[Subura] Casa des Nero Helvetius Archias

  • Tief in der Subura gelegen, befindet sich in einer verwinkelten Nebengasse ein größeres Haus mit Hof und mehreren Vorsprüngen. Es ist zwei Etagen hoch und vollkommen ohne Fassadenschmuck. Die Wände sind nur rau verputzt, sodass es inmitten der anderen Häuser überhaupt nicht auffällt, trotz seiner Größe. Hier wohnt Nero Helvetius Archias mit seiner Familie und hier liegt auch das Zentrum seines kriminellen Imperiums.
    Tag und Nacht befinden sich überall am Gelände verteilt Wachposten, nur dürftig gekleidet und leicht mit Bettlern zu verwechseln, doch sind sie gut genährt und kräftig und tragen Knüppel unter ihren Gewändern verborgen. Archias' wichtigste Ratgeber und Untergebene leben ebenfalls in dieser Casa.

  • Nach der Weihe ging Archias mit vollgeschlagenem Bauch nachhause. Da die neue Station am Rande der Subura lag, brauchte er eine Weile, bis er in ihrem schmutzigen und engen Inneren bei seinem Haus anlangte. Am Tor zum Hof hinein lungerten mehrere Gestalten herum; einige seiner Männer, die Wache hielten. Im Vorbeigehen nickte ihnen Archias zu. Im Inneren ging er hinauf in den ersten Stock und dort dann in den Ostteil des Hauses, wo er einen großen Raum betrat, den man wohl als Archias' officium bezeichnen konnte. Mehrere Aktenschränke mit Papyrusrollen zogen sich die Wände entlang, ein Schreibtisch fand sich in der Ecke und Listen und eine große Karte der Subura hingen an den Wänden. Der Schatz dieses Raumes befand sich jedoch in der Mitte. ein riesiger Tisch war es, dessen Tischplatte ebenfalls eine Karte zeigte, jedoch dieses Mal von ganz Rom. Auf der Karte befanden sich verschiedene, mit verschiedenfarbiger Wolle abgesteckter Areale über den spinnengleichen Linien, die so ziehmlich alle Straßen und Gassen der Stadt abbildeten, samt vielen Gebäuden. Auch mehrere bunte kleine Fähnchen befanden sich darauf. Über diesen Tisch hatte sich gerade ein älterer Mann mit schneeweißem Haar und einem teigigen Gesicht gebeugt gehabt, als Archias das Zimmer betrat. Der Mann richtete sich auf.


    | Ferox


    "Salve, Corvus", grüßte er Archias mit einem leichten Nicken. Archias begrüßte ihn seinerseits: "Salve Ferox, was gibt es Neues?"
    Hinter Archias schlüpfte beinahe unbemerkt noch jemand lautlos in den Raum; Bursa, einer der Bluthunde. Er bedachte Ferox mit einem seiner ganz eigenen undeutbaren Blicke und zog sich daraufhin in einen Schatten zurück, während Archias zum Tisch ging und Feroxs Bericht erwartete. "Es hat wie vorrauszusehen gewesen war Widerstand gegeben, Egilius' Territorium zu übernehmen. Einige seiner Banden sind zu uns übergelaufen, doch an den Hängen des Cispius gab es einen kleinen bewaffneten Zwischenfall. Jeder der nicht schon tot war konnte aber fliehen, bevor die Urbaner zur Stelle waren." Archias nickte.
    "Es war zu erwarten, dass das passieren würde. Wie verhält es sich mit den anderen? Decrius? Silius? Pedanius? Oder Raecius?"
    "Keine Reaktion bisher auf unsere Unternehmungen."
    Das war eine gute Nachricht dachte Archias, währen er den Tisch studierte.
    "Sende unsere Vögelchen zu jedem der anderen Bosse Roms aus und teile ihnen mit, dass ich auf keinen Krieg mit ihnen aus bin. Ich hole mir nur mein altes Revier von Egilius zurück, mehr nicht."
    Ferox jedoch hatte da durchaus einige Bedenken, denn so einfach sich das anhörte, so war es das keinesfalls in der Realität.
    "Silius ist ein enger Verbündeter von Egilius. Gewiss wird er nicht tatenlos zusehen, wie wir ihn aus dem Geschäft drängen, es wird also so oder so böses Blut fließen, wenn wir weitermachen."
    "Und die anderen? Würden sie uns auch Steine in den Weg legen?"
    Ferox schüttelte den Kopf. "Nein, außer vielleicht Pedanius, da sein Revier direkt neben dem von Egilius bzw. jetzt uns liegt. Er könnte vielleicht nervös werden und ebenfalls zuschlagen."
    "Pah, um Pedanius mache ich mir keine Sorgen. Er ist nur ein kleiner Fisch. Doch um Silius müssen wir uns wirklich vielleicht kümmern, bevor es in einem Bandenkrieg ausartet und vielleicht die Urbaner sogar noch Wind von der Sache bekommen. Ferox, arrangiere ein Treffen mit Silius, aber an einem neutralen Ort." Jetzt lag es an Ferox zu schnauben. "Verzeih mir die Frage, Corvus, jedoch wo sollte dieser "neutrale Ort" liegen, wenn nicht im Revier eines anderen Bosses? So oder so wäre das unmöglich" Doch Archias hatte schon eine Idee. "Die Katakomben vor Rom an der Via Appia. Dort werden wir uns treffen. Bereite also alles vor."
    Ferox nickte und schwieg eine Weile. Wozu überhaupt mit Silius sprechen? Genausogut konnte man doch einfach auch ihn umlegen und sein Territorium übernehmen. Doch auch wenn derartige Gedanken in Feroxs Ungeduld, ihm soeben durch den Kopf geschossen waren, so wusste er natürlich, dass das nicht möglich war, wenn man ein größeres Blutvergießen, oder die Aufmerksamkeit der Urbaner riskieren wollte. Die Beziehungen der Unterweltbosse untereinander waren fein und engmaschig miteinander verwoben. Alles befand sich in einem sehr fragilen Gleichgewicht. Alle zehn, oder zwanzig Jahre kippte dieses Gleichgewicht des Schreckens und ein Bandenkrieg in der Subura, oder in ganz Rom war die Folge, in dem die Karten neu gemischt wurden. Doch normalerweise versuchten die Bosse derlei Aktionen zu vermeiden. Schlecht fürs Geschäft.
    So musste Archias all sein Fingerspitzengefühl aufwenden, um Egilius und seine Bande kalt zu stellen und sein Revier zu übernehmen, ohne dass die anderen Bosse allzu offensiv darauf reagierten. Hätte Archias sich nicht noch von früheren Zeiten beträchtliche Macht und einen nicht zu unterschätzenden Ruf in der Unterwelt erhalten, er war sicher, die anderen wären längst über ihn hergefallen und hätten ihn gnadenlos zerfleischt. So jedoch übten sie sich in Vorsicht und warteten ab wie sich die Dinge entwickelten.
    "Warst du bei der neuen Station?" riss ihn da Ferox aus seinen Gedanken. Archias blickte auf. "Ja war ich. Sie wollen das wirklich durchziehen, es ist ihnen ernst damit. Ich verfolgte, wie sie den künftigen Bauplatz geweiht hatten." Ferox nickte und holte ein gelbes Fähnchen hervor, das er auf der Tischkarte der Stadt exakt an jene Stelle setzte, wo die neue Station der Urbaner im Entstehen begriffen war. "Ich nehme an du wirst verhindern wollen, dass die Urbaner diese Station jemals vollends in Betrieb nehmen werden?"
    Archias' Blick verdüsterte sich. "Natürlich, doch jetzt im Moment ist die Station zweitrangig. Zuerst gilt es unsere Position in Rom vor den anderen Bossen zu behaupten und dafür will ich Egilius' Kopf, koste es was es wolle! Kümmere dich um das Treffen mit Silius."
    Ferox neigte den Kopf und machte sich auf in Richtung Tür. Bursa löste sich aus seiner Ecke und machte ihm die Tür auf. Anschließend drehte er sich zu Archias um.


