Grundausbildung - Lurco und Scato

  • Endlich durften sie die schweren Schilde weglegen und es ging zum spaßigen Teil über. Ringen! Scato half ihm sofort aus dem Panzer und er revanchierte sich ebenso. Es dauerte nicht lange und sie beide standen sich als Kontrahenten gegebenüber.


    Lurco grinste Scato herausfordernd an.
    "Greif an!", forderte er ihn auf und grinste noch eine Spur breiter.

  • Das musste Lurco ihm nicht zwei mal sagen. Scato stürzte nach vorn, umgriff Lurcos Körper und packte ihn am Gürtel, der einzigen Stelle, wo er wirklich guten Halt haben würde. Mit einem Ruck versuchte er, ihn aus dem Gleichgewicht zu heben, während er ihm gleichzeitig ein Bein weghaken wollte. Im selben Augenblick schob er. Wenn alles so lief, wie er das plante, würde Lurco eine herrlichen Rückenlandung hinlegen.

  • Lurco versuchte einen Ausfallschritt zu machen, aber Scato war verdammt schnell! Nicht nur das er laufen konnte wie der Wind, er hatte genauso blitzartig zugegriffen. Das hatte er jetzt von seiner großen Klappe. Er grabschte nach seinem Kumpel, aber da lag er schon wie ein Käfer auf dem Rücken und blinzelte erstaunt zu Scato hoch.


    Gut am Boden hieß noch nicht, dass man auch festgenagelt war. Jedenfalls hoffte er das inständig und versuchte nun seinerseits Scato mit einer Beinschere zu packen und ebenfalls auf den Boden zu reißen. Dort würde sich zeigen wer hier der Stärkere war.

  • Scato war den Gesetzen der Schwerkraft folgend gemeinsam mit Lurco zu Boden gegangen, hatte sich jedoch abgefangen, um diesen nicht unter sich zu zerquetschen. Ein Aufprall auf den Rücken war heftig genug, da musste nicht auch noch jemand bäuchlings auf einem landen. Doch anstatt Scato nun aufstehen zu lassen, klammerte Lurco ihn mit den Beinen fest, wodurch er seinem Kumpel die Luft aus den Lungen presste. "Eins zu null", ächzte Scato stolz. "Nur bis zur Landung!" Maro hatte zumindest nichts vom Bodenkampf gesagt.

  • Offenbar hatte Lurco weder Scato noch Maro zugehört oder er hatte auf deren Gesabbel einfach keine Lust, denn er unterband jedes weitere Wort von Scato, indem er diesen kurzerhand zwischen seinem Arm und seinem Oberkörper einquetschte. Scato bekam so gut wie keine Luft mehr und war oben herum handlungsunfähig. Aus einem Schwitzkasten kam man nur mithilfe der Beine heraus. So angelte er nach Lurcos Beinen, doch der war nicht blöde - er hatte sich verdreht und weit genug zur anderen Richtung hin eingekrümmt, so dass Scato ihn bei allem Gezappel nicht mehr erreichen konnte. Eine Weile wippte und schaukelte Scato noch in dem Versuch, die Beine von Lurco zu erreichen. Da er nicht herankam, änderte er seine Taktik - er krümmte sich extrem zusammen und hakte Lurco seine Kniekehle unter den Kiefer. Jetzt hing es davon ab, ob Lurco sein Kinn rechtzeitig herangezogen hatte oder nicht.

  • Lurco gab Scato frei und rollte sich blitzartig zur Seite weg. Sein bester Kumpel war gut und clever, dass musste er ihm lassen. Nichts anderes hatte er erwartet, denn da draußen würden die Kriminellen auch nicht nach den Regeln kämpfen. Er wartete bis Scato sich aufrappelte, dann fiel er ihm in den Rücken. Lurco warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf Scato, um diesen der Länge nach zu Fall zu bringen. Er quetschte ihn auf den Boden, riss ihm ein Bein nach oben und zerrte es Richtung Rücken. Noch war die Schlacht nicht verloren.

  • Scato verkniff es sich, sein schmerzendes Kreuz zu strecken. Er zog nur seine sandige Tunika wieder zurecht. "Das war schon die zweite Runde", behauptete er, "die du angefangen hast, nachdem ich dich in der ersten besiegt habe. Aber gut, wenn du ein mal mehr auf den Deckel bekommen willst...!"


    Mit einem Sprung aus dem Stand, auf den jede Katze neidisch gewesen wäre, katapultierte Scato sich so hoch wie möglich gegen Lurcos Oberkörper. Mit den Händen klammerte er sich an seinem Kopf fest und versuchte, auch die Beine so weit oben wie nur möglich zu platzieren. Dort hing er wie eine zu groß geratene Frucht an einem wankenden Stamm und versuchte, Lurco durch sein Körpergewicht ins Straucheln zu bringen und mit sich zu Boden zu reißen.

  • "Bei Mars", brüllte Lurco und versuchte sein Gesicht samt Oberkörper von Sacto zu befreien, der scheinbar beschlossen hatte als Klammeraffe zu kämpfen. Der Kerl klebte fester an ihm wie Kacke an der Sandale!


