Erste Sitzung - Kultische Verpflichtungen

  • Zum ersten Mal trat Menecrates als Princeps des Gremiums vor seine Kollegen. Als ältester der beiden höchsten Amtsträger gebührte ihm das Wort. Er verinnerlichte den Augenblick nur einen Atemzug lang, um nicht zögerlich zu wirken.

    "Ich begrüße euch, Patres Conscripti, zu unserer ersten Sitzung der neuen Legislaturperiode. Ein Jahr lang bin ich mit meinem Kollegen für alle Belange euer Ansprechpartner. Wer speziell mich sprechen möchte, erreicht mich am sichersten in meiner Villa auf dem Mons Esquilinus. Das Personal ist instruiert, Senatoren ohne Verzug vorzulassen. Wer sicher gehen möchte, mich anzutreffen oder mich ohne längere Wartezeit sprechen will, der möge sich im Vorfeld um einen Termin bemühen. Ansonsten denke ich, Voranmeldungen werden zumeist nicht notwendig sein."

    Er schaute in die Runde und wartete, ob Nachfragen kamen. Anschließend ging er zur Tagesordnung über.

    "Kommen wir zum ersten Thema. Es beinhaltet die kultischen Pflichten. Ihr erinnert euch vielleicht, ich hatte mich bei meiner Kandidatur dazu verpflichtet, alle Staatsopfer selbst auszurichten, die nicht von einem Priester oder Magistraten durchgeführt werden. Bevor wir zu den morgen beginnenden Festtagen des Faunus kommen, wo ich besonders auf den Abschlusstag ANTE DIEM VI ID DEC DCCCLXVII A.U.C. (8.12.2017/114 n.Chr.) hinweisen möchte, frage ich einmal in die Runde, ob ein amtierender Magistrat bereits Pläne für einen speziellen Festtag getroffen hat. Das würde ich notieren, um Dopplungen zu vermeiden."

    Wieder schaute er in die Runde.

  • Gänzlich sicher, wie der neue Consul seine Frage meinte, war sich Sextus nicht. Unter Umständen meinte er nur den religiösen Teil diverser Feiertage, doch hatten etliche Feiertage ja auch Anteile, die über das eigentliche Opfer hinaus gingen. Doch auch diese gehörten natürlich ebenso zu den kultischen Verpflichtungen, und auch hier wären Dopplungen zu vermeiden. Und insbesondere wollte Sextus höchstselbst auch vermeiden, sich eine Menge Arbeit zu machen, die umsonst wäre, da Consul Claudius eigene Pläne hatte und als ranghöherer Magistrat den Vorzug einforderte.
    Wenngleich seine Antwort also vielleicht, vielleicht aber auch nicht den Kern der Frage trafen, erhob sich Sextus, um seine Planungen für dieses Amtsjahr vorzustellen und so mögliche Dopplungen zu vermeiden.
    “Patres Conscripti, werter Consul. Meine Planungen für meine Amtszeit umfassen vor allen Dingen drei öffentliche Festlichkeiten. Ich plane, zu den Saturnalien Tierhetzen zu veranstalten, und zu den Equirria im Februarius natürlich Wagenrennen. Da Consul Claudius bereits in seiner Kandidaturrede darauf verwiesen hat, selbst an den Ludi Plebei tätig zu werden anstatt deren Ausrichtung den Aediles zu überlassen, sieht meine bisherige Planung vor, sofern nichts dagegen spricht, an den Compitalia im Januarius Gladiatorenspiele zu veranstalten. Jeweiliges ist natürlich eingebunden in den üblichen Festablauf jedes Festes, bei den Compitalia insbesondere mit der Societas Germanitas Quadrivi.“
    Seine weiteren Planungen für diese Amtszeit waren eher gesetzgebender oder kontrollierender Natur und mussten an dieser Stelle wohl nicht erörtert werden, insbesondere, da hierbei auch keinerlei Konkurrenz zu befürchten war.

