[Tablinum] Praktikumsgespräche

  • "Nun, das hoffe ich doch sehr, deinen Namen bald auf der Kandidatenliste zu sehen", bestärkte Macer seinen scheidenden Tiro in seinem Vorhaben. "Man darf solche Dinge nicht überstürzen, aber genauso soll man sie nicht herauszögern, wenn ihre Zeit gekommen ist. Und die Zeit für eine Kandidatur ist zweifellos gekommen, wenn alle formalen und die üblichen informellen Voraussetzungen dafür geschaffen sind." Dass gerade die niedrigen Ämter so ausgelegt waren, dass man sie ohne allzu spezielles Vorwissen antreten konnte, brauchte Macer hier ja nun nicht noch einmal ausführen.

  • Caesoninus nickte. "Dieser Ansicht bin ich auch. In den nächsten Tagen werde ich noch ein paar Klinken putzen gehen und dann dürfte es nicht mehr allzu lange dauern mit dem Ordo. Im Angesichte dessen bin ich auch kürzlich der Societas Claudiana et Iuliana beigetreten, gewiss kein unnützlicher Schritt auf meinem Weg, wenn ich mich auch dort etwas engagiere." Er wusste zwar nicht in wie weit der Kaiser Kenntnis von den Aktivitäten dieses Vereins hatte, doch vielleicht lenkte das seine Aufmerksamkeit ja zusätzlich auf Caesoninus. Dann hatte er noch eine Frage. "Wie üblich ist es eigentlich, das Tribunat noch vor dem Vigintivirat abzuleisten? Ich weiß nämlich, dass mein Neffe Iulius Avianus das so gemacht hat."

  • Zum Engagement in einem Kultverein nickte Macer leise zustimmend. Das konnte nie schaden, sich auf diese Weise zu präsentieren, Kontakte zu knüpfen und Rom zu dienen. Bei der Frage nach dem Tribunat machte er dagegen eine eher achselzuckende Geste. "Ich habe den Eindruck, dass es bei mnachen jungen Leuten Mode ist, die übliche Reihenfolge umzulehren. Vielleicht ist es der Drang nach Abenteuer, den das Militär verspricht oder die Chance, bei so einem Posten weit weg von zu Hause zu sein und damit an Eigenständigkeit zu gewinnen. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, was zu diesen Entscheidungen führt. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass eine solche Änderung des Ablaufs jemals einem Kandidaten entscheidend von Nutzen gewesen wäre." Das hieß natürlich nicht, dass es geschadet hätte, aber nach den Vor- oder Nachteilen war ja ohnehin nicht gefragt worden.

  • "Dann bin ich im Bilde, danke für deine Antwort", sagte Caesoninus, nach kurzem Grübeln über Macers Worte. Anscheinend war es unüblich, jedoch nicht schädlich, ansonsten vermutete er, dass der Senator irgendetwas in der Richtung erwähnt hätte, wenn diese veränderte Reihenfolge der ersten Pflichten des Cursus Honorum seiner Karriere abträglich gewesen wäre. Doch so nahm er einmal an, dass dem nicht so war. Nun, Caesoninus dachte, dass auch Macer wohl heute nichts mehr großartiges mit ihm vorhatte, weshalb es wohl nicht allzu schlimm war, wenn sie noch eine Weile beim Thema Tribunat blieben. "Wenn wir schon bei diesem Thema sind, wieviel militärische Vorbildung sollte man mitbringen als Tribunus Laticlavius? Ich habe natürlich noch nie regulär in den Legionen gedient, alles was ich vorzuweisen habe ist die übliche vormilitärische Erziehung aller römischen Jugendlichen auf dem Marsfeld, meine viele Lektüre über Strategie und Taktik und ein privates bereits ca. einjähriges theoretisches und praktisches Training bei einem Centurio der Urbaner als Vorbereitung für den Tag, dass ich einmal Truppen kommandieren werde. Ob das genügt? Oder sollte ich zusätzliche Erfahrung sammeln? Wo wären nach deinem Wissen nach in nächster Zeit die besten Plätze für ein Tribunat vorhanden?"

