• Während Körbe mit Kalk und Kies von den Rücken einiger Maultiere genommen wurden, nahm ein anderer Trupp Soldaten erste Arbeiten an den Fundamenten vor. Die äußeren Fundamente wurden weitgehend vom Altgebäude übernommen, nur hier und da verbreitert. In früherer Zeit hatte man offensichtlich materialsparend gebaut. Heute arbeiteten sich die Männer mühselig mit Spitzhacke und Schaufeln an den alten Tragflächen entlang. Ein Vermesser prüfte wiederholt und an verschiedenen Stellen, ob bereits tief und auch breit genug gegraben wurde. Er legte seine Messlatte auch dann nicht aus der Hand, als der Fortschritt beim graben wegen auftauchender Steinbrocken ins Stocken kam.


    Zum Leidwesen der Anwohner trat zu keiner Tageszeit Ruhe auf dem Bauplatz ein. Es wurden Anweisungen geschrien, beständig gruben sich Hacken in den steinigen Boden, Baumaterialen wurden abgeschüttet, Steine abgeklopft und nicht einmal der Aufmarsch samt Ablösung der Bauarbeiter verlief leise. Um den Unmut der Anwohner in Grenzen zu halten, sorgte Menecrates für kleine Gaben. Er setzte dabei auf Regelmäßigkeit, ohne zu übertreiben.

  • Natürlich war Caesoninus wie versprochen am nächsten Morgen wieder mit von der Partie. Eigentlich hätte er heute Vormittag Tempeldienst gehabt, jedoch hatte er mit einem Kollegen die Schicht getauscht, um heute dem Senator weiter zur Hand gehen zu können. Heute wollten sich der Praefectus Urbi und die Mitglieder der Baukommission mit den Vermessern treffen.
    Caesoninus' Aufgabe dabei war es vorerst, dass er sich um die Messstäbe kümmern sollte. Er hatte nicht gleich eine Ahnung gehabt, woher er solche nehmen sollte, doch nach einem kurzen Gespräch mit der Stadtverwaltung und ein, oder zwei privaten Unternehmern hatte er eine genügende Zahl des angeforderten Materials zusammentragen können. So zog er am Morgen einen mittelgroßen Handkarren hinter sich durch Roms Straßen her, auf dem er stapelweise Stäbe dabei hatte. Sich den Schweiß von der Stirn wischend, kam er endlich an der Baustelle an, wo er die Stäbe in eine geeignete Ecke abstellte und dann zuerst einmal alle begrüßte. Dann ging es für ihn an die eigentliche Arbeit; dem Treffen mit den Vermessern.

  • Nachdem die Sand- und Kalkkörbe entleert waren, wurden sie umgehend mit dem Bodenaushub gefüllt, der bei der Erweiterung der bestehenden und der Neuanlage der fehlenden Fundamente anfiel. Um diese Abläufe musste sich Menecrates nicht kümmern, dafür waren Unteroffiziere eingeteilt. Den Moment, wo die Maultiere Ruhe fanden, schufteten die Soldaten um so mehr. Aber die Lasttiere benötigten diese Rast und wurden - den heißen Temperaturen geschuldet - auch regelmäßig mit Wasser versorgt. Die gesamte Bauphase würde von Mensch und Tier viel abverlangen und Ausfälle konnte sich Menecrates nicht leisten. Er selbst arbeitete nicht körperlich und trotzdem perlte Schweiß auf seiner Stirn.


    Menecrates Blick schweifte über den Platz, nachdem er das Gespräch mit dem Assistenten des Architekten beendet hatte. Er sah zu den Männern, die an den Gräben für die Fundamente schufteten und anschließend zu den Maultieren. Ein Helfer gab per Ruf das Signal zum Aufbruch und sofort setzten sich die ersten drei beladenen Tiere in Bewegung. Sie taten es nicht freiwillig, sondern aus der Erfahrung heraus, dass Zögern Hiebe einbrachte.


    Plötzlich entdeckte der Praefectus Urbi Caesoninus und winkte ihn heran.
    "Sehr schön, du hast alles dabei", empfing er den Jüngeren, als der eintraf. "Dort hinten", er wies Richtung Osten, wo vor kurzem ein neuer Bautrupp mit Graben begann, "werden noch Messlatten und die Stäbe zum Abstecken gebraucht. Dann müssen die vorhandenen nicht immer hin und her getragen werden. Das hält nur auf."


    Obwohl alle Verantwortlichen eingewiesen wurden, informierte Menecrates zusätzlich auch Caesoninus, damit der ein wachsames Auge auf alle Ausführungen warf. Immerhin fungierte er als rechte Hand des Präfekten und Teil der Baukommission.
    "Die Flucht muss an jeder Wand stimmen, dafür ziehen wir Seile ein oder zwei handbreit über dem Boden und dort entlang wird gegraben. Ein Höhenunterschied sollte kaum auftreten, weil wir uns nach den bereits vorhandene Straßenzügen richten müssen. Mir wäre trotzdem lieb, wenn du ein wachsames Auge darauf hast, dass diese Kontrollmessungen stattfinden und nicht großzügig weggelassen werden. Wir wissen nicht oder wollen uns nicht darauf verlassen, wie sorgfältig die vorherigen Baumeister gearbeitet haben. Die Station soll fest, gerade und sicher stehen.
    Nach und nach wird dann die Mischung eingebracht - feucht halten und dabei fest werden, du weißt schon."
    Das nahm er zumindest an.

  • Wieder kontrollierten die Vermesser. Sie verglichen die Maße vor Ort mit den Angaben der Entwürfe vom Grundriss. Nur zwei Pfähle wurden noch leicht verrückt, dann zeigten sie sich zufrieden und meldeten den Abschluss ihrer Tagesaufgabe. Ein von unzähligen Stangen und mehreren Seilen markierter Stationsgrundriss war auch für den Laien auf dem Baugrund gut zu erkennen.


