Immerhin. Wenn der Vater schon Eques gewesen war, bestand ja zumindest eine kleine Familientradition. "Nun, dir bleiben ja hoffentlich noch einige Lebensjahre, um den bisherigen Leistungen deiner Familie etwas hinzuzufügen." Er stellte seinen Becher ab und strich sich durch den Bart. "Hast du übrigens schon eine Gattin oder gar Kinder, die deine Tradition einmal fortsetzen werden?"
Audienz Fabius Torquatus
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- Triclinium
- Ein Praetorianer
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Aus der Reaktion des Kaisers konnte ich nun keine sonderliche Begeisterung, gleichsam aber auch keine nennenswerte Abneigung gegenüber meiner Familiengeschichte herauslesen. Stattdessen reagierte er recht neutral und fragte nach meinen Nachfolgern. "Meine Gattin ist vor einigen Jahren verstorben...", stellte ich mit Blick zu Severus kühl fest. Wahrscheinlich würde ich für meine Gedanken dereinst in Hades' Reich der Schatten schmoren, aber ich hatte ab und an dafür gebetet, dass sie mich verließ. Ich hatte zeitlebens keinerlei Interesse für sie oder Nähe verspürt, die mir diesen Gedanken verwehrt hätten. Das einzige, das mir Dankbarkeit für sie entlockte, war die Tatsache, dass sie mir einen Sohn und Erben gebar. "...ich habe aber einen Sohn, Titus Fabius Torquatus. Er hat bald das Alter erreicht, um seinen eigenen Weg zu gehen und ich erhoffe mir für ihn natürlich eine gute Ausgangslage zu schaffen." Bei besserer Gelegenheit würde ich sicher diesbezüglich auf den Kaiser zurückkommen, doch beim ersten Treffen schien mir dies reichlich unpassend. Immerhin hatte ich noch keinerlei argumentative Grundlage durch meine Arbeit geschaffen. "Allerdings scheint er eher für die Verwaltung geschaffen als für das Militär - soweit ich dies bei einem so jungen Mann beurteilen kann." Er war auf jeden Fall nicht wie sein Großvater, stattdessen etwas in sich gekehrt und träumerisch. Aber das würde ich ihm schon noch austreiben.
Wenn der Kaiser schon meinen Nachfolger zum Thema machte, wollte ich bei der Gelegenheit auch auf seinen Nachfolger und Thronerben zu sprechen kommen. "Wie ergeht es dem Caesar, wenn ich fragen darf? Ich hörte, er verhandle derzeit mit den Armeniern?" Das hatte mir zumindest mein Patron erzählt.
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"Verstehe." antwortete der Kaiser und erinnerte sich daran, als seine erste Frau verstorben war. Das war keine einfache Zeit gewesen. Weder für ihn, noch für Bala.
Womit er beim Thema war: "Nun, er verhandelt mehr mit den Parthern als den Armeniern, fürchte ich." Er war froh, dass der Caesar so alt war, dass er ihn unterstützen konnte. "Aber es geht um Armenia, in der Tat. Soweit ich weiß, konnten sie sich immer noch nicht auf einen neuen König einigen." Nachdem Rom das letzte Mal übersehen hatte, sich in die Thronfolge einzumischen, mussten dieses Mal die Positionen beider Supermächte ganz neu ausgehandelt werden.
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Ich war recht dankbar, dass der Kaiser nicht weiter auf meine verstorbene Gattin einging. So blieb es mir erspart, falsche Trauer vorzuspielen - die ich zweifellos vorspielen hätte können. So wandte ich mich also den wichtigeren Themen des Dialogs zu. "Verstehe. Wie steht es denn im Moment um die Beziehungen mit den Parthern?", hakte ich nach. Natürlich wusste ich, dass es sich um Informationen handeln konnte, die nicht unbedingt für meine Ohren bestimmt waren. Unabhängig davon, ob der Kaiser nun ein Geheimniskrämer war oder nicht, würde ich allerdings in der Kanzlei ohnehin die ein oder andere brisante Information erhalten. Vielleicht legte er ja Wert darauf, dass auch sein Procurator a Memoria über Angelegenheiten Bescheid wusste, die wohl eher in den Aufgabenbereich des ab epistulis oder des a libellis fielen. "Kann es zu einem weiteren Krieg kommen?", fragte ich noch direkter und nahm einen weiteren Schluck Wein. Ich wusste, dass der letzte alles andere als planmäßig verlaufen war.
