[Tablinum] Praktikumsgespräche

  • "Ich wünsche viel Erfolg", antwortete Macer, der von den Zweifeln seines Tiros über die Terminsetzung nichts ahnte.


    Sim-Off:

    Ist es dann nicht perfekter Anschauungsunterricht, wie man als Politiker viel sagt, ohne für irgendetwas verantwortlich sein zu können? :D

  • Zum nächsten vereinbarten Termin kam Caesoninus erneut zu Macer mit mehreren Wachstafeln in der Hand.


    "Salve Senator! Hier bin ich wieder mit der Lösung deiner Aufgabe. Es ist etwas umfangreicher geworden, doch gewiss wirst du nichts dagegen haben." Und damit überreichte er Macer die erste Tafel.


    Kandidaturrede


    Patres Conscripti!


    Vor euch steht heute Gaius Iulius Caesoninus, Sohn des Aulus Iulius Antoninus aus dem Geschlechte der Iulii Caepiones.


    Ich stehe hier heute wieder einmal vor euch, um für das Amt des Tribunus Plebis zu kandidieren. Ja, ihr habt richtig gehört!
    Viele werden sich jetzt die Frage stellen "Wieso gerade für diese relikthafte, leere Amtshülse?" und das mit Recht. Ihr werdet sagen, dass dieses Amt heutzutage obsolet ist, ihr werdet sagen, dass wir in den heutigen Zeiten unseres großartigen Imperiums und unter der Herrschaft unseres großen Imperator Caesar Augustus keine Volkstribunen mehr brauchen, um den Plebs vor der Obrigkeit in Schutz zu nehmen, wo wir doch heute so viel weiter sind in der Staatsorganisation als damals zu jener fernen Zeit, als dieses Amt geschaffen worden war, doch ihr habt falsch gedacht!


    Gerade heute ist das Amt des Volkstribunen wichtiger denn je, denn bloß weil sich unsere Regierungsspitze heutzutage anders zusammensetzt, als noch in den Tagen der Republik, heißt das noch lange nicht, dass Korruption und Willkür der Stärkeren gegenüber den Schwächeren damit automatisch beseitigt sind. Das Volk braucht seine starken Vertreter gegenüber der Obrigkeit!
    Ich bin geneigt diesem Rufe zu folgen und mich für das Volk einzusetzen und jeder hier im Saal, der sich wahrhaft Römer nennt wird meine ehrbaren Absichten darin für Senat und Volk von Rom erkennen. Denn ich frage euch, patres conscripti, was ist ehrbarer für uns Senatoren, ja für Rom, wenn nicht der Dienst am Volk? Richten wir nicht genau dafür allgemeine Spiele aus und öffnen wir nicht genau aus jenem Grunde regelmäßig unsere Gedtreidespeicher zur kostenlosen Labung der Massen?


    Bedenken wir unsere Wurzeln, ehrenwerte Väter! Der Senat und der Imperator Caesar Augustus sind im Grunde die Spitze des Volkes, um es in die richtigen Bahnen zu lenken und gegenüber Außenstehenden zu vertreten. Alle Macht geht vom Volk aus und daher ist es nur recht und billig, sich wieder stärker diesem Anliegen zu widmen. Ich verspreche, dass ich meine Tür Tag und Nacht offen halten und stets ein Ohr für die Nöte der Bürger Roms haben werde. Ich werde für Rom kämpfen und Korruption und Missstände dort ersticken, wo auch immer sie entdeckt werden und sei es noch in den höchsten Reihen des Staates, damit das Volk stark ist.


    Alle Senatoren und der Kaiser sind Römer.
    Alle Römer zählen zum Volk.


    Lasst mich also der Anwalt des Plebs werden und blicken wir gemeinsam auf eine bessere Zukunft! Für Senat und Volk von Rom!


    Dann, nach angemessenem Studium, überreichte er die nächste. "Selbstredend will man dann natürlich wissen, wie sich diese angekündigte Amtszeit so geschlagen hat, weshalb hier der entsprechende Bericht folgt."


    Res Gestae des Tribunus Plebis Gaius Iulius Caesoninus


    Eingeschriebene Väter,
    ein turbulentes Jahr liegt hinter uns und ihr werdet mir bestimmt darin zustimmen, dass wir noch eine ganze Weile daran denken werden. Lasst es mich für euch kurz rekapitulieren und euch -ganz nach der Tradition dieses ehrenwerten Gremiums- darin meine Rolle als Volkstribun aufzeigen.


    Es hatte bereits kurz nach Jahreswechsel begonnen, als diese eiskalten Gewitterstürme über Rom hereingebrochen waren, die sogar Schnee mit sich brachten. Schnee! Wo wir derartiges doch nur alle paar Jahre erleben. Doch ganz meiner Pflicht entsprechend sorgte ich mich mit vollem Einsatz um die Organisation von Decken für die Armen und auch für die Unterbringung von so vielen Obdachlosen wie möglich, um sie vor dem Erfrieren zu bewahren. Ihr werdet euch gewiss noch der hitzigen Debatte entsinnen, als ich zu jener Zeit einen dementsprechenden Gesetzesantrag eingebracht hatte zur Rettung und Versorgung der Ärmsten in dieser Situation. Auch danach im Frühjahr und später wurde es nicht langweilig. Viele einfache Bürger konsultierten mich und fragten um Rat und Hilfe, die ich ihnen so gut es ging auch gewährte.


    Dann jedoch folgte meine Aufdeckung des Skandals rund um Senator *Name des Schuldigen* und seiner ausbeuterischen Tätigkeiten während seines Magistrats gegenüber schlechter gestellten FREIEN Mitbürgern, die ich mit jeder Vehemenz bekämpfte. Ebenso legte ich mein Veto ein, als Mitte Aprilis beschlossen werden sollte, dass eine breite Schneise quer durch die Subura zum Bau einer neuen Hauptstraße geschlagen werden sollte, um dadurch die verwinkelten und kleingassigen Strukturen dieses Viertels aufzubrechen und die Kriminalität so möglicherweise besser kontrollieren zu können, auf Kosten der zwangsenteigneten Hausbesitzer. Viel Widerstand gab es deshalb, wie ihr wisst, doch erfüllte ich ungerührt dessen meine Amtspflichten und stehe zu jedem Wort und jeder Tat, die ich im Namen des Volkes während meiner Amtszeit tätigen habe müssen, auch wenn dies in den einen, oder anderen Kreisen für böses Blut gesorgt hat.
    Doch das ist ja auch Sinn und Zweck dieses Amtes, dass die einfachen Leute gegenüber den Mächtige geschützt werden und diese Kollision der Interessen ruft in jedem Fall Zwist hervor.