    [Blockierte Grafik: https://www.byzantinisches-reich.eu/bilder/avatare/neuundsortiert/stand3/got242.png| Bursa


    "Babilus ist vor der Tür." Archias nickte. "Er soll reinkommen." Bursa öffnete die Tür ein Stück weiter und zog sich erneut in seine Ecke zurück, während Babilus, einer von Archias' Hauptmännern den Raum betrat.


    | Babilus


    "Heil dir, Krähe!" grüßte der Schurke. "Salve, Babilus. Was kannst du mir berichten?" Babilus kratzte sich an seinem bärtigen Kinn, als er antwortete: "Meine Männer haben heute ein paar Meilen vor Rom auf der Via Tiburtina einen schwerreichen Händler aufgebracht. Fette Beute, wir haben sie einstweilen in unser Zwischenlager vor den Mauern der Stadt gebracht." Das waren gute Neuigkeiten, also wieder mehr Geldmittel, die Archias in seinen Geschäften verwenden konnte. "Sehr gut, was wurde aus dem Händler?" Babilus fing zu grinsen an.
    "Liegt mit aufgeschlitzter Kehle im Feld neben dem Straßenrand."
    Eine Kinderei die der Räuberhauptmann einfach nicht lassen konnte.
    "Schön. Bring die Beute nach und nach hierher und lagere sie vorerst im Keller. Nimm dafür einige Männer von hier, vom Haus mit und achte darauf, dass sie nicht zuviel auf einmal durch die Stadttore bringen! Das könnte Misstrauen erwecken. Wie sieht es in deinem Bezirk aus?" wollte Archias anschließend wissen.
    "Die Schutzgeldbesuche sind weit fortgeschritten. Beinahe alle Läden zahlen. Zwei oder drei waren noch etwas aufsässig, doch nach dem einen oder anderen Feuerchen, oder zerbrochenen Keramik waren auch die Kerle schnell bei der Stange." Wieder bleckte Babilus seine gelben Zähne. "Nicht mehr lange und alle Läden aus meinem Bezirk werden das Schutzgeld bezahlen."
    Ganz so wie die anderen Bosse auch hatte Archias sein Territorium innerhalb Roms in kleinere Bezirke unterteilt, denen jeweils ein Hauptmann wie Babilus vorstand, der innerhalb seines klar abgesteckten Areals die konkreten Aktivitäten von Archias' Bande überwachte und steuerte. Seine Untergebenen arbeiteten nur für Babilus und auch die erpressten Händler zahlten ihr Gold einzig und alleine an den Hauptmann. Dieser leitete es dann seinerseits an seine Höhergestellten weiter, also Ferox und Archias. Die einfachen Kriminellen, bzw. "Soldaten" hatten keinerlei Kontakt zur Krähe, sondern kannten diese nur vom Hörensagen. Ihre Befehle bekamen sie nur von Babilus, bzw. ihrem jeweiligen Hauptmann, so war sichergestellt, dass jede Zelle eines jeden Hauptmanns unabhängig für sich operierte und die anderen (oder den Boss selbst) nicht verraten konnte. Archias' Haus hatte auch noch einmal einen ganzen eigenen Tross an Männern (z.B. die Wachen am Tor), die jeder Hauptmann je nach seinen Befehlen für Einsätze hernehmen konnte, die direkt mit Archias, oder seinem Haus und dessen Bewohner zu tun hatten. Direkt beim Haus gab es nur loyale Männer und es war eine große Ehre für jeden Soldaten von einem Bezirk zum Dienst im Haus der Krähe befördert zu werden. Diese Extratruppe war eine weitere Vorsichtsmaßnahme, dass die gemeinen, niederen Banditen von der Straße nichts verraten konnten. Auch bei den Hauptmännern verhielt es sich ähnlich mit der Undurchsichtbarkeit. So kannte Babilus seinerseits zwar schon auch noch den einen, oder anderen Hauptmann, jedoch kannte niemals jeder alle und wer als Soldaten für den jeweils anderen arbeitete, war ebenfalls unbekannt. So konnte niemals die gesamte Organisation von der Obrigkeit ausgehoben werden. Kritisch wurde es erst auf der Führungsebene über den Hauptmännern, da hier alle Fäden zusammenliefen.
    "Ich bin zufrieden, du kannst dich zurückziehen." Babilus neigte den Kopf als Zeichen des Respekts und verschwand. Archias hatte sich zum Fenster gewandt und blickte hinaus auf den Hof seines Hauses. So war vorerst alles geregelt. Ferox würde sich um das Treffen mit Silius kümmern, Babilus würde ihm zu zusätzlichen regelmäßigen Geldern in seinem Bezirk verhelfen und seine kindlichen Spione waren noch auf dem Fest bei der Station, um das Gesagte und alle Schritte des Praefectus Urbi zu überwachen. Soweit so gut. Doch Archias wollte noch mehr tun, er wollte noch näher am Geschehen sein. Vielleicht sollte er ein klein wenig aus dem Schatten treten und unter seiner zivilen Identität anfangen einen zusätzlichen Schutzschild gegen die Urbaner aufzubauen. Eine Tarnung, die ihn persönlich über jeden Zweifel erhaben machen würde, auch wenn es riskant war; es war an der Zeit eine Taverne zu eröffnen.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    Babilus und seine Männer waren mit dem gefangenen Angus auf dem Weg zur Casa des Nero Helvetius Archias, doch natürlich nicht auf direktem Wege. Nicht nur, dass sie mehrere Male die Richtung änderten, oder ein Stück zurückgingen, sondern auch, weil Angus noch einen kurzen Zwischenaufenthalt einzulegen hatte.
    Gemäß der Sicherheitsvorkehrungen, die die Krähe für ihre Organisation getroffen hatte, hatte keiner aus Babilus' Bande Zutritt zu seinem Unterschlupf (außer der Räuberhauptmann selbst). Entsprechend durften sie nicht einmal dessen ungefähre Lage erfahren. So also legten sie Babilus in einen kleinen Schuppen, 3-4 Gassen von Archias' Haus entfernt und verließen ihn anschließend dann wieder, um Feierabend zu machen. Beim herauskommen nickte Babilus einem kleinen Mädchen zu, das sofort loslief. Für heute war die Arbeit getan. Alles Schutzgeld war eingetrieben und ein paar Personen (unter ihnen Angus) überfallen, jetzt konnte er sich ganz auf eine schöne kühle Cervisia bei der fetten, fischäugigen Wirtin Aranea freuen.


    Der Schuppen in dem sie Angus verstaut hatten, war wohl eine viertel Stunde lang vollkommen verwaist, ehe wieder das Tor knarzte. Mehrere Gestalten huschten herein, die sich den Sklaven jetzt ihrerseits aufluden. Das waren Männer vom Hause der Krähe, die gekommen waren, um dieses hübsch verpackte Präsent in den Kerker unterhalb des Kellers von Archias' Haus zu verfrachten. Dort sollte der Neue erst einmal 1-2 Tage vor sich hinschmoren und ein wenig gesiebte Luft atmen, damit er nicht gleich wieder davonlaufen konnte, ehe er begriffen hatte, dass er von Stund an ein Mitglied von Babilus' Räuberbande sein sollte, im Namen natürlich von Nero Helvetius Archias, der Krähe.
    Das wusste er natürlich alles noch nicht, aber nicht lange und man würde es ihm schon beibringen. Die Männer kamen am Gelände an und grüßten ihre -scheinbar- am Tor herumlungernden Kameraden, die hier jedoch in Wahrheit Wache hielten und auch stets Knüppel unter ihren Gewändern verborgen hatten. Durch die Tür mit Angus und dann hinab ins Untergeschoss. Dort eine Scheinwand zur Seite geschoben und den kurzen Pfad hinab zum kleinen Raum in dem sich drei Gefängniszellen befanden und der von einigen Öllampen erhellt wurde. Hier legten sie ihn in einer Zelle ab, in der ein frisches Bett aus weichem Stroh bereitlag, zogen ihm den Sack vom Kopf und lösten seine Fesseln. Dann verließen sie die Zelle wieder, aber bevor vollends abgeschlossen wurde, trug man für Angus zuvor noch ein großes Tablett voller gutem Essen und einen ganzen großen Krug Wein und sogar noch einen zweiten mit Wasser herein. Dann aber wurde wirklich der Schlüssel im Schloß umgedreht und abgezogen. Die Männer verließen den Kerker und Angus war alleine in seinem Gefängnis.

