Vor der Curia Iulia während der Sitzung zum Tod des Quaestor Prinicipis Galeo Rusius Cotta

  • Unter jenen Schaulustigen und Interessierten, die während der Senatssitzung an den Stufen der Curia Iulia standen, befand sich auch Titus und bemühte sich etwas aus dem Inneren der heiligen Hallen zu vernehmen. Es hatte eines großen Kraftaktes des schmächtigen Jünglings bedurft, sich einen Platz auf den oberen Stufen zu sichern, war das Gedränge doch ungleich höher, verglichen mit den sonstigen Sitzungen die Titus bisherig besucht hatte. Der Tod des Quaestors hatte die Leute aufgewühlt, hier und da glaubte der junge Fabier gar Besorgnis in den Gesichtern der Zuhörer zu erkennen. Er selbst konnte sich über die Hintergründe dieses plötzlichen Exitus noch kein rechtes Bild machen. Zweifellos konnten auch quicklebendige und vitale Männer in der Blüte ihres Lebens auf unerklärliche Weise der Schlag treffen, wenn die Götter dies bestimmten, gleichwohl vermochte er seiner grundsätzlichen Skepsis wegen noch nicht gänzlich an ein natürliches Dahinscheiden glauben. Immerhin hörte man in der Stadt zuletzt vermehrt von kriminellen Aktivitäten. Überdies konnte ein angehender Senator auch stets das Ziel einer Intrige eines politischen Widersachers oder Feindes sein. Dies alles wollte der junge Tiro aber im Anschluss an die Sitzung mit Senator Flavius Gracchus konferieren, der ihn auch hierher bestellt hatte. Während Titus also im Andrang mit ausgefahrenen Ellbogen seinen Platz behauptete, verfolgte er die Debatte im Inneren und sah, wie der Kaiser die Kurie verließ - womöglich ein Zeichen, dass er einen Candidatus Principis erwählt hatte? Titus hatte vernommen, dass der Augustus vor dem Senat gesprochen hatte, das Ergebnis dieser Rede war Titus allerdings entgangen. Eines war allerdings sicher: Dass die Sitzung noch fortdauerte.

  • Auch Selenus war an diesen Tagen, wo sich im Senat so Aussergewöhnliches abspielte, vor der Porta des Senats anwesend. Mit vielen jungen Bürgern der Urbs, welche sich sicherlich eine lehrreiche Zeit erhofften und vielleicht sogar davon träumten, eines Tages selbst durch diese Tür zu gehen, wartete auch ich darauf, was sich abspielen würde. Im Gedränge hörte man nicht viel, aber im Gegensatz zu einigen hier wusste ich wenigstens, welcher junge Mann da drin gerade befragt wurde und ich wünschte ihm, dass er bald mit Liktoren wieder erscheinen würde.

  • Als die Sitzung beendet war strömten die ersten Senatoren eilig aus der Curia Iulia, andere folgten ihnen weitaus gemächlicher. Auch Flavius Gracchus gehörte nicht zu den Eiligen, wechselte zuvor noch einige Worte mit den Senatoren Quintilius und Vitellius, ehedem er durch die Säulen nach draußen trat und dort Fabius Torquatus erspähte. Zur gleichen Zeit erspähte Ikarus seinen Herrn und brachte ihm einen Becher Wasser, mit einem Schuss Wein verdünnt, von welchem der Flavier einen Schluck kostet, um seine Kehle zu benetzen, ihn sodann an den Sklaven zurück gab.

    "Nun, Fabius, was hältst du von dieser Angelegenheit?"

    kam er sogleich zur Sache, um einen möglichst neutralen Tonfall bemüht, war er doch überaus gespannt, wie Torquatus die Situation würde bewerten.

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  • Die Tuscheleien der übrigen Zuhörer und das von ihm selbst Vernommene verwob Titus gedanklich zu einem stimmigen Bild, bevor Senator Flavius seine Nachgespräche beendete und zu ihm stieß.

    »Der Senat hat einen Kandidaten erwählt, dessen Einsetzung zumindest auch dem Willen des Princeps entspricht«, fasste ich zunächst zusammen, um sicherzugehen, dass das Gehörte den Tatsachen entsprach.