    Viele kleinere Dinge gab es noch, die ich als Volkstribun vollführt hatte, doch sind sie hier nicht weiters von Belang, weshalb ich nun am Ende meines Berichts angekommen bin und eurer Urteile harre.


    Als auch das durch war, überreichte Caesoninus dann die beiden letzten Tafeln. "Und das hier war dann nur noch reines Selbstinteresse, da mich beim Schreiben selbst interessiert hat, wer eigentlich dieses Jahr für welches Amt antritt. Ich dachte mir vielleicht du möchtest das auch sehen."


    Kandidatendossiers


    Vigintivirat:


    Name: Appius Abronius Tympanus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Reform des Münzwesens


    Name: Tiberius Fidiculanius Sparsus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Fortführung von Annaeus Florus Minors Werk in der Straßenreinigung


    Name: Lucius Annius Porcina
    Stand: Patrizier
    Wahlversprechen: Abschaffung von Annaeus Florus Minors Werk in der Straßenreinigung


    Name: Kaeso Calventius Mimnermus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Erbschafften so effizient wie möglich und schnell wie nie verwalten


    Name: Decimus Obultronius Lyso
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Besserung der Situation der Gefangenen mit tatkräftiger Unterstützung für die Aedile bei der Büchervebrennung


    Name: Iullus Volteius Licinus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Feingehalt der Münzen anpassen


    Name: Appius Pompilius Fontanus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Beste Aufarbeitung von Kriminalfällen die die Tresviri capitales je gesehen haben


    Quaestur:


    Name: Gaius Ogulnius Cavarinus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Effiziente Assistentenz für den Legatus Augusti Pro Praetore in Germania Superior


    Name: Gnaeus Ludius Bursa
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Durchführung einer Piratensäuberung an der dalmatischen Küste


    Name: Mamercus Minucius Cafo
    Stand: Patrizier
    Wahlversprechen: Viel heiße Luft, aber im Grunde keine (Anmerkung: Ich habe festgestellt, dass sich der Gute ziehmlich gerne selbst reden hört)


    Name: Faustus Cossinius Pola
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Neuregelung des Reiseverkehrs für Peregrini


    Tribunus Plebis:


    Name: Gaius Curiatius Civilis
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Verteidigung des Volkes gegenüber Magistraten


    Name: Tiberius Memmius Burdo
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: War nicht ganz ersichtlich was er genau meinte mit seinem Gestammel


    Name: Appius Oppius Cipus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Einsatz um die Wiedereinführung der Volksversammlungen


    Aedilat:


    Name: Gnaeus Pinnius Bubulcus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Errichtung eines neuen Tempels für Sol auf dem Aventin


    Name: Titus Faberius Cornutus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Neuorganisation der Getreideverteilung.


    Praetur:


    Name: Sextus Aurelius Lupus
    Stand: Patrizier
    Wahlversprechen: Reform des Codex Iuridicalis


    Name: Volsus Balventius Ocella
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Härtere Urteile an den Gerichtshöfen


    Name: Paullus Servilius Marsus
    Stand: Patrizier
    Wahlversprechen: Laxere Strafbestimmungen für Patrizier und Vermögende


    Name: Publius Postumius Geta
    Stand: Patrizier
    Wahlversprechen: Neuregelung des Standesunterschieds Patrizier-Plebejer


    Name: Lucius Ducennius Frugi
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Reform des Codex Iuridicalis


    Konsulat:


    Name: Aulus Carnulius Gaetulicus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Umsichtige Verwaltung des Staates im Sinne des Amtes


    Name: Gaius Cornelius Blasio
    Stand: Patrizier
    Wahlversprechen: Reform des Senats


    Name: Nero Cadius Nigrinus
    Stand: Plebejer
    Wahlversprechen: Errichtung einer neuen Rennbahn und eines Tempels für Bacchus


  • Macer nahm die erste Tafel entgegen, die ihm gereicht wurde, und studierte sie zügig, aber nicht flüchtig. Seine Gesichtszüge erweckten nicht den Anschein, dass ihn die Rede begeistern würde und als er zum Ende gekommen war, nahm er kommentarlos die zweite Tafel entgegen. Diese studierte er ebenso zügig, nahm dann noch einmal die erste Tafel zur Hand und schien die Inhalte zu vergleichen. Dann blickte er wieder kommentarlos auf, um die dritte Tafel in Empfang zu nehmen. Diese betrachtete er sichtlich flüchtiger und legte sie bald mit einem Lächeln zur Seite.


    "Danke, da hast du dir viel Mühe gemacht, gleich mehrere der Aufgaben zu erfüllen", lautete dann sein erster Kommentar. "Aber die Kandidatenliste lassen wir mal außen vor, das war ja eher aus Eigeninteresse", griff er dann die Bemerkung zum dritten Teil auf, um das Thema genauso schnell abzuschließen, wie er die Liste beiseite gelegt hatte.


    "Zunächst die Kandidaturrede." Macer machte eine Pause, schaute noch einmal wortlos auf die Tafel und blickte seinen Tiro dann direkt an, während er langsam ein und aus atmete. "Sie überzeugt mich nicht." Das war ein mildes Urteil, aber Macer sah keinen Sinn darin, drastischere Worte zu wählen. Erläutern musste er seine Ansicht danach ja ohnehin. "Du hast richtig erkannt, dass du erst einmal erläutern musst, warum dieses Amt überhaupt wichtig und einer Kandidatur wert ist und verwendest zwei volle Absätze darauf, dies zu tun. Wie du dies tust, ist allerdings in meinen Augen rhetorisch ungeschickt und inhaltlich äußerst unvollständig. Im ersten der beiden Absätze gibst du deinen Zuhörern zunächst Recht, dass sie die Sinnhaftigkeit einer solchen Kandidatur in Frage stellen, nur um ihnen dann auf den Kopf zu zu sagen, dass sie falsch denken. Bist du der Lehrmeister des Senats, der Kraft seines Wissens und seiner Erfahrung entscheidet, was richtig oder falsch ist? So wie ein Lehrer entscheidet, dass die Antwort eines Schülers falsch ist? Ich denke nicht, oder?" Er machte eine kurze Pause. "Hast du es gemerkt? Selbst ich habe gerade nicht gesagt, dass es falsch ist, ich habe lediglich gesagt, dass ich denke, dass eine bestimmte Aussage nicht zutrifft. Das ist sowohl inhaltlich ein Unterschied, als auch rhetorisch." Macer machte eine erneute Pause, diesmal etwas länger, damit das Gesagte wirken konnte.


