Peristylium | MFG et FD - Geschiedene Leute

  • "... und deine Base Domitilla hat ihre Scheidung von Tiberius Lepidus erklärt" fasste Ikarus die Neuigkeiten des vergangenen Tages zusammen. Als Vilicus der flavischen Familie, Privatsekretär und Leibsklave des Manius Gracchus musste er selbstredend auch über alle Geschehnisse im Haus informiert sein. Obwohl Ikarus erst in diesem Jahr in die Villa eingezogen war hatte er zum Glück gute Kontakte zu allen anderen Sklaven des Hauses - er stammte immerhin wie viele von ihnen aus der Zucht der Flavia Agrippina, was seine Arbeit erleichterte.
    "Was?"
    fuhr Gracchus nun auf. Er hatte seit Domitillas Rückkehr nach Rom keinen Anlass gesehen, sich mit ihr über ihre Ehe zu unterhalten. Doch er hatte angenommen, dass ihre Anwesenheit nur dem Zwecke eines Besuches in der Hauptstadt diente und sie hernach zu ihrem Gemahl zurückkehren würde.
    "Ihre Scheidung?! Wes..halb?"
    "Darüber liegen mir keine Informationen vor, Herr."
    Gracchus schnaubte unwirsch und stand auf. Scheidung! Eine Flavia reichte die Scheidung ein! Er spürte, wie Hitze sein Blut in Wallung brachte, doch wie der flavische Furor sich seines Geistes bemächtigte lag außerhalb seiner Wahrnehmung.
    "Wo ist sie?"
    brüllte er nun schon beinahe, achtete jedoch nicht mehr auf Ikarus, der ohnehin nicht wusste, wo die Flavia sich aufhielt, und rauschte aus dem Zimmer. Im Atrium blaffte der Flavier Sklave um Sklave an - und je länger dies dauerte, desto mehr mögliche Szenarien malte er sich aus und desto mehr Ingrimm brodelte in ihm - bis er einen gefunden hatte, der ihn ins Peristylium verwies, wo Domitilla entspannt auf einer Kline lag.
    "Was hat er ge..tan!?"
    fuhr er sie regelrecht an, packte sie bei den Schultern und zog sie auf die Füße.
    "Was hat er dir angetan?"
    In einem Winkel seines Geistes sammelten sich zu all den möglichen Szenarien bereits mögliche, flavische Vergeltungsmaßnahmen, welche von einer öffentlichen Verunglimpfung bis hin zu einem klandestinen Attentat allerlei beinhalteten.

  • Schon in ihrer Jugend hatte Domitilla die flavische Bibliothek und deren Kostbarkeiten sehr geschätzt. Sie verfügte über hunderte von Abschriften, teils wahrhafte Raritäten, die dazu verführten, sich in der Villa ein ruhiges Plätzchen zu suchen und dort mit einer Schriftrolle den Tag zu verbringen. Genau das hatte die Flavia im Sinn gehabt. Unter den strengen Augen Magos, dem flavischen Bibliothekar, hatte sie in den Regalen gestöbert und war schließlich bei Petronius‘ Satyrikon hängengeblieben. Sie überlegte kurz und griff dann nach der Schriftrolle.
    Gefolgt von Praxilla, ihrer Leibsklavin schlenderte sie anschließend gemütlich zum Peristylium, um sich dort auf einer Kline niederzulassen. Sklaven versorgten sie mit verdünntem Wein und frischen Feigen.


    „Sorge dafür, dass ich meine Ruhe habe, während ich hier lese!“ Praxilla tat gut daran, dem Wunsch ihrer Domina zu folgen. Sie wusste, wie launisch sie sein konnte, wenn sie gestört wurde. Jedes Mal wenn sich ein Sklave dem Peristyl näherte, sorgte sie mit unmissverständlichen Gesten dafür, dass er sich aus dem Staub machen sollte. Auf diese Weise verschaffte sie ihrer Domina die Nötige Ruhe, um sich voll und ganz Petronius zu widmen. Hin und wieder naschte sie eine Frucht oder trank einen Schluck Wein.