  • Menecrates wäre zwar gerne zuerst die Festtage ohne oder mit überschaubarem Rahmenprogramm durchgegangen, da er aber allgemein gefragt hatte, durfte er sich nicht wundern, wenn nun alle Vorhaben zur Sprache kamen. Gleichzeitig freute er sich über die ersten umfangreichen Pläne. Das versprach viel Zerstreuung für das Volk, was Zufriedenheit nach sich zog. Das wiederum sollte sich positiv auf die Stabilität Roms auswirken.
    Er machte sich Notizen, dann blickte er auf.
    "Danke, das ist ein guter Anfang und zugleich ein ordentliches Programm für einen Einzelnen." Es schien so, als würde seine eigene Bürde kleiner ausfallen als befürchtet. "Tierhetzen zu den Saturnalien sind gesetzt, Gladiatorenspiele an den Compitalia ebenfalls. Waaagenrennen…", Er zog das Wort etwas in die Länge, weil er zeitgleich überlegte. "… zu den Equirria sind naheliegend, allerdings bin ich der Ansicht, dass wir hier beratschlagen müssen. Beratschlagen deswegen, weil ich - anders als es Aedil Aurelius in Erinnerung lag - bevorzugt am Festtag der Concordia und höchstens alternativ zu den Ludi Palatini, nicht aber zu den Ludi Plebei selbst Wagenrennen ausrichten wollte. Die Ludi Plebei können, wie es die Tradition vorsieht, von den Aediles ausgerichtet werden."
    Von einer Handgeste begleitet unterbreitete er ein Angebot.
    "Wir können jetzt beide Termine mit Wagenrennen abdecken, wir können genausogut Vorläufe am Festtag der Condordia abhalten und das Finale zu den Equirria oder aber wir arbeiten nicht losgelöst voneinander, sondern zusammen." Sein Gefühl spielte keine Rolle. Hier im Senat und bei sachlichen Entscheidungen zählten nur Logik und Verstand. Zu Kompromissen zeigte er sich bereit und sich selbst nahm er nie übermäßig wichtig.


    Anschließend schlug er noch einmal den Bogen zum eingangs angesprochenen Festtag, weil der drängte.
    "Um den unmittelbar anstehenden Festtag zu Ehren des Faunus ins Spiel zu bringen, hier plane ich nicht das Initiieren von Tänzen. Das mag auch mehr den ländlichen Gebieten vorbehalten bleiben. Was ich aber plane, sind Opferungen an beiden Seiten des Tibers zum Abschluss dieses Festes. Ich spreche von den Tiberinalia. Hier bräuchte sich kein anderer Magistrat bemühen. Wie es mit der Priesterschaft aussieht, muss ich noch in Erfahrung bringen."

  • Dass er sich versprochen hatte, merkte Sextus erst, als der Claudier ihn berichtigte. Er hatte auch die Ludi Palatini im Frühjahr gemeint, nicht die Ludi Plebeii im Spätherbst. War aber auch jetzt gleichgültig, dieses Detail war nicht so wichtig, als dass er sich jetzt korrigieren musste. Also ließ er den Teil stehen, ignorierte das Rumgeeiere, dass sie beide Wagenrennen veranstalten könnten, und konzentrierte sich aufs Wesentliche.
    “Als der ranghöhere Magistrat steht es dir natürlich zu, den Vorrang zu erhalten, wie auch immer du dies wünscht. Wenn mir als Haruspex allerdings die Anmerkung erlaubt ist:
    Concordia ist die Göttin der Eintracht, des friedlichen Miteinanders und des Friedens, die vor allen Dingen die Zusammenarbeit in uns Menschen erwecken soll. Ich bezweifle, dass sie besonders viel Gefallen an einem Wettkampf hat, bei dem es darum geht, den Gegner abzudrängen, einen Sieger zu ermitteln und hin und wieder einer der Kontrahenten unter lautem Jubel stirbt. Eine friedlichere Veranstaltung wäre wohl eher im Sinne der Göttin.
    Hingegen darf das Volk zu den Equirria durchaus auf dem Marsfeld Wettrennen erwarten, wie es die Tradition verlangt. Wie gesagt würde ich dir, Claudius, da auch den Vorrang überlassen, wenn du dies wünscht, oder eben eine Zweiteilung zu den Ludi Palatini und den Equirria, ganz zu deinem Belieben.“


    Damit war dieser Punkt wohl geklärt und alle konnten sich auf die weiteren Punkte wie die anstehenden Tiberinalia konzentrieren.

