[Cubiculum] Iulia Graecina

  • Sulamith war als Sklavin zur Welt gekommen. Als Kind von Sklaven hatte sie nie die Freiheit kosten können. Ihre Eltern und deren Eltern waren, wie so viele Hebräer damals im Judäischen Krieg, in die Sklaverei geraten. Sulamiths Familie hatte damals das große Glück, vom Großvater ihrer Domina gekauft zu werden.
    Sulamiths Großvater war ein gewiefter Kaufmann gewesen. Sein Dominus hatte seine Fähigkeiten schnell erkannt und sie zu seinem Vorteil genutzt. Als Dank für seine treuen Dienste hatte er und seine Familie ein einigermaßen normales Leben im Stadthaus der Familie in Gortyn führen dürfen. Während der ganzen Zeit ihrer Knechtschaft, hatten sie an ihrem Glauben festgehalten. So wie es seit Generationen Tradition war, hatten sie ihre Rieten und Gebräuche an die jeweils nächste Generation weitergereicht. Ihr Glaube war all die Jahre von ihren Herrn toleriert worden, solange der Hausfrieden nicht gestört worden war.


    Mit fünf Jahren war Sulamith zur Spielgefährtin geworden. Wahrscheinlich hatten Graecinas Eltern Mitleid mit ihrer Tochter gehabt, die nur mit zwei älteren Brüdern bedacht, wenig Kontakt zu gleichaltrigen Mädchen hatte. Mit den Jahren würde aus der Spielgefährtin dann die Leibsklavin werden, hatte man geplant. So war es dann auch gekommen. Sulamith war die Freundin, die Vertraute und auch die Leibsklavin ihrer Domina.


    Kurz vor Sonnenuntergang zündete Sulamith die Kerzen an, die sie zuvor auf den kleinen Tisch gestellt hatte. Dann breitete sie ihre Arme über den Kerzen aus und zog sie in kreisenden Bewegungen dreimal nach innen. Danach bedeckte sie ihre Augen mit ihren Händen und sprach den Segen, so wie sie es von ihrer Mutter gelernt hatte:
    „Baruch ata Adonai eloheinu – Melech haolam, ascher kideschanu bemizwotaw weziwanu lehadlik ner schel Schabbat.*“ Dann öffnete sie wieder ihre Augen, um das Schabbatlicht zu betrachten. „Schabbat schalom!“, rief sie lächelnd.



    * =Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du uns geheiligt durch deine Gebote und uns befohlen, das Shabathlicht anzuzünden.

  • Nachdem Eireann einen letzten Blick auf den Lockenkopf geworfen hatte, ergriff sie die schmale Hand des Mädchens. Mit einem zuversichtlichen Lächeln betrachtete die Dunkelhaarige das Mädchen und spürte im selben Moment wie ihr das Herz bis zum Hals pochte. Wieso brachte Sulamith Tiberios in diese schmierige Spelunke am Tiberufer? Was hatte Sulamith vor?


    Das leise wimmern der Ancilla riss Eireann schließlich aus ihren Gedanken. Und so verlangsamte die junge Keltin ihre Schritte. Nachdenklich ließ die Dunkelhaarige ihren Blick auf dem schmutzigen Mädchen ruhen. Während ihr Sulamiths Worte durch den Kopf gingen. Tz! Völliger Blödsinn. Diese Christen waren gefährlich und Tiberios sollte sich nicht von Sulamiths Worten einlullen lassen.
    Schließlich klammerte sich die Ancilla regelrecht an Eireann. So dass ihren Lippen ein tonloses Seufzen entfloh.


    Endlich erreichte das ungleiche Paar die Domus Iulia und Eireann schob das Sklavenmädchen durch den Sklaveneingang in das Innere hinein. Was hatte Sulamith noch gesagt? Domina Graecina würde ihre Ansprechpartnerin sein?
    Mit gesenkten Kopf schob die Dunkelhaarige die Ancilla vor sich her durch die Gänge und die Treppen nach oben. Einen weiteren Gang ging es entlsng. Und schließlich stand Eireann vor dem Cubiculum Iulia Graecinas.


    Die Ancilla presste sich an Eireanns Körper. Während die Silurerin an die Türe pochte. Immer mit einem Auge die Gänge hinauf- und hinunter schielend.

  • Nur eine kleine Öllampe brannte noch in Graecinas Cubiculum. Zwar hatte sie sich bereits auf ihr Bett gelegt, doch an schlafen konnte und wollte sie noch nicht denken, solange Sula noch nicht zurück war. Stunde um Stunde wurde es später und langsam machte sich ein Gefühl der Angst in der jungen Iulia breit. Sie hatte sich bereits Vorwürfe gemacht, sie an diesem Abend nicht begleitet zu haben. Doch Sula hatte darauf bestanden, alleine zu gehen. Der Hebräerin war doch hoffentlich nichts zugestoßen! Sie wusste, dass sie ihrer Freundin voll und ganz vertrauen konnte, doch manchmal konnten unvorhergesehene Umstände eintreffen, derer man nicht so einfach gewachsen war.


