Vernunft war eine böse Waffe. Diese berechnende Ratio der Prätorianer, der in der alten Zeit schon viele zum Opfer gefallen waren. Nero hatte sie benutzt, auch schon Caligula und jeder Kaiser danach. Die Prätorianer waren besessen von Macht aber gleichsam triumphierend kalt. Sie führten aus, was man ihnen auftrug aber führten auch ihre eigenen Interessen aus, um ihr Bild von Rom zu schützen. Sie schützten das, was sie für Rom hielten und verteidigten jene Staatsmacht nicht nur mit Blut, sondern auch mit Verstand und Furcht. Durch diesen Terror waren sie verdorben und unersetzlich. Jeder Kaiser brauchte sie, denn sie waren die tapferen Henker und Handlanger einer alten Idee. Sie scherten sich nicht um Anstand, um ständische Geschehen oder Geschichte, sondern taten das, was notwendig war. Nur der Zweck schien ihre Mittel zu begrenzen. Leider war ihr Ansehen dadurch beschmutzt, denn jeder wusste, was sie tun konnten und auch würden, wenn der Kaiser es befahl oder sie es für notwendig erachteten. Der Dienst forderte seinen persönlichen Tribut von allen Prätorianern. Sold konnte nicht jede Wunde heilen. So auch in dieser Nacht. Die Prätorianer waren zur Erkenntnis gekommen, dass ein Mann sich am Umstand des Aufstandes bereicherte. Er zog Gewinne aus zerstörten Grundstücken, bereicherte sich an leidenden Familien und entzog dem Markt Gelder. Ein Mann, der wie viele Gewinnler am Leid profitierte. Doch dieser Mann war nicht bereit zurückzustecken, für einen Moment auf seine Gier zu verzichten und dem Kaiser zu geben, was dem Kaiser war. Ein instabiler Markt, verarmte Bürger in großem Umfang und wenige Reiche, die sich die zerstörten Grundstücke unter den Nagel rissen, konnten einen erneuten Aufstand beschwören. Es galt dies zu verhindern. Verus persönlich wollte diesen Bürger beseitigt sehen, da dieser Mann nicht nur durch deutlich unmoralische Geschäfte aufgefallen war, sondern auch weil er den Prätorianern entsprechende Anteile verweigerte. Er ließ sich nicht begrenzen, forderte mehr ein und ertrank in seinem Gold. Die Berichte sprachen eine deutliche Sprache, dass dieser Mann einen neuen Aufstand billigend inkaufnahm. So ritten die handverlesenen Speculatores aus. Ihre brennenden Öllichter an den kurzen Stangen wiesen ihnen einen Weg.
Bereits im Vorfeld waren sie nach Ostia gekommen, hatten diesen Einsatz geplant und waren bereit das Problem mit diesem Bürger endgültig zu lösen. Das Landgut des paranoiden Bürgers lag außerhalb der Stadt. Dennoch gut erreichbar. Der Mann bezahlte Schläger, die ihn schützten, darunter auch einige Veteranen. Doch Verus kannte die alten Tricks. Sie waren längst bestochen und öffneten das beschlagene Tor der Anlage und ließen die Prätorianer, die keine Rüstungen trugen, ein. Man löschte die Fackeln, während man sich dem großen Haus näherte. Die Schläger und Veteranen hatten sich bereits zurückgezogen, da sie an dem weiteren Geschehen nicht beteiligt sein wollten.
Statuen, gepflegte Parklandschaften zeigten sich und ebenso viel Marmor. Der Mann war überaus reich. Verus kümmerte dies nicht. Der Auftrag war klar. Man öffnete leise das Hauptportal, um in die Villa einzudringen. Schnell fand man die große Treppe, welche nur sperrlich beleuchtet war.
Mit Mühe konnte man sich herauftasten, bis man im zweiten Stock war. Die Prätorianer erreichten das Schlafgemacht, wo der Hausherr mit seiner Geliebten nächtigte. Seine Frau war ohnehin in Rom verblieben, mitsamt der Familie. Dies war das geheime Liebesnest des schmarotzigen Römers. "Publius Ofillius Crepereianus Classicus," sagte Verus bewusst laut aber nicht zu laut und ließ seine Männer weiträumig den Saal absperren. Zwei Männer bezogen Position an der Tür. Der beleibte Römer riss erschreckt die Augen auf, mit ihm auch seine Geliebte, welche bildschön war. Die Frau wollte kreischen, doch ein Soldat schnitt er mit einem geübten Schnitt die Kehle durch, so dass Blut in die Seidentücher des Bettes lief. Sie konnte nicht mehr schreien, sondern nur noch gurgeln, bis sie schließlich mit aufgerissenen Augen ihr Leben aushauchte. Ofilius war vor Angst erstarrt. Verus nickte dem Mann, der die Frau zum Schweigen gebracht hatte, kalt dankend zu. Nicht immer musste man Befehle klar aussprechen.