  • Mein Kopf dröhnte vor Schmerzen. Es kam mir so vor, als ob sich alles drehe. Mir war schlecht und alles war schwarz vor meinen Augen. Von weitem hatte ich Stimmen wahrgenommen. Aber die waren inzwischen verstummt. Ich hatte keinen blassen Schimmer davon, was mir zugestoßen war und wo ich mich befand. Sämtliche Knochen taten mir weh. Aber meine Kopfschmerzen waren am unerträglichsten.
    Offenbar waren meine Haare nass. Meine Hand fuhr an meinen Hinterkopf. Da war tatsächlich etwas feuchtes Klebriges. Mit viel Mühe gelang es mir, meine Augen zu öffnen. Zum Glück sorgten ein paar Öllampen für schummriges Licht, sonst hätte ich rein gar nichts erkennen können. Ich lag auf einem Lager aus Stroh. Dann sah ich an meine Hand und erkannte, dass es Blut war, was an meinen Haaren klebte. Das musste eine Platzwunde sein von einem Schlag. Verdammt, was war nur passiert? Je mehr ich mich anstrengte und nachdachte, umso schlimmer wurden die Kopfschmerzen. Also blieb ich am besten noch eine Weile auf dem Lager liegen und schloss wieder meine Augen, in der Hoffnung, dass mein Zustand sich verbesserte.
    Langsam begannen Gedanken durch meinen Kopf zu schwirren. Von Ereignissen der letzten Tage. Vielleicht erinnerte ich mich dann auch, was passiert war. Da waren Iduna, der verdammte Germanicer und noch ein Römer. So ein blonder Jungspund in feinen Klamotten. Der Kerl hatte Iduna begrabscht, als wäre sie ein reifer Apfel, den man bald ernten musste. Ich spürte jetzt noch die Wut in mir, die ich dabei empfunden hatte und sie kam auch sofort wieder hoch. Ich erinnerte mich noch an ein Würfelspiel. Wer hatte gespielt? Ich und der Kerl in der Taberna? Ich wusste noch, ich hatte mich mit ihm unterhalten und hatte dabei ein paar Cervisia getrunken und einen Lammeintopf gegessen. Aber ab dann war alles weg. Ich konnte auch nicht sagen, wann ich mit dem Mann gesprochen hatte. Heute, gestern oder vor ein paar Tagen?


    Plötzlich war mir, als roch ich etwas. Der Duft von frischem Essen war in meine Nase gekrochen und verursachte in mir ein Verlangen, dem ich nicht lange standhalten konnte. Wieder öffnete ich meine Augen und sah mich um. Ich begriff, dass ich in einem Raum war, der recht spärlich eingerichtet war. Auf dem Boden stand ein Tablett bereit, welches mit einer Schale Eintopf und einem Teller mit Brot bestückt war. Außerdem entdeckte ich zwei gefüllte Kannen und einen Becher.
    Ich erhob mich und schritt zunächst zur Tür. Wie ich erwartet hatte, war sie verschlossen. Ich war gefangen! Aber wo nur und wer hielt mich gefangen? War es etwa der Germanicer?! Aber weshalb? Was hatte ich getan? Doch ich hatte im Laufe der Zeit gelernt, dass diese dreckigen Römer keinen triftigen Grund benötigten, um einen ihrer Sklaven tagelang, ja wochenlang gefangen zu halten. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie Scato (verdammt soll er sein und alle Flavier) mich wochenlang im Carcer der Urbaner hatte schmoren lassen – nur weil ich sein verfluchtes Leben gerettet hatte. Ein unbändiger Hass stieg in mir auf, auf die Flavier, auf den Germanicer und überhaupt alles, was römisch war. Rom, das war mein Verderben! Dann dachte ich wieder an Iduna und an unser Kind, die inmitten dieser Schlangengrube saßen. Ich seufzte schwer und wandte mich um zu der Kanne, in der sich der Wein befand. Ich schenkte mir einen Becher ein und verzichtete natürlich darauf, das Gesöff mit Wasser zu verdünnen. Schließlich war ich keiner dieser verweichlichten Römer! Doch bevor ich den Wein hinunterkippen wollte, kam mir plötzlich der Gedanke, dass der Wein und auch das Essen vergiftet sein könnten. Wer bei Venus´ Titten versorgte einen gefangenen Sklaven mit Wein und gutem Essen in seinem Gefängnis?! Aber vielleicht war es ja auch eine Art Henkersmahlzeit, weil man mich in ein paar Stunden schon ans Kreuz schlagen wollte, warum auch immer.


    „Ach, scheiß drauf!“, zischte ich und leerte den Becher in einem Zug. Der Wein war gut und der Lammeintopf auch. Obwohl er schon etwas kalt war.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Die nächsten beiden Tage sollten triest werden für den Gefangenen. Durch die unterirdische Lage des Kerkers sah man keine Sonne und keine Sterne und konnte nach einer Weile überhaupt icht mehr abschätzen, ob es jetzt Tag, oder Nacht war, wodurch sich die Zeit noch mehr in die Länge zog und eine halbe Stunde am Ende wie zwei ganze wirkte.


    Auch die rechte Gesellschaft fehlte, denn jedes Mal kam ein anderer stummer Lakai, wenn es darum ging die Öllampen im Kerker auszutauschen, damit es immer hell blieb, oder dem Häftling Essen zu bringen, oder die Reste abzuholen. Jedes Mal ignorierten sie den Gefangenen und waren genauso schnell wieder weg, wie sie gekommen waren.
    Da die Kerkerzellen aus offenen Eisengittern bestanden, konnte das Licht der Öllampen problemlos in jede Zelle eindringen, die auf Tischen außerhalb der Zellen standen, sodass sie problemlos zu wechseln waren. Ging es jedoch daran die Zellentür zu öffnen, um dem Gefangenen das Essen zu bringen etc., begleiteten den Ausführenden stets zwei bewaffnete Spießgesellen, die sich an der Tür postierten, um ja darauf zu achten, dass Babilus' Vögelchen nicht ausflog. Jedes Mal wieder andere Gesichter, sodass der Gefangene gar nicht erst damit beginnen konnte möglicherweise auf einen von ihnen einzureden, oder ihn gar kennenzulernen.


    So vergingen zwei Tage in unterirdischer Isolationshaft, sehr guter Verpflegung inklusive, ehe sich ein neues Ereignis im Kerker ergab. Einfach so außerhalb der Essens- und Lichtwechselzeiten öffnete sich plötzlich die Kerkertür und Babilus trat in den erhellten Raum. Mit seinem Raubtierblick grinste er Angus schon von weitem her an, als er ihn erblickte, ehe er zu seiner Zelle herankam und sich gegen die Gitterstäbe lehnte, um durch sie hindurch mit ihm zu sprechen. "Salve Prinzesschen, na wie bekommt es uns? Gut geschlafen?"

  • Vielleicht hätte es mir beim Geschmack des Lammtopfes bereits auffallen müssen. Er hatte mir wirklich sehr gemundet. Genauso wie der in dieser neuen Taberna! Aber mir waren einfach zu viele Dinge durch den Kopf gegangen, dass mir das völlig entgangen war. Stattdessen wuchs in mir die Wut auf denjenigen, der mich hier eingekerkert hatte.