    Menecrates, der kurz zuvor eingetroffen war, zeigte sich zufrieden. Ein prüfender Blick gen Himmel, läutete den Befehl ein.
    "Bis zur Dämmerung wird noch Eisen zur Stabilisierung der Fundamente in die Schächte verbracht, damit morgen gleich zu Tagesbeginn die Verfüllung beginnen kann."


    Da nicht auf jungfräulichem Grund gebaut wurde, sondern sowohl das Altgebäude als auch die säumenden Straßen den Boden allerort stark verdichtet hatten, verkürzte sich die Bauphase zum Anlegen der Fundamente. Es gab nirgends Bausand einzubringen und demzufolge auch nicht zu verdichten. Dafür hielt dann das Ausschachten des über Jahrzehnte verfestigten Untergrundes, dort wo abweichend vom bisherigen Gebäude ein Fundament benötigt wurde, die Hilfsarbeiter auf Trab. Dieser Schwierigkeit wurde aber bereits im Bauentwurf Rechnung getragen und wo es ging, auf die alten Grundmauern gesetzt.


    "Die Bewehrung sollte heute noch zu schaffen sein, wenn sich alle ranhalten. Hab ein Auge darauf", sagte Menecrastes zum Abschluss zu Caesoninus. "Frohes Schaffen! Ganz lange wirst du mir wohl nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn dein ambitioniertes Vorhaben im Cursus Honorum gelingt." Er lächelte. Natürlich würde er den Iulier unterstützen. Mit einem Nicken und einem Handgruß verließ er den Bauplatz, um sich den anderen Verpflichtungen anzunehmen.

  • Wann immer er konnte, war Caesoninus auf der Baustelle, um seiner auferlegten Verpflichtung als Mitglied der Baukommission der neuen Station nachzukommen, immerhin war es Ehrensache, für Senator Claudius Menecrates dies in seinem Namen so gut es ging zu erledigen. Nicht nur, dass er ihm so Arbeit abnahm und ihm eine Freude bereitete, auch Caesoninus hatte so einiges davon. Natürlich konnte er zu aller erst später von sich behaupten in eben jener (öffentlichen) Funktion für die Stadt Rom tätig gewesen zu sein die er nun einmal ausführte und zum anderen kam er so ziehmlich intensiv mit den Urbanern in Kontakt und lernte so einige Soldaten und Offiziere von ihnen kennen. Ebenfalls etwas, das später vielleicht einmal nützlich sein konnte. Darüber hinaus lernte Caesoninus auf dem praktischen Wege auch eine Menge über das Bauwesen und die Abwicklung eines öffentlichen Bauprojekts. Auch eine Menge aus den Gebieten Statik, Vermessung und Mathematik war dabei, alles in allem also ein Füllhorn an neuen Fähigkeiten die er damit neu erwarb und dies alles verdankte er dem Senator. Keine Frage deshalb, dass er auf Caesoninus zählen konnte, egal was auch immer er in Zukunft noch so vorhaben mochte, Menecrates hätte in jedem Fall Caesoninus‘ Unterstützung.


    Heute war es auf der Baustelle relativ ruhig und fast sogar schon ereignislos gewesen (was sich gewiss rasch ändern würde, wenn nach den Fundamenten wirklich mit dem eigentlichen Bau begonnen werden würde), doch natürlich sah der Praefectus Urbi im Verlauf des Tages kurz vorbei, um die Arbeiten zu kontrollieren. „Keine Zwischenfälle heute, die Arbeiten schreiten wie geplant voran und wir liegen pünktlich im Zeitplan“, vermeldete er dem Claudier. Nickend nahm er die nächste Aufgabe entgegen, also die Bewehrung sollte heute noch komplettiert werden. „Verstanden, ist schon so gut wie erledigt! Und natürlich werde ich zusehen, ob ich manchmal nicht doch etwas aushelfen, oder einen Ersatz auftreiben kann für die Zeit meiner Abwesenheit.“ Mehr sagte er nicht, weil der Senator auch schon wieder los musste, doch er selbst zumindest war zuversichtlich, dass er die im entstehen begriffene Lücke seines Weggangs auf die Pfade des Cursus Honorum zumindest ein wenig stopfen konnte, bis sein kommendes Amtsjahr ablaufen würde. Den einen, oder anderen aus der Baubranche kannte Caesoninus ja auch noch aus jener Zeit, als er im Zuge seiner Arbeit als Aedituus, den Tempel von Venus Genetrix umfassend renovieren hatte lassen, da ließ sich bestimmt jemand finden.
    Außerdem musste er sich auch noch bei Senator Claudius Menecrates angemessen für dessen Unterstützung bedanken.

  • Ein Teil der vom Architekten berechneten Eisengerüste stand bereits in der Nähe der Außenfundamente zum Einbau bereit. Weitere wurden gerade mit Hilfe von Maultieren herangeschafft. Sollte der Einbau aller Gerüste nicht bis zum Einbruch der Dunkelheit erfolgt sein, würden aus dem nahen Castellum weitere Hilfsarbeiter abkommandiert werden müssen, denn allein die Gegend mit all ihrem Gesindel barg die Gefahr von Diebstahl, was den Baufortschritt gefährden würde. Man würde also im Schein von Fackeln weiterarbeiten müssen.