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Der Kaiser lächelte und stellte schweigend seinen Becher ab. Dann sah er zu Axius Lucullus und Maenius Firminus. "Nun, niemand weiß mit Sicherheit, was die Parther im Schilde führen. Nicht wahr, Maenius?"
Der Ab Epistulis, der die Korrespondenz mit den Statthaltern im Osten führte, nickte. "In der Tat. In den letzten Jahren waren unsere Beziehungen eher ruhig. Was vor allem daran lag, dass wir keine Anlässe zum Streiten hatten." Er zuckte mit den Schultern. "Das ist jetzt anders. Es wird viel davon abhängen, wie wir uns bezüglich des armenischen Throns verhalten." Damit war der Ball wieder an den Kaiser zurückgespielt. "Deshalb sollten wir alle hoffen, dass mein Sohn erfolgreich ist." Die anderen Procuratoren nickten. -
Die Antworten des Maeniers und des Kaisers ließen mich recht schnell zu dem Schluss kommen, dass auch sie nichts genaues über die Intentionen der Parther wussten. Nichtsdestotrotz schien mir die Nachfolgefrage des armenischen Throns bei unterschiedlichen Ansichten und Interessen durchaus geeignet, um die Beziehungen zu ihnen zu unterkühlen. Ich kannte den Caesar nicht persönlich, wusste nur, dass er noch recht jung war. Dementsprechend war ich durchaus skeptisch, ob er seiner Verantwortung gewachsen war. Caesar wurde man immerhin nicht aufgrund seiner Fähigkeiten und Talente, sondern schlichtweg aufgrund der Erbfolge. Und dass auch Nichtsnutze diesen Titel führen durften, hatte die Geschichte ja hinreichend gezeigt. Gleichwohl genoss er offensichtlich das Vertrauen des Kaisers, womit er zumindest nicht als gänzlich unfähig erachtet werden konnte. "Das hoffe ich auch.", stimmte ich nüchtern zu. "Allerdings glaube ich nicht, dass die Parther sich auch bei einem positiven Verlauf der Gespräche vor einer Eskalation scheuen würden. Ich habe viele Geschichten über die Hinterhältigkeit dieses Ostvolkes gehört", merkte ich noch an. Natürlich waren es nur Geschichten, die ich vor allem in den Straßen und Lokalitäten Ägyptens aufgefangen hatte. Für mich waren sie aber Grund genug, um den Parthern nicht vorurteilsfrei zu begegnen. Immerhin hatten auch sie einen Herrschaftsanspruch im Osten, den es zu verteidigen galt und den sie bei Gelegenheit sicher auch gegenüber uns durchsetzen würden, sobald eine Schwäche Roms erkennbar war.
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"Tatsächlich?" fragte der Kaiser interessiert. Genucius Faustulus, der Statthalter von Syria und "Chefdiplomat" an der Ostgrenze hatte wenig über konkrete Bedrohungen berichtet. Abgesehen von den üblichen Zwischenfällen natürlich. "Von Alexandria aus hattest du sicherlich einen direkteren Zugang zu Informationen über unsere Nachbarn. Ich selbst war leider seit meinem Tribunat nicht mehr im Osten." Und damals hatte er sich nur bedingt für die Parther interessiert. Damals waren eher die Juden in der eigenen Provinz ein Problem gewesen. "Gibt es konkrete Anlässe, von einer geplanten Eskalation auszugehen?"