    "Aber bleiben wir kurz dabei, dass du dich mit deiner stilistischen Wahl als Lehrer positioniert hast. Damit bist du nun also für den zweiten Absatz in der Pflicht, eine gute Begründung zu liefern, warum die Denkweise der Senatoren falsch ist." Macer schaute noch einmal auf die Tafel, um nun die richtigen Punkte herausgreifen zu können. "Du begründest die Notwendigkeit des Amtes mit der Existenz von Korruption und Willkür gegenüber den Schwächeren und damit, dass das Volk einen Vertreter gegenüber der Obrigkeit braucht. Lassen wir mal die auch hier vorhandenen rhetorischen Ungeschicklichkeiten beiseite, dann steht diese Begründung auf tönernen Füßen. Erstens fehlt hier der Beleg, dass diese Korruption wirklich existiert; zweitens fehlt der Nachweis, dass der Tribunus Plebis in republikanischer Zeit tatsächlich wirksam dagegen vorgehen konnte und drittens fehlt der Nachweis, dass es heute tatsächlich kein anderes Amt gibt, welches gegen die Korruption vorgehen soll und kann. Und gerade in letztgenanntem Punkt wird deine Argumentation zusammenbrechen, denn mit dem Imperator Caesar Augustus, dem per Gesetz die Vollmachten eines Tribunus Plebis übertragen wurden und der außerhalb der Hierarchien des Cursus Honorum rangiert gibt es genau ein solches Amt, welches in der Lage ist, das Volk zu vertreten und Korruption entgegen zu treten." Macer warf einen weiteren Blick auf die Tafel und ließ es so zu einer weiteren kurzen Pause kommen.


    "Der Rest des Absatzes macht es dann auch nicht besser. Du erwähnst den Ruf des Volkes, dem du folgen möchtest und erweckst dadurch den Eindruck, dass du womöglich gar nicht aufgrund eigener Überzeugnung, sondern eben weil das Volk danach ruft, der Ansicht bist, dass es einen Volksvertreter braucht. Damit schwächst du deine ohnehin schon schwache Argumentation noch mehr. Und als wenn das noch nicht genug wäre, demontierst du sie gleich danach noch weiter, indem du Beispiele nennst, wie andere Ämter sich ebenfalls für das Volk einsetzen. Damit wird es ja noch schwieriger zu begründen, warum der Tribunus Plebis wichtig ist, wenn andere Amtsträger sich ja auch schon um das Volk kümmern. Auf diesen Punkt kommen wir übrigens später im Tatenbericht noch einmal zurück", kündigte er an und schloss damit die Behandlung dieses Absatzes ebenfalls ab.


    "Der Rest ist dann eher nichtssagend und irritierend. Was hat plötzlich die Vertretung gegenüber Außenstehenden in der Rede zu suchen? Und was versuchst du dem Zuhörer mit der Passage 'Alle Senatoren sind Römer' und so weiter zu sagen? Wieso solltest deshalb du der Anwalt des Volkes werden?" Macer schüttelte leicht den Kopf und machte eine vage Geste mit der Hand, aus der zu erkennen war, dass er tatsächlich ratlos war, was ihm die Passage sagen sollte. "Die Rhetorik legt hier nahe, dass du einen logischen Schluss vermitteln möchtest, aber inhaltlich erscheint mir hier absolut nichts logisch. Stattdessen hätte ich am Ende einer solchen Rede eine Menge Fragen und Zweifel."


    Damit legte Macer die Tafel beiseite und sah seinen Tiro wieder an. "Soll ich auch gleich was zum Tatenbericht sagen, oder sollen wir erst über die Rede sprechen?"

  • Caesoninus saß vor Macer an seinem Schreibtisch und sah ihm dabei zu wie dieser seine Testrede zerpflückte wie eine Saturnaliengans. Hmm, nicht grade das goldene vom Ei...
    Als Macer fertig war kratzte er sich verlegen am Hinterkopf.
    "Hmm, offensichtlich habe ich wohl alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte, anstatt eine feurige und mitreißende Rede geschrieben zu haben, wie ich bis vor kurzem noch der Meinung war...aber ja gerne kann ich ein paar Worte dazu sagen." dann setzte er mit leicht hängendem Kopf fort: "Ich hatte durchaus auch daran gedacht, ob das nicht zu oberlehrerhaft wäre am Anfang und beim Schreiben war es noch mehr in der Richtung, weshalb ich es zwar bemerkt und abgeschwächt, jedoch nicht ganz entfernt hatte. Aber gut, das erste was ich also daraus lernen kann ist; "Verwende im Senat IMMER die Floskel "ich denke nicht" anstatt "du liegst falsch". Was ich auch versucht hatte in meiner Rede war das Volk und mit ihm den Volkstribunen mit dem Senat und dem Kaiser unter einen Hut zu bekommen eben mit einem Argumentationsversuch darzustellen, dass diese beiden Positionen ja auch irgendwo zum Volk gehören. Doch ich erkenne jetzt, dass es eigentlich sowieso schwachsinnig ist, dass die Volkstribunen durch den Senat und nicht wie früher durch die Volksversammlung gewählt werden, denn welchen Sinn hat es, dass eben jene Obrigkeit dieses Amt besetzt vor der dasselbe eigentlich die kleinen Leute in Schutz nehmen soll bei Missständen? Aber gut, es ist darin grundsätzlich ein Wurm darin und so erscheint es auch mir jetzt logisch, dass deshalb mein Ansatz in der Rede nur scheitern hat können."


    Sim-Off:

    Wenn Macer simOn schon nichts zu den Dossiers sagen will, könntest du mir simOff bitte mitteilen, ob die so wie sie sind jetzt richtig sind und wie du sie so findest?

  • "In der Tat hast du mit letzterem eine wesentliche Problematik an der heutigen Ausgestaltung des Volkstribunats gut erkannt", sparte Macer nach der umfangreichen Kritik nun auch nicht mit Lob für seinen Tiro Fori. "Die Rolle des Tribunus Plebis, der nicht vom Senat abhängig ist, übernimmt ja jetzt eben der Kaiser, der zwar einerseits durch ein vom Senat beschlossenes Gesetz zu seiner Macht kommt und somit theoretisch auch von diesem abhängig ist, aber andererseits in seiner Rolle als Censor auch über die Besetzung des Senates entscheidet, so dass die Senatoren umgekehrt auch von ihm abhängig sind. Letztlich entsteht durch diese wechselseitige Abhängigkeit ein Gleichgewicht, welches es dem Kaiser eben auch erlaubt, die Rolle des Tribunus Plebis besser wahrzunehmen, als es ein vom Senat gewählter Tribunus Plebis kann." Nach diesem kurzen Ausflug in die Staatstheorie schlug Macer dann rasch wieder den Bogen zurück zur fiktiven Kandidatur. "Das heißt natürlich nicht, dass jeglicher Versuch, für dieses Amts zu kandidieren, zum Scheitern verdammt ist oder es unmöglich wäre, dafür eine Rede zu schreiben. Aber diese hier ist sicher nicht das Beste, was du kannst." Mit diesen Worten reichte er die Tafel mit der Rede zurück an den Iulier.


