Sklavenunterkunft

  • " Natürlich bin ich hier zu Hause. Ich kenne jeden Raum und kann mich auch frei in jeden Raum bewegen. Und so eine Kammer wie diese hier schreckt mich nicht ab nur weil sie klein und...nicht so komfortabel eingerichtet ist wie die anderen."
    Der Furier schmunzelte nun überheblich. Er war sich gewiss dass Eireann wusste wie er es meinte.
    " Eine Laune." eine legere Handbewegung unterstrich dies. "Nichts weiter als aus einer Laune heraus. Und dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort war. Zumindest was den Umstand angeht eine Sklavin zu ersteigern."


    " Deine Aufgaben werden jene sein die dir zugewiesen werden. Domina Stella....Stella Furia ist mein Cousine. Sie lebt hier und wohnt hier. Das heisst du wirst in erster Linie ihr behilflich sein. Aber alles weitere wirst du noch hören. Meine Zeit ist begrenzt da ich, wie man unschwer erkennt, den Cohorten angehöre und damit beschäftigt bin in Rom für Ordnung zu sorgen."


    Appius stieß sich mit dem Rücken von der Wand ab und erhob sich. Die Frage wie er sie nun nennen würde hatte er weder überhört noch vergessen. Aber jetzt hatte er keine Lust sich zu entscheiden. Vllt wenn Eireann etwas kooperativer ist.


    " Ich werde dich jetzt Domina Furia vorstellen und sie über dich informieren. Wie gesagt. Sie ist die Person warum du hier bist. Ich werde sporadisch anwesend sein. Aber du bist meine Sklavin."

  • Noch immer verharrte Eireann äußerst nahe vor drm Römer und entließ ihn keine Sekunde aus ihrem Blick. Hm. Provozieren ließ er sich also auch nicht. Oder vielleicht noch nicht? Dies würde sie früher oder später schon noch herausfinden.
    “Kann ich mich denn auch frei in der Casa bewegen?“
    Denn neugierig war Eireann schon. Und bisher kannte sie lediglich die Sklavenunterkünfte ... und die Culina.
    “Wie sieht denn dein Zimmer aus?“
    Mit einem provozierenden Schmunzeln entwichen diese Worte den Lippen der Dunkelhaarigen. Wobei sie ihre Finger kurzzeitig über den Reif an ihrem Hals gleiten ließ. Sie war doch kein Haustier. Oh nein. Sie war weitaus weniger und stand ganz unten in der Nahrungskette.


    “Hah! Du kaufst eine Sklavin aus einer Laune heraus.“
    Mit einem glucksenden Geräusch stellte Eireann diese Worte an ihren neuen Dominus und neigte leicht ihren Kopf auf die Seite. Soso. Sie würde also in erster Linie seiner Cousine behilflich sein? Wieso wurde sie dann nicht von dieser Furia Stella gekauft? Alles äußerst merkwürdig, geisterte es durch Eireanns Köpfchen.
    “Wieso kannst du mich denn nicht in diese Castra mitnehmen? Ich verspreche auch ich bin artig.“
    Jetzt blickte die junge Silurerin den Römer mit großen Augen an.


    Als sich ihr Dominus dann von der Wand abstieß und sich erhob, wich Eireann einige Schritte zurück.
    “Ist deine Cousine nett?“
    Fragend drehte sie ihm ihren Kopf entgegen. Und war bereit ihm zu folgen.

  • Jetzt lachte Appius, vor ihr stehend. " Furia Stella ist keineswegs nett." antwortete er knapp.


    " Du wirst sie schon kennen lernen. Keine Sorge. Und was die Castra angeht. Da hat niemand etwas zu suchen aus die Cohorten und jene die berechtigt sind sich dort aufzuhalten." Das auch und sowieso die Praetoreaner ihre Unterkünfte hatte ließ Appius aus. Es war für Eireann völlig irrelevant dieses Wissen. Auch wenn es kein Geheimnis war.