  • Macer hörte den weiteren Fragen zu und konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. "Wo willst du denn noch Erfahrung sammeln?" fragte er und machte mit dem Tonfall seiner Frage klar, dass er keine weiteren Möglichkeiten sah. "Ein senatorisches Tribunat ist ja nun einmal ein Posten, auf dem man lernen soll und bei dem wenig Vorerfahrung erwartet werden kann. Mehr, als du schon gemacht hast, wird kaum jemand vorzuweisen haben, wenn er nicht gerade einen Kommandeur zum Vater hat." Letzteres war zweifellos nicht unüblich, traf aber auch kaum im überwiegenden Fall der Fälle zu. Immerhin gab es deutlich mehr Tribunate als Kommandos. Zu den freien Plätzen konnte Macer nicht viel sagen, da diese Verwaltung der Kanzlei oblag.

  • Auch Caesoninus musste schmunzeln, als er in das Gesicht des Senators sah. Also hatte er hierbei bislang wohl alles richtig gemacht, sehr gut! "So werde ich hoffen, dass ich mein Tribunat nicht allzu ehrlos absolvieren und die mir damit auferlegte Verantwortung nicht verspielen werde. Senator, was muss ich deiner Ansicht nach beachten, wenn ich Truppen kommandieren werde? Und welche Aufgaben hast du immer deinen senatorischen Tribunen gegeben, wenn du ein Kommando hattest?"
    Über militärische Belange hatten sie in diesem Tiro Fori das ganze Jahr über viel zu wenig gesprochen, wie Caesoninus jetzt erst unangenehm bewusst wurde. Da verbrachte er Tag für Tag schon mit einem der gefragtesten Feldherrn Roms und nutzte eben diese Zeit nicht! Caesoninus hätte sich selbst ohrfeigen können, doch jetzt half sowieso nichts mehr.

  • Tatsächlich hätte Macer zu diesem Thema wohl ganze Vorlesungen halten können, aber dazu war nun wohl nicht ganz der richtige Zeitpunkt. Die Frage, was man als Kommandeur beachten musste, klammerte er daher stillschweigend auf und ging nur auf die zweite Frage ein. "Das habe ich immer ganz von ihren Fähigkeiten abhängig gemacht. Gerade bei den senatorischen Tribunen hat man sehr unterschiedliche Personen vor sich, die auch sehr unterschiedliche Ziele haben. Längst nicht alle haben vor, sich für ein Kommando zu qualifizieren und manche möchten die Zeit bei der Legion nur so knapp ableisten, wie es gerade möglich ist. Zugegeben, von letzteren habe ich wenig mitbekommen, weil man die typischerweise zu anderen Standorten schickt als dorthin, wo ich ein Kommando hatte. Aber auch bei denen, die bei mir waren, gab es sehr verschiedene", holte er dann bei der Antwort etwas weiter aus. "Wer kein Komando will oder dafür offensichtlich nicht taugt, für den kann man viele spannende Aufgaben in der Verwaltung des Lagers finden oder auch im zivilen Umfeld der Legion. Immerhin muss man ja auch Kontakt zu lokalen Würdenträgern halten und den umliegenden Einheiten. Die anderen, die für ein Kommando lernen wollen, habe ich zuweilen einfach zu meinen Aufgaben mitgenommen. Dann haben sie gleich gesehen, was ein Kommandeur macht und ich konnte sie fragen, wie sie in dieser oder jener Situation entscheiden würden. Und wenn ich sie dann etwas besser kannte, habe ich sie auch kleinere Aufgaben übernehmen lassen, die ich sonst selber gemacht hätte."

  • Es war zwar ein wenig schade, dass Macer die erste Frage ausließ (wo ja gerade bei jener ihn die Sichtweise eines erfahrenen Kommandanten und Politikers interessiert hätte), doch dafür war er mit der ausfühlichen Antwort seiner zweiten umso glücklicher. Es hörte sich alles durchaus vernünftig für ihn an. Vermutlich wäre (bzw. würde) er mit militärisch untauglichen Senatorensöhnen auf die gleiche Weise verfahren wie der Senator, doch für sich persönlich wäre es Caesoninus unvorstellbar seine Zeit bei der Armee mit der Lagerverwaltung, oder nichtssagendem Smalltalk mit den lokalen Hengsten und Obermackern der Gegend zu verplempern. "Ohne es zuvor auf praktischem Wege erprobt haben zu können, würde ich doch behaupten, dass ich eher ein Mann des Schwertes, denn der Verwaltung bin. Wenn es mir möglich ist und Fortuna mir hold, so möchte ich durchaus eines Tages ein eigenes Kommando inne haben und Truppen in der Schlacht befehlen. Auf den Feldern des Todes sind die größten Brocken Ruhm und Ehre zu finden", meinte er pathetisch.