    "Im Übrigen darf man durchaus im Senat auch das Wort 'falsch' in den Mund nehmen. Sollte jemals ein Senator in deiner Anwesenheit behaupten, du wärst abwesend, darfst du selbstverständlich aufstehen und laut sagen 'Das ist faslch!', denn alleine schon dadurch, dass du dich für alle sichtbar erhebst, erbringst du ja den hieb- und stichfesten Beweis, dass die Aussage des Senators tatsächlich falsch ist. Nur geht es eben bei vielen Dingen in der Politik nicht um Tatsachen, sondern um Meinungen. Während erstere objektiv richtig oder falsch sein können, liegt es bei letzterem immer im Auge des Betrachters, ob er sie für richtig oder falsch hält und deshalb ist es dort guter Stil, eine persönliche Sichtweise nicht als unumstößliche Tatsache darzustellen", führte Macer dann noch einmal seine Meinung zu einem rhetorischen Detail aus.


    "Kommen wir nun zu deinem Tatenbericht", leitete er dann zum nächsten Punkt über. "Hier fallen mir vor allem drei Punkte auf: Erstens führst du eine Hilfsaktion im Winter auf. Das ist gut, aber du kannst sie noch besser einordnen. Wie steht sie im Verhältnis zu dem, was andere Amtsträger ohnehin von Amts wegen für die Bedürftigen tun? Die hattest du ja auch in deiner Kandidatur erwähnt. Hast du nun deren Maßnahmen ergänzt oder entlastet? Hast du die Maßnahmen aus eigener Initiative gestartet und wer hat sie finanziert? Mit wem hast du dich abgestimmt und gab es eine Koordination zwischen verschiedenen Beteiligten? Wenn du die entscheidende Person warst, sollte das aus dem Bericht hervorgehen und wenn andere die Sache geleitet haben, kannst du es zumindest so darstellen, dass sie es ohne dich nicht hinbekommen hätten." Macer machte eine kurze Pause, um sich den zweiten Punkt mit Blick auf die Tafel ins Gedächtnis zu rufen. "Zweitens führst du dein Veto auf gegen einen Straßenbau, der möglicherweise die Verbrechensbekämpfung erleichtert hätte. Ist das ein kluges Veto? Stehst du damit nicht als Beschützer von Rückzugsorten für Verbrecher da und stellst dich im Tatenbericht genau als solcher dar? Solltest du es nicht viel eher so darstellen, dass du dein Veto gegen Zwangsenteignungen eingelegt hast, um eine angemessene Entschädigung für jene zu erwirken, die zum Wohle Roms ihr Haus aufgeben? Warum stellst du den Streit in den Vordergrund statt des hehren Ziels, das du verfolgt hast?" Es folgte eine weitere Pause, damit Macer den dritten Punkt anschließen konnte. "Drittens bist du angetreten mit dem Versprechen, Korruption und Willkür zu unterbinden. Das war dein großes Thema in der Kandidatur. Beide Begriffe kommen in deinem Tatenbericht nicht einmal vor. Du erwähnst einen Skandal, ohne weitere Details auszuführen. Du erwähnst am End enoch einmal, dass du die Schwachen geschützt hast, ohne auch nur ein weiteres Beispiel zu nennen. Müsste nicht das, was du als wichtigstes Anliegen deiner Amtszeit versprochen hattest, auch die zentrale Rolle in deinem Tatenbericht einnehmen, wenn deine Amtszeit erfolgreich war? Könnte man nicht sogar auf die Idee kommen, deine Amtszeit als gescheitert zu betrachten, wenn du zwar viele gute Dinge getan hast, aber kaum zu dem gekommen bist, was du dir vorgenommen hattest? Immerhin läufst du damit Gefahr, dass du bei deiner nächsten Kandidatur gefragt wirst, wie viele deiner Versprechen du diesmal zu erfüllen gedenkst, wenn es schon bei der vorherigen Amtszeit so wenige waren." Macer legte die Tafel zur Seite und schaute seinen Tiro Fori fragend an. Die Kritik war diesmal deutlich konstruktiver ausgefallen, aber Macer war sich nicht sicher, in wie weit das nach dem wenig erfreulichen Urteil zur Kandidaturrede noch auf fruchtbaren Boden fiel.

  • Er dachte kurz über Macers Worte nach. "Es mag sein, dass der Kaiser theoretisch heutzutage die Vollmachten und evt. auch die Amtspflichten eines Volkstribuns übernommen hat, doch praktisch steht er wohl soweit über dem gemeinen Volk, dass er trotzdem fast bzw. ganz unerreichbar ist für die kleinen Leute. Vor allem in einem abgeschirmten Palast auf einem Hügel, bewacht durch die Prätorianer. Da hätte ein einfacher Bauer zu einem normalen Volkstribun wohl leichteren Zugang und auch weniger Hemmungen ihn bei Problemen aufzusuchen, worin ich also durchaus es nicht völlig unterschreiben kann, dass der Kaiser ein "modernder Volkstribun" ist. Vor allem, wenn dann Herrscher wie Nero an der Macht sind, die sich keinen Deut um den Plebs scherten. Ich meine, das Amt des Volkstribuns gehört dringend reformiert... oder ganz abgeschafft. Wie sieht deine Meinung dahingehend aus? Was würdest du damit anfangen, wenn die Zukunft dieses Amtes in deinen Händen lege, falls ich fragen darf?"


    Dann kam die Sprache auf den Tatsachenbericht.


    "Es stimmt natürlich, dass Teile dieses fiktiven Berichts, wohl anders, bzw. detaillierter ausgefallen wären, hätte diese Amtszeit tatsächlich stattgefunden. Denn natürlich hätte ich tatsächliche Absprachen und Zusammenarbeit mit anderen Ämtern im Bericht erwähnt, die ich so jetzt vielleicht nicht bedacht habe, aufgrund der Flüchtigkeit des Theoretischen. Aber Hilfe für die Armen im Falle z.B. eines Kälteeinbruchs sehe ich schon zu allererst im Aufgabenbereich des Volkstribuns. Er hat zwar besondere Mittel, um das Volk vor der Willkür der Magistraten zu schützen, doch wieso sollte diese Hilfspflicht alleine dort enden? Ich zumindest würde einen Wintersturm mit Decken genauso bekämpfen wie einen Magistrat mit meinem Veto, wenn dies dem Volk zur Güte gereicht. Da ich diesen Fall also in erster Linie als Sache des Tribunus Plebis ansehe, vermute ich, dass ich selbst wohl finanziell für die Decken aufgekommen wäre."