    " Ja. Eine Laune. Du warst ein günstiges Angebot. Obwohl, wenn ich mich mehr darauf konzentriert hätte was der Sklavenhändler ausgerufen hatte so wäre ich wahrscheinlich noch billiger ausgetiegen. Aber was solls.......was kost die Welt. Oder eine Sklavin." Dabei hob er die Hand und tätschelte die Wange Eireanns. Seine Hand blieb anschliessend auf ihrer Schulter liegen.


    "Hmmm....Gute Frage....wie sieht mein Zimmer aus. Ich war schon länger nicht mehr hier um es zu nutzen. Na..." Er grinste breit: " Na du wirst ja dann Gelegenheit haben es dir anzusehen...wenn du sauber machst......" 8) Nun schob er Eireann Richtung der Türe. " Ich werde dich nun Furia Stella vorstelen. Gehen wir." Dabei schob er sie weiter durch die Türe. Sein Blick glitt an der Figur der jungen Frau hinab. Appius stellte in jenem Augenblick fest dass ihm irgendetwas fehlte.......

  • Die steile Falte zwischen Eireanns Augenbrauen vertiefte sich, als sein Lachen an ihr Gehör drang.
    “Deine ... Deine Cousine ist nicht nett?“
    Dabei verdüsterte sich Eireanns Seelenspiegel. Zugleich presste sie ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    “Oh man. Dann ist diese Castra wie ein Gefängnis für die Soldaten?“
    Schelmisch grinsend erwiederte sie seinen Blick und neigte dabei ihren Kopf kaum merklich auf die Seite.


    “Pha! Ein günstiges Angebot. Für deine Worte müsste ich dir die Augen auskratzen.“
    Kein belustigtes glucksen oder schmunzeln begleitete diese Worte der jungen Frau. Somit musste dem Furier bewusst sein, dass die junge Keltin jedes ihrer Worte bitter ernst gemeint hatte.


    “Das bedeutet ich sehe dich kaum, wenn du dich nur in der Castra aufhältst?“
    ~Wie bei Tiberios.~ Bei dem Gedanken an den dunkelblonden Sklaven spürte Eireann einen schmerzhaften Stich an der Stelle an der ihr Herz kraftvoll in ihrer Brust pochte.
    Weitere Gedanken konnte sie sich jedoch nicht machen. Denn ihr Dominus schob sie rigoros aus den Räumlichkeiten der Sklaven. Somit bekam sie auch nicht mit wie er sie musterte, da sie sich vor ihm befand und die Gänge entlang stolperte.

  • " Man muss nicht jedes Wort gleich als Beleidung auffassen." Kopfschüttelnd schob er Eireann weiter in Atrium.
    " Du solltest an deiner Selbstbeherrschung arbeiten. Zumindest hilft es ungemein nicht gleich auf Rache aus zu sein und jedem die Augen auskratzen zu wollen." Mit sanften Druck an ihrer Schulter gab er Eireann zu verstehen stehen zu bleiben da sie das Atrium erreicht hatten.

  • E l v e n p a t h


    In den Sklavenunterkünften herrschte eine stickige Luft. Und doch war die junge Keltin offensichtlich die einzige die nicht schlafen konnte. Um sich herum vernahm Eireann lediglich die leisen Atemgeräusche der anderen furischen Sklaven. Wobei sie deren Namen noch immer nicht vollends wusste. Unruhig wälzte sich die Dunkelhaarige auf ihrer Bettstatt hin- und her. Nur um im nächsten Moment mit geweiteten Augen empor zu schrecken. Ihre Finger hatte sie gegen ihr hastig pochendes Herz gepresst. Was war es nur was sie aus ihrem Schlaf gerissen hatte? Vorsichtig drehte die Silurerin ihren Kopf und blickte ihre Mitsklaven an. Zumindest die, die sie schemenhaft im Halbdunkel erkennen konnte.