    Dann endlich klopfte es an der Tür. „Sula!“, rief Graecina und sprang vom Bett. Mit drei Sätzen war sie an der Tür öffnete und rief erleichtert: „Da bist du ja endlich! Wo warst du nur…“ Als sie endlich realisierte, dass dort nicht Sulamith stand, sondern diese eine neue Sklavin mit einem fremden Kind, machte sie erschrocken einen Schritt zurück. „Wo... wo ist Sula und was ist passiert? Und überhaupt..., was machst du hier mir diesem Kind? Wer ist sie?“, sprudelte es aus ihr heraus. Doch all ihre Fragen wollte sie nicht hier zwischen Tür und Angel klären. Graecina trat mit einer einladenden Geste einen Schritt zur Seite. „Bitte kommt doch herein!“, lud sie die beiden ein und schloss hinter ihnen wieder die Tür. Graecina bot der Sklavin und dem Kind einen Platz auf ihrem Bett an. Sie selbst blieb stehen. „Du bist diese neue Sklavin – Eireann, nicht wahr?“, begann sie nach einer Weile. „Warum bist du zu mir gekommen?“, wollte sie schließlich wissen.

  • Ängstlich blickte die Ancilla zu Eireann empor und klammerte sich fester an die Silurerin. Vorsichtig strich Eireann dem Mädchen über den Rücken und schob sie langsam die Gänge in der Domus Iulia entlang.


    “Hab keine Angst.“
    Flüsterte Eireann mit leiser Stimme an das Sklavenmädchen gewandt. Und die Ancilla blickte mit großen Augen zu Eireann empor. Dann jedoch hielt die Dunkelhaarigen abrupt in ihren Schritten inne und neigte lauschend ihren Kopf auf die Seite. Hatte sie da nicht gerade ein Geräusch vernommen? Tatsächlich pochte Eireanns Herz kraftvoller in ihrer Brust. Während ihr innerlich der Schweiß ausbrach.
    Zum Glück war es nicht mehr weit, bis sie das Cubiculum der Iulia Graecina erreichte. Zaghaft pochte Eireann gegen das Holz der Türe und lauschte mitvangehaltenen Atem. Die Ancilla wurde allmählich quengelig und zupfte immer wieder an Eireanns Tunika. Mitfühlend blickte die Dunkelhaarige auf das Sklavenmädchen hernieder.


    Dann endlich öffnete sich die Türe und Eireann stand Iulia Graecina gegenüber.
    “Verzeiht mir die späte Störung Domina. Aber ich...“
    Abrupt verstummte Eireann und biss sich auf die Unterlippe. Zum Glück öffnete die Iulia die Türe und schloss diese hinter Eireann und der Ancilla.
    “Ich... ich habe Sulamith getroffen. Und.. und.. sie hat mir gesagt das ihr euch um dieses Sklavenmädchen kümmern könnt.“
    Jetzt war es an der Ancilla ihre vorsichtigen Schritte auf die Iulia zuzulenken und neben ihr auf dem Bett Platz zu nehmen.
    Nervös trat Eireann von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte Sulamiths Auftrag ausgeführt. Auch wenn sie nicht viel über ihre Mission verlauten lassen konnte. Schließlich wollte sie Tiberios nicht in Gefahr begeben.

  • Graecina beäugte dieses seltsame Paar, welches gerade auf ihrem Bett Platz nahm. Das Kind sah wirklich schlimm aus. Es war schmutzig und unterernährt. Außerdem wirkte es sehr eingeschüchtert und sah nicht gerade gesund aus. Doch die Information, die aus Eireanns Mund gekommen war, ließ sie wieder aufhorchen. Offenbar hatte sie eine Nachricht von Sula und konnte ihr sogar mitteilen, was mit ihr war. Doch aus irgendeinem Grund wollte die iulische Sklavin nicht so recht mit der Sprache heraus.
    „Du hast Sulamith getroffen? Wo? Wo hast du sie getroffen?“ Große Besorgnis lag in ihrer Stimme. Die Tatsache, dass ihre Freundin noch immer nicht hier bei ihr war, machte ihr schwer zu schaffen. „Ich soll mich um dieses Kind hier kümmern? Das hat sie gesagt?“ Nun machte die Iulia einen Schritt auf ihr Bett zu und ging vor dem Kind in die Hocke. „Wer bist du, Kleine? Und was ist mit dir geschehen?“, fragte sie das Kind in einem ruhigen und liebevollen Ton. Dabei strich sie ihr liebevoll über das verschmutzte Gesicht. „Oh mein Gott, sie hat ja Fieber! Das Kind glüht ja förmlich!“ Sie erhob sich wieder und wandte sich der Sklavin zu. „Bitte Eireann, renn schnell hinunter in die Küche. Sag der alten Locusta Bescheid, sie soll einen fiebersenkenden Sud aufsetzen und Umschläge machen. Und bitte bring du mir einen Bottich mit frischem Wasser und ein paar saubere
    Tücher.“
    Zwar hätte sie liebend gerne erst Klarheit darüber gehabt, was mit Sula geschehen war und wo sie sich gerade aufhielt. Doch die Gesundheit dieses Kindes stand auf dem Spiel und es war der Wunsch ihrer Freundin, sich um es zu kümmern.