    Danach hörte er sich ruhig den Rest von Macers Analyse an. Als er zu Ende gesprochen hatte antwortete er ihm: "In all deinen genannten Punkten greift wohl wieder der Umstand, dass es sich hier um eine fiktive und keine reale Amtszeit und deren Resümee handelt, denn eine solche kann vermutlich niemals so akkurat, oder detailliert sein wie eine tatsächlich erlebte mit all ihren Wendungen und ungeplanten Ereignissen und den getroffenen Entscheidungen, die in Echt vermutlich anders ausfallen würden, als wenn man zuhause im Officium sitzt und sich das ganze nur ausdenkt. Doch im Falle der Straße hast du Recht. Das mit der Erkämpfung einer Entschädigung klingt wirklich besser, als wenn man nur alleine darum gefochten hätte den Armen ihr Dach über dem Kopf zu erhalten. Beim Schreiben dieser Res Gestae habe ich derlei nicht bedacht, doch in der Realität -so vermute ich- wäre ich wohl früher oder später selbst auf den Gedanken gekommen, dass ich eine finanzielle Entschädigung für die Zwangsenteigneten gefordert hätte, oder die Forderung um die Verpflichtung des Senats, die gleiche Anzahl von Häusern anderswo in Rom neu zu bauen und den Betroffenen zu übereignen, als abgerissen werden müssen. Das sind Schlussfolgerungen, auf die man nur natürlich kommen muss, wenn man die Sache tiefer bedenkt.


    Ich würde diese Amtszeit also keineswegs als gescheitert ansehen, nur unscharf formuliert ob ihrer theoretischen Natur und demgemäß des fehlenden realen Widerstands, den man unweigerlich im echten Leben erfährt und daran wächst. Und es kommt ja auch im letzten Absatz die Bemerkung vor, dass ich stets auch bei den kleinen Dingen den Leuten geholfen hatte. Der Bericht hatte nur die Höhepunkte aufgezählt, die Speerspitzen, jedoch nicht alltägliches, wie wenn man einen Streit unter Händlern schlichten musste, oder einem Bauern bei seinen Problemen weiterhalf, was ja jeden Tag unzählige Male geschieht und die Rede würde wohl endlos gehen, würde man jeden Krümmel aufzählen, dem man geholfen hätte und die ehrenwerten Väter im Senat damit langweilen. Doch die Hilfe war wie gesagt jeden Tag im Kleinen da und im Großen ebenfalls wie in Sachen des Kälteeinbruchs, des Korruptionsskandals und dem Straßenprojekt, wo wäre demnach dann also noch diese Amtszeit als gescheitert anzusehen?"

  • "Wann eine Amtszeit gescheitert ist, liegt immer im Auge des Betrachters", gab Macer mit einem leichten Schmunzeln zurück. "Als selbstbewusster Amtsträger wirst du deine Amtszeit selbstverständlich nicht als gescheitert betrachten, wenn du vor dir selbst behaupten kannst, jeden Tag fleissig gewesen zu sein und dein Möglichstes getan zu haben. Du wirst die vielen kleinen Erfolge sehen und die vielen Überraschungen, die im Laufe der Zeit eingetreten sind und die du meistern musstest. Gleichwohl wird dein politischer Gegner dich nicht daran messen, sondern einzig und alleine an deinen Versprechen vor der Wahl. Wenn du vor der Wahl jedem Bürger ein Ei versprochen hast, dann ist dieses Versprechen eben nicht erfüllt, wenn du am Ende behaupten kannst, jedem Haushalt ein Huhn verschafft zu haben. Selbst wenn diese Hühner mehr Eier legen, als du je versprochen hast, so hast du doch nicht exakt das geliefert, was man nach der Ankündigung erwarten konnte. Und es ist sogar legitim, dass dein politischer Gegner nach solchen Fehlern sucht, um sie gegen dich zu verwenden. Genau dasselbe würdest du ja auch als Volkstribun tun, wenn ein Magistrat eine Straße verspricht, aber abgerissene Häuser liefert", erläuterte Macer diesen Punkt und Wiederverwendung eines schon bekannten Beispiels detailliert.


    Dann kam er auf die vorher gestellte Frage zurück. "Abschaffen würde ich das Volkstribunat auf keinen Fall. Das wäre ein fatales Zeichen. Dass der Kaiser in seinem Palast sehr weit weg wirkt, mag richtig sein. Gleichzeitig hat er eine Kanzlei unter sich, die weit mehr Anliegen bearbeiten kann, als alle Volkstribune zusammen und es war bekanntlich kein Volkstribun, sondern der erste Augustus, der beispielsweise die öffentliche Feuerwehr ins Leben rief, um Hausbesitzer vor gierigen Geschäftsleuten zu schützen. Ich bezweifle, dass irgendein Volkstribun das aus eigener Tasche hätte finanzieren und vor allem dauerhaft etablieren können, aber der erste Augustus hat es geschafft und damit auf einen Schlag ein großes und sicher auch viele kleine Probleme gelöst, welche vor allem das einfache Volk in engen Mietshäusern betraf. Da dürfen wir uns meines Erachtens nicht davon ablenken lassen, dass es auch schlechte Kaiser geben kann. Schlechte Volkstribune kann es nämlich ebenso geben." Macer machte eine kurze Pause, denn immerhin war er auch nach Reformvorschlägen gefragt worden, über die er kurz nachdenken musste. "Reformieren könnte man sicherlich, wie die gewählten Volkstribune mit dem Kaiser als dauerhaftem Inhaber derselben Amtsgewalt zusammenarbeiten. Er arbeitet ja auch mit dem Quaestor Principis eng zusammen, warum also nicht auch mit anderen Magistraten? Wobei ich zugeben muss, dass mir die Details der derzeitigen Zusammenarbeit nicht geläufig sind. Meine primären Interessen galten stets anderen Ämtern."

  • Es war durchaus logisch, was Macer sagte, doch teils war Caesoninus dann doch anderer Meinung als die große Öffentlichkeit, deren Standpunkt der Senator ja soeben dargelegt hatte. "Das hat meines Erachtens durchaus Hand und Fuß, dass man keine Straße versprechen und am Ende nur abgerissene Häuser liefern kann, aber wenn wir bei diesem Ei-Vergleich bleiben, dann finde ich wäre das eine bodenlose Dummheit und Engstirnigkeit, wenn man jemandem das wirklich vorwerfen wolle. Denn was ist besser, wenn man einem armen Mann ein Ei gibt, oder ein Huhn? Oder ihm bloß einen Fisch überlässt, oder ihn lehrt zu angeln? Ich finde, da kommt es auf den Subtext an. Wenn ich etwas ankündige, dann jedoch ein anderes, doch dafür besseres Ergebnis liefere, so sehe ich das viel mehr als "Erwartung übertroffen" und durchaus positiv an, da man von einem Huhn mehr hat, als bloß von einem Ei. Doch bemüht man dein anderes Beispiel, Senator und jemand hat zwar den Leuten das Obdach beraubt, jedoch im Austausch dafür nicht einmal die versprochene Straße geliefert, so sehe ich weder einen Nutzen für die Enteigneten, noch für die wählende Öffentlichkeit, die ja nicht die angekündigte Straße benutzen kann, ergo würde auch ich dieses Versprechen als gescheitert ansehen."