  • Tja, so viel zum Thema beratschlagen. Es ging dem Consul eben nicht um die Feststellung, wer den Vorrang hatte, denn das wusste er selbst. Ihm ging es um eine konstruktive Zusammenarbeit. Immerhin kam am Ende des Wortbeitrags heraus, dass der Aurelier keine direkte Zusammenarbeit wünschte, was ja immerhin auch eine Erkenntnis war.
    Äußerlich ungerührt nahm der Consul diese Tatsache hin. Einzig als der Aedil ihm letzten Endes die Wahl zwischen den Ludi Palatini und den Equirria ließ, legte sich ein Schmunzeln auf sein Gesicht. "Ich richte, wie geplant, den Festtag der Concordia aus", erwiderte er bestimmt. "Lass mich wissen, ob du bei den Equirria bleibst oder nicht."


    Er wartete weitere Wortmeldungen ab, bevor er dazu überging, die bevorstehenden Feststage im Einzelnen anzusprechen, um einen möglichen Ausrichter in Erfahrung zu bringen.
    "Was die Opferungen zu den Tiberinalia betrifft, ich könnte da einen Mitstreiter gebrauchen. Es wäre wünschenswert, wenn zeitgleich an beiden Ufern geopfert wird, ich kann aber verständlicherweise nur an einem Ufer sein. Außerdem: Die Vestalinnen werden sicherlich zugegen sein, ebenso die Pontifices. Ich gehe im Grunde nicht davon aus, dass vorherige Absprachen notwendig sind. Wer Interesse hat, möge mich im Nachhinein ansprechen oder sich hier melden."


    Er suchte den Blickkontakt zum Aurelier: "Was schlägt der Haruspex zu den Agonalia ANTE DIEM III ID DEC DCCCLXVII A.U.C. (11.12.2017/114 n.Chr.) vor, dem Sol Indiges zu opfern?"

  • Natürlich wohnte auch der Kaiser der ersten Senatssitzung der neuen Consuln bei. Er hatte seinen Platz am Kopf der Curia, zwischen den Sellae Curules der beiden Sitzungsleiter, sodass er nicht sehr laut sprechen musste, um sich vernehmlich zu machen.
    "Wenn noch ein Festtag frei wäre, würde ich als Pontifex Maximus natürlich auch meine Pflicht wahrnehmen." erklärte er und sah fragend zum Consul. Unglücklicherweise hatte er vergessen, sich mit seinem neuen Procurator a memoriae abzustimmen. Der war für die Planung seiner kultischen Auftritte zuständig.

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  • Kurz war Sextus durchaus verwirrt von der dermaßen ignoranten Antwort des Claudius. Das hatte man offenbar davon, wenn man ernsthaft gutgemeinte Ratschläge erteilte. Sextus fand es eigentlich nicht schwer zu verstehen, einer friedlichen Gottheit mit einem friedlichen Fest zu huldigen. Aber wenn der Claudius darauf bestand, die Göttin des Miteinanders mit einem Wettkampf des Gegeneinanders zu ehren, konnte er ihn wohl nicht aufhalten. Sollte die Göttin deswegen aber zürnen und ein Opfer ablehnen, konnte der Claudier nicht behaupten, man habe es ihm ja nicht vorher gesagt.
    “Ich werde es dich dann zeitnah wissen lassen“, antwortete Sextus nur innerlich kopfschüttelnd und zog sich dann zurück.


    Bei der direkt an ihn gerichteten Frage allerdings hob er die Augenbraue. War das ein Test um sein religiöses Wissen? “Da es sich um ein Agonium handelt, wird der Rex Sacrorum in der Regia einen weißen Widder opfern“, stellte er schlicht fest. So war das bei jedem Agonium, es gab keine Abweichungen vom Protokoll in diesen Dingen.


    Dass auch der Kaiser sich engagieren wollte, nahm Sextus zum Anlass, selbst einen Vorschlag zu bringen. Vermutlich würde der Claudier auch hier wieder alles anders machen wollen, dennoch war Sextus nicht gewillt, diese ohnehin etwas langweilige Senatssitzung nicht zumindest mit Fachwissen zu füllen.
    “Die Consualia am Circus Maximus werden von den Pontifices ausgerichtet. Als Pontifex Maximus böte sich eine Teilnahme regelrecht an.“

  • Sich seines Vorsitzes bei diesem ehrwürdigem Gremium durchaus bewusst, musste sich Menecrates trotzdem erst an die Situation gewöhnen, dass der Kaiser seine Unterstützung in einer Sache anbot, die Menecrates initiierte, und es nicht umgedreht verlief. Auch der auf ihn gerichtete fragende Blick des Kaisers stellte für den Claudier eine neue Erfahrung dar. Trotzdem arbeitete sein Geist gewohnt flink. Er sichtete noch einmal die notierten Termine, dann blickte er zum Kaiser, ohne auf den Aurelier einzugehen. Dessen Vordrängen bzw. anstatt anderer zu antworten, wollte er während seiner Amtszeit nicht fördern. Die Antwort auf seine Frage registrierte er natürlich.