  • Den musternden Blick der Iulia spürte Eireann deutlich auf sich. Auch wenn sie ihren Blick gen Boden gerichtet hatte und dem Sklavenmädchen immer wieder über den Rücken streichelte. Die Ancilla schien von Minute zu Minute blasser zu werden. Und Eireann innerlich unruhig. Was war wenn das Mädchen in ihren Armen das Bewusstsein verlor? Nein. Daran wollte die Dunkelhaarige nicht denken. Das Mädchen musste durchhalten. Auch wenn ihre fiebrigen Augen Bände sprachen und ihr unterernährter Körper mittlerweile zu zittern begonnen hatte.


    “Pssssst.“
    Flüsterte die Silurerin an die Ancilla gewandt und spürte ihr erzittern. Ihr Körper war so schrecklich dünn. Dann war es die Iulia die ihre Stimme erhob und Worte an Eireanns Gehör drangen. Was konnte sie der jungen Römerin verraten? Unter keinen Umständen wollte sie Tiberios in Gefahr bringen. Und dann war da ja noch Dominus Antoninus geheimer Auftrag.
    “Ich habe Sulamith am Tiberufer getroffen. Das Mädchen hat mich zu ihr geführt. Ich.. ich wollte wissen was es mit dem Fisch-Zeichen auf sich hat.“
    Sprudelte es auf einmal über Eireanns Lippen. Wobei ihr das Herz bis zum Hals pochte und sie mit großen Augen zu der Iulia empor blickte.
    “Sulamith ist häufiger am Tiberufer und kümmert sich um die armen Geschöpfe.“
    Dann schluckte Eireann hart und verstummte. Während die Ancilla mit fiebrig glänzenden Augen zu Graecina empor blickte. Ansonsten jedoch stumm blieb.


    “Ja Domina. Sofort.“
    Abrupt sprang Eireann auf die Beine und stürzte aus dem Cubiculum. Die Gänge entlang und auf direkten Weg in die Küche der Domus Iulia.
    Hastig erklärte sie der alten Locusta was das Begehr der Graecina war und beeilte sich selbst, warme Tücher und einen Bottich frischen Wassers für die Iulia herzurichten.
    In Begleitung der Locusta betrat Eireann schließlich das Cubiculum der Iulia Graecina.

  • Graecina wusste Bescheid, was die Hebräerin am Tiberufer tat. Schon mehrmals hatte sie sie sogar dorthin begleitet. Schließlich hatte sie all die Dinge bezahlt, die Sula dort den Armen gab. Dass sich aber nun diese Sklavin auch am Tiberufer herumtrieb, ließ sie stutzig werden. Als Eireann dann auch noch jenes „Fisch-Zeichen“ erwähnte, zuckte sie kaum merklich zusammen.
    „Am Tiberufer sagst du?“ Sie blickte die Sklavin forschend an. „Das Fisch-Zeichen? Welches Fisch-Zeichen?“ Natürlich wusste sie genau, welches Zeichen die Sklavin meinte. Doch sie musste vorsichtig sein. Auf keinen Fall durfte sie von ihrer Verbindung zur Christengemeinde in Rom erfahren. Sie konnte dieser Sklavin, die sie eigentlich gar nicht kannte, nicht vertrauen. Es sei denn… was, wenn sie auch eine Gläubige war?


    „Sulamith kümmert sich um arme Geschöpfe?“, echote sie und sah dann zu dem Kind. Solche armen Geschöpfe wie dieses Kind hier. Und sobald die junge Iulia endlich begriff, wie schlecht es um das Kind stand, konnte sie sich in etwa vorstellen, was am Tiberufer geschehen sein musste. Zu gern hätte sie die Sklavin weiter ausgefragt, um endlich herauszufinden, warum Sula das Kind nicht selbst hergebracht hatte und wo sie letztendlich jetzt steckte.


    Als Eireann den Raum verlassen hatte, nahm Graecina sich dem Kind an und legte es behutsam auf ihr Bett. Sie redete beruhigend auf das Kind ein und strich ihm sanft über sein Haar. Dann begann sie das Mädchen von ihren zerlumpten Kleidern zu befreien und deckte es mit einer kuschligen Wolldecke zu.
    Es dauerte eine Weile bis Locusta und Eireann in ihr Cubiculum eintraten. Doch als sie endlich da waren, wirkte die Iulia sehr erleichtert. „Wir müssen das Kind zuerst waschen. Es ist ganz verdeckt.“ Die alte Coqua trat sofort an das Bett heran und begutachtete die kleine Patientin. „Wo hast du denn dieses Würmchen aufgetrieben, Domina?“, fragte sie etwas abschätzig. Sie verkniff sich, ihre wahren Gedanken preiszugeben. Aber gut, wenn die Domina meinte, dass man sich um das halbtote Gör kümmern sollte, dann tat sie das, was man ihr sagte. Die Herrschaft hatten manchmal sonderbare Ideen.


    Graecina nahm eines der Tücher, benetzte es mir Wasser und begann den Körper des Mädchens abzuwaschen. „Eireann, bitte hilf mir!“, bat sie die Sklavin. Die Alte brachte dann den Aufguss aus Weidenrinden, um ihn dem Kind einzuflößen.