    Ein kleiner Hoffnungsschimmer auf meine baldige Freilassung keimte auf, als ich nahende Schritte hörte. Doch der Kerl der sich meiner Zelle näherte, sprach kein Wort. Als hätte man ihm voher die Zunge herausgeschnitten! Er wechselte nur die Öllampe aus. Alle paar Stunden kam ein anderer, der diesen Dienst versah. Alle waren sie stumm geblieben.


    Der, der mich hier festhielt, war es anscheinend besonders wichtig, dass ich regelmäßig mit Essen und Getränken versorgt wurde. Jedoch war das für mich zweitrangig geworden. Dadurch, dass es die ganze Zeit über taghell war, verlor ich nach den ersten Stunden meiner Gefangenschaft bereits mein Zeitgefühl. Die Ungewissheit, was als nächstes passieren würde, brachte mich schier zum Wahnsinn. Die Männer, die mich mit Essen versorgen hatte ich anfangs mit Fragen gelöchert und da sie nicht geantwortet hatten, hatte ich ihnen Schläge angedroht. Doch jedes Mal wurden sie von bewaffneten Spießgesellen begleitet, die mich auf Abstand hielten und mir deutlich machten, dass sie keineswegs zögern würden, ihre Waffen an mir auszutesten.


    Die Zeit tat ihr übriges. Nach etlichen Stunden begann ich mich müde zu fühlen. Doch an einen festen tiefen Schlaf war nicht zu denken! Die verdammten Öllampen standen alle außerhalb meiner Zelle, so dass ich nicht an sie heran kam. Irgendwann kam es mir dann auch so vor, als ob ständig jemand kam, der peinlichst genau darauf achtete, dass das Licht niemals erlosch. All das machte mich langsam aber sicher mürbe. Wenn ich den in die Finger bekam, der sich diese Folter ausgedacht hatte!


    Dann, nach unendlich vielen Stunden ohne Schlaf näherten sich wieder Schritte. Ich hatte Mühe meine Augen aufzuhalten. Der Kerl kam mir bekannt vor. Es war einer von denen, die mich überwältigt hatten. „Was wollt ihr von mir? Wer seid ihr? Wieso bin ich hier!“, brach es wieder aus mir heraus. Ich wollte endlich Antworten, auch wenn es mir schwer fiel, mich darauf zu konzentrieren.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Der kleine Zwischenaufenthalt in der Zelle hatte wohl seinen Zweck erfüllt. Anstatt wellenhohem Widerstand und grenzenloser Wut schlugen Babilus gerade einmal ein paar halbverwirrte Fragen eines desorientierten Geistes entgegen. Gequälte Seelen zu sehen bereitete dem Räuberhauptmann Freude und umso mehr, wenn er dafür verantwortlich war. Er lächelte sein psychotisches Lächeln, während er Angus nicht aus seinem Blick entließ.
    Frohlocke, mein Freund, dir wurde ein großes Geschenk zuteil. Dein altes Leben ist in jener Nacht vor zwei Tagen in der Gosse gestorben, in der wir dich aufgelesen haben. Wenn du aus dieser Zelle herauskommst, wirst du jemand anderes sein. Einer von uns.


    Babilus leckte sich über die Lippen und sah auf den halbleeren Teller in der Zelle. „Findest du nicht auch, dass wir dich bis jetzt königlich bewirtet haben? Kein Konsul hat in den letzten beiden Tagen besser gespeist als du, vertraue mir. Wäre es nicht schön, wenn du das jetzt immer haben könntest? Wenn da immer jemand wäre, auf den du zählen und die du „Kameraden“ nennen kannst? Vorrausgesetzt natürlich du tust was man dir sagt, nichts ist umsonst auf der Welt, alles muss verdient werden. Denk darüber nach.
    Ohne weitere Reaktionen abzuwarten, oder Fragen zu beantworten grinste er mit einer neckisch angedeuteten Verbeugung des Kopfes ihn noch einmal höhnisch an, ehe er sich umdrehte und wieder den Kerker verließ. Nach dem zuschlagen der Tür war ein deutliches umdrehen eines Schlüssels im Schloss zu hören. Babilus würde wiederkommen. An einem anderen Tag. Solange konnte der Sklave weiterschmoren, auf das er völlig gar und gut durch wäre, wenn er als Bandenmitglied erst wieder zur Freiheit gelangen würde.

  • Es lag Nebel über der Ewigen Stadt, als Archias aus dem Fenster seines Officiums blickte. Hinter ihm studierte Ferox gerade ein Blatt Papyrus mit gerunzelter Stirn. Die Krähe war tief in Gedanken versunken, während ihre Augen stur in die undurchdringliche graue Wand von Nichts draußen vor dem Fenster starrte. Die Nachwehen seiner kleinen feindlichen Übernahme hatte doch höhere Wellen in der Unterwelt geschlagen, als geplant. Natürlich, der Sturz des Egilius, die Übernahme seines Reviers und das beabsichtigte Bündnis mit Silius war alles zunächst mehr als erfolgreich gewesen, doch der schnelle Vormarsch hatte die anderen Bosse doch etwas nervös gemacht. Genauso wie Ferox es einst einmal prophezeit hatte, hatte der Unterweltboss Pedanius die Nerven verloren und seine Männer auf die von Archias gehetzt, in der Sorge um sein eigenes potenziell bedrohtes Revier. Daraufhin war auch Silius ein wenig ins Wanken gekommen, ob er den Packt mit Archias nicht doch neu verhandeln, oder gar auflösen sollte und auch der Boss Decrius hatte Boten zum Haus der Krähe geschickt, um evaluieren zu lassen wie ernst die Lage war und ob auch er aus Eigeninteressen eingreifen sollte. Viele kleine Konflikte also, die jeder für sich genommen harmlos sein mochten, zusammengenommen und unbehandelt jedoch einen neuen großen Bandenkrieg in der Unterwelt auslösen konnten. So hatte sich Archias also zuerst diesen Dingen widmen müssen, um die neu gewonnene Macht nicht gleich wieder zu verlieren (oder gar seinen Kopf), währendessen der eigentliche Feind, die Urbaner, weiterhin völlig ungestört an ihrer Station weiterbauen konnten. Natürlich wurde die Station jederzeit gut beobachtet, doch für Archias‘ Geschmack war deren Bau bereits viel zu weit fortgeschritten. Die Mauern ragten schon hoch auf im Bild der Stadt und neueren Berichten zufolge sollte sogar schon mit der Deckenkonstruktion begonnen worden sein. Ein inakzeptabler Umstand!
    Die Sache mit den anderen Bossen hatte viel zu viel Zeit eingenommen, doch zum Glück war diese jetzt erledigt und er konnte in Zukunft alle seine Kräfte voll und ganz auf die Station konzentrieren.


    Endlich wurden Geräusche vor der Tür vernehmbar, ehe diese auch schon aufging und drei Kinder den Raum betraten. Zwei Jungen und ein Mädchen. Ferox sah auf und auch der Boss Archias wandte sich zu ihnen um und lächelte. „Ah, da seid ihr ja meine Vögelchen, Willkommen! Nun, so berichtet mir, was es an Neuigkeiten gibt.