    Nein. Sie wollte nicht auffallen und so versuchte sie wieder einzuschlafen. Nachdem die junge Frau langsam ein- und wieder ausgeatmet hatte, ließ sie sich wieder zurück sinken und rollte sich unter der Decke ein. Ihre Augen presste sie dabei fest aufeinander und wünschte sich somit schneller in den Schlaf hinüber zu gleiten. Das Gegenteil war jedoch der Fall und so lag Eireann mit weit geöffneten Augen auf ihrer Bettstatt und lauschte ihrem hart trommelnden Herzschlag. Was war es nur das sie wach hielt? War es die Angst die Bilder wieder zu sehen? Jene Bilder vor ihrem geistigen Auge die sie so ängstigten?


    “Bitte lass mich wieder einschlafen.“
    Beschwor sich die junge Sklavin selbst. Auch wenn sie wusste, dass sie diese Möglichkeit für heute Nacht vertan hatte. Wieso pochte ihr nur das Herz so kraftvoll in der Brust. Ihre Finger drängte Eireann gegen ihre Brust und starrte in das Halbdunkel. Waren es die Bilder die sie so erschreckt hatten? Hatte sie von ihrer Mutter tatsächlich die Gabe der Weitsicht geerbt? Und was waren das für Bilder?
    “Rot. War es Blut? Ich weiß es nicht. Ein.. ein gelockter junger Mann und ein.. ein Römer der mich spöttisch angrinst. Was hat das zu bedeuten Mondgöttin?“
    Stumm stellte ihr Herz diese Frage.

  • Lyda durchsuchte die ganze Casa, habe im Sklavenbad diskret nachgeschaut und landete nun wieder in der Sklavenunterkunft. Es war dunkel im Raum, nur ein paar Leuchten gaben etwas Licht. Sie sah sich um, konnte aber die Sklaven, die sich da aufhielten nicht richtig erkennen, so holte sie tief Luft und schrie einfach los nach Namen:



    "Aischylos, Nestor, Tiberios! Seid Ihr hier? Dann folgt mir in den Garten, wo unsere Herrin uns erwartet!"

    ir-servus.png

    SKLAVE - FURIA STELLA

    Einmal editiert, zuletzt von Lyda ()

  • Tiberios nahm den Brief vom Posteingang an sich, da er doch offensichtlich an ihn gerichtet war, setzte sich in der Sklavenunterkunft auf sein Bett und las ihn.
    Oh, er war von seinem neuen Bekannten, seinem Landsmann, dem ansehnlichen und höflichen Custos
    Hephitios von der Insel Rhodos * :
    Tiberios las:



    Ad
    Tiberius Servus
    Casa Furia
    Roma


    Salve Tiberios!


    Triff mich in der hora octa de meridie* in drei Tagen an denselben Brunnen wie das letzte Mal. Falls du nicht kannst schicke mir bitte eine Benachrichtigung.


    Hephitios


    Das Schreiben weckte sofort die Abenteuerlust des jungen Alexandriners. Ob Hephitios noch mehr über den Verbleib den toten Rabastos herausgefunden hatte ? Nun, man würde sehen.


    Tiberios überlegte, was man für einen solchen Ausflug brauchen konnte. Etwas zu trinken auf jeden Fall,
    ein paar Öllichter, obwohl die achte Stunde noch frühe am Nachmittag war, aber man wußte ja nie - und ein Seil. Er hatte zwar nicht vor, zu klettern, doch in allen Geschichten, die er gehört hatte, wurde immer betont, wie wichtig ein Seil war.
    Etwas, das als Waffe dienen konnte, besaß und mochte er auch nicht.


    Bestimmt würde er sich aus der Casa Furia loseisen können. Oder noch besser, er würde dafür sorgen, dass man dachte, er wäre nach Portus ins Handelshaus Furii gefahren, ohne direkt zu lügen.Dann würde man ihn den ganzen Tag und auch bis in die Nacht hinein nicht vermissen.


    Cassander, der dienstälteste Sklave des Handelshauses, kam im übrigen gut zu Recht, wenn er, Tiberios, den Schriftkram erledigte. Cassander hätte, wenn er lesen und schreiben könnte, nach Tiberios 'Meinung überhaupt schon auf einen anderen Platz mit mehr Verantwortung gehört.* *


    Also in drei Tagen, Hephitios, dachte der furische Sklave in Vorausfreude.