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"Nichts konkretes", musste ich das augenscheinliche Interesse des Kaisers zunächst etwas ausbremsen. Woher sollte ich auch Informationen über das Innenleben des Partherreiches haben, wenn schon der Kaiser mit all seinen Informanten und Diplomaten nichts genaues sagen konnten. "Nur Geschichten, die ich in den Straßen Alexandrias gehört habe. Die meisten davon waren negativ", stellte ich zunächst fest. Natürlich konnte man all dem Gerede auf den Straßen auch skeptisch entgegentreten, immerhin war auch vieles nur Geschwätz des einfachen Mannes. Stimmten allerdings eine Vielzahl an Geschichten im Kern überein, konnte man in meinen Augen sehr wohl auf einen gewissen Wahrheitsgehalt schließen. "Immerhin ist schon der große Alexander hinterhältig vergiftet worden, nachdem er das Perserreich ehrenhaft im Kampf unterworfen hatte. Tugenden wie Ehrlichkeit und Würde, die unser Rom so stark machen, sind den Völkern östlich des Euphrats völlig fremd. Und die Parther stehen ja bekanntlich in direkter Nachfolge des alten Achämenidenreichs", predigte ich mit der Moralkeule meine Vorurteile gegenüber den Barbaren des Ostens. Eigentlich war ich alles andere als ein Moralist und nahm auch selbst die römischen Tugenden nicht immer beim Wort, doch um meine grundsätzliche Meinung von den Parthern darzustellen gereichten sie gerade als exzellentes Mittel. "Meiner bescheidenen Meinung nach sollte man mit den Parthern zwar Kompromisse schließen, aber nicht um sie zu besänftigen, sondern um im rechten Moment selbst energisch zuzuschlagen." Nach meinem Kurzmonolog über meine Einstellung gegenüber den Feinden im Osten nahm ich einen kräftigen Schluck Wein und blickte erwartungsvoll in die Runde, primär in Richtung des Kaisers. Ich war durchaus interessiert daran zu erfahren, was er eigentlich über die Parther dachte - unabhängig von irgendwelchen diplomatischen Verhandlungen im Hinblick auf den Armenierthron.
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Geschichten in den Straßen Alexandrias waren nicht gerade das, was der Kaiser als Informationsquelle seinen Geheimdienstberichten vorzog. Zur Geschichte hatte Severus auch seine eigenen Überlegungen: "Die Frage ist, ob uns das Beispiel Alexanders nicht eher lehrt, seine Kräfte nicht zu überdehnen. Expansion steht jedenfalls nicht auf meiner Agenda momentan. Und wenn wir beginnen, unsere Politik allein an der Geschichte vor mehreren Jahrhunderten auszurichten, dürften wir eher schlecht beraten sein." Er lächelte in Richtung seiner länger gedienten Berater. Sein neuester Mann in diesem Kreis würde lernen müssen, dass es in der Schaltzentrale des Imperiums nicht genügte, auf Gerüchte und Vorurteile zu vertrauen.
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Ich hatte meine Fähigkeiten und Talente und war überzeugt, dass ich in den meisten Dingen auch als sehr fähig angesehen werden konnte, allerdings sah ich mich keineswegs als großer Feldherr und Stratege. Ich war wohl eher ein Taktiker und konnte mich daher der Ansicht des Kaisers bedenkenlos beugen. Zwar war ich mir nicht sicher, wie es um die Kampferfahrung des Augustus bestellt war, sehr wahrscheinlich fußte seine Aussage aber mitnichten auf bloßen Theorien. "Wohl wahr, eine übermäßige Expansion könnte sich sicherlich auch negativ auswirken. Ohnehin frage ich mich, was man östlich des Euphrats überhaupt vorfinden will, abgesehen von den Schätzen und den kulturellen Errungenschaften, die Alexander der Große überhaupt erst hinterlassen hat", stimmte ich den Worten des Kaisers zu, nutzte aber die Gelegenheit um noch einmal meine Abneigung gegenüber den östlichen Völkern zu bekräftigen. "Allerdings wollte ich mit meinen Worten ohnehin eher zum Ausdruck bringen, im Fall der Fälle gewappnet zu sein und stets wachsam mit einem Angriff der Parther zu rechnen. Mit einem Zuschlagen im rechten Moment ziele ich auch nicht unbedingt auf eine aggressive Expansion ab, sondern vielmehr auf eine entschiedene - möglicherweise auch militärische - Machtdemonstration, um den Parthern ihren Platz in zweiter Reihe wieder vor Augen zu führen." Immerhin galt gerade auch Armenien als durchaus umstrittene Region, die in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schauplatz römisch-parthischer Auseinandersetzungen gewesen war.
