Es fanden die Saturnalien in Rom statt! Jener bunte Festerausch, auf den sich viele Römer schon das ganze Jahr über freuten. Die Tage der Freude, des Trinkens in geselliger Runde und der Menschenliebe. Die Schulen und Gerichte blieben geschlossen, die Kriminellen wurden an diesen Tagen nicht bestraft und durch die vielen öffentlichen Feierlichkeiten, Spiele und Blödeleien herrschte wahrhaft allgemeine Volksfeststimmung in der Ewigen Stadt, quer durch alle Schichten der Bevölkerung hindurch. Die Senatoren und Ritter legten ihre toga praetexta ab und für die Sklaven waren es noch einmal besondere Tage, da sie während der Saturnalien mit ihren Herren gleichgestellt waren, oder sogar von diesen bedient wurden.
Neben dem endlosen Reigen an öffentlichen Spektakeln wurden die Saturnalien natürlich auch zuhause im familiären Kreis gefeiert, so auch im Hause Iulia. Heute war der 22. Tag des Monats December, was hieß, dass die Feiertage morgen vorbei sein würden. Caesoninus hatte die letzten Tage außgelassen gefeiert und seine Scherze getrieben. Auch für das Fest zuhause war er sehr umtriebig gewesen. Am ersten Tag der Saturnalien hatte er wie jeder in Rom natürlich zuerst einmal das obligatorische Bad genommen. Danach hatte er die anstehende Opferung des Ferkels übernommen, da er der Meinung war, als amtierender Aedituus den abwesenden Hausherrn und Augur, Iulius Centho, bestmöglich darin zu vertreten. Schon an diesem Tag hatte er seine Toga abgelegt und sich bequeme Kleidung angezogen. Zudem trug er die pilleus, die Filzkappe der Freigelassenen. Ein ganz besonderer Spaß, der ihm an den Saturnalien so sehr gefiel. Natürlich trieb Caesoninus die Saturnalien soweit, dass auch er einer jener Römer während dieser Tage war, der mit seinen Sklaven die Rollen tauschte. Jeder Sklave im Haus konnte ihn herumkommandieren und Caesoninus spielte mit viel Spaß den Diener für die Dienenden. Auch bediente er die Sklaven an der Tafel und erfreute sich an ihren strahlenden Gesichtern.
Die nächsten Tage verbrachte er damit durchs Haus zu laufen (wenn er zuhause war) und jedem, den er antraf, egal ob Familienmitglied, Sklave, Hausgast, oder Gast im Zuge der Feierlichkeiten, kleine Geschenke in die Hand zu drücken und stets immerzu laut: "Io Saturnalia!" zu rufen. Schon Wochen zuvor hatte er dafür begonnen, Unmengen an Süßigkeiten und Keksen einzukaufen und genug Zweige zu sammeln, an denen er sie befestigen konnte. Den Mädchen, Iulia Stella, Iulia Phoebe, Iulia Graecina, Susina Alpina schenkte er zudem noch eine kleine sigillaria, eine kleine Tonfigur, üblich für die Saturnalien. Und zudem noch einen Kuss auf die Wange, ganz überraschend, ehe er auch schon wieder davonflitzte mit einem lauten "Io Saturnalia!" auf den Lippen. Den ganz kleinen Mädchen, Esquilina und Ursi, schenkte Caesoninus gleich je drei Zweige mit Süßigkeiten und Keksen daran und dazu auch noch jeder ein kleines Spielzeug. "Hier für euch! Und dass ihr mir ja nicht vergesst zu Susina und Marcus zu laufen und sie ordentlich für mich zu zwicken!" hatte er ihnen zugeflüstert bei der Übergabe der Präsente mit einem verschwörerischen Augenzwinkern. Während der Festtage hatte Caesoninus auch laufend Freunde, Bekannte und sogar Fremde in die Domus Iulia eingeladen gehabt, sodass ein ständiges Kommen und Gehen herrschte und so ziehmlich jeder Passant einmal hereinschaute bei der weit offenen Tür. Im Atrium veranstaltete er oft gemeinsame Gesangrunden von Spottliedern auf alles und jeden, oder trieb seine Scherze mit den Gästen.
Heute, am vorletzten Tag der Saturnalien hatte Caesoninus besonders viele Gäste ins Haus geschleppt, sodass fast jedes Zimmer vor lauter Leuten überquollen. Im Triclinium hatte er ganz alleine eine mächtige Tafel aufgebaut, die Sklaven waren dafür ja zurzeit nicht zuständig, doch bei der Zubereitung der Speisen hatten sie ihm dann doch geholfen, jedoch aus freien Stücken in Anerkennung dafür, wie Caesoninus sie während der letzten Tage behandelt hatte und auch sonst das Jahr über immer respektvollen Umgang mit ihnen pflegte. So saß er jetzt mit seiner Filzkappe im Triclinium inmitten einer geselligen Runde und schlug sich lachend und scherzend den Bauch voll. Natürlich floss auch der Wein in Strömen und es herrschte allgemein eine ausgelassene Stimmung. Io Saturnalia!