  • >> Bibliothek


    Nach dem Gespräch mit seiner domina Furia Stella betrat Tiberios die Sklavenunterkunft, und legte sich bäuchlings auf sein Bett, um das Bündel hervorzuräumen, in dem sich seine persönlichen Sachen befanden.
    Er überlegte, was Eireann im carcer...es schauderte ihn, dieses Wort zu denken, vielleicht brauchen konnte, und kramte in dem, was er besaß.


    Der furische Sklave fertigte umsichtig eine Liste auf einer Wachstafel an:


    - eine einfache Tunika
    - eine Chlamys, griechischer Mantel
    - ein Schlauch Posca
    - ein Kamm aus Horn
    - 1 kleine Tonamphore Olivenöl
    - 3 Stoffstreifen
    - 3 einzelne Wachstafeln
    - 1 Griffel
    - 3 Schwämme
    - 1 Stirnband
    -1 Stoffsäckchen frische Datteln
    - Drei Schriftrollen " Chaireas und Kallirrhoe "



    Tiberios nahm die Bronzespange von seiner chlamys. Bestimmt durfte Eireann keine spitzen Gegenstände haben. Um seinen griechischen Mantel tat es ihm etwas leid, er wärmte so schön, aber Eireann musste bestimmt noch mehr Kälte aushalten. Auch seine zweite Tunika packte er ein.


    Die Schriftrollen hatte er erst kürzlich gekauft. Chaireas und Kallirrhoe von Chariton von Aphrodisias, war ein griechischer Abenteuerroman um ein junges Paar, das getrennt wird und sich unter großen Gefahren wiederfindet – wie passend, dachte Tiberios.
    Er hatte die Geschichte erst zur Hälfte durch und hatte gehofft, sie seiner domina empfehlen zu können, falls ihr einmal der Sinn nach leichter Lektüre stand.
    Nun sollte sie Eireann gehören, um sie etwas von der bitteren Gefangenschaft abzulenken.


    Auch der Kamm, das Öl, die Wachstafeln und der Griffel, Stirnband und die Naturschwämme waren seine persönlichen Dinge, und die Datteln und die posca gehörten zu seinen Vorräten, die er benutzte, wenn er nach Portus ins Handelshaus Furii fuhr.


    Die Datteln im Stoffsäckchen weckten in dem furischen Sklaven liebevolle Erinnerungen. Es war schon lange her, als er zur domus Iulia gelaufen war, um Eireann damit eine kleine Freude zu machen.


    Tiberios schob sein sehr mager gewordenes Bündel wieder unter sein Bett und machte sich auf den Weg zur Castra.

  • >> Castra


    Tiberios war zurückgekehrt und räumte automatisch und sehr ordentlich seine Sachen wieder unter sein Bett.
    Die bronzene Spange steckte er an seinen Mantel zurück.
    Es war ihm weder gelungen, Eireann zu sehen noch etwas für sie abzugeben. Und nach dominus Cerretanus hatte er gar nicht mehr fragen können, nachdem die ganze Angelegenheit an der Porta Praetoria zumindest für seine Begriffe eskaliert war.


    Tiberios legte sich auf sein Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    Immer wieder musste er an das Geschehene denken.
    Und daran, dass die Begegnungen mit den jungen Römern, die er eigentlich verehrte, die letzten Male regelmäßig in handfesten Konflikte ausgeufert waren - einer schlimmer als der andere.


    Diesmal war Tiberios, gegenüber den Urbaniciani erst ironisch geworden, dann hatte er die Furien um Gerechtigkeit angerufen.


    Auf die Bemerkungen der domini Scato und Lurco über Mord und Brandstiftung in Verbindung mit Eireann konnte er sich gar keinen Reim machen.
    Wäre sie nicht davon gelaufen, könnten wir gemütlich im hortus der Casa sitzen und es gut haben, fuhr Tiberios durch den Kopf.
    Er verstand einfach nicht, warum Eireann diese rosigen Zukunftsaussichten zerstört hatte.
    Warum war sie aus der Casa Furia abgehauen?
    Sie hatte nicht nur sich, sondern auch Tiberios gegenüber seiner domina beschämt.