  • Unter dem forschenden Blick der Iulia senkte Eireann ihren Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Dabei knetet sie nervös ihre Finger und spürte wie ihr das Herz bis zum Hals pochte.
    “Dieses Zeichen Domina.“
    Flüsterte die junge Frau und zeichnete jenes Symbol mit ihrem Finger auf die Bettstatt der Römerin. Kannte die Iulia das Zeichen? Sulamith hatte zumindest so geklungen, als wüßte Iulia Graecina was es mit diesem Zeichen auf sich hatte.
    Schließlich lenkte die Römerin das Thema geschickt auf die armen Geschöpfe. Wie die Ancilla. Beruhigend streichelte Eireann dem Mädchen über den Rücken. Zog dann jedoch ihre Hände zurück und verschränkte diese miteinander.
    “Sulamith bringt diesen Kindern etwas zu essen und Decken für die kalte Nacht.“
    Erklärte die Silurerin mit einem arglosen Klang in ihrer Stimme. Wobei ihr Hauptaugenmerk dem Sklavenmädchen galt und sie somit dem Blick der Iulia auswich.


    Eilig huschte Eireann auch schon davon. Die alte Coqua war bereits informiert und Eireann schleppte das Frischwasser, sowie die warmen Tücher zurück in das Cubiculum Graecinas. Das Frischwasser stellte sie eine handbreit von der Domina entfernt auf den Boden. Dann linste sie aus dem Augenwinkel zur Coqua. Jedoch war es die Stimme der Iulia die erklang und Eireann in Bewegung setzen ließ. Ebenso wie Graecina, nahm Eireann eines der Tücher, tränkte jenes mit Wasser und säuberte damit den schmächtigen Körper der Ancilla.
    “Sulamith hat Tiberios in die Taverne am Tiberufer begleitet. Dieser Spelunke gehört das Sklavenmädchen. Und Sulamith arbeitet nun an ihrer statt in dieser Spelunke. Wir müssen das Mädchen dorthin zurück bringen Domina.“
    Stellte Eireann klar und blickte der jungen Iulia zum ersten mal direkt entgegen.

  • Eireann zeichnete mit ihrem Finger das Zeichen des Fisches nach. Jenes Zeichen, dass die Christen benutzten. Das Zeichen war im Prinzip eine Art Glaubensbekenntnis, mit dem man Jesus Christus als Gottes Sohn und Retter anerkannte. „Das ist das Zeichen der Christen, nicht wahr?“, fragte sie vorsichtig. „Was hast du mit diesen Leuten zu schaffen, Eireann? Gehörst du etwa zu ihnen? Oder willst du zu ihnen gehören?“, fragte sie nun die Sklavin in einem strengeren Ton. Sie war gespannt, was die Keltin darauf antworten würde.


    Eireann berichtete ihr dann weiter, was ihre Sklavin am Tiberufer tat, wenn sie nachts fort war. Allerdings konnte sie an der Stimme der Sklavin nicht eindeutig herausfinden, ob sie Sulamiths Taten guthieß oder nicht. „So so, das tut also meine Sklavin am Tiberufer nachts. Und, wie denkst du darüber, Eireann? Wenn sie diese Geschöpfe mit Essen und Decken versorgt.“, Dabei deutete sie auf das Mädchen.


    Graecina konnte die Erleichterung der Sklavin spüren, als sie sie hinunter in die Culina schickte. Doch wenn sie wieder zurückkam, würde sie das Mädchen noch ein wenig in die Zange nehmen, um wirklich alles aus ihr herauszubekommen. Die Iulia hatte schließlich keine Ahnung, wieviel Sula von ihrem Geheimnis schon preisgegeben hatte. Graecina musste auf Nummer sicher gehen. Es stand dabei zu viel auf dem Spiel.


    Nachdem sie zurückgekehrt war, ließ sie sich nicht lange bitten und half mit, das Kind zu versorgen. Als sie dabei die Haut des Mädchens mit dem kühlen Wasser benetzten, begann es zu zittern. Womöglich hatte sie in ihrem kurzen Leben nie viel Fürsorge und Zuneigung erfahren. Diese Erfahrung musste völlig neu für sie gewesen sein. „Alles gut, Liebes. Du brauchst keine Angst zu haben. Dir geschieht nichts Böses. Schon bald wirst du dich besser fühlen.“
    Die Coqua flößte dem Kind schluckweise den Sud ein. Dann legte sie ihm die kalten Umschläge an die Beine an und deckte den Körper des Mädchens mit der Decke zu. „So, jetzt müssen wir warten. Wenn es den Göttern gefällt, wird sie leben und wenn nicht….“ Den letzten Teil ihrer Rede verkniff sich die Alte, denn alle wussten, was dann geschehen würde. Graecina nickte zustimmend, doch ihre Gedanken waren bereits weit weg. Erst der Einwurf der keltischen Sklavin riss sie wieder mit einem Mal zurück. „Was sagst du? Wo ist Sulamith? Und wer ist dieser Tiberios?“ Wenn es sich um einen der iulischen Sklaven handelte, hatte sie ihn noch nicht zu Gesicht bekommen. Jedoch hätte Sula ihn ganz bestimmt einmal erwähnt. Mit dem was die Sklavin gesagt hatte, erschloss es sich ihr noch immer nicht, was wirklich geschehen war. Doch sie spürte, das Sula in großer Gefahr schwebte.

