[Valetudinarium] Reinschnuppern in medizinische Grundlagen

  • Kräuter und Bienen


    Wie er es Centurio Octavius Maro zugesichert hatte, begab Scato sich zum Valetudinarium. Dort wollte er nach dem Optio Valetudinarii fragen. So hielt er Ausschau nach einem Miles medicus, der so guckte, als ob man ihn behelligen konnte. Er fand einen, der etwa sein Alter war, sich gerade auf dem Weg nach draußen befand und ihn an der Tür von sich aus ansprach. Es war ein pickliger Bursche mit blonden Haaren und abstehenden Ohren.


    "Wie kann ich dir helfen?", erkundigte er sich.


    Scato empfand das als eine angenehme Art, begrüßt zu werden und beschloss, sie sich zu merken. "Salve. Ich suche Optio Mamercus Cincius Serranus. Ist er zu sprechen?"


    "Momentan ist es ungünstig, er ist im Behandlungsraum. Kann ich was ausrichten?"


    "Hm", überlegte Scato. "Nein. Ich frage ihn ein andermal selbst. Ich interessiere mich für die Laufbahn als Miles medicus. Allerdings stehe ich noch ganz am Anfang, ich bin gerade erst Miles geworden und werde mich noch gedulden müssen, ehe ich dafür in Betracht komme. Bis dahin wollte ich mich erkundigen, ob ich nicht dem Einen oder Anderen gelegentlich bei der Arbeit über die Schulter schauen kann, wenn das nicht stört."


    "Hier drin ist gerade ziemlich was los, aber ich kann dir in der Zwischenzeit mal den Kräutergarten zeigen", bot der Kamerad an. "Ich habe jetzt eigentlich Schluss, aber es steht nichts an, drum habe ich ein wenig Zeit übrig."


    "Echt nett von dir, danke. Ich bin übrigens Sisenna Iunius Scato."


    "Keine Ursache. Sextus Velanius Fenestella. Ich durfte damals auch schon ein wenig hineinschnuppern und es hatte mir später viel geholfen. Wenn die Zusatzausbildung erst einmal losgeht, ist Zeit ein rares Gut, drum ist es besser, nicht ohne Vorkenntnisse zu starten."


    Hinter dem Haupteingang konnte man durch eine weitere Tür in den Innenhof treten. Die Sonne schien auf die Kräuterbeete. In den ersten Tagen des Frühlings waren noch nicht alle davon begrünt, doch einige immergrüne Pflanzen hatten dem Winter getrotzt. Scato erkannte Salbei, Rosmarin und Thymian. Die waren auch bei ihnen zu Hause im Kräutergarten für die Küche gewachsen.


    "Was ist das dort?", erkundigte er sich.


    "Das ist Estragon, es regt den Appetit an. Du kannst es nicht kennen, weil es nicht einheimisch ist, das kam aus Ägypten nach Rom. Hier blüht es nur in besonders guten Sommern, die Samen sind selten, darum ist jede einzelne Pflanze wertvoll. Drinnen haben haben wir noch einige kleine Pflänzchen vor dem Fenster gezogen, die kommen nach dem letzten Frost ins Beet. Im Sommer wird ein richtiger Busch draus."


    Er zeigte ihm noch Lavendel, eine leere Stelle, aus der Johanniskraut austreiben sollte, einen Kübel mit Pfefferminze, die nicht ins Beet durfte, weil sie sonst alles überwucherte, Waldmeister, der ebenfalls kaum mehr als Erde zu bieten hatte und die jungen Triebe von Bärlauch in einer schattigen Ecke, sowie etliche andere, die Scato sich nicht alle auf einmal merken konnte. Der Höhepunkt für Scato war allerdings ein Bienenkorb, um den es bei dem schönen Wetter summte und brummte.


    "Stechen die nicht?", wollte er wissen.


    "Wenn man in ihrem Stock herumwühlt tun sie es manchmal oder wenn man sich auf eine draufsetzt. Ansonsten nicht, du kannst ruhig näher herangehen."


    Scato traute sich und hockte sich vor den Korb, um in die Öffnung hineinschauen zu können. Darin war es stockfinster. Der Eingang war von unzähligen Bienen benutzt, die ihn zur Hälfte verstopften. In der Tat störten sie sich kaum an seiner Anwesenheit. Ihn überraschte besonders, dass die Bienen fast schwarz waren und nicht so gelb gestreift, wie er sie sich vorgestellt hatte. Er kannte natürlich Bienen, aber hatte sie sich nie so genau angesehen.


    "Nutzt ihr den Honig?"


    "Nein, den Honig den wir benötigen, kaufen wir. Diese Bienen sind nur dazu da, die Pflanzen zu bestäuben. Das Volk hatte mal ein Kamerad von zu Hause mitgebracht, weil seine Familie es übrig hatte."


    Eine kleine Wasserschale mit Moos sorgte dafür, dass die Bienen auch genug zu trinken hatte. Scato war entzückt. Er beschloss, dass ihre Taberna auch einen Bienenstock benötigte. Er und sein neuer Bekannter setzten sich auf eine Bank und unterhielten sich noch eine Weile, ehe Scato sich wieder verabschiedete.

  • Ein Stau in den Verwaltungsangelegenheiten sorgte dafür, dass Scato noch immer nicht wusste, ob und wann er seine Ausbildung absolvieren konnte und wie sie aussehen würde. Er würde trotzdem dran bleiben, er wollte das erstens unbedingt und fand zweitens, dass mehr medizinisches Personal benötigt wurde. Da Sextus in letzter Zeit viel um die Ohren hatte, war Scato auf sich allein gestellt. Stur, wie er sein konnte, bereitete er sich trotzdem weiter vor.


    Capsa
    Er ließ sich von seinem Sold eine Capsa anfertigen, eine zylinderförmige Ledertasche, in welcher Verbände und medizinische Instrumente verwahrt wurden, die Scato sich nach und nach kaufen würde, anstatt zu warten, ob man sie ihm irgendwann zur Verfügung stellen würde oder auch nicht. Wie sollte er ein Gefühl für den Beruf bekommen und für seine Instrumente, wenn er sie noch nicht einmal in der Hand gehalten hatte?


    Verbandsmaterial
    Verbände und Kompressen waren leicht zu organisieren, davon stopfte er etliche Rollen in die Capsa, genau wie Nadeln die durch ein Tuch gesteckt verwahrt wurden, um die Verbände festnähen zu können. Irgendwann würde er damit hoffentlich auch Wunden nähen dürfen.


    Verbandschere
    Um die Verbände auch zurechtschneiden zu können, gehörte eine Verbandschere dazu, die aus einem einzigen Eisenbügel bestand.


    Salben und Tinkturen
    Zudem kaufte er einige schon fertig abgemischte Heilsalben und Tinkturen von einer Wirkungsweise, bei der man auch als Laie nicht viel verkehrt machen konnte. Sie hatten bei falscher Anwendung keine nennenswerte Giftwirkung.


    Skalpell
    Sein Lieblingsstück wurde ein blitzendes, rasiermesserscharfes Skalpell, eingeschlagen in Tuch und Leder, damit es nicht stumpf wurde, dazu gab es einen ganz feinen Schleifstein, mehr eine Nagelfeile.


    Mehr konnte Scato sich vorerst nicht leisten. Diese wenigen Dinge aber würden den Grundstein legen für alles weitere.

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