    »Das Einvernehmen zwischen Kaiser und Senat lässt hoffen, dass die Amtszeit des neuen Quaestors der allseitigen Anerkennung wegen fruchtvoll verläuft. Der Name Annaeus Florus erweckt zudem sicherlich auch die Erwartung einer gewissenhaften und tadellosen Amtsführung.«

    Letztlich musste der Quaestor Principis auch und vor allem mit dem Kaiser zusammenarbeiten, sodass die Berücksichtigung seines Willens sinnig erschien. Allerdings konnte sich Titus eines kritischen Blicks und einer Nachfrage dahingehend nicht erwehren:

    »War die Nichtaufstellung eines Gegenkandidaten der Aufrechterhaltung dieser Eintracht oder nur der mangelnden Verfügbarkeit eines solchen geschuldet?«

  • Ein schmales Lächeln umspielte die Lippen des Flaviers vor seiner Antwort.

    "Für einige mag es Einvernehmen gewesen sein, für alle übrigen eine Unterwerfung"

    , kommentierte Gracchus die Beobachtung Torquatus', welche für einen Außenstehenden zweifelsohne nicht ungewöhnlich war.

    "Aquilius ist soweit ein guter Kaiser, darob nimmt niemand die Gefahr auf sich, zu objizieren, insbesondere nicht für ein niedriges Amt in einer Amtszeit, welche ohnehin bereits halb vorüber ist. Angesichts dieser Bedeutung, respektive fehlender Bedeutung hätte die Aufstellung eines Gegenkandidaten zweifelsohne keine allzu eklatante Konsequenz nach sich gezogen. Doch der Augustus, wiewohl der Senat, beoba'htet sehr genau, wer einen solchen Schritt wagt, und einen Gegenkandidaten aufzustellen wäre einem Affront gleichgekommen. Der korrekte Weg, seinen Unmut zu zeigen, war darob dem Kandidaten die Stimme zu ver..weigern, denn dies kann niemandem als Gesinnung gegen den Kaiser ausgelegt, sondern letztlich auf die Untauglichkeit des Annaeus zurückgeführt werden."

    Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:

    "Dies soll indes nicht bedeuten, dass derzeitig zwischen Kaiser und Senat eine Spannung herrscht, gegenteilig die Zusammenarbeit ist durchaus ganz im Sinne Roms. Ich möchte dir nur verdeutlichen, dass in der Politik selten das Offensichtli'he ein vollumfängliches Bild zeigt."





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  • Flavius Gracchus erweiterte Titus' Verständnis für das Geschehen um einen Aspekt, den er vorig nicht im Blick hatte. Auch die Verweigerung der Stimme für den Candidatus Augusti konnte Ausdruck einer Kritik sein, gezwängt in ein enges und darob möglicherweise unbequemes, aber oberflächlich durchaus ansehnliches und elegantes Korsett.

    Gleichwohl nahm Titus zur Kenntnis, dass das vermeintliche Einvernehmen durchaus im Sinne Roms war und wollte trotz seiner grundsätzlich skeptischen und misstrauischen Art daran glauben, dass dieses Einvernehmen tatsächlich auch den realpolitischen Status Quo abbildete.

    »Ich verstehe. Kennst du Annaeus Minor? Oder kanntest du seinen Vater?«

    Florus Maior war natürlich jedem Römer, der sich mit Politik beschäftigte oder gar Politiker zu werden gedachte ein Begriff - und so auch Titus.

  • "Sein Vater hatte den Höhepunkt seiner Karriere unter Divus Iulianus als ich die meine gerade erst begonnen habe. Ich entsinne mich, dass ich ein oder zweimal während meiner Quaestur, oder allfällig auch des Vigintivirates, mit ihm zu tun hatte. Du wirst dies zweifelsohne alsbald selbst erfahren, dies ist eine Zeit, in welcher man als junger Mann jeder Begegnung mit einem höheren Amtsträger noch große Be..deutung beimisst. Näher indes kannte ich ihn nicht."