    [Blockierte Grafik: https://www.byzantinisches-reich.eu/bilder/avatare/byzanz/weltlich_maennlich/got60.png [Blockierte Grafik: https://www.byzantinisches-reich.eu/bilder/avatare/byzanz/weltlich_maennlich/pic113.png| Gaius, Noctua und Manius


    Ein wenig hibbelig trat der linke der beiden Jungen von einem Bein auf das andere, das Mädchen starrte stur zu Boden. Der rechte Bursche, Manius, blickte die beiden anderen an und als er sicher war, dass sie nicht sprechen würden, übernahm er diesen Teil. „Salve, Corvus! Wir kommen mit dem neuesten Bericht unserer Freunde. Cadia hat gesehen, dass Gebiet der Baustelle auch weiterhin auf Anordnung dieses Iuliers von immer drei Wachen abgeschritten wird. Appius und Aulus konnten zwei Soldaten belauschen, die gesagt haben, dass einer der Centurios sich Sorgen wegen der Dachkonstruktion macht und es als kritischsten aller Punkte ansieht. Auch will man ein System zur Brandbekämpfung einbauen unterhalb des Giebels. Oder Fässer mit Löschwasser da oben lagern. Jedenfalls legen die bei der Dachbaustelle großen Wert auf Sorgfalt und Vorsicht und die Gerüste werden seit dem letzten Einsturz auch ständig überwacht.“ Der Bericht war vollständig, also verstummte Manius und sah zu Boden. Archias war zufrieden. „Sehr schön Kinder, ihr dürft jetzt gehen. Wenn ihr in der Culina vorbeischaut wird euch die Köchin bestimmt ein wenig was süßes geben.“ Noctua strahlte bei diesen Worten Archias an und zog gleich daraufhin ihre beiden Freunde aus dem Zimmer. Bursa, der draußen Wache stand, schloss hinter ihnen wieder die Tür, während sich Archias an seinen Berater wandte. „Nun, du hast es gehört. Was machen wir?
    Ferox studierte eine Skizze der Baustelle, die die Kinderspione der Krähe für ihn angefertigt hatten.


    | Ferox


    Die Kinder hatten erwähnt, dass man zwar beabsichtigt ein Feuerlöschsystem einzurichten, aber nicht, dass es das schon gibt. Wir sollten auf jeden Fall also vor dem Zeitpunkt handeln, da dieses existiert.


    Das klang logisch.


    Einverstanden, bleibt also nur noch die Frage wie wir diesen neuesten Bericht zu unserem Vorteil nutzen können. Wenn dieser Centurio meint das Dach sei heikel, dann sollten wir das ausnutzen. Wenn wir es schaffen die Balkenkonstruktion des Daches zum Einsturz zu bringen, wieviel Schaden würde das wohl anrichten?


    Ferox brummte, während er kurz darüber nachdachte. „Nunja, wir könnten zwar das Dach zum Einsturz bringen, aber ganz so viel würde das wohl nicht bringen. Wir müssten auch ein Feuer legen, damit der Dachboden instabil wird und herabfallende große Trümmer auch weiter unten im Gebäude ihre zerstörerische Wirkung entfalten können. Ist der Brand groß genug, könnte es auch die Außenmauern beschädigen, aber dafür müssten wir wohl etwas nachhelfen...


    Archias stimmte zu. „Und was, wenn wir doch den Moment abwarten, da die Wasserfässer am Dach verstaut werden? Man könnte das Wasser zuvor ja durch Öl ersetzen, oder zumindest einen Teil davon, solange die Dinger versiegelt und schwer wie Elefanten sind merkt doch niemand den Unterschied welche Flüssigkeit jetzt genau darin ist.


    Mhm...bleibt also nur noch die Frage wie man das jetzt genau umsetzen will. Wir brauchen auf jeden Fall einige Männer gleichzeitig vor Ort, um den Dachstuhl schnell und effizient zum Einsturz und den Rest in Brand setzen zu können, doch beim üblichen Handwerkertausch werden wir in dieser kurzen Zeit wohl nicht mehr als zwei oder drei unserer Leute einschleusen können. Wir müssen also auch mit Bestechungen und Einschüchterungen von schon vorhandenen Bauarbeitern vorlieb nehmen, die die Urbaner schon kennen. Das können Babilus‘ Männer übernehmen, wenn du es so willst.


    Archias, ebenso immer noch die Baustellenskizze studierend, war einverstanden. „Machen wir es so. Die Kinder sollen ihm ein paar geeignete Opfer zeigen, die man umdrehen kann, ansonsten will ich, dass sie den genauen Zeitpunkt in Erfahrung bringen, wann die Wasserfässer hinaus aufs Dach geschafft werden sollen. Je eher, desto besser. Vllt. sollte man sich auch noch ein kleines Ablenkungsmanöver für die Wachen überlegen, arbeite diesen Gedanken näher aus. Unsere eingeschleusten und bestochenen Leute sollten so einen Tag vor dem Fasstransfer damit beginnen heimlich die Balken anzusägen und Seile bereitzuhalten, für einen schnellen und effizienten Abriss. Genauso sollen sie sich um Möglichkeiten kümmern, um hinterher gleich schnell das Feuer entfachen zu können.


    Ferox nickte. Für einen groben ersten Entwurf war dieser Plan schon einmal brauchbar. Natürlich galt es noch einige Feinheiten abzustimmen, wo sie es doch mit bis an die Zähne bewaffnete Soldaten und einer gut bewachten Baustelle zu tun hatten, doch so wie er das mitbekommen hatte, plante die Krähe offenbar einen Großangriff auf die Station. Für alles andere war es wohl schon zu spät, der Bau war zu weit fortgeschritten. Wäre ihre Aktion ein Erfolg, könnten sie hinterher natürlich derlei Unternehmungen wieder ins Auge fassen, doch zu allererst galt es jetzt einmal die allzu zügigen Baufortschritte zu stoppen und soweit wie möglich rückgängig zu machen mit Feuer und Chaos.

  • Anstatt einer vernünftigen Antwort, faselte der Kerl nur wirres Zeug! Weshalb sollte ich mich freuen und wieso war ich gestorben? Das war doch völliger Schwachsinn! Natürlich lebte ich noch! Ich spürte es doch ganz deutlich, denn mein Schädel brummte wie verrückt. Die Müdigkeit und dann diese kryptischen Andeutungen, die dieser Bursche da von sich gab, trieben mich langsam aber sicher in den Wahnsinn. Dabei wäre es wahrscheinlich ganz schlüssig gewesen, hätte ich nur einen klaren Gedanken fassen können. Hinzu kam meine Sorge um Iduna. Es musste jetzt fast jeden Tag so weit sein, bis unser Kind kam. Verdammt und zugenäht und ich sah hier in dieser Zelle! Ich hatte keinerlei Vorstellung mehr, wie lange ich nun schon hier gefangen sein mochte. Wahrscheinlich waren es bereits mehrere Tage oder gar Wochen? Aber hätte ich meinem Besucher genauer folgen können, hätte ich gewusst, dass es nur zwei Tage gewesen waren.


    „Wer werde ich sein, hä? Wer? Und wer bist du?“, zischte ich. Ein kleines Fünkchen brannte noch in mir, doch dies war leider nicht genug, um ein loderndes Feuer zu entfachen. Zwar hatte es mir hier an gar nichts gefehlt. Im Gegenteil, das Essen, das man mir immer wieder vorgesetzt hatte, war viel zu viel gewesen. Ich schaffte es gar nicht, dass alles zu essen. Genau das gab auch der Spitzbube zu bedenken. Selten hatte ich so gut gespeist, wie hier in dieser Zelle. Doch was nützte einem das beste Essen, wenn man eingesperrt war und sich nach der Freiheit sehnte! Verdammter Mist - Freiheit! Diese Freiheit gab es doch gar nicht! Nicht für mich, nicht für Iduna und auch nicht für unser Kind.


    Der Kerl faselte etwas von Kameraden, die immer für einen da waren, wenn man sie brauchte. Ja, das wäre wirklich gut gewesen! Vielleicht hätten sie uns helfen können. Natürlich wäre diese Kameradschaft nicht umsonst gewesen! Aber was war denn noch umsonst? Seine Worte prasselten weiter auf mich ein, wie ein starker Regenguss in meiner Heimat. Doch dann plötzlich ließ er mich einfach stehen und ging. „He, warte doch! Du musst mir helfen! Ich brauche deine Hilfe! Ich tue alles, was du willst!“ Den letzten Satz konnte er eigentlich gar nicht mehr gehört haben, da er bereits den Kerker verlassen hatte. Doch ich ließ mich langsam hinunter auf den Boden gleiten und versank in meinem Gram. „Du musst uns helfen!“ rief ich noch einige Male. Meine Stimme aber wurde immer leiser. „Iduna und das Kind! Ihr müsst mich gehen lassen!“, sagte ich dann immer wieder fast gebetsmühlenartig, bis ich irgendwann verstummte und nur noch vor mich hinstarrte.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Auch wenn das aus der Sicht einer immergleich hellen Zelle nicht sofort ersichtlich sein mochte, so kam Babilus am nächsten Tag trotzdem um die gleiche Zeit wieder zu Angus. Quietschend öffnete sich wieder die Tür und schon stand der Räuberhauptmann ein weiteres Mal vor ihm.