    Nach einigen Stunden der Muse, war es, als höre sie die brüllende Stimme ihres Vetters Gracchus, welche aus dem Inneren der Villa zu ihr hinausdrang. Mit einem enervierten Seufzer sah sie kurz auf, um sich recht schnell wieder ihrem Text zu widmen.
    Doch bei dem Lärm aus der Ferne blieb es nicht! Eilige Schritte näherten sich dem Peristylium. Wieder sah sie auf und erkannte schließlich ihren Vetter, der sehr aufgebracht wirkte. „Manius?“Sie sah ihn fragend an, als er direkt auf sie zusteuerte.
    „Ma-ni-us!“, rief sie, als er sie an den Schultern packte und sie auf ihre Füße zog. Was hat er ge..tan!?, schrie er sie an. Domitilla riss verschreckt die Augen auf. Sie wusste zunächst gar nicht, wie ihr geschah, geschweige denn wen er meinte. Was hat er dir angetan? Sein Groll war kaum zu bändigen.


    „Meinst du etwa meinen Göttergatten, pardon meinen Ex-Göttergatten?“ Fraglos war er es, der ihren Vetter dermaßen in Raserei versetzte. Noch war sie sich nicht ganz sicher, ob er sie wegen der Scheidung verurteilte. Aber nein, sie hatte einen triftigen Grund für diese Entscheidung. Ihr Vetter würde das gewiss auch verstehen.
    „Er hat mich gequält und gedemütigt. Uber all die Jahre, Manius!“. Wenn das kein Grund war. Natürlich hatte er sie nicht physisch gequält. Nein, sein Tun war weitaus perfider gewesen.

  • "Über all die Jahre?"
    echote er leise, und diese Worte nahmen all seinem Zorn den Wind aus den Segeln, Beklemmung und Unbehagen legten sich über den Oceanos seiner Affekte, erstickten jede weitere Wallung. All die Jahre!
    "Oh Domitilla"
    , flüsterte er leise, zog sie ein wenig mehr an sich, legte die Arme um sie und hielt sie fest. Früher einmal hatte solch körperliche Nähe ihn stets in Verlegenheit gebracht, selbst gegenüber der Familie. Doch im Laufe der Jahre beschlich ihn mehr und mehr das Gefühl, dass vieles letztendlich nur aus dem Grunde ihm entglitten war, da er es nicht hatte festhalten können. Wie viele seiner Verwandten waren bereits entschwunden, ohne dass er sie hätte halten können, ohne dass er es überhaupt hätte versucht?
    "Warum hast du nicht ge..schrieben?"
    Rein rechtlich gesehen war Gracchus nicht für seine Base verantwortlich, doch rein rechtlich hatte in der Flavia Romuli nie ausgereicht. Er war Consular und Pontifex in Rom - er trug eine familiäre Verantwortung, ein familiäres Erbe, welches schlichtweg über das Recht hinaus ging. Darüberhinaus, ungeachtet aller familiären Erwartung, war die Familie stets eine seiner Maximen gewesen und seit den Geschehnissen des Bürgerkrieges ihm die höchste. Er hätte sie persönlich nach Hause geholt. Gracchus hielt Domitilla weiter an den Schultern als er ein wenig Abstand zwischen sie brachte, seine Augen sich ein wenig verengten.
    "Ist er ebenfalls in Rom?"
    fragte er mit lauernder Couleur in seiner Stimme. Der Flavier hatte Tiberius lange nicht im Senat gesehen, und als Gemahl - ehemaliger Gemahl - seiner Base wäre es zweifelsohne ein Akt des Anstandes gewesen, dass jener ihn bei seiner Rückkehr hätte angesprochen. Andererseits ahnte Lepidus allfällig bereits, das Gracchus nicht eben gut auf ihn zu sprechen würde sein, und war darob womöglich ihm aus dem Weg gegangen.

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  • Domitilla, die sich noch immer im Griff ihres Vetters befand, versuchte in dessen Stimmlage sein Empfinden zu eruieren. Scheinbar wich sein Zorn allmählich, oder vielmehr war es wohl so, dass er sich auf den Tiberius zu projizieren begann. Dennoch ließ sich die Flavia nicht dazu hinreißen, weniger aufmerksam die Physiognomie ihres Verwandten und dessen Gestik weiter zu studieren. Dieses Maß an Nähe, die er nun ihr gegenüber zuließ, war für sie höchst ungewohnt. In dieser Hinsicht hatte ihn wohl das Alter, welches auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen war, verändert.