    Wie befürchtet, trat dieser Umstand ein und die Soldaten schufteten bis etwa Mitternacht. Dann erst war alles Material verbaut. An Schlaf war für die Bewohner dieser Gegend kaum zu denken, denn bis dahin hallten Anweisungen in erheblicher Lautstärke durch die Nacht. Die Werkzeuge plumpsten zu Boden und blieben liegen, während manch geschundener Rücken geradegebogen wurde. Wachmannschaften lösten die Bauarbeiter ab, die mehr zurück zu ihrer Stube schlichen als dass sie schritten. Die Außentemperaturen forderten zusätzlich zur körperlichen Erschöpfung ihren Tribut, denn Abkühlung erfolgte bestenfalls im letzten Teil der Nacht.
    Bei Anbruch des neuen Tages inspizierte der Praefectus Urbi den Platz. Während sein Blick über die nicht vollständig ausgehärteten Fundamente glitt, luden Soldaten mit Unterstützung von Hilfsmanschaften eintreffende Materialien ab: weiterer Kies und Kalk, aber auch bereits Gerätschaften und Teile für den anstehenden Gerüstbau. Nägel, Schaufeln und frisch geschliffene Äxte, sowie Seile fanden nur wenig abseits ihren Platz. Das Holz lagerte an anderer Stelle.


    "Caesoninus", sprach Menecrates seine rechte Hand an. "Wirfst du heute einen prüfenden Blick auf die Listen, die von den Schreibern erstellt werden. Ich möchte sicher gehen, dass alle eingehenden Lieferungen ordnungsgemäß erfasst und archiviert werden. Ich brauche einen Überblick über die Kosten, den Verbrauch und am Ende den Abgleich mit dem Budget."
    Eine Ziegellieferung übertönte beim Abladen die letzten Worte.

  • Es hieß, dass Roms einfache Leute in den gewöhnlichen Wohnvierteln allerhand gewohnt waren, was Lärm anging. Besonders, wenn sie in einer der abertausend Insulae in der Ewigen Stadt wohnten. Da war dann Nachts der Lärm der eigenen Familie zu ertragen, der der zahlreichen Nachbarn (zu denen es praktisch keine fest abgetrennten Räume gab und durch Löcher jedes Geräusch aus den angrenzenden Nachbarswohnungen zu hören war) und natürlich die allnächtliche Ruhestörung draußen auf den Straßen, wenn die Lieferanten der zahlreichen Händler mit ihren Maultieren, Karren und sonstigen Gefährten in die Stadt strömten.
    Doch was jene Bewohner direkt an der Peripherie zur Subura im Gebiete der im entstehen begriffenen neuen Station der Urbaner in der vergangenen Nacht an Lärmbelästigung durchmachen hatten müssen, hatte dem Fass den Boden ausgeschlagen.


    Das bekam auch Caesoninus am eigenen Leib zu spüren, als er frühmorgens auf dem Weg zur Baustelle war. Er hatte heute keinen Dienst im Tempel und da es auch noch ein wenig bis zu seiner Amtseinsetzung als Vigintivir hin war, hatte er sich heute vorgenommen den ganzen Tag auf der Baustelle zu verbringen und einige organisatorische Dinge in den Unterlagen zu erledigen. Kurz vor der Baustelle kam ihm eine einfach gekleidete Frau entgegen. Sie sah müde aus. Dunkle Augenringe zierten ihr verhärmtes Gesicht und die Haare wirkten zerzaust. Als sie Caesoninus bemerkte, stellte sie ihre beiden leeren Eimer zu Boden und kam auf ihn zu. „Du da, du Bauheini!“ Natürlich kannte sie als Anwohnerin des Baustellengebiets inzwischen Caesoninus‘ Gesicht, wo er inzwischen doch oft genug an der Seite des Praefectus Urbi, oder auch alleine über die Baustelle geschritten war, immer mit einer Wachstafel bewaffnet, um spontan etwas notieren zu können.
    Die Frau baute sich vor ihm auf und stieß ihren Finger in seine Brust, während sie mehr quakte, als rief: „Was fällt euch ein die ganze Nacht lang so einen Radau zu machen! Denkt ihr nicht an die hier ansässigen, hart arbeitenden Leute aus der Gegend? Ich konnte letzte Nacht kein Auge schließen, bin so jetzt hundemüde und muss trotzdem den ganzen Tag jetzt am Markt stehen und verkaufen! Ihr versnobten Oberschichtler denkt auch nur an euch, oder?!“ Caesoninus räusperte sich.
    Gute Frau, ich bitte im Namen der Baustelle um Verzeihung, falls es letzte Nacht zu außerplanmäßigen Ruhestörungen gekommen sein sollte.“ Die Frau schnaubte bei diesen letzten Worten. „Ich selbst befinde mich gerade erst auf den Weg und war heute noch nicht dort, weshalb ich leider nicht im Detail die näheren Umstände kenne, doch sei versichert, dass die neue Station dafür die Gegend umso sicherer machen wird.“ Wieder lachte die Frau höhnisch auf. „Ha! Der war gut. Steckt euch eure neue Urbanerhütte sonst wohin! Ich war in jenen Gebäuden geboren damals. Nicht nur, dass ihr also den Ort meiner Geburt zerstört habt, nein, dann auch noch für eine völlig sinnfreie Sache! Wir brauchen hier keine neue Station und WIR einfachen Bürger zumindest brauchen keine Angst vor den Kartellen haben, ergo ist sie hier nutzlos“ Besonders mit dem letzten Satz hatte die Dame mehr Botschaft durch das ungesagte ausgedrückt, denn direkt über ihre Rede. Sie, die armen Schlucker hier in der Gegend hätten also nichts von den kriminellen Subjekten des organisierten Verbrechens hier zu befürchten. Sonnenklar, wo diese sie doch im Gegenteil mit Kleingeld, oder Essen, oder Arbeit versorgten und sie im Gegenzug für ihre eigenen Machenschaften dafür dann einspannten. Doch sinnlos jetzt darüber mit einer unbekannten und unbedeutenden Frau zu diskutieren, die ohnehin schon bissig war wegen einer schlaflosen Nacht, wo doch schon der Praefectus Urbi jeden Moment auf der Baustelle auftauchen und nach ihm schicken lassen konnte. Dann musste er anwesend sein. So wünschte Caesoninus ihr bloß einen guten Tag und ging ihre Widerworte ignorierend eilenden Schrittes weiter.