    Letztendlich war Annaeus Florus ein homo novus und ein Mann des Militärs gewesen, und mit beidem verband Gracchus weder damals, noch heute viel - gleichwohl er sich durchaus in diesem Augenblicke ein wenig amüsiert dessen bewusst war, dass man auch Titus Torquatus aus patrizischer Sicht ebenfalls als homo novus mochte sehen können.

    "Annaeus Minor kenne ich ebenfalls nur von Amts wegen. Während viele Vigintiviri jedoch kaum Eindruck hinterlassen, so war er bereits vor seiner Wahl ambitioniert und visionär, und konnte während der Amtszeit zeigen, dass er ebenso fähig ist, seine Visionen umzusetzen. Dies sind Eigenschaften, welche ich durchaus schätze."

    Er musterte Torquatus.

    "Angenommen, dein Vigintivirat stünde kurz bevor. Was wären deine Ambitionen und Visionen für diese Amtszeit?"



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  • Einen kurzen Moment schienen Titus die ersten Schritte des Consulars beinahe greifbar, als dieser über seine Anfänge in der Ämterlaufbahn berichtete, was dem Jüngling gleichsam und abermals vor Augen führte, dass auch ein Flavius Gracchus nicht mit seinen mannigfaltigen Kenntnissen und Weisheiten vom Olymp gefallen war, sondern sie in einem mühsamen Lebensweg und -studium erworben hatte. Es war ermutigend zu wissen, dass die Zeit wohl auch seine Sinne und seinen Blick noch schärfen würde.

    Indes war Titus kein Träumer oder megalomaner Irrer, wie es sein Vater zuweilen zu sein pflegte, sodass er sich in Bescheidenheit üben und einen Fuß vor dem anderen setzen mochte. Ambitionen und Visionen zumindest für die bevorstehende Amtsperiode hatte er gleichwohl:

    »So ich erwählt werde, werde ich meine Ambitionen natürlich erst einmal mit der genauen Position in Einklang bringen, die mir der Senat zuweist. Sollte ich, wie ich präferiere, als Tresvir eingesetzt werden, sollen sich meine Bemühungen nicht nur in der Beaufsichtigung der Kerker erschöpfen. Ich möchte in Abstimmung mit den Prätoren auf schnelle Verfahren hinwirken und so der Kriminalitätsbekämpfung einen Beitrag leisten, die du ja selbst jüngst als Makel unserer städtischen Gemeinschaft hervorgehoben hast.«

    Titus erinnerte sich zurück an das Gespräch in Beisein seines Vaters.

    »Dazu gehört wohl auch, die Christianer stärker in den Fokus der Strafrechtsverfolgung zu stellen.«

  • Es gefiel Gracchus, dass sein Tiro nicht gleich sich auf das durch ihn präferierte Amt stürzte, sondern die Vergabe durch den Senat mit Realismus reflektierte.

    "Dies ist ein hehres Ziel, Fabius. Selbstredend werden dir als Virgintivir längst nicht alle Möglichkeiten offen stehen, doch übli'herweise sind die Praetoren nicht abgeneigt, auch verantwortungsvolle Aufgaben an geeignete Tresviri abzugeben."

    Da der flavische Senator auch bei der Wahl der Praetoren einen nicht unerheblichen Einfluss würde ausüben, würde er zweifelsohne auch hernach dafür Sorge tragen können, dass Torquatus nicht nur keine allzu großen Steine in den Weg würden gelegt, sondern er sich dazu beweisen konnte - ohne es ihm jedoch dabei allzuleicht zu machen.

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  • Die Aussicht darauf, dass er als Tresvir nicht nur Handlanger sein musste, sondern womöglich auch bei den Prätoren auf offene Ohren stieß, ließ Titus freudig und erwartungsfroh zurück, wenngleich sich dies wie so oft nicht sichtbar in seiner Mimik abbilden mochte.

    Nachdem das Gespräch mit Flavius Gracchus beendet war, trennte sich Titus von seinem Lehrmeister und zog sich für den heutigen Tag in die Domus Iunia zurück.

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