    Heute war Babilus' Gesicht ausdruckslos, als er zu den Gittern kam. "Salve, na gut geschlafen? Wieder ist ein Tag um und ich bin gekommen, um zu hören, ob du über meine Worte gestern nachgedacht hast?"

  • Ein Häufchen Elend – das beschrieb es wohl am ehesten, wie ich mich fühlte. Ich saß zusammengesunken in einer Ecke meiner Zelle. Mein Haar war völlig struppig und verklebt, in meinem Gesicht spross ein blonder Dreitagebart ungehindert weiter und ich roch säuerlich nach Schweiß, Alkohol und Erbrochenem. Kurz und gut, ich war ein menschliches Wrack. Meine geröteten Augen sahen nach oben, als sich die Zellentür öffnete. Der Glanz war längst aus ihnen verschwunden. Mein Wille war endgültig gebrochen. Nun war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich alles, wirklich alles tun würde, nur um hier herauszukommen. Ich wusste, ich musste so schnell wie möglich zurück zu Iduna, denn ich ahnte es bereits, dass etwas während meiner Abwesenheit passiert sein musste. Warum hatte ich sonst so sehr an sie denken müssen und weswegen hatte sie mich ständig in meinen Gedanken heimgesucht? War unser Kind nun endlich zur Welt gekommen? Und war es gesund? Oder hatte sie es etwa verloren? All diese Fragen hatten mich die letzten Tage und Stunden gequält.
    Doch nun stand wieder dieser Kerl vor mir, der mir vor wieviel Stunden auch immer etwas davon erzählt hatte, ich sei gestorben und könne nun ein neues Leben haben und einer von ihnen sein, wenn ich diese Zelle verließe.
    „Ich will heraus!“, rief ich ihm mit letzter Kraft zu. Meine Stimme klang brüchig. „Ich will einer von euch sein! Aber bitte lass mich endlich hier heraus! Ich tue alles, was ihr wollt! Wirklich alles!“ Dabei hätte ich nur kurz darüber nachdenken sollen, was ich vor einigen Tagen, die mir allerdings wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, gesagt hatte. Inzwischen hatte ich versucht, mich aufzuraffen, schaffte es aber nur bis auf meine Knie. Ja, selbst den letzten Rest meines Stolzes hatten diese Tage im Kerker aufgefressen.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Babilus hob mit einem Anflug von Amusement leicht die Augenbrauen. Offenbar konnte der Kleine nicht allzu viel verkraften, wenn ihn vier Tage in einer Zelle schon so fertig gemacht hatten, was würde er da erst dann in einem ECHTEN Gefängnis, wie z.B. in einem Kerker der Praetorianer machen, wo es nicht so bequem und das Essen um Äonen schlechter war? Der Boss musste wirklich etwas ganz bestimmtes mit ihm vorhaben, andererseits konnte er es sich nicht erklären, wieso er ausgerechnet diesen verweichlichten Schwächling in seine Bande aufnehmen sollte.


    Als ihn Angus gleich einem Kind anheulte, machte Babilus ein gespielt überraschtes Gesicht. "Dazugehören? Zu uns? Ja wie kommts denn? Aber bevor du vorschnelle Entscheidungen triffst, die du sowieso nicht Ernst meinst, machen wir wohl besser erst mal wieder einen ganzen Menschen aus dir. So wie du aussiehst könnte man ja glatt meinen du wärst gute vier Tage gefangen gehalten worden bei äußerst delikater Verpflegung versteht sich." Nach einer kurzen Musterung von Angus Äußerem drehte er sich um und ging wieder hinaus, ließ dieses Mal die Tür zum Kerkerraum jedoch sperrangelweit offen. Wenig später kam er wieder zusammen mit mehreren Leuten. Babilus stellte den Tisch mit den Öllampen etwas beiseite und an dessen Stelle schleppten zwei andere Männer einen hölzernen Waschzuber herbei. Wieder mehrere andere hielten große gefüllte Amphoren in den Händen, die sie im Zuber ausgossen. In ihnen war jeweils eine Menge an heißem Wasser. Die allerersten, die ihre Amphore geleert hatten waren gleich wieder verschwunden und kamen nach einigen Minuten mit weiteren Utensilien zurück, unter anderem Dinge zum waschen wie Schwämme etc., aber auch eine ganz kleine blank polierte Bronzeplatte als Spiegel und Rasierzeug. Eine frische Tunika ungefähr von der Art und Farbe wie Angus sie trug wurde ebenfalls auf den Tisch gelegt. Dann gingen alle wieder hinaus bis auf zwei bewaffnete Wachen, die hinter dem letzten die Tür schlossen und sich dann davor postierten. Jetzt waren nur noch sie beide und Angus und Babilus im Kerker. "Na dann, Zeit dich rauszulassen und keine dummen Tricks, verstanden?" Babilus kam zu Angus Zelle heran und schloß sie auf. "Also dann der Herr, es ist angerichtet." grinste er und wies auf den Zuber und den Tisch mit den Schwämmen und dem Rasierzeug, auf dass sich Angus hier waschen, rasieren und neu einkleiden konnte, unter guter Bewachung verstand sich. Denn selbst wenn er auf die Idee kommen sollte das Rasierzeug als Waffe zu benutzen, so hatte er kaum bis keine Chance gegen die beiden Wachen im Raum und gegen Babilus, der natürlich auch einen Dolch am Gürtel trug und nicht nah genug bei Angus stand, um ihm diesen überraschend abzunehmen.


    Babilus holte sich den Schemel neben der Kerkertür und ließ sich darauf nieder. "Nun, deine Zeit in unserer Gastfreundschaft neigt sich in der Tat dem Ende zu. Schon irgendwelche Ideen, was du jetzt weiter machen willst?"

  • Dieser Dreckskerl genoss es, mich so zu sehen. Unter anderen Umständen hätte ich ihm seine dämliche Visage poliert. Allerdings war ich zum einen nicht richtig in der Verfassung, andererseits wollte ich nicht noch länger in diesem Loch eingesperrt sein. Iduna würde es mir niemals verzeihen, wenn ich nicht bei ihr wäre, wenn das Kind kam.


    Um mich noch weiter zu reizen, verhöhnte er mich, wie er nur konnte. Dabei unterstellte er mir sogar, meine Entscheidung sei nicht ernst gemeint. Jedoch transportierte er auch kleine Informationen, die mir wenn man genau zuhörte, die eine oder andere Frage beantwortete. So zum Beispiel, wie lange ich hier festgesessen hatte. „Vier Tage?“, fragte ich erschrocken, wobei ich eigentlich bemüht gewesen war, mir nicht noch mehr Schwächen ansehen zu lassen. Doch in dieser Zeit konnte alles Mögliche passiert sein!


    „Der Boss, das ist die Krähe nicht wahr?“ fragte ich, diesmal mit einer etwas festeren Stimme, um von meinem Erstaunen über die Dauer meiner Gefangenschaft abzulenken. „Ja, verdammt, ich will zu seiner Bande dazugehören! Und wie ich das will!“ Bei diesen Worten kehrte so langsam mein altes Ich wieder zurück. Zumindest verspürte ich wieder die Glut des Hasses in mir. Der Hass auf all jene, die mich all die Jahre gedemütigt hatten und die glaubten, einen Anspruch auf mich zu haben.