    Auf der Baustelle angekommen inspizierte er zu allererst einmal die Fortschritte seit seinem letzten Aufenthalt und griff sich danach Schreibzeug. Das war ungefähr jener Zeitpunkt, wo auch dann der Praefectus Urbi auf der Bildfläche erschien. Er nahm von ihm seine Instruktionen für heute entgegen. So nickte er am Ende (wenn er auch nicht alles vollständig hatte hören können) und sprach dann: „Verstanden, Präfekt! Ich kümmere mich so bald wie möglich darum. Vielleicht ist es auch noch angebracht kurz zu vermelden, was mir heute am Weg hierher passiert ist. Denn eine Frau mittleren Alters, die offensichtlich hier rund um die Baustelle hier wo lebt, passte mich unterwegs ab und beschwerte sich über den Lärm vergangene Nacht. Ja sie wurde sogar noch tollkühner und behauptete krudes Zeug über die Angst von uns „Oberschichtlern“ -wie sie sagte- vor den Verbrecherbanden von hier und dass sie, die Einwohner, sowieso nichts vor denen zu fürchten hätten. Dies legt zumindest für mich die Vermutung nahe, dass die Unterweltkartelle die Gegend hier wesentlich fester im Griff haben, als zuerst von uns gedacht.

  • Die Fundamente der Außenmauern und der tragenden Wände im Innern der geplanten Station waren bereits in der Nacht fertiggestellt worden, um die eingebrachten Stahlgerüste vor Diebstahl zu schützen. Während der heutige Tag für die Herstellung der verbliebenen untergeordneten Fundamente genutzt wurde, sammelte Menecrates seinen Beraterstab um sich. Unweit erklangen Befehle, die er wahrnahm, während er auf das Eintreffen des Letzten der Gerufenen wartete.


    "Baustoffe werden benötigt!", ermahnte ein Centurio die Hilfsarbeiter. "Kies, Kalk und Puzzalon."
    Menecrates' Blick streifte über die Bauarbeiter und er zeigte sich zufrieden. Zumindest während seiner Anwesenheit gab sich jeder sichtlich Mühe, einen fleißigen Eindruck zu hinterlassen.



    Als Caesoninus einen Bericht anfügte, nachdem er die Anweisung entgegengenommen hatte, wandte ihm der Präfekt seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu. Die überbrachte Beschwerde verwunderte ihn nicht. Er rechnete sogar mit deutlich mehr Viertelbewohnern, die sich zwar gestört, aber nicht bemüßigt fühlten, ihrem Unwillen Luft zu machen. Menecrates nickte verstehend. Die nachfolgende Aussage der Bewohnerin, eine Station sei hier nicht vonnöten, nahm er mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Der Bau wurde lange und von erfahrenen Köpfen abgewogen. Er stellte eine reichspolitische Entscheidung dar, bei dem die persönliche Meinung von Anwohnern kein Gewicht mehr besaß.
    "Die Bevölkerung hatte während meines Consulats reichlich Gelegenheit, ihre Meinung und Einschätzung kundzutun. Ich kenne Haltungen wie diese, aber noch viel häufiger wurde mir von Angst und Schrecken berichtet. Wir geben dem Wunsch der Hauptbevölkerung dieser Gegend nach, indem wir eine bessere Versorgungslage schaffen und mehr Sicherheit garantieren. Die Station wird schließlich neben der Sicherheit auch für Brotausgaben und eine bessere medizinische Versorgung dienen. Mach dir also um solcherlei Aussagen keine weiteren Gedanken. Recht kann es man es nie allen machen, sondern unterm Strich muss das Ergebnis stimmen."


    Der Letzte des Beraterstabes traf ein und Menecrates blickte in die Runde.
    "Ab morgen beginnt der Aufbau der Außenmauern. Da mir die Qualität des ehemaligen Gebäudes mehr als notdürftig erschien, habe ich Mischgeräte konstruieren lassen, die für eine optimale Durchmengung der Baustoffe und des Wassers sorgen. Damit ist gewährleistet, dass die Steine eine belastbare Verbindung miteinander eingehen, was unsere Mauern stabil macht.
    Grundlage ist aber das korrekte Mischungsverhältnis, auf das zumindest in der Anfangsphase verstärkt geachtet werden muss. Hat sich alles eingespielt, können die Kontrollen verringert werden. Ich habe für jeden einen Handzettel, auf dem das Verhältnis der Baustoffe zueinander steht."
    Er ließ Zettel verteilen.


    "Das Mischungsverhältnis soll 2:1:1 sein - also zwei Teile Kies auf ein Teil Kalk und ein Teil Vulkansand. Wasser wird zunächst sparsam zugegeben. Uns nützt es nichts, wenn die Mischung zu flüssig wird."

  • Caesoninus nickte. Natürlich hatte er Verständnis für die Position des Praefectus Urbi. Er hatte seinen Bericht über die heutigen Ereignisse an ihn weitergeleitet und damit seine Pflicht erfüllt. Was sein Vorgesetzter mit dieser Information anfing, war nicht Caesoninus‘ Sache. Wäre er an Menecrates‘ Stelle, vermutlich hätte er diskret ein paar Agenten (unterstanden die Prätorianer eigentlich dem Praefectus Urbi?) losgeschickt, um den Sachverhalt des kriminellen Kartellwesens hier in der Gegend noch einmal zu überprüfen neben den weiteren normalen Baumaßnahmen. Vermutlich machte das sein Vorgesetzter sogar, das konnte Caesoninus als kleines Licht natürlich nicht feststellen.


