf von Formulierungen, wusste aber auch, dass es andere gab, die darin wesentlich besser geschult waren als er. "Welche weiteren Aspekte der Lex würdest du denn noch reformieren wollen, Aurelius?"

  • “Nun, ich hoffe zumindest, dass es jemanden gibt, der daran Spaß hat. Das würde die Diskussionszeit im Senat in jedem Fall erheblich verkürzen.“ Sextus hatte ja eigentlich auf die Unterstützung von Senator Iulius Dives in dieser Sache gehofft. Aber leider hatte dieser sich sehr zurückgezogen in letzter Zeit und auch diese Essenseinladung nicht angenommen. Es war fraglich, ob er auf den Iulier bauen konnte in dieser Sache. Aber vielleicht konnte er irgend jemanden hier heute Abend soweit neugierig machen, wenigstens ein wenig mitzuhelfen. Vielleicht ja auch Flavius Scato oder seinen Klienten. Immerhin hatte der Flavius sich in seiner Zeit als Aedil durchaus bemüht gezeigt, an der Lex Veränderungen herbeizuführen.


    Und zumindest Purgitius Macer tat ihm auch den Gefallen, das Gespräch aufrecht zu erhalten. Sextus hatte ja durchaus nicht nur diesen Punkt, der ihn störte, derer gab es ganz viele.
    “Nun, es gibt noch einige Punkte. Aber der wichtigste darunter, abgesehen vom genannten, ist vermutlich die fehlende Regelung bezüglich Verkäufen durch den Staat zu nennen. Gut, die jetzige Lex stellt die Möglichkeit in Aussicht, dass der Staat bei zu hohen Preisen Waren verkaufen kann, allerdings finde ich diese auch ungenau. Wer darf dann verkaufen? Gehören Städte und Gemeinden zum Staat, oder ist damit gemeint, dass das Aerarium Waren aufkauft und verbilligt abgibt, oder soll die kaiserliche Kanzlei Betriebe verwalten und in diesem Fall produzieren? Oder soll dies über den Fiscus geregelt werden?
    Darüber hinaus gibt es auch die andere Seite des ganzen: Städte und Gemeinden erhalten immer wieder Betriebe und waren, sei es durch Erbschaft, Konfiszierung oder als Geschenke. Bislang dürfen sie diese Waren offiziell gar nicht verwenden, sondern sind dazu verdammt, sie vergammeln zu lassen. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein?
    Nein, ich bin der Meinung, dass hier eine klare Regelung getroffen werden muss, insbesondere im Sinne unserer Städte und Gemeinden, wann diese als Organe des Staates Waren produzieren dürfen. Insbesondere solche, die schwer oder gar nicht zu bekommen sind. Und darüber hinaus fände ich es wünschenswert, den Städten zu erlauben, die Waren, die sie aus Erbschaften et cetera erhalten, auch verkaufen zu dürfen.


    Dann natürlich nur und ausschließlich zu dem vom Staat vorgegebenen Standardpreis, um keine Konkurrenz zu freien Händlern zu sein. Allerdings sehe ich keinen Sinn darin, Waren einfach so schlecht werden zu lassen, nur weil der Erbe hier eine Stadt ist und kein Angehöriger, der dieselben Waren verkaufen dürfte.“

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