    Als der Kerl sich wieder umdrehte und ich schon befürchten musste, er würde mich noch weiter hier festhalten wollen, blieb ich diesmal standhaft. Nicht noch einmal wollte ich vor diesem Widerling zusammenbrechen. Zu meinem Erstaunen aber ließ er die Zellentür weit offen stehen. Sollte das meine Gelegenheit zur Flucht sein oder war das nur ein Test? Um das herauszufinden, verharrte ich erst einmal an Ort und Stelle und konnte kurze Zeit später feststellen, dass er und ein paar seiner Gehilfen zurückkehrten. Sie trugen alles herbei, was man so benötigte, um nach vier Tagen Kerkerhaft wieder passabel auszusehen. Dagegen hatte ich natürlich nichts, denn ich konnte mich selbst nicht mehr riechen. So sehr stank ich.


    Ich ließ mich nicht lange bitten und streifte meine Kleider vom Leib. Dabei war es mir egal ob ich Zuschauer hatte. Mein Körper war muskulös und durchtrainiert. An einigen Stellen kündeten Narben von Auseinandersetzungen, die ich in meinem Leben schon auszufechten hatte. Aber es waren auch Narben von Schlägen, die dokumentierten, wie groß mein Stolz in all den Jahren gewesen war. Die Tätowierungen, die mein Körper vereinzelt zierte, stammten aus einem anderen Leben – einem Leben in Freiheit!


    Als ich mit der Rasur begonnen hatte, fragte er mich, was ich nun vorhätte. Das führte dazu, dass ich einen Moment lang unaufmerksam war und mich mit dem Rasiermesser unterhalb des linken Wangenknochens schnitt. Kaum hörbar zischte ich einen Fluch in meiner Muttersprache und griff nach einem Tuch, um damit das Blut aufzufangen. Für einen Moment hielt ich es fest auf die Wunde gedrückt und wandte mich meinem Zuschauer zu. „Als erstes werde ich zurück zu meinem Dominus gehen, damit er keinen Verdacht schöpft. Ich kann ja sagen, dass ich aufgehalten wurde.“ Natürlich erzählte ich dem Kerl nichts von Iduna und dem Kind. Das ging ihn einen feuchten Kehricht an.
    Zum Glück stoppte die Blutung bald und ich konnte die letzten Handgriffe machen, bis ich fertig war. Frisch gewaschen, rasiert und in sauberer Kleidung fühlte ich mich gleich viel besser.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Der Gefangene war brav und hatte keine Flausen im Kopf wie Babilus zufrieden feststellte. Doch brachte er ihn ein wenig in Verwunderung, als er aus heiterem Himmel nach seinem Boss fragte und ob das denn die Krähe wäre, gefolgt von einer sicheren Bekräftigung Der Jungspund wolle dazugehören! Woher kam denn das jetzt? Hatte Babilus da 1-2 Schritte zu dieser Entscheidungsfindung verpasst?
    "Keine Ahnung wie du auf die Krähe kommst, scheinst aber ja schon mal von ihr gehört zu haben. Wer aber mein Boss ist lass getrost meine Sorge sein, klar?" stellte Babilus fest, ohne Angus' Frage völlig zu verneinen. "Aber in einem hast du recht, du bist nicht zufällig hierher gelangt. Du willst also dazugehören? Schön, dass macht es um einiges leichter und schmerzfreier für dich." Babilus ließ seine Augen dabei auf seinem Dolch ruhen mit dem er ein wenig herumzuspielen begonnen hatte, da ihm das bloße sitzen auf dem Schemel zu langweilig geworden war. Ob er wirklich ein Krimineller werden wollte? Fast schon zu schade falls doch. So entgingen ihm ja alle die kleinen Folter- und Überredungsspielchen...als der Kerl fast fertig war mit seiner Körperpflege ließ er einen äußerst interessanten Satz fallen. "Du bist also Sklave? Wie interessant!" Die Wege der Krähe waren wahrlich unergründlich. Was wollte der Boss mit einem Sklaven?
    "Wie heißt du überhaupt, Junge? Falls du wirklich zu meiner Bande stoßen möchtest, will ich zuvor deine Fähigkeiten unter Beweis gestellt haben. Bereit für ein paar illegale Dinger?"
    Immerhin konnte ja jeder behaupten er wolle gerne Räuber werden. Wenn man dafür aber dann auch wirklich dazu bereit war Gesetze zu brechen und dies in die Tat umsetzte, dann war das schon etwas anderes, denn dann hatte man selbst Dreck am Stecken. Vorher würde der Räunerhauptmann ihm auch nicht seinen eigenen Namen verraten.

  • Mein Besuch im ‚blinden Esel‘, bei dem mir der Wirt etwas von einer gewissen Krähe erzählt hatte, dann die Kerle, die mich zusammengeschlagen und entführt hatten und schließlich das gute Essen, dass mich seltsamerweise an die besagte Taberna gegenüber der neuen Urbanerstation erinnerte. All das zusammen konnte doch kein Zufall sein.
    Als mein Gefängniswärter dann meine Frage so vehement verneinte, war ich mir ganz sicher, dass ich auf der richtigen Fährte war. Daher ließ ich es bei diesem Thema auch bewenden. Ich an seiner Stelle hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Schließlich war ich immer noch ein Fremder.


    Während ich mich säuberte begann er an seinem Doch herumzuspielen. Natürlich beobachtete er mich auch weiterhin. Ob mich das nervös machen sollte? Hätte ich mich nicht kooperativ gezeigt, dann wäre ich wahrscheinlich fällig gewesen. Doch heute würde aus mir keine Leiche werden und am Ende des Tages würde mein Kadaver auch nicht im Tiber schwimmen. Nein, ich wollte wirklich dazugehören und mit meinen Kenntnissen war ich sicher auch eine Bereicherung für die Bande der Krähe.


    Die kleine Wunde in meinem Gesicht hatte endlich zu bluten aufgehört. Daher ließ ich Vorsicht walten, als ich mir das Gesicht mit einem Leinentuch abwischte. Während ich dann mein Werk im Spiegel begutachtete, begann er scheinbar eine Plauderei. Doch sicher geschah auch dies mit der Absicht, noch mehr Informationen über mich zu gewinnen.
    „Ja, ich bin Sklave. Aber das war ich nicht immer!“, antwortete ich. Doch natürlich wollte auch ich nicht alles über mich Preisgeben. Meinen Namen aber konnte er ruhig erfahren. Wahrscheinlich kannte er den eh schon. „Angus ist mein Name.“ Ein wenig stutzig wurde ich, als er mir erklärte, er wolle meine Fähigkeiten testen. Sollte ich etwa jemanden bestehlen oder einen Laden überfallen? Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Aber gut, wenn es sein musste. Sollte er seinen Spaß haben! Aber zuerst musste ich zurück zu Iduna. „Was für illegale Dinger schweben dir denn so vor?“

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    In welchem Haushalt bist du denn Sklave?“ das war bestimmt auch nützlich zu wissen, vielleicht ließ sich ja so etwas über die Pläne vom Boss in Erfahrung bringen.