    „Ich… ich… wollte nicht wehklagen und dich mit meinen Lappalien belästigen, Manius. Ich bin zwar eine Frau, aber immer noch eine Flavia!“ Sie verachtete die Frauen, die ständig herumjammerten und sich öffentlich in ihrem Selbstmitleid badeten, nur um sich damit die damit Aufmerksamkeit ihrer Nächsten zu erschleichen. Nein, Domitilla hatte lange ausgeharrt und eine enorme Menge an Geduld aufgebracht. Sie hatte Lepidus immer wieder Möglichkeiten offengelassen, mit ihr eine harmonische Ehe zu führen. Doch nun war sie es endgültig leid geworden!


    In den Augen ihres Vetters schien sie langsam dessen Gedankengänge erkennen zu können. Sie hatten sich verengt und zeugten vom Wiedererstarken seines Grolls, der allerdings diesmal nicht ihr gelten konnte. Die Frage nach dem Verbleib ihres Ex-Gatten war daher plausibel und durchaus auch berechtigt.
    „Als ich Lepidus verließ, ließ ich ihm im Glauben, nur meine Familie besuchen zu wollen. Daher weilt er gewiss noch in Capua und vergnügt sich mit seinen Gespielinnen.“ Besonders in den letzten Teil ihrer Rede hatte man die mit Spott gepaarte Abscheu der Flavia heraushören können, die scheinbar auch jetzt noch tief gekränkt war, vom niederträchtigen Verhalten ihres ehemaligen Gatten. Wie viele Frauen ihrer Couleur, konnte Domitilla da sehr lange nachtragend sein.
    So wie sie den Tiberius einschätzte, würde er auch selbst jetzt nicht den Anstand besitzen und sich um sie bemühen, geschweige denn ein klärendes Gespräch mit ihr oder ihrem Vetter zu suchen.

  • "Dein Wohl ist keine Lappalie, insbesondere da du eine Flavia bist! Ver..giss niemals, Domitilla, was auch immer dort draußen in der Welt um uns herum geschieht, in dir und mir fließt das Blut einer Familie, und für dieses Blut würde ich stets weiter gehen als für alles andere."
    Dies mochte ein wenig pathetisch klingen, doch für die Zukunft und das Wohl seiner Familie hatte Gracchus bereits einen Kaiser ermordet und einen Bürgerkrieg heraufbeschworen. Früher einmal mochte er die Wahrheit und Rom der Familie vorangestellt haben, doch er wusste längst, dass im Zweifelsfalle einzig auf das eigene Blut Verlass war.
    "Und ich bin ni'ht bereit zu konnivieren, dass ein Mann meine Base diffamiert, auch nicht ein Senator!"
    Insbesondere nicht ein gänzlich unbedeutender Senator. Gracchus ließ nun von Domitilla ab und nahm auf der Kline Platz, die Brauen wieder zornig zusammengezogen.
    "Es soll sein Glück sein, solange er keinen Fuß nach Rom setzt. Dennoch werde ich ihm eine unmissver..ständliche Nachricht zukommen lassen."
    Ein toter Hund auf der Schwelle seines Hauses allfällig, oder ein Pferdekopf in seiner Schlafstatt. In diesem Augenblicke vermisste Gracchus seinen Sciurus, dieser hatte für solcherlei Fälle stets eine passende Idee bereitgehalten. Ikarus indes - welche Talente dieser besaß musste sich erst noch zeigen, doch womöglich war dies eine Gelegenheit für ihn, die Güte seiner Zucht zu beweisen.
    "Prisca in jedem Falle wird zweifellos froh sein über deine Anwesenheit."
    So schnell der Vulkan flavischen Zornes ausbrach, so schnell war ebenso wieder erkaltet.
    "Das Haus ist in letzter Zeit doch ein wenig leer. Selbstredend hat sie die Kinder um sich und die Aufsi'ht über den Haushalt inne. Indes... ich wünschte mir, ich könnte ab und an in ihre Gedanken blicken, um darin zu lesen, ob sie wirklich zufrieden ist."

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