    Tiberios unterbrach diesen Gedankengang. Er wollte sich nicht über die Silurerin ärgern, sondern über sich selbst.
    Gleichzeitig spürte er Angst. Der junge Grieche wollte weder seine Vertrauensstellung noch die gute Beziehung mit seiner domina verlieren. Er wußte genau, dass Roma ihn privilegiert hatte.
    Was wenn die domini Scato und Lurco ihn wirklich anzeigten?
    Er konnte nicht abschätzen wie er mit ihnen dran war. Sie hatten ihn kalt und wie ein Nichts behandelt, als hätten sie ihn noch nie in ihrem Leben gesehen.


    Aber vermutlich hatten sich beide Männer dienstlich korrekt verhalten. Tiberios war ja ein Nichts, wenn er es genau nahm. Er musste die Römer um Verzeihung bitten, so schnell wie möglich. Oder nicht um Verzeihung,
    viel mehr um Gnade.
    Tiberios dachte nach. Vielleicht konnte Terpander vermitteln, wenn es notwendig war?


    Doch er würde erstmal abwarten. Zu rasches Reden und Handeln hatte Tiberios nämlich genau in die Situation gebracht, in der er jetzt war.

  • >>epistolae


    Tiberios holte als Sekretär von Gnaeus Furius Philus immer noch dessen Post aus dem Briefkasten und sortierte sie nach Wichtigkeit.
    Heute war ein einziger Brief gekommen, der allgemein an die gens Furia gerichtet war. Tiberios dachte, dass er eventuell für das Handelshaus Furii bestimmt war , das fiele in seinen Aufgabenbereich, nahm ihn und öffnete ihn auf der Treppe.


    Als der furische Sklave jedoch erkannte, dass er von dominus Sisenna Iunius Scato stammte, rollte er ihn wieder zusammen und nahm ihn mit zur Sklavenunterkunft, um ihn in Ruhe zu studieren.


    Er las:


    Ad
    Gens Furia
    Casa Furia
    Roma



    Betreff: Fluch



    Werte Gens Furia,


    da ich leider nicht den konkreten Ansprechpartner in dieser Sache kenne, bitte ich darum, mir nachzusehen, dass ich die allgemeine Grußformel verwende. Mein Name ist Sisenna Iunius Scato und wenngleich ich den Cohortes Urbanae angehöre, ist dies ein persönliches Schreiben.


    Gestern sprach der furische Sklave Tiberios an der Porta Praetoria vor, wo es während meiner Anwesenheit zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen meinem Kameraden Manius Purgitius Lurco und Tiberios kam. Im Zuge dessen rief Tiberios unter mehreren Zeugen die drei Furien auf Purgitius Lurco herab. Ein Fluch ist wie ein tätlicher Angriff zu werten.


    Da ich Tiberios privat als einen hilfsbereiten und großherzigen Menschen kennengelernt habe, gehe ich davon aus, dass dies ein Ausrutscher war und keine bösartige Gesinnung dahinter steckt. Nichtsdestoweniger ist jeder Fluch eine Bedrohung für den Verfluchten.


    So bitte ich auf diesem Wege darum, ihm nahezulegen, den Fluch zurückzunehmen und sich bei Kamerad Purgitius Lurco zu entschuldigen, damit nicht der Rechtsweg eingeschlagen werden muss.


    Mit freundlichen Grüßen


    Sisenna Iunius Scato
    Cohors XII urbana
    Castra Praetoria




    Tiberios' Herz klopfte bis zum Hals. Es war kein offizieller, sondern ein privater Brief.
    Er schluckte, und seine Zeigefinger fuhr nachdenklich, wie streichelnd, über den einen Satz:
    Da ich Tiberios privat als einen hilfsbereiten und großherzigen Menschen kennengelernt habe,


    Der junge Grieche errötete, als hätte ihm Scato leibhaftig ein Kompliment gemacht.