    "Ich denke, ich habe die perfekte Lösung: Der Festtag der Concordia ist ANTE DIEM XVII KAL FEB DCCCLXVIII A.U.C. (16.1.2018/115 n.Chr.), ich habe das gerade noch einmal überprüft. Diesen Festtag richte ich aus. Einen Tag später beginnen die Ludi Palatini, die ich alternativ ausrichten wollte. Beides zusammen ist natürlich eine erhebliche Herausforderung, aber wenn du", sein Blick umfasste das Antlitz des Kaisers, "die Organisation der zur Eröffnung der Ludi angedachten Opferung überwachen könntest, denke ich, kann ich diesen Akt stemmen. Eine ungewöhnliche Konstellation, ich weiß: Der Augustus engagiert sich zu den Ludi zu Ehren des Augustus. Ist das eine Kombination, die du gutheißt?" Nun blickte der Consul fragend, bevor er anfügte: "Die Consualia ANTE DIEM XVIII KAL IAN DCCCLXVIII A.U.C. (15.12.2017/114 n.Chr.) stellen nur das Nebenfest dar." Die Vollendung des Satzes schenkte sich Menecrates, denn für alle lag auf der Hand, dass das im August stattfindende Fest als Hauptfest der Consualia galt.

  • "Die Ludi Palatini, das klingt gut." stellte der Kaiser fest. Gerade als Kaiser war es ja sinnvoll, sich in die Tradition des ersten Princeps zu stellen. Warum also nicht die Ludi Palatini eröffnen?


    Was ihn allerdings etwas störte, war die leichte Gereiztheit, die er aus den Stimmen der beiden Magistrate herauszuhören glaubte. Aber vielleicht führte ein bisschen Konkurrenz ja auch zu verstärktem Einsatz. "Beziehungsweise wolltest du dann das Wagenrennen am Festtag der Concordia abhalten oder zu den Ludi Palatini?"

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  • Die Zustimmung des Kaisers freute den Consul. Hochkarätiger konnte die Besetzung der Ausrichter und Eröffner dieser bedeutsamen Ludi nicht sein. Allerdings konnte er in der Kürze der Zeit keine konkrete Ablaufplanung benennen, denn der Fehler in den Kalendereintragungen war ihm gerade erst aufgefallen.


    "Tja, die Sachlage sieht jetzt ein wenig anders aus", merkte er an und strich sich beim Nachdenken über Wange und Kinnbart. "Es bietet sich an, den Feststag der Concordia, als Vortag der Ludi, wie eine Einstimmung auf die Spiele anzugehen, natürlich ohne dabei die Bedeutung dieses Tages für die Göttin Concordia aus den Augen zu verlieren. Zu den Ludi sollte es eine Steigerung geben, weswegen ich die Wagenrennen sogar auf die hinteren Tage legen würde." Er wiegte den Kopf. "Das sind spontane Gedanke, ich muss das noch einmal in Ruhe durchgehen."


    Gleichzeitig stand ihm vor Augen, wie wenig Zeit bis zu den Ludi verblieb, denn ursprünglich hatte er mit dem Februar gerechnet. Er wollte bis zu den Rennen noch eine Factio reanimieren und zur Teilnahme bewegen, um die Wagenrennen größer als bei seinem Wahlkampf ausfallen zu lassen.


    "Gut, die nächsten Tage und die größeren Ereignisse sind erst einmal abgeklärt. Ich werde demnächst beim Rex Sacrorum bzw. Priestercollegium vorsprechen, um in Erfahrung zu bringen, wo Bedarf zur Unterstützung besteht und wo wir Dopplungen vermeiden können. Trotzdem..., wenn sich noch jemand engagieren möchte, der kann sich jederzeit später bei mir oder auch im Verlauf dieser Sitzung noch zu Wort melden."

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