  • Als die Iulia das Zeichen des Fisches erkannte, bildete sich eine steile Falte zwischen Eireanns Augenbrauen. Während sie Graecina für einen kurzen Augenblick durchdringend musterte. Wandte sie im nächsten Moment ihren Blick ab, als die Ancilla ein leises wimmern über ihre Lippen hervor stieß.
    “N... Nein Domina. Ich kannte dieses Symbol bis vor kurzem überhaupt nicht. Und...“
    Stieß es sich hastig über Eireanns Lippen hervor. Bevor sie ihre Finger gegen ihre Lippen presste und schwieg. Nein. Sie konnte Dominus Antoninus Auftrag nicht an das Ohr der Iulia dringen lassen. Also war es besser, wenn sie schwieg und hoffte, dass die junge Frau einen großen Bogen um dieses Thema machte.


    Jedoch ließ Graecina nicht locker und Eireann verspannte sich unwillkürlich.
    “Diese armen Geschöpfe haben eine warme Mahlzeit verdient. Und auch Decken die sie vor der Kälte der Nacht schützen. Aber ich habe auch gehört das diese.. diese Christensen eine Art Geheimbund sind und Anschläge planen.“
    So. Jetzt war es raus. Die Worte, die ihr von Dominus Antoninus eingetrichtert worden waren. Das sie die Christen falsch aussprach war Eireann nicht bewusst.


    Tatsächlich wirkte Eireann mehr als erleichtert, als sie geschickt wurde, um die alte Locusta in das Cubiculum der Graecina zu geleiten. Mit großen Augen beobachtete die junge Keltin, wie sich die beiden Frauen um die Ancilla kümmerten. Erst als dem Mädchen der heilspendende Sud eingeflößt wurde, wich die Anspannung aus den Räumlichkeiten. Zumindest hatte Eireann dieses Gefühl.


    “Wenn das Mädchen wieder aufgewacht ist. Dann zeige ich dir den Weg zu der Spelunke am Tiberufer, Domina.“
    Dann verkrampfte Eireann ihre schlanken Finger miteinander und schluckte hart.
    “Tiberios ist ein Sklave der Gens Furia. Ich.. ich habe ihn beim Besuch der Schneiderei kennen gelernt, als ich Stoffe für die Domus abgeholt habe.“

  • Die Iulia wurde aus der Keltin immer noch nicht richtig schlau. Sie verstand nicht, was sie bewogen hatte, sich nach dem Ichtys – Symbol zu erkundigen. Die Sklavin schien irgendetwas verschweigen zu wollen. Nur was? War das Mädchen etwa auch Christin? Zumindest erklärte das ihre Einstellung zu der Wohltätigkeitsarbeit, die Sulamith am Tiberufer verrichtete. Wieso sie allerdings im nächsten Atemzug mutmaßte die christliche Gemeinde könnte ein gefährlicher Geheimbund sein, der der Gewalt frönte, konnte sie nicht nachvollziehen. Sie beschloss, die Keltin in Zukunft besser im Auge zu behalten.


    Das kleine Mädchen ließ alles über sich ergehen. Sie schluckte brav den Sud, obwohl der sicher ganz widerlich schmeckte. Auch die kalten Umschläge ließ sie sich anlegen, die ihren Körper erschaudern ließen und ihn dazu bringen sollte, gegen das Fieber anzukämpfen. Als Graecina sah, dass die alte Locusta alles im Griff hatte und es der Kleinen gut ging, erhob sie sich und schritt auf die Keltin zu.
    Noch einmal ließ sie alles Revue passieren, was sie soeben erfahren hatte. „Also damit ich dich richtig verstehe, du und dieser Tiberius habt Sula am Tiberufer getroffen, nachdem die Kleine euch dort hingeführt hatte. Richtig? Und weil es der Kleinen so schlicht ging, hat Sula gesagt, du sollst das Kind hierher zu mir bringen. Stattdessen ist sie dann zurück in die Taberna gegangen, in der das Kind arbeitet. Um für sie zu arbeiten.“ Ja, das klang im ersten Moment recht plausibel. Sie verstand auch Sula Intention dahinter. Doch was ihr Sorgen bereitete, war die große Frage, was ihrer Sklavin in dieser Taberna alles zustoßen konnte. Selbst eine wohlerzogene junge Dame, die sich für gewöhnlich an solchen Orten nicht aufhielt, konnte sich vorstellen, um welch übles Etablissement es sich bei einer solchen Taberna handelte und welche Taugenichtse dort verkehrten.
    „Solange können wir nicht warten! Wir müssen sofort los, um Sula zu retten!“, antwortete sie der Keltin und bedeutete ihr ihr beim ankleiden zu helfen. Bei diesen Worten sah die alte Coqua auf. „Und was ist mit dem Kind? Wenn du sie jetzt von hier fortbringst, dann ist sie dem Tode geweiht, Domina! Und außerdem, wie stellst du dir das vor? Zwei Frauen, mitten in der Nacht, alleine in Rom? Das kann nur schief gehen!“
    Graecina wandte sich zu der alten Sklavin um. Sie nahm kein Blatt vor den Mund, sondern sprach das aus, was sie dachte. Aber alle ihre Einwände waren berechtigt. „Das Kind bleibt da! Sie muss nie wieder zurück in diese Taberna! Ich werde sie ihrem Besitzer abkaufen!“ Aber wen sie als Begleitung mitnehmen sollte, war ihr ein Rätsel. Sie war bestrebt, dass ihr nächtlicher Ausflug niemand mitbekam, geschweige denn dass ihr Cousin davon Wind bekam. Wer von den Leibwächtern war verschwiegen genug und würde sie nicht verraten? Vielleicht wusste die Keltin eine Antwort.