    Angus hieß ihr „Gast“ also, keine Ahnung aus welcher Sprache dieser Name kam und im Grunde interessierte es ihn auch nicht. Als die Sprache auf die Bewährungsprobe kam die er ableisten sollte, stand Babilus von seinem Schemel auf, den Dolch natürlich immer noch in der Hand. „Du hast die drei Königsdisziplinen eines Banditen zu absolvieren“ Babilus grinste dreckig „Es ist im Grunde ganz einfach. Tu was wir von dir wollen und ich nehme dich als neuer Soldat in meine Bande auf. Weigerst du dich legen wir dich um und niemand wird je deine Leiche finden.
    Ein sehr ehrliches und klares Geschäft, wie er fand. Da Babilus am längeren Ast saß, hielt er es auch für sehr fair. „Die Aufgaben sind folgende: Aufgabe 1: Du stiehlst auf der Straße durch Taschendiebstähle insgesamt sechs Geldbeutel. Bleibst du unbemerkt schön für dich, wird man auf dich aufmerksam, dann häng sie ab. Aufgabe 2: Du überfällst in der Subura drei Passanten mit einem Dolch in Händen und sie sollen dir alles geben was sie bei sich haben. Sieh zu, dass du möglichst nicht die aller abgemagertsten Habenichtse aufgabelst. Halte dich an die Umgebungen der Lupanare, wer dahin geht hat ja normalerweise Geld. Aufgabe 3: Suche dir irgendein unschuldiges und dir unbekanntes Opfer auf der Straße aus und töte es.
    Mal sehen für welche Seite sich der versklavte Angus entschied. Die drei Aufgaben, oder sein eigener Tod.


    Sim-Off:

    Wie kommst du auf die Idee das Essen der Casa in einen Bezug zum Blinden Esel zu stellen? Es wurde mit keinem Wort erwähnt, dass Archias persönlich für Angus gekocht hat. Ja und seine fixe Idee bei der Krähe zu sein lassen wir mal so stehen, wo es doch noch genug andere Bosse und auch so unabhängige kleine Räuberbanden gibt.

  • „In dem des Germanicus Cerretanus,“ zischte ich verächtlich. Mein Körper versteifte sich mit einem Mal und ich presste meine Hände zu Fäusten, als ich den Namen aussprach. Der Germanicer hatte es doch tatsächlich gewagt, Iduna und mich als Einsatz für ein Würfelspiel zu nehmen. Das war noch gar nicht so lange her, erst vor ein paar Tagen, oder war es doch schon länger her? Verdammt, wie lange hatte ich denn nun wirklich in diesem Loch gesessen? Im Grunde war es ja auch egal! Schlimm genug, dass dieser Schwachkopf Cerretanus bei diesem Würfelspiel verloren hatte! Ausgerechnet an diesen blonden Wichtigtuer, der an jenem Abend zu Gast gewesen war. Der Kerl hatte es doch glatt gewagt und Iduna betatscht! Als ob ihr Bauch ihm gehöre! Ich hatte mich sehr zusammen nehmen müssen, damit ich ihm nicht an die Gurgel gegangen war. Zum Glück war dieser Abend auch vorbei gegangen und ich hatte Iduna noch darin beschwichtigt, dass es doch nur ein Spiel gewesen war. Dass die beiden Römer nicht wirklich um uns gespielt hatten. Nein, das hatten sie doch nicht, oder? Zumindest wurde darüber kein Wort mehr verloren, bevor ich das letzte Mal die Casa Germanica verlassen hatte.


    Nun, wahrscheinlich sagte ihm der Name meines Dominus gar nichts. Vielleicht hätte ich eher den des Flaviers nennen sollen. Schließlich hatte es Scato ja ziemlich weit gebracht, bevor er den Löffel abgegeben hatte. Andererseits aber war das Schnee von gestern und mein Gegenüber, dessen Name ich immer noch nicht kannte, musste ja auch nicht alles wissen.


    Kaum hatte ich ihn danach gefragt, womit ich denn beweisen sollte, dass ich seiner Truppe würdig war, kamen fast haargenau die Antworten, mit denen ich vorab schon fast gerechnet hatte. Mal abgesehen von dem Mord, den ich begehen sollte. Jemanden beklauen und überfallen, das war eines. Aber jemanden umbringen, das war eine andere Hausnummer.
    „Einen unschuldigen umbringen?“, fragte ich zur Sicherheit noch einmal nach. Inzwischen war ich an einem Punkt angelangt, an dem es kein Zurück mehr gab. Entweder ich oder irgendein unschuldiger armer Schlucker, der auf der Straße lebte und dem ich in einer dunklen Ecke meinen Dolch in die Eingeweide rammte, um ihn von diesem jämmerlichen Leben zu erlösen.
    „Na schön, wenn´s sonst nichts ist!“, sagte ich großspurig. „Aber zuerst muss ich zurück ins Haus meines Dominus, sonst lässt er noch nach mir suchen. Und keiner von uns will ja schließlich Schwierigkeiten bekommen, nicht wahr!", meinte ich und warf ihm dabei ein kaltes Lächeln zu.

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Babilus sagte der Name des Besitzers überhaupt rein gar nichts, weshalb sein Interesse daran genauso schnell abklang, wie es erschienen war.


    Als Angus einen jämmerlichen Versuch machte dem Räuberhauptmann drohen zu wollen brach dieser in brüllendes Gelächter aus und klopfte ihm auf die Schulter. "Na dann lauf nachhause zu deinem Herrchen und lass dich ordentlich durchprügeln für dein tagelanges fehlen. Und wenn du dich erholt hast erledigst du deine Aufgaben und sei versichert, von Stund an wo du uns verlässt, wirst du unter ständiger Beobachtung stehen für die nächste Zeit, also überlege dir deine Vorhaben gut, du willst ja den nächsten Morgen auch noch erleben, nicht?" und schenkte Angus ein ebenso kaltes und überlegenes Lächeln.


    Dann ging er zu einem der beiden Wachen und nahm diesem ein schwarzes Etwas ab, das sich als der Beutel entpuppte, den Angus schon bei seiner Anreise über dem Kopf gehabt hatte. Mit dem in der Hand drehte er sich wieder zu ihm um. "Wenn du dann soweit wärst, würdest du wieder gefesselt werden und den hier über den Kopf bekommen, dann würden wir dich auch schon ganz fix nachhause bringen."
    Natürlich würden sie Angus nicht einfach so aus der Vordertür spazieren lassen, er würde das Haus der Krähe genauso verlassen wie er es betreten hatte, blind und orientierungslos.

  • Das Gelächter meines Gegenübers ließ mich kalt, auch wenn ich ihm gerne ein wenig die Visage poliert hätte. Aber wie ging noch der schöne Spruch: Was du heut nicht kannst besorgen, das verschiebe dann auf morgen. Auch sein Geplapper ging mir mit beacxhtlichem Abstand an meinem Allerwertesten vorbei. Ich lächelte nur süffisant und ließ ihn reden. Hauptsache der Mistkerl ließ mich endlich hier heraus. Für den Germanicer würde ich mir noch eine passende Geschichte überlegen, die erklärte, warum ich so lange weg gewesen war. Darüber machte ich mir aber jetzt noch keine Sorgen.


    „Natürlich!“, entgegnete ich ihm. Es war mir auch klar, dass er mich nicht einfach hier herausspazieren lassen konnte. So ließ ich mich widerstandslos fesseln und mir das Säckchen über den Kopf ziehen, das ich vor einigen Tagen bereits übergezogen bekommen hatte. Wenn ich doch nur bald zurück zu meiner Iduna kam!

  • Im Kerker unterhalb des Kellers:


    | Babilus


    Draußen war es jetzt dunkel genug, damit man gefahrlos eine gefesselte Person durch die schwarzen Gossen Roms tragen konnte, ohne aufzufallen. Partroullien der Urbaner würden sich schon von weitem durch das Klimpern ihrer Rüstung und dem Schein ihrer Fackeln ankündigen und das einfache Volk würde sich hüten nach Sonnenuntergang hinaus auf die Straße zu treten, wenn ihm sein Leben lieb war.


    Babilus prüfte noch einmal sorgfältig alle Stricke, damit auch ja alles fest saß und auch ob der Sack wirklich blickdicht war. Zur Sicherheit zog er danach noch einen zweiten darauf, sodass wirklich nichts sein konnte. Dann kamen mehrere Gestalten wie schon beim letzten Mal herein und luden ihn sich auf die Schultern. Noch einmal ein Kontrollblick, ob auch beim Hochheben wirklich nichts verrutscht war und dann ging es schon hinaus mit ihrer Fracht und dieses Mal war sie sogar wach und -den Umständen nach- unverletzt.


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