Diese Einheit wusste, was sie tat und hatte dies auch schon öfter getan. Rom war nicht groß geworden, weil es nett oder rücksichtsvoll war. "Ofilius, mit Schrecken mussten wir erfahren, dass du deine Geliebte im Schlaf ermordet hast, um schließlich in Schmach und Schande im Opiumrausch vom Balkon in den Tod zu stürzen," erklärte Verus nüchtern und blickte ohne Emotionen in das Gesicht des Goldbarons. "Ich...Ich," versuchte er Worte zu finden, bis er realisierte, was geschehen war. "Sie hatte damit nichts zu tun!" - schimpfte er mit unterdrückter Wut und Angst. "Jeder zahlt seinen Preis, Ofilius," mahnte der Trecenarius. "Nun auch du. Deine Familie wird es dir danken," meinte Verus.
"Entweder du trinkst nun das Opium in flüssiger Form und wir gehen dann gemeinsam zum Balkon, wo du dich herunter stürzen wirst oder wir helfen nach," ordnete der Prätorianer an. Ofilius verfiel in eine tote Angststarre, da ihm nun klar wurde, dass er nicht entkommen konnte. Doch in Panik versuchte er einige Atemzüge später, einen Fluchtversuch, welcher durch Verus mit einer kräftigen Armdrehung verhindert wurde. In diesem festem Griff konnte der Delinquent nicht mehr fliehen und wurde mit der anderen Hand von Verus an der Nase in Position gehalten. "Los," befahl Verus und ein Soldat trat heran, um dem armen Mann jenes Opium, welches durch diverse Stoffe verdünnt war, über den Mund zu kippen. Man sollte es nur riechen, sofern man ihn fand. Zwei Haussklaven, welche nicht in den bereits verschloßenen Quartieren nächtigten, trauten sich herauf, die durch das Getöse geweckt worden waren. Doch an der Treppe erkannten sie jene Vorgänge und zogen es vor, durch den Eingang zu verschwinden, doch Prätorianer stellten sie und machten den Wissenden einen schnellen Prozess. Man verbrachte die Getöteten an den Treppen aufgang, so dass es so erscheinen musste, dass auch diese von Ofilius getötet wurden; in seinem Rausch und Wahn. Ofilius wehrte sich müde, konnte aber nicht entkommen, da Verus seinen Griff verfestigte. Das Opium floss über den Mund, gab seinen Nebel frei aber wirkte nicht, da sich der Mann verweigerte den Mund zu öffnen.
"Unterstützung," donnerte Verus leise. Der zweite Mann ihm gegenüber, der noch immer die Klinge hielt, legte diese auf dem Bett ab, um Verus mit seinen blutigen Händen zu helfen. Er packte die Schultern des Mannes und gemeinsam tänzelten sie in Richtung des Balkons, welcher offen stand. Ofilius wehrte sich heftig, so dass seine Nase leicht einbrach und seine Schulter auskugelte aber er konnte nicht verhindern, dass die beiden Prätorianer den Mann über die Brüstung warfen. Zu seinem Glück kam er günstig auf, so dass er sofort tot war. Das Geräusch weckte die anderen Sklaven und Bediensteten, die jedoch am Herausstürmen gehindert wurden, da ihre Quartiere durch die Prätorianer blockiert waren. Sie würden einige Momente brauchen, um die einfachen Schlösser aufzubrechen, die mit Ofilius Schlüssel verschlossen worden waren.
"Abrücken," befahl Verus, der sich seine blutigen Hände am Bettuch abwischte, auf welchem immer noch tote Geliebte lag. Man trat eiligst die Treppen hinab, eilte zu den Pferden und entschwand in der Nacht. Ofilius war nun wieder nur ein Bericht, welcher abgeschlossen werden konnte. Durch seine Gier sollten keine weiteren Unruhen entstehen können.