    Tiberios hatte vor der Porta Praetoria nicht den Eindruck gehabt, dass die domini Scato und Lurco ihn wie einen Menschen betrachteten, geschweige denn als hilfsbereit und großzügig tituliert hätten.
    Der Ton des Schreibens rührte ihn. Dieser Brief klang viel mehr wie die alten Zeiten, als der Römer mit ihm wie mit einem Freund über Persönliches gesprochen hatte.


    Aber gerade hatte Tiberios domina Furia Stella alles gebeichtet und beschlossen, sie niemals wieder mit seinen Problemen zu belästigen und sich tadellos zu benehmen, da kam dieses Schreiben und würde die Wunde wieder aufreißen.


    Einen Moment lang dachte Tiberios, den Brief zu vernichten, Die alten Zeiten waren wohl endgültig vorrüber und würden ihn nur quälen.
    dann besann er sich und legte ihn zu seinen Sachen. Er wollte ihn nicht zerstören, er wollte ihn behalten..


    Tiberios überlegte kurz. Das was in dem Brief verlangt wird, hatte ihm die domina ohnehin aufgetragen, das war er im Begriff zu tun. Dominus Scatos Schreiben ließ ja offen, ob die Entschuldigung persönlich oder schriftlich erfolgen sollte.


    Es würde kein Schaden entstehen, wenn keiner außer ihm diesen Brief las.
    Es würde Schaden vermeiden, wenn nur er diesen Brief las.


    Und dann begab sich Tiberios zur porta, um mit dem Ianitor zu sprechen, wie ihm seine domina angedeutet hatte.

  • >> Epistolae


    Es war schon Nachmittag des nächsten Tages, als ein Schreiben für Tiberios eintraf. Tiberios, der erst kürzlich seinen Brief bei der Castra abgegeben hatte, hatte nicht so schnell mit einer Antwort gerechnet.
    Doch ja, das war Sisenna Iunius Scatos Schrift.


    Tiberios wurde noch nervöser, als er schon war.
    Aber wenn dominus Scato ihn verachten und hassen würde, hätte er ihm geschrieben?


    Tiberios setzte sich auf sein Bett und las:



    Ad
    Tiberios
    Casa Furia
    Roma



    Betreff: Treffen



    Salve Tiberios,


    da du um ein Gespräch im privaten Rahmen gebeten hast, lade ich dich für heute Abend* nach Dienstschluss in die Casa Leonis ein. Sie liegt außerhalb der Stadtmauer, gleich nördlich der Castra Praetoria in der Nähe der Porta Collina an der Via Nomentana auf dem Viminal. Dort stehen viele alte Bäume und ein noch viel älteres Atriumhaus - das ist unseres.


    Von außen wirkt es unbewohnt, da ist noch viel Renovierungsbedarf, lass dich davon nicht abschrecken, darin spukt es nicht - dafür sorgen regelmäßige Opfergaben.



    Vale bene,
    Sisenna Iunius Scato


    und lächelte, als er die Beschreibung des Hauses überflog. Das war typisch dominus Scato, diese lebhafte, etwas sprunghafte Schilderung ; Tiberios sah den Römer deutlich vor seinem geistigen Auge und freute sich.


    Das Atriumhaus kannte er ja; Terpander hatte es ihm schon einmal gezeigt. Wenn Scato dabei war, würde er es wohl nicht wagen, ihn an irgendeine Wand zu knallen.


    Nun hieß es Casa Leonis. Was für ein schöner Name. Tiberios fragte sich, wie weit sie mit der Renovierung gekommen waren.
    Das würde er sehen - heute abend schon.


    Tiberios überlegte und sah seine Sachen durch. Zu einem neuen Haus sollte man vielleicht etwas schenken, doch er besaß keine Dinge, die sich als Geschenk eigneten.


    Dann fielen ihm frische Datteln ein. An Datteln mangelte es nicht einmal den Sklaven in der Casa, sie wurden vom Handelshaus Furii in Ostia bezogen. Er holte sich welche und schüttete sie in ein sauberes Leintuch, das er oben verknotete. Die furischen Datteln waren delikat, das würde gehen.