    So also ging er zu einem kleinen Tischchen, über das ein Sonnensegel gespannt worden war. Hier befand sich die „Feldstation“ der Baustellenschreiber. Papyrus über Papyrus stapelten sich hier neben ganzen Stößen von Wachstafeln. Neben dem Tisch standen noch zwei weitere Truhen, ebenfalls voll mit Akten, Berichten, Rechnungen, Listen, Kostenvoranschlägen, Personalübersichten, Lieferpapieren, Plänen und dergleichen mehr. Berge an Papierkram und das jetzt schon, wo noch keine einzige neue Mauer aufgerichtet war. Seufzend setzte sich Caesoninus und griff nach der aktuellsten Budgetübersicht, um diese sich noch einmal zu Gemüte zu führen. Links von ihm stapelten sich die heute eingegangenen Rechnungen, neben einigen Lieferpapieren.
    Schüchtern trat hinter Caesoninus einer der Schreiber, Gnaeus, heran und grüßte ihn. „Guten Morgen!“ krächzte er, worauf Caesoninus seinerseits mit einem knappen „Morgen“ antwortete. „Gnaeus, wieviele Rechnungen sind heute Morgen angekommen?
    Kurz war der Angesprochene am Überlegen. „Hm, sieben denke ich, wieso? Es sind einige Lieferungen angekommen.
    Caesoninus runzelte die Stirn und sah auf. „Wieso liegen hier dann nur sechs Rollen?
    Gnaeus schluckte. „Was? Nein, kann nicht sein! Ich hab sie eben erst vorher auf den Tisch gelegt!
    Tja, wenn aber trotzdem eine fehlt...
    Caesoninus musste nicht lange suchen. Die fehlende Rechnung war vom Tisch gefallen und direkt in einer Pfüze aus Matsch gelandet. Ihrem zerknitterten Zustand zufolge war auch schon einer der Arbeiter darüber getrampelt. Während Gnaeus‘ Gesichtsfarbe von rot zu weiß und wieder zurück wechselte aus Furcht vor dem, was ihm womöglich jetzt wegen seiner Unachtsamkeit blühen konnte, stand Caesoninus auf und hob das zerstörte Dokument mit zwei Fingern auf, um es in die Höhe zu halten.
    Hm, so können wir diese Rechnung dem Praefectus Urbi nicht vorlegen. Was gedenkst du angesichts dessen jetzt zu tun?“ Erwartungsvoll blickte er Gnaeus an. So wie er den Kerl inzwischen kannte, hätte er die fehlende Rechnung einfach unterschlagen, wenn ihn Caesoninus nicht gefragt hätte und er hätte dann die Probleme mit dem Senator gehabt. „Ich, i-ich weiß nicht“, stammelte der junge Schreiber. „Na dann ist‘s nur gut, dass ICH dir sagen kann, was du jetzt zu tun hast. Du nimmst dir diese Rechnung und läufst los zum Sitz des Lieferanten der sie ausgestellt hat und bittest um eine neue Kopie. Anschließend bringst du mir BEIDE Papyri wieder zurück, das alte und das neue, verstanden?
    Gnaeus nickte hektisch mit dem Kopf. „Verstanden, Chef!“ Er schnappte sich die Rechnung und flitzte los. Caesoninus sah ihm leicht kopfschüttelnd nach. Bislang hatte es fast nur Probleme mit dem ungeschickten Kerl gegeben. Zum Glück jedoch für die Dokumentation, hatte Caesoninus bislang immer Gnaeus‘ Fehler rechtzeitig ausbügeln können. Während der ungeschickte Schreiber unterwegs war, um eine Ersatzrechnung aufzutreiben, wandte sich Caesoninus währenddessen den restlichen Rechnungen dieses Tages zu.

  • Hätte es sich bei dem Bau um ein Theater, einen Tempel oder ein anderes öffentliches Gebäude bzw. eine mindestens durchschnittliches privates Wohngebäude gehandelt, dann wären anstelle der preiswert errichteten Fundamente Natursteinblöcke eingesetzt worden. Naturstein besaß den Vorteil extremer Witterungsbeständigkeit. Die Feuchtigkeitsaufnahme und -weitergabe schwankte zwar je nachdem ob es sich um Marmor oder Granit handelte, aber insgesamt stellte Naturstein das sinnvollere Material für Fundamente dar. Da Menecrates einerseits Kosten sparen und andererseits sich mit der Station auch nicht allzu sehr von den Umgebungsbauten abheben wollte, entschied er sich für die einfache Variante. Die ausreichende Tragfähigkeit besaß sie allemal und darauf kam es an.


    Menecrates erschien noch einmal gegen Mittag, sah sich um und erblickte zum Glück Caesoninus. Er hätte sich nur ungern an eine andere Stütze seiner Bauleitung gewandt.
    "Caesoninus, ab morgen beginnen wir ja mit dem Hochziehen der Außenmauern. Ich lege großen Wert darauf, dass die Maurerarbeiten ausschließlich oder mindestens unter stetiger Anleitung von den Optiones bzw. den handwerklich oder ingenieurwissenschaftlich geschulten Immunes durchgeführt werden. Ich will hier keinen durchschnittlichen Urbaner oder gar Tiro am Werk sehen. Maurerarbeiten gehören nicht zu deren Kernkompetenz. Hier können nur Altgediente mit entsprechender Erfahrung eingesetzt werden. Achte bitte darauf. Desweiteren benötigen wir morgen Senklote. Erinnere die Optiones daran. Wenn du nicht alles gleichzeitig schaffst, dann delegiere. Ich habe nämlich noch einen Auftrag für dich."
    Menecrates zeigte sich heute locker und schmunzelte kurz, bevor er fortfuhr.