    Die weiteren Ausführungen fand er auch sehr interessant. "Vielleicht kann ich ja einmal dafür sorgen, dass das Amt des Volkstribuns reformiert wird. Was denkst du, Senator, ab welchem Amt könnte man derartige größere Reformen innerhalb des Senats anregen? Wenn man Praetor ist? Oder gewesener Volkstribun? Oder vielleicht sogar als ein aktiv Amtierender?"

  • Auch wenn Macer auf seinem Landgut hauptsächlich Obstanbau betrieb und in der Kleinviehhaltung wenig Erfahrung hatte, so hatte er dennoch mit diesem Einwand gerechnet und war darauf vorbereitet. "Nun, das sagst du, dass ein Huhn viel besser ist als ein Ei. Aber welches Kriterium legst du an, um zwischen besseren und schlechteren Lösungen zu unterscheiden? Sicher, ein Huhn legt im Laufe der Zeit vermutlich mehrere Eier und wenn es nur um die Menge an Eiern geht, ist das besser, als nur ein einzelnes Ei geschenkt zu bekommen. Aber was ist mit den anderen Aspekten? Ein Huhn muss man füttern und es macht Dreck. Wenn ich es im Freien halte, könnte es mir zudem abhanden kommen, noch bevor es das erste Ei gelegt hat", zählte Macer einige Nachteile auf. "Im Schnitt mag es besser sein, aber der Einzelne kann dennoch schlechter abschneiden als mit einem Ei. Das ist bei vielen Dingen so, dass man Alternativen immer aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kann und das ist auch gar nicht schlimm. Es ist nicht einmal schlimm, dass man den einen oder anderen Blickwinkel selber ausblendet, weil er einem unwichtig erscheint. Aber du musst eben damit rechnen, dass andere dich dann aus genau dieser Richtung angreifen werden. Wenn du dir sicher bist, damit umgehen zu können, dann kannst du dieses Risiko eingehen und schon vorher eine Erwiderung darauf vorbereiten", gab Macer dann noch einen allgemeinen Rat, der auf dem konkreten Beispiel und der Frage nach einer erfolgreichen Amtszeit basierte.


    Die Frage nach der Reform des Volkstribunats war dann auch nicht einfacher zu beantworten. "Anregen kannst du Debatten immer. Die Frage, die du aber vermutlich meinst ist jene, wann du mit deinem Anliegen glaubwürdig oder erfolgreich sein kannst. Glaubwürdig bist du meines Erachtens in einem solchen Fall erst, wenn du eine Amtszeit hinter dir hast. Erst dann hast du die volle Erfahrung und gerätst auch nicht in den Verdacht, mit der Reform nur von deiner eigentlichen Arbeit ablenken zu wollen oder dir das Leben leichter machen zu wollen. Um schnell erfolgreich zu sein, musst du wohl noch viel weiter im Cursus Honorum sein, wobei darunter dann wieder die Glaubwürdigkeit leiden könnte. Wirkt es überzeugend, wenn ein Praetor sich lieber um das Volkstribunat kümmert, als um die Rechtssprechung? Als Consul kannst du ein solches Thema natürlich viel leichter auf die Agenda bringen und wenn du es schon vorher lancierst und dann genau deswegen gewählt wirst, kannst du dir breiter Unterstützung sicher sein", schätzte Macer dann die Chancen grob ab, wobei seine Ausführungen allgemein genug waren, um auf nahezu jedes größere Reformvorhaben zuzutreffen.

  • Caesoninus musste grinsen. "Da sieht man einmal wieder, wie leicht man von harten politischen Beispielen in erquickliche philosophische Denkspiele abgleiten kann. Ich denke, wären wir Platon und Aristoteles, wir könnten jetzt bestimmt noch stundenlang darüber diskutieren, was konkret jetzt besser ist; jedem ein Ei, oder gleich ein ganzes Huhn zu schenken, doch ich habe verstanden, was du mir im Grunde beizubringen gedacht hast und ich stimme dir zu. Es gibt vermutlich kein anderes Ding im Kosmos, das so viele verschiedene Betrachtungsweisen und Seiten hat, wie eine Abwägung."
    Na, das war ja wieder einmal ein fruchtbarer Termin beim Senator gewesen! Macer hatte ihm einiges neu aufzeigen können, beispielsweise die Kontroversen von Wahlversprechen und die unendlichen Möglichkeiten dessen, wie man Gesagtes interpretieren und auslegen konnte.


    Auch das mit der Reform des Volkstribunats hatte er verstanden. "Also wäre das Sache eines Konsuls, das Amt zu reformieren, bei näherer Betrachtung macht es durchaus Sinn, als wenn es ein amtierender ebensolcher tun würde, das hieße ja aktiv an den eigenen Befugnissen und Beschränkungen herumpfuschen, an die man eigentlich noch bis Amtsende halten sollte."

  • "Genau so ist es", besträtigte Macer, womit die Debatte um diesen Punkt beendet zu sein schien. Ohnehin hatte ihr heutiges Treffen ja schon einige Zeit in Anspruch genommen und sie hatten einiges besprochen, so dass man die DIskussion ja auch nicht ins Ewige verlängern musste.


    "Heute habe ich keine Hausaufgabe für dich", kam Macer daher auch zügig zum Abschluss des heutigen Gesprächs, bevor sich noch ein neuer Punkt auftun würde. Dafür konnte man sich bei einem späteren Treffen immer noch Zeit nehmen. "Wir sehen uns morgen wieder wie üblich?" erkundigte er sich dann noch zum Abschied.

  • Ein volles Jahr war es inzwischen her, dass Caesoninus damals an das Tor der Domus Purgitia geklopft hatte, um den Senator um ein Tirocinium Fori zu bitten. So hatte Purgitius Macer zugestimmt und Caesoninus war seither dreihundertfünfundsechzig Tage lang sein Tiro, sein politischer Lehrling, gewesen.