    Lurco packte Scato erneut in dem wenigen Hüftspeck den dieser Bursche zu bieten hatte und zog. Leider ging ihm bei der Anstrengung noch schneller die Luft aus, als ohnehin schon. Es half alles nicht, Scato klammerte fester an ihm, wie eine Seepocke an einem Schiffsrumpf!


    Mit den schwindenen Sinnen kam Lurco eine rettende Idee, er kitzelte Scato und hoffte dieser würde loslassen.

  • Scato ächzte. Schon zum zweiten Mal versuchte Lurco, ihn bei lebendigem Leibe zu häuten, indem er an seiner Hüfthaut zerrte, als hätte er da zwei Henkel. Und dann auch noch die niederträchtige, ja, geradezu unsportliche Attacke auf seine Zwerchfellmuskulatur! Natürlich war Scato kitzelig. Aber hier ging es um Sieg oder Niederlage und um seine Ehre auf dem Exerzierplatz. Schlimm genug, dass er schon einmal losgekreischt hatte, ein zweites Mal würde er das nicht! Er umklammerte Lurco noch fester und stellte sich vor, er wäre eines der kriminellen Subjekte aus der Subura, was ihm half, seine Empfindlichkeit an den malträtierten Flanken zu unterdrücken.

  • "Lurco?", fragte Scato und patschte ihn. "LURCO!" Doch da rührte sich nichts. Wie man einen Schlafenden weckte, wusste er, aber einen Bewusstlosen? Der reagierte ja weder auf Berührungen noch auf Ansprache! Wie hatte er das überhaupt hinbekommen? Versuchsweise rüttelte er Lurcos Schultern. Als das auch nichts half wurde ihm bewusst, dass er Maro um Hilfe bitten musste und ihm lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter.


    Aber es half alles nichts!


    Scato straffte seine Schultern, zog seine Tunika zurecht, klopfte sie sauber und ging möglichst normal zu Maro. Er guckte auf eine Weise, die signalisieren sollte, dass dringender Redebedarf bestünde, während er darauf wartete, dass der Centurio ihm die Erlaubnis zum Sprechen erteilte. Zwischendurch schaute er immer mal wieder besorgt zu Lurco, um sicherzugehen, dass der noch atmete, was den Göttern sei Dank der Fall war. Gleichzeitig überlegte er, ob er ihn versehentlich ernsthaft verletzt haben könnte und wenn ja, wie. Ob er ihm irgendwie das Genick gebrochen haben konnte? Schlagartig wurde Scato kreideweiß. Und er Idiot hatte ihn auch noch geschüttelt!


    "Centurio?", sagte er zaghaft und zeigte in Richtung Lurco, weil er es nicht mehr aushielt.

  • Das Ringen war oftmals der Teil wo die Rekruten endlich mal aus sich heraus gingen und Maro erkennen konnte, wer vielleicht eine Kämpfernatur war und wer nicht. Und dann gab es noch solche wie Scato und Lurco.


    Routiniert vergewisserte er sich, dass Scato Lurco nicht umgebracht hatte. Die Atmung war stabil und der Hals nicht gebrochen, soweit er das erkennen konnte. "Ahala, du liegst gerade so gemütlich im Dreck, hol maln Eimer mit Wasser... Na beim Brunnen du Vollidiot."


    Dann wandte er sich dem Ringer zu.


    "Scato. Du verfluchte Seekuh." Er schlucg dem Rekruten ordentlich mit seinem Stab ins Gesicht. "Ihr solltet ringen. Nicht euch gegenseitig umbringen. Das bringt das Stadtgesindel schnell genug fertig. Ich sag dir was Scato: Wenn du noch einmal Scheiße baust, nehm ich diesen Stab und steck ihn dir waagrecht in den Hals. IST DAS KLAR?! Du trägst morgen beim Rüstungsmarsch doppeltes Gewicht und schippst vier Wochen Scheiße, freu dich schon mal drauf.
    Ah, da kommt der Vollidiot Ahala mit dem Wasser. Du Scato, wirst jetzt deinen Kollegen mit dem Wasser wieder aufwecken und ihn dann zum Medicus schaffen. Und wenn er doch noch drauf gehen sollte, zieh ich dir höchstpersönlich deine hässliche Haut vor der angetretenen Castra von deinen nichtsnutzigen Innereien ab und glaub mir ich kann sowas.


    Was glotzt ihr anderen denn so? Hier ist nur einer in Ohnmacht gefallen und sein Kamerad ist ein nutzloses Rindvieh. Gibt nichts zu kucken. Also weiter machen. Und dann weggetreten. Witzloser Haufen Straßenabfall."

  • Maro war außer sich. Scato hatte soeben den einzigen Tiro in den Sand geschickt, für den der Centurio je ein Lob übrig gehabt hatte. Scatos Welt explodierte in einem weißen Lichtblitz, als der Stab sein Gesicht traf. Er strauchelte kurz, aber Maro hatte genug Erfahrung im Verprügeln von Rekruten, um Scato keine gnädige Ohnmacht zu gönnen. Nein, er bekam die ganze Packung ab, seine ganze Schande vor versammelter Mannschaft ins schmerzende Gesicht geschrien. Das hatte gesessen. Vor ein paar Jahren hätte er nach so einem Anschiss geheult. In Rüstung wirkte man zwar älter, aber trotzdem war er erst zwanzig.