    "Wir können einen erheblichen Teil der abgeputzten Tonziegel des Altgebäudes verwenden, aber die reichen natürlich nicht. Stell bitte sicher, dass die Ziegelproduktion in der Fabrica reibungslos läuft. Da vorn", er wies mit einer Kopfbewegung Richtung Norden, "lagern die Holzpfähle, rechts die Weidekörbe mit Schotter, Kies und links die Körbe mit diversen Werkzeugen. Die Transporte mit Tonziegeln sollten unablässig erfolgen und mir scheint, es schleppt sich etwas dahin. Ich kann mich irren, daher prüfe einmal nach."

  • Trotz der überschaubaren Anzahl der im Mauern kundigen Soldaten wuchsen die Außenmauern zusehends. Die zahlreichen Hilfskräfte sorgten stets für Nachschub an Steinen und Mischung, hielten Werkzeuge vorrätig und reichten die Materialien an.
    Die Bauleitung behielt den groben Überblick, denn wachsende Mauern machten Hilfsgerüste notwendig. Diese waren bereits vor Wochen in Auftrag gegeben, inzwischen von Schreinern und Zimmerleuten aufgezimmert und gestern angeliefert worden. Heute wurden die ersten gebraucht.
    Ein Trupp Hilfskräfte beschäftigte sich ausschließlich mit dem Aufstellen der Gerüste, sobald ein Bauabschnitt die erforderliche Höhe erreicht hatte. Hebezeug kam zum Einsatz, das aus Seilen, Hebeln und Rollen bestand, denn menschliche Kraft sowie Armlänge reichten nicht mehr länger aus. Als die Gerüste standen, wurden Lote angebracht, um weiterhin ein senkrechtes Aufziehen der Mauern zu gewährleisten. Kübel mit Mischung wurden nach oben gehievt und Steine aufgestapelt.
    Dort, wo Fenster und Eingänge ausgespart wurden, hievten die Männer vorgefertigte Stürze und zum Abstützen derselben einige Pfosten samt Befestigungsmaterial auf die Gerüste. Menecrates mochte Rundbögen gerne leiden, aber die Station sollte nicht durch Schönheit, sondern durch Zweckmäßigkeit brillieren und sich im Übrigen in das Viertel einfügen. Ein architektonischer Fremdkörper würde das Vorhaben der Integration erschweren.


    Bis zum Abend schafften es die Maurer, sämtliche Abdeckungen an den Fenstern und Türen der Ostseite zu verbauen. Die Fassade mit ihren fertigen Fenster- und Türöffnungen wurde mit einem kleinen Umtrunk gefeiert, bevor die Maurer samt Hilfskräften abrückten und die Nachtwache den Bauplatz übernahm. Die Witterung spielte beiden Trupps in die Karten: Die Wachleute wurden nicht nass und die Mörtelmischung floss am Tage nicht fort. Im Großen und Ganzen lag der Baufortschritt im Zeitplan. Die Außenarbeiten sollten lange vor Einbruch des Winters abgeschlossen sein.

  • Nach einem warmen Frühstück rückte auch an diesem Morgen der Mauertrupp an und verteilte sich auf der Baustelle. In den letzten Tagen wuchsen bereits Innenwände aus dem Boden. Die Außenmauern standen bereits. Die leitenden Techniker teilten die anstehenden Arbeiten auf. Es galt, die letzten Innenwände hochzuziehen, Gerüste für das nächst folgende Stockwerk aufzustellen, Kräne für den Materialtransport in die luftige Höhe fanden bereits ihren Platz, der Vorrat an Baustoffen musste auf hohem Niveau gehalten werden und die Deckenkonstruktion herbeigeschafft sowie anschließend eingebaut werden. Nicht alles würde am heutigen Tag umgesetzt werden können. Der leitende Offizier behielt sämtliche Erfordernisse im Auge und koordinierte.


    "Pflöcke, Balken und Seile hierher!"
    Ein Hilfsarbeiter rief von anderer Position aus: "Wir brauchen Nägel!" Und obwohl er auch selbst zur Lagerstatt hätte eilen können, wandte er sich der bereits begonnenen Aufstellung von Gerüstteilen zu, während sich ein anderer stattdessen um neue Nägel kümmerte.


    Menecrates nahm die Baustelle erst gegen Nachmittag in Augenschein. Der leitende Offizier erstattete Bericht, meldete Komplikationen und wenig später die gelungene Behebung eines Baumangels, der gerade noch rechtzeitig entdeckt wurde, bevor weitere Arbeitsschritte ein Ausbessern zwar nicht unmöglich, aber weitgehend umständlich gestaltet hätten.

  • Caesoninus kontrollierte wann immer er konnte die Unterlagen der Baustelle. Diese war in letzter Zeit schon fast sowas wie seine zweite Heimat geworden. Wenn er nicht gerade seinem Amt als Vigintivir nachging, oder andere wichtige Pflichten zu erfüllen hatte, war er hier und das war nur gut für den zügigen Fortgang der Bauarbeiten. Ständig gab es Irritationen bei den Unterlagen, stagnierende Lieferungen, oder Ungereimtheiten bzw. Fehler bei den Abrechnungen. Besonders, wenn sie von Gnaeus dem Schreiber fabriziert worden waren. Caesoninus fragte sich öfters, wie der Kerl nur an diese Stelle gekommen war. Er erledigte wirklich so gut wie fast nichts richtig, aber bestimmt mochte es gute Gründe für seine Anwesenheit auf der Baustelle geben.