    Viel hatte er in dieser Zeit gelernt und erlebt. Er hatte Diskussionen geführt, Aufgaben bekommen, die es zu lösen galt und tiefere Einblicke in die Geschicke des Senats gewonnen und erfahren was es hieß ein Politiker zu sein. Jetzt war er auf jeden Fall schlauer als zuvor und das Ende seines Tiro Foris bedeutete auch, dass es für Caesoninus bald schon ernst werden würde mit der Politik. Das nächste Ziel hieß für ihn Vigintivirat, die erste Stufe des Cursus Honorum. Doch zuerst galt es einmal seine Lehrzeit ordentlich zu beenden, weshalb er sich bei Macer zu ihrem letzten regulären Termin einfand. "Salve, Senator! Hier bin ich!"

  • "Salve", grüßte Macer seinen politischen Lehrling wie bei so vielen Treffen zuvor. Die Lehrzeit ging zu Ende und Macer konnte zweifellos feststellen, dass sich sein Tiro schlechter hätte schlagen können. "Dein Tirocinium geht heute zu Ende, nicht wahr?" leitete er dann auch gleich das heutige Gespräch mit dem wichtigsten Thema ein, welches möglicherweise auch ihr einziges an diesem Tag bleiben würde. "Was haben wir heute noch zu besprechen, um die Zeit erfolgreich und nutzbringend für dich abzuschließen?", überließ er seinem Tiro dann die Gestaltung des Gesprächs, denn Macer hatte sich nichts vorgenommen, was er am letzten Tag noch unbedingt als Weisheit unter's Volk bringen musste.

  • Caesoninus setze sich, wie so oft schon zuvor geschehen, auf seinen gewohnten Platz, während der Purgitier ihn indes fragte, wie sie seine Lehrzeit bei ihm bestmöglich abschließen könnten.
    Er hatte da durchaus eine Idee, doch war es noch zu früh, den Senator damit gleich beim hinsetzen zu überfallen, sodass er anstatt dessen antwortete:


    "Ich freue mich und bin sehr dafür dankbar, dass ich mein Triocinium Fori bei dir ableisten habe dürfen. Ich kann von jetzt an sagen, dass ich viel über Politik und die Taktiken eines Senators gelernt und dabei den einen, oder anderen sehr nützlichen Einblick in die Denkweise eines Politikers gewonnen und somit erfahren habe, wie man vielleicht auf dem politischen Parkett überleben kann, ohne allzu größere Schnitzer. Zum Abschluss dieser für mich überaus fruchtreichen Lehrzeit, wäre ich sehr erfreut darüber, falls ich dich um eine Art Abschlussbewertung meiner Zeit als dein Tiro bitten dürfte. Worin ich dich beeindrucken konnte, wie meine Leistungen so waren und auf welchen Feldern ich mich noch zu verbessern habe, oder gerne auch sonstige Anmerkungen deinerseits."

  • Die Bitte um eine abschließende Bewertung kam nicht unerwartet, so dass Macer darauf zumindest ein wenig vorbereitet war. Er hatte kein Urteil vorformuliert, welches er nun nur noch abzulesen brauchte, aber er hatte zumindest ein paar Stichpunkte im Kopf.


    "Nun, beginnen wir mit deinen Stärken. Du bist, was das sprachliche anbelangt, sdehr redegewandt und kommunizierst gerne. Das ist gut und wichtig für einen angehenden Politiker. Solltest du eines Tages tatsächlich in den Senat einziehen, dann wirst du sicher keiner von diesen schweigenden Hinterbänklern sein, sondern zu vielen Themen deinen Beitrag leisten. Darauf darf Rom sich schon jetzt freuen. Außerdem bist du fleissig und scheust die Arbeit nicht grundsätzlich. Am Umfang dessen, was du zur Lösung der von mir gestellten Aufgaben vorgelegt hast, gab es nie etwas auszusetzen", begann Macer mit dem, was sein scheidender Tiro zweifellos positiv von anderen abhob. "Beide Eigenschaften, den Fleiss und die Beredsamkeit, kannst du weiter schulen, um dich so zu einem brilianten Redner und Kenner der Materie zu entwickeln. Du hast stets fleissig, aber zuweilen oberflächlich gearbeitet und deiner Rede mangelte es nicht an Sprache, aber stellenweise an Struktur und Logik. Ich bin jedoch überzeugt, dass du beides verbessern kannst und so zu einem Politiker werden kannst, der nicht nur durch die äußere Form, sondern auch durch Struktur und Inhalt seiner Äußerungen zu überzeugen vermag", fasste Macer anschließend die wichtigsten Entwicklungschancen zusammen, die er zu erkennen glaubte. "Wenn du mich nun fragst, welche Schritte dir als nächstes weiterhelfen, so rate ich dir, dein Profil zu schärfen. Wofür steht Iulius Caesoninus? Welches sind die Themen, bei denen man an dir nicht vorbei kommt? Welches sind die Gebiete, auf denen du etwas vorzuweisen hast? Erstelle dir ein Bild dessen, wie du als Politiker sein möchtest und arbeite dann zielgerichtet an den Eigenschaften, Erfahrungen und Ergebnissen, die dir zu diesem Bild noch fehlen", schlug er ihm dann abschließend als nächste Schritte vor. Fast zweitausend Jahre später würde man eine solche Zusammenfassung als eine Form der sogenannten SOPA-Analyse (Strengths, Opportunities, Positive Actions) kennen, aber Macer wusste davon natürlich nichts, sondern hatte sich die Punkte einfach so zurecht gelegt.

  • Das war ja schon mal kein schlechtes Zeugnis auf jeden Fall!


    "Es freut mich, dass ich deine Erwartungen erfüllen konnte, Senator. Ich werde über deine Worte nachdenken und es in Betracht ziehen einen Rhetor aufzusuchen, um die logischen und strukturellen Mängel meiner Reden aufzubessern. Doch da wäre noch etwas..." kurz unterbrach Caesoninus und befeuchtete mit der Zunge nochmal seine Lippen bei geschlossenem Mund, ein Zeichen davon, dass er sich nicht sicher war, ob es angemessen war weiterzusprechen. Doch er war bislang so weit gekommen, weshalb er es doch riskierte.
    "Consular Purgitius, meinst du, dass meine Leistungen ausreichend waren für ein Empfehlungsschreiben deinerseits an die kaiserliche Kanzlei um den Ordo senatorius an mich?"