  • Wieso dauerte das alles nur so lange? Die Sklavin wünschte sich nichts sehnlichster das Tiberios und Sulamith nichts geschah. Und dennoch war der Römerin wichtig, dass ihr das Kind nicht an Ort und Stelle wegstarb. Ein Gedanke der sich auch in Eireanns Köpfchen manifestierte. Wenn das Mädchen hier und jetzt verstarb, waren Sulamith und Tiberios verloren. Nein! So weit durfte es niemals kommen. Und so presste die Dunkelhaarige ihre Lippen zu einem blutleeren Strich zusammen. Während ihr Blick mit einem besorgten Gesichtsausdruck auf dem Sklavenmädchen ruhte.


    Klaglos schluckte die Ancilla den Sud der alten Locusta. Während Eireann innerlich immer nervöser wurde. Unruhig trat sie schließlich von einem Bein auf das andere. Auch wenn keinerlei drängende Worte ihre Lippen verließen. Dann war es die Stimme der Domina die sie aus ihrer nachdenklichen Betrachtung riss. Schweigend lauschte sie ihrer Stimme und zuckte unmerklich zusammen. Diese Iulia hatte einen wachen Verstand. So nickte Eireann lediglich. Die Römerin hatte das Problem schließlich perfekt beschrieben.


    Dann wurde die Römerin richtiggehend hektisch und bedeutete Eireann ihr beim Ankleiden behilflich zu sein.
    “Und Tiberios.“
    Murmelte die junge Keltin und half der Domina in eine frische Tunika. Zu guter letzt reichte sie ihr ein Umschlagtuch. So würde die Römerin nicht gleich auffallen und bemerkt werden.
    “Wenn du das mit dem Tavernenbesitzer vereinbaren kannst Domina.“
    Murmelte Eireann mit leiser Stimme und wartete schließlich darauf das sich die Iulia in Bewegung setzte. Aber so ganz ohne Begleitschutz in dieses Viertel?
    “Wir sollten Angus fragen ob er uns begleitet Domina.“
    Schlug Eireann vor und wartete auf die Zustimmung der Römerin.

  • Der Sklavin musste recht viel an diesem Tiberius liegen, dachte sich die Iulia. Dennoch, ihre Priorität war es, in erster Linie Sula zu retten. Wenn es sich einrichten ließ, würde sie selbstverständlich auch diesem fremden Sklaven ihre Hilfe nicht versagen.


    „Das lass mal meine Sorge sein!“, antwortete sie der Sklavin auf ihren Einwand. Bevor sie aufbrechen wollte, entnahm sie einen Beutel mit klimpernden Inhalt aus ihre Truhe. Darin waren mehrere Goldmünzen, die ausreichend gewesen wären, um einen kräftigen männlichen Sklaven auf dem Markt zu erwerben. Das würde allemal reichen, um das Kind und Sula auszulösen.


    Auf Locustas Einwurf hin hatte die Keltin tatsächlich eine Idee, wer sie zu dieser Taberna mitten in der Nacht begleiten konnte. „Angus?“ Diesen Namen hatte ich noch nie gehört. „Wer ist denn Angus? Ist das einer von unseren Sklaven? “,fragte Graecina, ohne dabei niemanden direkt anzusprechen.


    „Na, ich weiß nicht!“, meinte Locusta. „Dieser Angus ist ein Nichtsnutz, der nur Ärger macht, Domina! Schon an seinem ersten Tag hat er mit Respektlosigkeit geglänzt. Gegenüber Dominus Caesonius hat er sich ganz ungebührlich verhalten.“ Nun ja, das war ja nicht gerade vertrauenerweckend, dachte Graecina. Vielleicht war es doch besser, einen Custus ihres Cousins mitzunehmen. Andererseits hatten all diejenigen, die es sich mit der alten Coqua verscherzt hatten, auf ewig einen schlechten Stand in der Casa.
    „Meinst du, dieser Angus ist vertrauenswürdig?“, fragte sie die Keltin. Oder würde er sie irgendwo in einer dunklen Ecke abstechen und verbluten lassen, um dann zu fliehen.



    Sim-Off:

    Es wäre schön, wenn du auf mein Posting gewartet hättest. Außerdem würde ich gerne selbst mit meinem Char agieren.

  • Ob Domina Graecina ihre leise gemurmelten Worte vernommen hatte? Schließlich wollte Eireann nicht nur Sulamith in Sicherheit wissen. In erster Linie galt ihre Sorge dem furischen Sklaven. Und so spürte die Keltin wie ihr Herz hastiger in der Brust pochte. Viel zu hastig, sodass Eireann ihre schmalen Finger ineinander verkrampfte.


    “Aber, diese Schenke ist nicht .. vertrauenserweckend. Ich möchte nicht das du dich in Gefahr begibst Domina.“
    Wenn sie sich wiederholte war es Eireann egal. Doch offensichtlich war es der jungen Iulia tatsächlich ernst. Was auch kein Wunder war. Schließlich ging es hier um Graecinas Sklavin. Ob sich ihr Dominus genauso um sie sorgte? Wahrscheinlich nicht und so schluckte die Dunkelhaarige vernehmlich. Aus dem Augenwinkel beobachtete Eireann, wie Domina Graecina aus einer Truhe einen ledernen Beutel nahm. Der klimpernde Inhalt verriet Eireann, dass sich einige Münzen in diesem Beutel befinden mussten.