    Tiberios würde, da er in die Casa Leonis[ eingeladen war, das erste Mal nicht im Dienst als Sklave eine römische Casa betreten. Das war etwas Besonderes, und so beschloss er, sich besonders sorgfältig herzurichten.
    Er suchte also mit seinen Badeutensilien.das Balneum servorum auf,

  • >> Bibliothek



    In dieser Nacht hatte Tiberios einen beunruhigenden Traum:


    ---------------------



    Er stand auf einem Berg, unter ihm lag die urbs aeterna.
    Es war ihm , als hätte er die Augen eines Adlers und könne jedes Detail erkennen. Er sah das Glitzern der Helme der Urbaner beim Exerzieren in der Castra, er sah die flinken Finger von Dieben, die arglose Bürger um ihre Geldbeutel erleichterten, er sah Senatoren, in Togen gewandet, würdig zum Senat schreitend, noble Römerinnen, die in den Armen ihrer Liebhaber stöhnten und Priester, die in den geheiligten Bezirken bekränzte Opfertiere zum Altar führten.
    Als sich Tiberios bewegen wollte, um alles besser zu sehen, bemerkte er, dass seine Hände an den Pfahl hinter ihm gefesselt waren, und er wunderte sich etwas, denn die Stricke waren kaum zu spüren, doch hielten sie ihn auf seinem Platz.



    Als Tiberios zur Seite sah, bemerkte er, dass jemand neben ihm stand, den er nur sehen konnte, wenn er den Kopf nicht drehte.


    Er fragte: „Wer bist du?“
    und der andere erwiderte: „Du weißt es.“
    Tiberios schaute ihn an und hatte das seltsame Gefühl, dass er es selbst war, der neben ihm stand, nur eine – nicht unbedingt an Jahren ältere, sondern an der Summe aller Lebenserfahrungen reichere – Version seiner selbst.


    -„Warum hast du mich gerufen?“, fragte der Andere.


    -„ Ich will die Wahrheit wissen.“, sagte Tiberios: „So sehr mir Eireann Kummer bereitet , ich halte sie am Brand und an den Toten des Lupanars für unschuldig. Ich wollte diesen Kyriakos bestechen, aber ich habe kein Geld, wenn ich nicht etwas tun möchte, was Böse ist. Ich habe meiner domina gelobt, nichts mehr zu unternehmen. Ich fühle mich gerade wie ein schlechter Freund meiner Freunde, ich bin machtlos und ich bin niemand.“


    -„Du bist zwar nicht niemand, aber du hast nichts und du bist machtlos.“, bestätigte der Andere: „Was bedeutet das?“


    Tiberios zuckte die Schultern: „Das ich ein Sklave bin ,dass ich auf die Gnade anderer angewiesen bin. Dass ich diesen Kyriakos nicht bestechen kann.“


    -„Und das bedeutet?“


    Tiberios wurde ungeduldig : „Das es nicht geht?“


    Der Andere schüttelte leicht den Kopf:
    -„ Was bedeutet, dass du auf die Gnade anderer angewiesen bist?“


    -„Was möchtest du hören? Dass ich um Verzeihung bitten muss? Dass ich mich anderen demütig zu Füßen werfe?“


    Der Andere lachte leise:
    „Du bist gerade kein bißchen demütig, lieber Tiberios. Weißt du denn auch, warum man dir Gnade erwiesen hat?“


    Das hatte sich Tiberios nie gefragt. Er hatte alles für eine Entscheidung der Fortuna gehalten. Er bat, und wenn Fortuna mit ihm war, wurde ihm verziehen. Wäre sie nicht mit ihm, bedeutete das bestraft zu werden.


    -„ Ich weiß es nicht.“, sagte er.: „Vielleicht weil ich zu teuer war, mich einfach zu töten?“


    -„ Du kannst dich selbst täuschen, aber bist du so hochmütig zu glauben, du kannst mich täuschen? Du kennst die Antwort. Und nun überlege, was das auf Bezug auf diesen Kyriakos bedeutet? Du kannst ihn weder bestechen noch bedrohen.“


    Tiberios seufzte:
    „Oh nein !“, sagte er:
    „Bitte verlang nicht…..“


    -„Ich habe niemals etwas von dir verlangt!“, herrschte ihn der Andere an.