  • Macer musste schmunzeln, denn die Antwort war ebenso erwartbar wie absurd. Das Schmunzeln hielt daher auch nicht lange. "Eines kann ich dir schon mit auf den Weg geben: In einer Schlacht, in der Fortuna dir hold ist, wirst du dein Schwert nicht in der Hand halten und die Menge an Toten wird mehr als überschaubar bleiben. Und wenn es anders kommt, ist das einzige, was du von Fortuna erbittest, dass möglichst viele lebend rauskommen." Die Worte wurden von einem eindringlichen Blick begleitet, den Macer sonst nur selten aufsetzte und es folgte ein Moment der Stille.


    "Als Kommandeur musst du analysieren, entscheiden, führen, steuern, motivieren, Ruhe, Zuversicht und Überlegenheit ausstrahlen", sprach er dann weiter. "Wenn es sich für einen dieser Zwecke anbietet, ein Schwert in die Hand zu nehmen, nun, dann solltest du es tun. Aber mit dem Schwert in der Hand voranzugehen und die Attacke zu führen, dem Tod ins Gesicht lachend und in der festen Absicht, Blut zu vergießen, das solltest du tunlichst deinen Centurionen überlassen. Truppen in der Schlacht zu kommandieren und Roms Ruhm und Ehre zu mehren ist das eine, aber mit einem 'Mann des Schwertes' hat das wenig zu tun! Das blutige Handwerk erledigen andere Jungs." Jungs, von denen Macer früher kurzzeitig selber einer war, bevor die Wirren der damaligen Zeit ihn auf einen anderen Weg führten.

  • Da war das der letzte Tag beim Senator und Caesoninus würde ihn mit einem Fauxpas beenden, na toll. Anscheinend hatte Macer das Gesagte anders aufgefasst, als Caesoninus es gemeint hatte, doch jetzt war der Schaden bereits angerichtet. So hörte er sich Macers Ausführungen ruhig an, ehe er zu einer kurzen Erklärung ansetzte: "Verzeih mir meine ungenügende Ausdrucksweise, Senator, doch hatte ich nie davon gesprochen meinen Männern voran in die Schlacht zu eilen. Ich benutzte "Mann des Schwertes" als Metapher, um auszudrücken, dass ich eher zur Armee und deren militärische Aufgaben tendiere, denn zur Verwaltung eines Lagerschuppens. Dass ein Kommandant nicht selbst kämpft ist mir nach all meiner Ausbildung natürlich klar, doch danke, dass du nochmal über dieses Thema referiert hast."


    Innerlich spürte er jedoch schon Ärger darüber, dass Macer offenbar dachte, er kenne nicht die Aufgaben eines Offiziers, sondern würde einem Bauernlümmel gleich mitten auf den Feind zulaufen. Caesoninus fühlte sich etwas in seinem Stolz verletzt.

  • "Gut, dass wir uns diesbezüglich einig sind", stellte Macer fest, der bei diesem Thema lieber etwas deutlicher wurde als zu knapp, auch wenn er sonst kein ausschweifender Redner war. Damit kehrte nun auch das leichte Schmunzeln wieder in sein Gesicht zurück. "Es gibt noch eine große Spanne an Aufgaben zwischen den militärischen Aktivitäten auf der einen Seite und der Verwaltung eines Lagerschuppens auf der anderen Seite. Und zumindest ich persönlich fande diese auch stets spannend und nicht selten auch erfüllender als der militärische Teil. Aber das mag auch daran liegen, dass ich eher ein Mann der Caligae bin als ein Mann des Schwertes", griff Macer zum Ende hin die Metapher noch einmal auf. Tatsächlich besaß er seine alten Soldatenstiefel noch immer, auch wenn er sie zunehmend seltener trug.

  • "Das mag sein, ich hatte für beide Dinge noch keine Gelegenheit es auszuprobieren. Nur denke ich mir, wenn ich schon in der Armee bin, sollte ich diese Zeit auch in diesbezüglichen Belangen nutzen, denn Verwalten und Administrieren kann man auch als Zivilist. Ein Kommando führen jedoch nicht." war Caesoninus' Antwort.