    “Angus ist ein Sklave des Dominus Caesoninus, Domina.“
    Erklärte die Dunkelhaarige und blickte der iulischen Römerin tatsächlich entgegen. Da jedoch ergriff die alte Locusta das Wort und Eireann presste ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. War das wahr? War Angus wirklich dieser schlimme Kerl, als den ihn die Locusta beschrieb?


    “Ich kenne Angus kaum. Aber er ist ein männlicher Sklave. Oder hast du eine bessere Idee Domina?“
    Bei diesen Worten blitzte es tatsächlich herausfordernd in ihren Augen auf. Die Zeit drängte und Eireann war ungeduldig und nervös zugleich.

  • Graecina lächelte der Sklavin mild zu, da ihr so viel an ihrer Sicherheit gelegen war. Im Grunde konnte ihr dies ja gleich sein, denn sie kannte die Iulia kaum und die beiden standen auch in keiner Beziehung zueinander – eigentlich. „Nun Eireann ich gebe dir recht, wir sollten nicht ohne Custos die Casa verlassen, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob dieser Angus wirklich der Richtige …,“ sagte ich nachdenklich, wurde dann jedoch von der alten Coqua unterbrochen, als sie mir ins Wort fiel. „Da sagst du was, Domina! Was man so hört, kann man diesem Angus nicht trauen! Er hat sich sogar mit seinem Dominus angelegt! Das muss man sich mal vorstellen! Doch der hat ihm Manieren beigebracht! Nimm doch lieber Wonga, den Nubier mit! Wonga ist ein loyaler Sklave, nicht wie dieser Angus!“, wetterte sie weiter. Doch indem das das getan hatte, hatte sie ungewollt meine Entscheidung beeinflusst. Unter normalen Umständen hätte ich ganz sicher auf ihren Rat gehört, doch ich konnte das Risiko nicht eingehen, dass Wonga seinem Dominus von unserem nächtlichen Ausflug erzählte. Bei Angus jedoch bestand zumindest die Möglichkeit, dass er dies nicht tat.


    „Nun gut,“ meinte ich mit resoluter Stimme, ganz so, als hätte ich eine tiefgreifende Entscheidung getroffen. „Eireann, geh und suche diesen Sklaven - Angus! Bring ihn hierher zu mir! Aber pass auf, dass niemand sonst davon erfährt. Hast du gehört? NIEMAND!“ Ich hatte der alten Locusta den Rücken zugewandt, doch ich spürte ihre anklagenden Blicke auf mir. Später würde ich mir sie noch einmal zur Brust nehmen müssen, denn sie war die einzige Schwachstelle, die uns und unser Unterfangen hätte verraten können.

  • Aus dem Augenwinkel ließ Eireann ihren Blick zwischen der alten Locusta und Iulia Graecina hin- und her gleiten. Was hielt die Iulia davon ab, ihrem Vorschlag sofort zuzustimmen? Nervös begann Eireann ihr Gewicht von einem Bein aufs andere zu verlagern. Ein deutliches Zeichen das ihr die Entscheidungsfindung der Iulia viel zu lange dauerte. Schon hatten sich Eireanns Lippen geöffnet. Doch ein Blick in das Gesicht der jungen Römerin ließ sie ihre Lippen dann doch zu einem schmalen Strich zusammen pressen. Zumindest gab ihr die Iulia recht das sie die Domus nicht ohne einen männlichen Sklaven verlassen sollten. Immerhin etwas. Als dann jedoch die Stimme der Locusta erklang, hätte ihr Eireann am liebsten den Hals umgedreht. Wie konnte sie nur diese Worte aussprechen?
    “Domina, bitte.“
    Ließ die Keltin ihre Stimme erklingen und ignorierte die plappernden Worte der alten Coqua. Wenn das noch länger dauerte... ein tonloses Seufzen entwich Eireanns Lippen. Als dann endlich die Worte der Iulia an ihr Gehör drangen.
    “Ich werde Angus finden und ihn zu dir bringen Domina. Sofort.“
    Fügte Eireann an ihre Worte an. Verließ das Cubiculum der Graecina und trat auf den Gang hinaus. Bereit Angus zu suchen.

  • Beinahe hätte sie den Custos Angus hinter sich hergezogen. Als sie den Kelten endlich ausfindig gemacht hatte. Natürlich war der Dunkelhaarigen bewusst das sie Angus mit ihren Worten wohl erschreckt hatte. Aber wenn Eireann ehrlich zu sich selbst war, dann war ihr dies in just diesem Augenblick vollkommen egal. Sie wollte doch nur das es Tiberios und Sulamith gut ging.


    Unbewusst verlängerte Eireann ihre Schrittr. Wobei sie immer wieder einen prüfenden Blick in Angus Richtung warf. Der Kelte sollte ihr folgen und es sich nicht plötzlich anders überlegen. Endlich erreichte die Silurerin das Cubiculum der Iulia Graecina. Ohne anzuklopfen betrat Eireann den Raum und hielt die Türe für Angus offen.