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"Na, ich war noch nie dort, aber ich denke, die Perser hatten in ihrem Reich auch ohne den großen Alexander das ein oder andere angehäuft." antwortete der Kaiser unbeirrt lächelnd. Seinen Lektionen in Geschichte zufolge waren die Perser immerhin das größte Reich der Erde vor dem Alexanders gewesen. Ihre Leistungen komplett zu vernachlässigen erschien ihm somit etwas unfair.
"Inwiefern wir einer Machtdemonstration bedürfen, wird der Caesar hoffentlich herausfinden." stellte Severus dann fest. Torquatus war scheinbar ein scharfer Hund. Aber auch solche Berater brauchte der Kaiser, um von reiner Friedenspolitik, zu der er neigte. nicht eingelullt zu werden. "Aber vielleicht wäre auch eine Verstärkung der Grenzen vorerst eine weniger aggressive Maßnahme."
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Ich nickte stumm, als der Kaiser auf die Schätze und Errungenschaften der Perser hinwies. Innerlich sträubte ich mich gegen den Gedanken, dass ein Barbarenstamm, der damals wie heute nicht zentral organisiert war und geleitet wurde sondern vielmehr einen losen Verbund aus zahlreichen Adelsfamilien und Stämmen darstellte, in irgendeiner Hinsicht einen kulturellen Wert schaffen konnte. Nach meiner Ansicht hatte erst der hellenistische Einfluss dem Osten einen solchen gegeben, allerdings wollte ich dem Kaiser nicht offen widersprechen. Nicht in einer solch nichtigen Angelegenheit und nicht bei unserem ersten Treffen. Also trank ich den letzten Schluck aus meinem Weinbecher und stimmte den weiteren Ausführungen des Imperators zu. "Das wird er sicher. Und ich bin gespannt, ob er meine Geschichten im Hinblick auf den opportunistischen Charakter der Parther bestätigen wird", schloss ich dieses Thema zusammenfassend ab. Mein Standpunkt war wohl bereits deutlich geworden.
"Durchaus, immerhin stellen die Parther mit ihrer unkonventiellen Kriegstechnik wohl im Moment die größte Bedrohung für unsere Grenzen dar", meinte ich dann hinsichtlich der Überlegung der Stärkung der Grenzen. Wie bereits festgestellt war ich weder Experte der Kriegskunst, noch hatte ich selbst gegen die Parther gekämpft. Dennoch wusste ich um die Effektivität ihrer berittenen Einheiten, allen voran ihrer Bogenschützen, die zu bekämpfen auch eine römische Legion vor eine Herausforderung stellen konnte.
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Der Kaiser griff nach einem Stück Brot und kaute es nachdenklich. "Das Problem ist, dass die Grenze nach Osten nicht so leicht abgeriegelt werden kann wie etwa in Germania. Immerhin ist ein Handel mit dem Osten auch in unserem Interesse." brachte er dann auch die wirtschaftliche Komponente ins Spiel. Das Thema war komplex. Wie immer in der Politik.
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Ich wusste nicht, inwieweit der Handel mit dem Osten, der auf dem Landweg über Parthien führte, durch eine mögliche Erweiterung der Seewege vollständig ersetzt werden konnte, daher hielt ich mich zurück und überließ dem Kaiser in dieser Angelegenheit das letzte Wort. "Das ist wohl wahr", stimmte ich dem Aquilier daher zu. Wenngleich ich bemerkte, dass das Gespräch allmählich dem Ende zuging, wollte ich es der Höflichkeit halber dem Imperator überlassen die Runde aufzulösen. Vielleicht hatte er ja auch noch Fragen, die ich nicht vorschnell übergehen wollte.
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Der Kaiser plauderte noch eine Weile mit seinem neuen Procurator, wobei sich auch die anderen Procuratoren beteiligten. Dann entließ man den Fabier mit der frohen Kunde, er werde bald sein Ernennungsschreiben zugestellt bekommen.
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