  • "Oh ja, selbstverständlich", antwortete Macer ohne zu zögern und in einem Tonfall aus dem deutlich wurde, dass ihn die offensichtlichen Zweifel seines Tiros in dieser Angelegenheit ein wenig irritierten. "Ich werde gerne ein entsprechendes Schreiben aufsetzen und die Kanzlei von deinen Qualitäten zu überzeugen versuchen." Das tat Macer nicht nur aus Nächstenliebe, sondern auch aus Eigeninteresse und das aus gleich zwei Gründen. Zum einen würde es ein schlechtes Licht auf ihn und seine Qualitäten als Lehrmeister werfen, wenn es seine Schützlinge mangels Unterstützung nicht in den Senat schafften. Zum anderen war jeder junge Mann, der seine Karriere auch zumindest ein kleines bisschen Macers Unterstützung zu verdanken hatte ein potenzieller Unterstützer mehr für künftige Vorhaben. In sofern war ein solches Empfehlungsschreiben nicht nur ein wichtiger Schritt für die Karriere des Iuliers, sondern auch eine kleine Investition in Macers eigenen Zukunft.


    "Ich nehme an, du hast auch schon weitere Unterstützung für dieses Vorhaben sammeln können?", erkundigte sich Macer, der von einer soliden Unterstützung aus dem Hause der Iulier ausging, die im Moment ja insgesamt sehr aktiv in Rom so sein schienen.

  • Caesoninus konnte ein Strahlen in seinem Gesicht nicht verhindern, als er seine Dankesworte los wurde. "Danke, Senator! Hab tausend Mal Dank dafür! Deine Fürsprache bedeutet mir viel und ich werde sie nicht vergessen. Dafür sollst du etwas bei mir gut haben, gemäß dem Prinzip Leistung für Gegenleistung. So denn es etwas geben sollte, wo ich dir behilflich sein kann, zögere nicht es mir zu sagen." Macer hatte in der Tat Recht damit, dass sich mit derartigen Gesten ein feines Netz an Beziehungen entspinnen konnte, was gegenseitige höhere Sympathien und Unterstützung anging. Man konnte dies als nützliche Investition sowohl für Macer, als auch Caesoninus sehen. Für Macer war es die Spekulation darauf, in Zukunft auf Caesoninus zählen zu können, während Caesoninus als Beginner bereits sagen könnte, die Stimme eines angesehenen Senators hinter sich zu wissen. Um es mit den Worten eines ganz gewissen Griechen zu sagen: -----> "Alle gewinnen!"


    Senator Centho hatte durchaus schon eine Fürsprache an den Kaiser gerichtet und ihrer beiden Vetter Iulius Dives ebenfalls dazu aufgefordert es ihm gleichzumachen, doch von all dem wusste Caesoninus nichts. So zog sich kurz etwas in ihm zusammen, als Macer nach weiteren Unterstützern fragte und da er gerade jetzt nicht vor dem Purgitier schwächeln wollte, beschloss er sich spontan eines Tricks zu bedienen. "Oh, ja das habe ich! Ich erhalte Unterstützung von mehreren Seiten und bin daran dies auszubauen für mein Ziel!" antwortete er und meinte damit all die Leute, die ihm auf seinem Weg bisher geholfen hatten und damit in seinem Bestreben den Cursus Honorum erfolgreich zu beschreiten. Seine Familie die Gens Iulia z.B. oder Octavius Maro, der Caesoninus bisher regelmäßig Unterricht in militärischen Belangen in der Casa Octavia erteilt hatte. Oder Senator Claudius Menecrates und die Factio Praesina über die sich Caesoninus bereits öffentlich etwas profilieren hatte können. Oder Pontifex Flavius Gracchus, der Caesoninus seinen Werdegang als Aedituus ermöglicht hatte und aktuell ebenfalls höhere Tore des Kultes für ihn aufschloss. Oder aber auch Annaeus Florus Minor einfach nur für seine Freundschaft mit Caesoninus, womit er darauf hoffte in ihm später einmal stets einen loyalen Verbündeten gefunden zu haben, ganz so wie er es auch für ihn tun wollte.
    Mit Bezug auf all diese Leute beantwortete Caesoninus für seine Begriffe die Frage Macers zufriedenstellend, ohne dass er ihn anlog.
    "Da wir gerade bei diesem Thema sind, interessiert es mich gerade wie das in Bezug auf deine Person von sich gegangen ist. Darf ich dich darum bitten mir zu erzählen wie das mit dem Ordo senatorius bei dir so damals war, oder hattest du ihn von deinem Vater geerbt?"
    Derartige persönliche Schnippsel in einem Gespräch interessierten Caesoninus auch immer. Sie lockerten alles etwas auf wie er fand und vielleicht waren sie auch ein nützlicher Kitt, um einander besser kennenzulernen und eines Tages vielleicht sogar so etwas wie Freunde sein zu können.

  • Die Freude des Iuliers war mehr als offensichtlich und Macer erfreute sich seinerseits daran, den jungen Mann glücklich gemacht zu haben. Die Antwort auf die weitere Unterstützung klang zwar etwas ausweichend, aber Macer ging nicht weiter darauf ein, zumal das Gespräch dann gleich auf seine eigenen Karriere kam. "Nein, ich hatte den Ordo nicht durch meinen Vater erhalten", antwortete er. "Aber die Zeiten waren damals etwas anders als heute und so bin ich auch auf eher unüblichem Weg an den Ordo und den Sitz im Senat gekommen. Heute würde das so nicht mehr funktionieren", fasste er seinen Werdegang auf der abstrakten Ebene zusammen und hatte ebenfalls nicht vor, darauf heute noch weiter einzugehen, denn weder er noch Iulius Caesoninus würde daraus heute noch etwas für dioe Zukunft lernen können.

  • Caesoninus nickte, anscheinend bediente sich Macer der gleichen Technik so wie er, doch das war ihm nur Recht. "Ich verstehe, danke für deine Antwort." Er vermutete, dass auch dies wohl im Bürgerkrieg geschehen sein musste. Ob das ein Vorteil oder ein Nachteil für Macers Generation gewesen war? Aufzuwachsen in Kriegszuständen? Was hatte der Senator früher einmal gesagt? Damals hatte Rom keine Vigintiviri benötigt, sondern Soldaten. Caesoninus hatte dies zum Zeitpunkt ihres Gesprächs für gut gehalten, da auch er lieber über die Ränge der Armee aufgestiegen und so Wurzeln in der Politik geschlagen hätte, doch wenn man gründlicher darüber nachdachte war es doch eine fragwürdige Praxis gewesen die Innenpolitik und deren Ämter des Krieges wegen auszuhöhlen. Hatten genau so nicht auch jene fatale Ereignisse begonnen, die zum Sturtz der Republik geführt hatten?
    Doch jetzt war nicht die Zeit, um gedanklich in vergangenen Tagen zu schwelgen, vor Caesoninus lag die Zukunft und auf die hatte er sich zu konzentrieren.
    "Jetzt wird es wohl schon bald ernst für mich. Es könnte durchaus sein, denke ich, dass ich vielleicht in einem Jahr schon als Vigintivir kanditieren könnte, ein aufregender Gedanke."

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