    Der Bau schritt gut voran, ja man konnte sogar sagen, dass sie im Zeitplan lagen. Eine Seltenheit in der Baubranche. Die Offiziere der Urbaner lieferten wertvolle Arbeit für Caesoninus bei der Koordination der Baustelle. Er konnte ja nicht überall gleichzeitig sein, wenn es ein Problem gab. Fehlte z.B. etwas wie Baumaterial, oder gewisse Werkzeuge, dann war es für gewöhnlich an Caesoninus die Lieferung, bzw. die Verfügbarkeit der betroffenen Dinge zu organisieren und das so schnell wie möglich, denn die nächste Verzögerung lauerte für gewöhnlich schon hinterm nächsten Busch.

  • Maro wusste, dass er von den technischen Feinheiten der Baukunst nicht allzuviel verstand. Daher hatte er sich darauf beschränkt, den Baumeistern und Administratoren so gut es ging bei der Organisation zur Hand zu gehen.


    Der umtriebige Caesoninus hatte als Vigintivir viel von der administrativen Arbeit übernommen und sparte dem Praefectus so wahrscheinlich einen Haufen Kopfzerbrechen und Maro konnte sich weiter auf das konzentrieren, was er als seine eigentliche Aufgabe hier ansah. Die Kriminalität der Subura zu reduzieren.
    Auch wenn römische Soldaten gerne als qualifizierte Bauarbeiter genutzt wurden, so waren sie doch in erster Linie eben Soldaten und verstanden sich auch so.


    Außerdem war er immer ganz dankbar, wenn er dem Staub der Baustelle mal für eine ordentliche Patrullie entkommen konnte.
    Und so war auch die Moral immer noch ganz ordentlich.


    Sim-Off:

    melde mich mal wieder langsam aus der Versenkung zurück.

  • Im Normalfall pendelte Menecrates zwischen der Praefectura Urbis und der Castra Praetoria. Seit Beginn der Bauarbeiten an der neuen Station kam er tageweise in Bedrängnis, alle drei Anlaufstellen gleichermaßen abzuarbeiten. Deswegen kommandierte er zuweilen von der Station aus, was ansonsten in der Castra stattfand - tageweise natürlich und nicht im Dauerzustand.


    "Centurio Octavius", forderte er den Genannten auf heranzutreten. Er wartete, bis dieser vorschriftsmäßig grüßte, denn auf diese Schwachstelle achtete der Praefectus Urbi zuletzt im Besonderen, dann fuhr er fort. "Bei Rückkehr in die Castra, richte meiner Administration aus, sie sollen für die nächste Stabsbesprechung einen Tribun der Garde einladen. Vielleicht übernimmst du dann gleich die Überbringung der Einladung. Als Termin ist PRIDIE NON NOV DCCCLXIX A.U.C. (4.11.2019/116 n.Chr.) vorgesehen. Und habe außerdem ein Auge darauf, dass unsere Soldaten nicht allzu überschwänglich in der Taberna feiern." Er wies mit dem Kopf Richtung der Taverne zum blinden Esel. Ein schauriger Name, wie er fand.


    Zu weiteren Aussagen kam er nicht, weil ein Schrei erklang. Sein Kopf ruckte herum und er erblickte ein lädiertes Gerüst. Was es zum Einsturz gebracht hatte, konnte er nicht auf Anhieb erkennen. Das musste untersucht werden. Stöhnen und Fluchen drangen an sein Ohr, bevor hinzueilende Soldaten ihm die Sicht nahmen.

  • Normalerweise hätte Maro wahrscheinlich erwartet, dass ein solcher Auftrag deligiert werden würde. Allerdings würde es sich nicht um irgendeine Stabsbesprechung handeln, sondern um eine mit dem zurückgekehrten Decimus Serapio, dem neuen alten Tribun der Garde. Da musste alles zusammen passen. Die Beziehungen zwischen Urbanern und Garde waren in den letzten Jahren nicht eben immer die besten gewesen.
    Er konnte gerade noch mit einem Nicken bestätigen, dass er den Befehl verstanden hatte, da ertönte auch schon das Geschrei und der Lärm.
    Instinktiv griff er zu seinem Gladius, ließ jedoch ab, als er sah, dass ein Gerüst offenbar den Geist aufgegeben hatte und nun alles wild durcheinander rannte. Das würde heute Abend nach Feierabend eine ordentliche Ansprache geben, Götter nochmal! Solche Undiszipliniertheiten würden gar nicht erst zur Angewohnheit werden. Das fehlte noch in der Sammlung.


    "HEDA! Schluss mit dem herum Rennen da. Wo sind wir denn hier? Macht gefälltigst Platz. Wo steckt diese Nachtkappe von Medicus schon wieder?!"


    Maro hatte zugesehen, dass auf der Baustelle immer wenigstens ein Soldat war, der wusste, wie man bei Bedarf das Gröbste zusammen flickte, bis man den oder die Pechvögel zum Operateur in der Castra schaffen konnte.


    "Rufus, Alba, ihr seht zu dass nicht noch mehr von dem verfluchten Gerüst zusammen klappt. Auf geht's, Bewegung. Priscus, du und dein Contubernium bleiben da und gehen dem Quacksalber zur Hand. Ja du. Siehst du noch einen anderen Priscus hier?Der Rest geht wieder an die Arbeit, bis jemand euch was anderes befiehlt."