  • "Das ist zweifellos richtig" stimmte Macer zu. "Das Exerzieren der Soldaten zu beobachten oder die Nachtwache zu inspizieren ist allerdings auch nicht unbedingt spannender als einem Schreiber beim Sortieren von Protokollen zuzuschauen. Und ein Kommando führst du auch, wenn du deine Soldaten eine Straße oder Brücke bauen lässt. Der Ton und der Umgang miteinander und die Erwartungen an deine Rolle sind einfach andere, wenn du bei der Armee bist als im zivilen Umfeld", plauderte Macer ein wenig aus seinen Erfahrungen. "Die Art und Weise, wie man an Aufgaben herangeht, was man als Ansprache und als Ergebnis etwartet, sind einfach andere - und dabei ist es egal, ob du deine Jungs losschickst, eine Räuberbande zu jagen oder zehn Bäume zu fällen. Wenn du einer Handvoll Sklaven sagst, sie sollen einen Wagen abladen und die Säcke ins Lager bringen, dann nimmt sich jeder einen Sack und trägt ihn ins Lager, bis der Wagen leer ist. Wenn du zwischendurch einen der Sklaven für andere Aufgaben aufhältst oder einen Sack woanders hin bringen lässt, ist das allen egal. Wenn du einer Centurie sagst, sie sollen einen Wagen abladen und die Säcke ins Lager bringen, dann bilden sie eine Kette und reichen die Säcke durch. Da einen Extrawunsch unterzubringen, ist gar nicht so einfach."

  • "Ich verstehe, was du mir erzählen möchtest und ich stimme dir zu. Außerdem finde ich es durchaus spannend, sollte ich einmal in die Lage kommen den Bau einer Brücke, oder Straße zu beaufsichtigen. Das Erschaffen neuer Dinge übt einen großen Reiz auf mich aus, seien diese materiell, oder inmateriell." nickte Caesoninus.

  • "Nun, dann wünsche ich dir, dass dir Fortuna bei der Bestimmung deines Dienstortes hold ist, damit du eine Einheit bekommst, die dir die Einblicke ermöglichst, die du haben willst", wünschte Macer seinem Tiro Glück und beendete gleichzeitig dieses Gesprächsthema, bevor es doch noch endgültig zu einer Vorlesung werden konnte.

  • "Danke, Senator!" sprach Caesoninus. Er war schon mehr als gespannt wo ihn seine Zeit als Tribun einmal hinverschlagen würde, doch noch war das weit entfernte Zukunftsmusik. Zuvor galt es anscheinend einmal das erste Amt des Cursus Honorum zu bekleiden.

  • Da es scheinbar nichts weiter zu besprechen gab, hatte Macer nun nicht vor, das Gespräch noch weiter in die Länge zu ziehen. "Dann ist es jetzt wohl an der Zeit, dass dein Tirocinium Fori endgültig endet. Es hat mir Freude bereitet, wir haben viele gute Gespräche geführt und ich denke, dass du einiges lernen konntest, was dir von Nutzen sein wird. Natürlich werde ich auch in Zukunft als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, wenn du dies möchtest und ich gehe fest davon aus, dass wir eines Tages als Senatskollegen wieder miteinander sprechen werden", sagte Macer, um Rückblick und Ausblick in einer kurzen Rede gleichzeitig unterzubringen.

  • "Auch ich kann sagen, dass ich nur gutes und nützliches bei dir erleben durfte und dass ich jedem anderen eine Lehrzeit bei dir anstandslos empfehlen kann! Ich bin darüber hinaus zuversichtlich, dass unsere Wege sich bestimmt auch so noch des öfteren kreuzen werden vor meiner Zeit im Senat und wenn schon nicht im zivilen Alltagsleben, so doch bestimmt auf der Rennbahn." sprach er und grinste.


    Dann stand er auf. "Es wird langsam wohl Zeit, dass ich gehe. Ich bedanke mich noch einmal für meine Zeit bei dir und wünsche dir noch alles Gute! Vale bene!"
    Danach schüttelte er noch einmal Macers Hand und verließ die Domus Purgitia.

  • "Oh ja, auf der Rennbahn werden wir uns bestimmt noch einige Male sehen. Es steht ja auch noch unsere Gegeneinladung aus", stimmte Macer mit vagem Bezug auf frühere Trainingsrennen zu. Dann erhob er sich ebenfalls zur Verabschiedung. "Vale bene, und mögen die Götter mit dir sein."

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