    So wahrte er zwar Haltung, aber Scatos Bestürzung war nicht zu übersehen, als er "Jawohl, Centurio", brüllte und sich sogleich an die Arbeit machte. Während er sich wie ein wandelnder Haufen Dreck fühlte, ließ er sich von Ahala den Eimer mit dem Brunnenwasser geben, um ein eiskaltes Rinnsal in Lurcos Gesicht plätschern zu lassen. "Wach auf", flehte Scato, der nun in ernster Sorge ob Lurcos Gesundheitszustand war, obgleich die Untersuchung des Centurios keine ernsten Verletzungen offenbart hatte. Die Aussicht, das doppelte Gewicht beim Rüstungsmarsch zu schleppen und Scheiße zu schippen, war harmlos gegen die Vorstellung, die Ausbildung ohne Lurco fortsetzen zu müssen. Sein Kamerad war von der ersten Begegnung an so selbstverständlich zum Teil seines Lebens geworden, dass er sich amputiert fühlen würde ohne ihn.


    "Mensch, Lurci, alte Säge, mach keinen Blödsinn. Bei Faunus, mach die Augen auf", flehte er. Wenn es gar nicht gelang, seinen Freund zu wecken, würde er ihn sich über die Schultern legen, wie das Lurco mit ihm getan hatte, als er besoffen gewesen war, und ihn so zum Valetudinarium buckeln.

  • Lurco kam dämmernd wieder an die Oberfläche seines Bewusstseins. Er hätte gekämpft, etwas klebte wie zäher Schlamm in seinem Gesicht und raubte ihm den Atem. Er versuchte sich davon zu befreien als ihm die Luft zu Neige ging und dann - aus.


    Er wusste nicht wo er lag, aber irgendetwas plätscherte in sein Gesicht. Bei Mars wo lag er und pisste ihn gerade ein Köter an? Mit einem wütenden Zischen fuhr er hoch und hielt sich den schmerzend pochenden Schädel. Es dauerte einen Moment bis sich seine Sicht geklärt hatte.


    Scato stand vor ihm und hielt einen Eimer in Händen. So wie sich seine Sicht klärte, klärte sich auch sein Verstand. Scato hatte ihn versucht zu ersticken im Ringkampf. Lurco starrte seinem Freund in die Augen und stand ganz langsam auf, ohne zu blinzeln, ohne den Blick von Scato abzuwenden.


    "Du", grollte er leise, während er festen Stand suchte. Schlagartig hellte sich seine Miene auf und Lurco lächelte seinen Freund zuckersüß an.


    "Dreh Dich mal um", forderte Lurco.

  • "Uhäää", machte Scato pikiert, als Lurco ihn erst anknurrte und dann dermaßen freundlich schaute, dass es gruslig war. Noch grusliger war allerdings die folgende Aufforderung. Na ja, immerhin war sein Kamerad aufgewacht, das war gut. Lurco konnte außerdem schon wieder stehen und stinkesauer sein. So ergab Scato sich in sein Schicksal, stellte den Eimer ab, drehte Lurco die Rückseite zu und spannte die Gesäßmuskeln an, um seinen wohlverdienten Arschtritt halbwegs würdevoll in Empfang zu nehmen.

  • Die Antwort erfolgte auch umgehend, Scato bekam einen Arschtritt der sich gewaschen hatte.


    "Bei Venus Euter, warum wolltest Du mich ersticken?
    Wobei Du hast mich fast erstickt!
    Mit was hast Du gerungen?
    Damit ob Du mich ganz erwürgst?


    Ehrlich Scato, kein Wunder dass man Dir das S abschneiden wollte. Hast Du Dich auf mein Gesicht gesetzt oder was? Hilf mir gefälligst mal", verlangte Lurco schon was umgänglicher.

  • Scato, der nicht sehr viel wog, flog fast zwei Meter weit, ehe seine Caligae wieder den Sand des Exerzierplatzes trafen. Beleidigt drehte er sich um, wobei er seine schmerzende Hinterbacke rieb. "Du bist einfach ein schlechter Verlierer, das ist alles", motzte er. "Du kannst es nicht ab, dass ich auch mal was besser kann." Dass der Centurio gebrüllt hatte als gäbe es kein Morgen, und Scatos Fehlverhalten damit offiziell bestätigt war, hatte sein Kamerad ja nicht gehört. Da Lurco jedoch wieder normal dreinblickte, wenn auch noch etwas benommen, trat Scato wieder an ihn heran, griff dessen Handgelenk und zog sich seinen Arm quer über den Nacken. "Na komm, ich bring dich zum Valetudinarium. Stütz dich auf mich, damit du nicht umfällst und dir wirklich noch den Hals brichst. Du hast mich ganz schön erschreckt." Fürsorglich führte er seinen Kameraden zum Medicus.


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