  • Natürlich befand sich auch wieder Caesoninus auf der Baustelle, um seine Pflichten zu erfüllen. Derzeit galt es zusammen mit dem Schreiber Gnaeus die Rechnungen des Tages durchzugehen und die Materiallieferungen für die nächste Woche zu koordinieren. Diesen planerischen Wochentakt hatte er für sich aktuell von seiner Arbeit als Vigintivir übernommen, wo er ja auch immer jede Woche auf einmal durchplanen musste, was die Wachpläne des Carcers anging.
    Bislang kamen sie gut voran, nach all den Monaten seit Beginn der Arbeiten hatte sich schon ein gewisser Rythmus eingespielt. Caesoninus wusste wann welche Rechnung von welchem Lieferanten ungefähr kommen sollte, welche und wieviel Leute er für was organisieren musste und wann diese zum Einsatz kommen würden. Auch hatte er schon fast sowas wie ein Gespür dafür entwickelt, wann der Schreiber Gnaeus mit seiner titanengleichen Ungeschicklichkeit wieder daranging den nächsten großen Schlamassel in der Baustellenverwaltung anzuzetteln und Caesoninus das rechtzeitig verhindern, oder wieder geradebiegen musste, je nachdem was der Fall war. Doch gerade hatte Gnaeus eine gute Woche. Noch kein einziger Fehler war bislang passiert, keine Rechnung vergessen, oder durch eine Verwechslung seinerseits ein paar Fässer Oliven, anstatt Bauholz angeliefert worden.


    Denkst du, dass die Station hier gutes bewirken wird?“ fragte Gnaeus, dabei einen Stapel Wachstafeln durchsehend.
    Natürlich, mehr Sicherheit ist immer gut, besonders, wenn die betroffene Gegend „Subura“ heißt.
    Naja, ich hab auch schon viel Unmut über das Projekt gehört. Einige Ortsansässige sind nicht gerade glücklich mit der Station direkt vor ihrer Nase.
    Caesoninus winkte ab, während er weiter an seinem Brief an einen Unternehmer schrieb.
    Ach, mach dir nichts draus. Ich hab solche Sachen auch schon oft über die neue Station gehört, ja mich sogar schon wegen ihr anpöbeln lassen müssen, aber der Praefectus Urbi hat Recht. Diese Station wird gut für die Subura sein, sie...


    Plötzlich ertönte ein ohrenbetäubender Lärm zu ihnen herüber.
    Was war das?“ rief Gnaeus panisch, doch Caesoninus war schon aufgesprungen und in Richtung der Lärmquelle losgelaufen. Das hatte sich gar nicht gut angehört!
    Schon nach wenigen Metern entdeckte er die Ursache des Übels. Eines der Baugerüste war zusammengebrochen und hatte die darauf arbeitenden Männer unter sich begraben. Hoffentlich gab das nicht allzu viele Tote. Im Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr. Ein junger Mann rannte mit einem ungeheuren Affenzahn vom Unfallort weg. Wieso aber lief er in die falsche Richtung? Hatte etwa er... doch Caesoninus schüttelte den Kopf. Keine Zeit dafür, die Toten und Verletzten vom Gerüst hatten jetzt Vorrang!

  • Maro war zu beschäftigt damit, die herum rennende Centuria wieder zur Ordnung zu rufen, als dass er in dem Gewühl irgendwelche Jungen hätte erkennen können. Dabei sah Maro auch keinen Anlass seine Lautstärke im Zaum zu halten.


    "So. Und welcher Idiot war für den Aufbau dieses Gerüstes zuständig, hm? Muss ich jetzt auch noch selbst mit dem Hammer hier auftauchen und die Gerüste zimmern, oder was? Na wartet, wenn ich herauskriege, dass hier geschlampt wurde, wird der, ders verbockt hat, nicht mehr aus dem Scheiße Schippen heraus kommen, das verrate ich euch."


    Es würde sich so natürlich keiner direkt melden. Er würde das später haraus finden, sagte Maro sich. Und dann wehe der Bande. Der Centurio sah sich nach dem Vigintivir um, der auch an der Baustelle war. Vielleicht hatte der ja mehr gesehen, als Maro. Er selbst war ja in das Gespräch mit dem Praefectus verwickelt gewesen.

  • Nachdem Caesoninus die Verletzten begutachtet und alles nützliche vor Ort getan hatte, wozu er fähig war, kehrte er zurück zum Baldachin, unter dem das mobile Officium der Baustelle untergebracht war. Gnaeus der Schreiber sah ihn schon von weitem mit unbehaglichem Blick her an.
    Was ist passiert?“ wollte er wissen.
    Ein Gerüst ist zusammengekracht. Keine Tote, aber einige leichtverletzte und zwei schwerverletzte. Die Medici kümmern sich um sie.
    Gnaeus wirkte erleichtert. „Oh, ein einfacher Unfall also nur! Und ich dachte schon das Haus hätte es schon zerlegt, noch bevor es wirklich fertig ist!
    Ja...


    Er hatte Gnaeus gar nicht richtig zugehört. Tief in Gedanken versunken blickte er hinüber zum Ort des Unfalls. Ihn ließ diese eine Gestalt einfach nicht los, die er von der Unglücksstelle weglaufen hatte sehen. War diese Person vielleicht in den Unfall verwickelt gewesen? Sollte es wirklich Sabotage gewesen sein?
    Keine Chance den Kerl jetzt noch zu verfolgen für eine nähere Befragung, aber Caesoninus beschloss in den nächsten Tagen die Augen offen zu halten für weitere aggressive Komplikationen und Zwischenfälle abseits von Gnaeus‘ üblichem Chaotenwerk. Wenn jemand es auf die Baustelle abgesehen hatte, würde er ihn kriegen, sowahr er Vigintivir war!

  • Noch immer wutentbrannt marschierte er, nachdem er sich beim Praefectus abgemeldet hatte (Ordnung musste sein), zu dem Officium, dass sich Caesoninus eingerichtet hatte.
    "Vigintivir, du hast das auch nicht kommen sehen, oder?" fragte er, mehr rhetorisch als ernsthaft. Seine Gedanken kreisten um schludrige Soldaten und unzureichendes Baumaterial. Beides bedeutete schlechte Nachrichten und ein Problem, das möglicherweise schwere Konsequenzen haben könnte.

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