    “Domina Graecina? Ich habe Angus gefunden. Und ihm erklärt wieso wir seine Hilfe benötigen.“
    Natürlich hatte Eireann nicht alles erklärt. Nur das wichtigste und notwendigste, ohne sich oder die Domina in Gefahr zu bringen. Zu Glück sah Angus wieder halbwegs wie ein Mensch aus und nicht wie eine wandelnde Weinleiche.
    “Können wir dann los? Locusta wird auf Ancilla aufpassen, nehme ich an?“
    Damit stellte Eireann sogleich klar das sie unter keinen Umständen in der Domus Iulia zurück bleiben würde.

  • Brav trottete ich hinter Eireann in das Cubiculum ein und blieb hinter ihr stehen. Sofort musterten meine Augen die neue Umgebung. Doch mein erster Blick fiel auf die junge blonde Frau, die ich bis dato noch nicht gesehen hatte. Das musste sie Domina sein, vermutete ich. Sie sah eigentlich ganz hübsch aus, aber das hatte ja nichts zu sagen! Scatos Angetraute, die Claudierin, war auch hübsch gewesen – aber ein Biest ohne Gleichen!


    Doch die Iulierin war nicht die einzige, die sich in diesem Cubiculum aufhielt. Mein zweiter Blick fiel auf Locusta, die alte Krähe! Was machte sie hier und wieso lag sie nicht längst schon in ihrem Bett und schlief? Ich merkte schon, dieser Abend, oder sollte ich besser schon Nacht sagen, war mit unzähligen Fragen gespickt. Die Köchin saß oder kauerte am Bett der Domina, auf dem ein kleiner Körper gebettet war. Das musste dieses Sklavenmädchen sein, das Eireann und ihre Freundin gerettet hatte.
    „Guten Abend, Domina!“, sagte ich brav und nickte ihr zu.

  • Nachdem Eireann sich auf die Suche nach dem Sklaven Angus gemacht hatte, wandte sich Graecina wieder der alten Coquina zu, die inzwischen neben Ancilla saß. Besorgt hielt sie ihre Hand auf die Stirn des kleinen Sklavenmädchens. Das Kind glühte förmlich. Der kleine Körper kämpfte gegen das Fieber. Wer am Schluss den Sieg aus diesem Kampf hervortragen sollte, stand noch lange nicht fest. Wichtig war es nun, dass ständig jemand bei dem Kind blieb und ihm regelmäßig die klaten Umschläge wechselte.


    „Locusta, ich habe eine Bitte an dich.“ Die Iulierin war einige Schritte auf die alte Sklavin zugegangen und blieb nun über ihr stehen. Die alte Köchin sah zu ihr auf. „Während ich fort bin, möchte ich, dass du hier an Ancillas Seite bleibst und sie weiter pflegst.“ Locusta nickte, nichts anderes hatte sie erwartet. „Natürlich, Domina!“ Doch wie es schien, hatte die Iulierin noch etwas anderes auf dem Herzen, weswegen sie nun nach Worten suchte, um es der Coquina verständlich zu machen. Locusta diente schon seit ewigen Zeiten den Iuliern. Sie war loyal und durch ihre direkte Art hatte sich auch eine gewisse Art von Respekt unter der Sklavenschaft wie auch bei den Herrschaften errungen. Daher, so glaubte Graecina, bedurfte es einer besonderen Ansprache.
    „Locusta,“ begann sie schließlich. Wieder sah die alte Sklavin erwartungsvoll zu der jungen Domina auf. „Ich hoffe, ich werde auch auf deine Verschwiegenheit hoffen können? Ich möchte nicht, dass Dominus Caesoninus davon erfährt, was heute Nacht hier vorgefallen ist! Ich möchte ihn damit nicht belasten. Er hat momentan sehr viel um die Ohren. Kann ich auf dich zählen?“ Der Blick der Coquina hatte die ganze Zeit auf Graecina gehaftet, als könne sie die Gedanken in deren Kopf lesen. Doch dann nickte sie erneut. „Ja sicher, Domina. Niemand wird etwas erfahren!“ Über diese Antwort war Graecina sehr erleichtert, denn sie wusste, wie viel auf dem Spiel stand. Sie wandte sich wieder von der Köchen ab und starrte erwartungsvoll auf die Tür, durch die, so hoffte sie, gleich Eireann und Angus hereinkommen sollten. Doch die beiden ließen lange auf sich warten, weshalb die Iulia immer nervöser wurde.


    Doch dann, endlich! Die Tür öffnete sich und die beiden Sklaven traten ein. „Da seid ihr ja endlich!“ man konnte eine gewisse Gereiztheit in der Stimme der Römerin spüren, die zu dem Sklaven trat und ihn scheinbar begutachtete. Sein kraftvolles muskulöses Äußeres ließ sie hoffen, dass er der zugedachten Aufgabe gewachsen war. Allerdings war ihr auch die Alkoholfahne aufgefallen, die aus seinem Mund zu ihr herüber gewandert war. Allerdings wusste sie, dass sie nicht sonderlich wählerisch sein sollte. „Du wirst uns begleiten, Angus! Meine Sklavin Sulamith ist in Schwierigkeiten geraten und wir müssen ihr helfen. Du sollst für unsere Sicherheit garantieren. Siehst du dich dazu im Stande?“

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