    In Tiberios erwachte Zorn wie eine auflodernde Flamme und so gab er zurück: „Wenn du wirklich mein persönlicher daimon * bist, dann sag mir gefälligst etwas, was ich noch nicht weiß!“


    Jetzt wurde der Andere sehr ernst:
    „Habe ich das denn je getan? Was möchtest du gerne wissen? Deinen Todestag?“


    Tiberios schüttelte ängstlich den Kopf, sein Zorn war verraucht. Als er erneut zur Seite sah, war der Andere verschwunden.
    „Oh, bitte komm zurück!“, schrie der furische Sklave und fühlte sich einsam und verlassen.


    --------------------




    Da wachte Tiberios auf, seine Zunge klebte ihm am Gaumen und sein Herz klopfte. In ihm erwachte ein neuer Gedanke.



  • >> Casa Leonis


    Auf dem Rückweg hatte Tiberios Trauben, Veilchen und Ziegenmilch in einem verschlossenen Lederbeutel eingekauft.
    Das verwahrte er zunächst einmal unter seinem Bett. Dann überlegte er kurz, bevor er seine Chlamys nahm und mit Hilfe seiner Pinzette ein wenig des Saums auftrennte. Es war draußen bereits so warm, dass er den Mantel nicht brauchen würde.
    Er legte die Chlamys auf sein Bett und wollte gerade in die Küche gehen, da kam ihm das Küchenmädchen ,
    das ihn damals auf die Feriae Annae Perennae begleitet hatte, aus dem balneum entgegen, ein großes Laken um sich gehüllt:
    „Salve, Tiberios!“, sagte sie freundlich.
    Auch wenn sie keinen Gefallen an dem Zuhören langer Gedichte fand, sie war ein nettes, kleines, wohlerzogenes Ding. Aber auf die Frage nach einem Kleid musste sie passen. Sie besaß nur zwei Tuniken, eine zum Arbeiten und eine für Festtage.
    Schminkzeug wie Bleiweiß, Lippenrot und einen Tuschestein hatte sie, wenn auch nur von allerbilligster Qualität, unter ihrem Bett verwahrt, aber Tiberios kaufte es ihr ab.
    Dafür fiel der jungen Sklavin etwas ein, um ihm weiter zu helfen. Sie verschwand eine Weile und kam freudestrahlend mit einem langen violetten Kleid zurück, das am Kragen mit Vögeln bestickt war.
    Tiberios erschrak etwas. Hatte sie es der Domina stibitzt? Aber nein, es stellte sich heraus, dass das Kleid in Taillenhöhe einen großen Fleck hatte. Eine Sklavin hatte es sich während der Saturnalien ausgeliehen, und wohl verdorben, und es sollte zur Herstellung von Putzlappen dienen.


    Tiberios dachte, dass man den Fleck in der Nacht vermutlich nicht bemerken würde. Er nahm das Kleid dankbar an und versprach, es zurückzubringen.
    Den neugierigen Blick des Mädchens ignorierte er, obwohl er rot wurde und Terpander zum Henker wünschte.


    >> Bibliothek >>>




    Den Brief an seine domina legte er offen auf seine Sachen unter dem Bett, den Brief für Scato rollte er ein und schob ihn in den Saum der Chlamys, bis er nicht mehr zu sehen war. Dann nähte er die Öffnung wieder zu.


    Falls Tiberios von seiner Verabredung mit Terpander nicht zurückkehren würde, würde man seine Sachen durchwühlen und den Brief an Domina Furia Stella finden. Furia Stella würde die Chlamys an Scato übersenden.


    Scato wußte, dass die Chlamys nicht seine war, bestimmt würde er sie genau durchsuchen, schließlich war er ein Urbaner, und so auf den zweiten, den eingenähten Brief stoßen, der sich unter dem Stoff ertasten ließ.


    Dann lag Terpanders Schicksal offen da und in seinen Händen.


    Das war Tiberios´ Absicherung.
    Er hatte große Angst vor jener Nacht und dem, was ihm begegnen konnte.


    >>> Auf dunklen Pfaden

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