Taberna Palindromos

  • Das Palindromos war eine der eigenartigeren Tabernae in Rom. Sie hatte eigentlich nicht so richtig viel mit dem zu tun, was einem so einfiel, wenn man an "Taberna" dachte. Der Eigentümer, ein ägyptischer Grieche namens Alexandros, war gleichwohl auf eine Marktlücke gestoßen. In einem schicken Wohnviertel auf dem Aventin diskret in einer Seitenstraße gelegen und im hellenischen Stil eingerichtet, bot sie den Arbeitern des Geistes der Stadt heimelige Zuflucht. Man konnte sicher sein, hier jeden Abend auf interessante Gespärchspartner zu treffen, mit denen man sich ersprießlich über die Natur der Dinge, die Ethik oder solche Dinge unterhalten konnte.


    Am der Tür gegenüber liegenden Ende des großen Raumes blieb ein halbrunder Platz frei, von dem Musiker dezent angenehme Musik verbreiteten. Gelegentlich organisierte man dort auch Diskussionen zu allen möglichen Themen. Nach dem Ende einer Diskussionen oder Debatten, pflegten die Anwesenden den Gewinner abzustimmen. Für den Glücklichen ging der Rest des Abends dann aufs Haus.

    An lauen Sommerabenden fand man auf der großzügigen Dachterasse hervorragende Weine und Geselligkeit.


    Für die Eingeweihten öffneten sich auch die Hintertüren zu den den diskreten Hinterzimmern, die diejenigen zur Verfügung standen, die gerne ein vertrauliches Gespräch führen wollten.


    Heute Abend stand Tiberius allerdings nicht der Sinn nach konspirativen Gesprächen. Vielmehr hatte ihn mal wieder die Lust gepackt, vielleicht mal wieder ein paar neue Leute kennen zu lernen und neue Ideen zu hören. Er bestellte bei Alexandros das Übliche, setzte sich an einen Tisch und ließ die Stimmung auf sich einwirken.

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  • Wie erbaulich. Wie adrett!


    Ravilla hatten seine Schritte noch nie bis nach Achaia geführt, doch inmitten Roms fand sich ein kleines Abbild dieser fernen Provinz, von welcher einige behaupteten, sie - und nicht etwa Rom - sei die Wiege der Zivilisation. Zumindest in Sachen Innenarchitektur verstanden die Hellenen ihr Handwerk. Entzückt ließ Ravilla den Blick seiner dunklen Augen über die Dekorationselemente schweifen, erfreute sich am dezenten Duft feinen Räucherwerks, der seine edle Nase umschmeichelte, und ließ die Klänge der Musik seine Ohren erquicken.


    Der Sklave Anaxis, kaum weniger herausgeputzt als sein durch die Räumlichkeit lustwandelnder Herr, lotste diesen an einen Tisch, an welchem noch eine Sitzmöglichkeit zur Verfügung stand. Ravilla glättete die blütenweiße Toga und ließ sich nieder, sogleich von fleißigen Sklavenhänden in seinem Äußeren korrigiert, ehe Anaxis sich einige Schritte hinter seinem Herrn positionierte, um auf Anweisungen zu warten. Ein Mann saß bereits hier, was Ravillas Gefallen erweckte, denn was nützte es, ein aufsteigender Stern zu sein, wenn es niemanden gab, der dessen Strahlen erblickte?


    "Was für eine erstaunliche Lokalität", sprach Ravilla an diesen gewandt. "Sie scheint mir neu, oder mein Auge ward bislang von Blindheit getrübt."


    Seine plaudernd hervorgetragenen Worte waren der Absicht entsprossen, das Gemüt seines Gegenübers zu inspizieren. Ein mürrisches Brummen würde den jungen Mann dazu verleiten, sich einen seiner Gegenwart empfänglicheren Gesprächspartner zu erwählen, doch hoffte er, dass ein kleiner Plausch sich hier ergeben möge.

  • Tiberius nickte dem Herren zu, der ihn angesprochen hatte.

    "Neu nicht, aber auch nicht alt. Ich würde sagen... etabliert trifft es ganz gut. Aber du musst deinen Augen nicht vorschnell die Schuld geben, mein Freund. Man übersieht das hier doch recht leicht."


    Der Valerier wies auf einen freien Platz ihm gegenüber.


    "Setz dich doch. Der hispanische Wein, den sie hier seit Neuestem haben ist exzellent."

    Er winkte der Bedienung ensprechend zu.

    "Einer meiner Lieblingsplätze in Rom kann ich sagen. Ich bin Tiberius Valerius Flaccus übrigens."

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  • "Sehr erbauliche Lokalität, in der Tat!"


    Ravilla wechselte den Platz, erfreut ob des Gesprächsangebots, um die Distanz zu verkürzen, welche die Worte zum Ohr zu überbrücken hatten. Erneut korrigierte Anaxis den Sitz seiner Toga, ehe er reglos Aufstellung nahm, und Ravilla, der dies kaum merkte in Anbetracht der Gewohnheit, richtete sein Augenmerk auf sein Gegenüber.


    "Galeo Seius Ravilla, sehr erfreut!" Ravilla, noch nie von Schüchternheit geplagt, ergänzte sogleich in vertraulichem Ton: "Diese Stadt genießt noch nicht lange den Genuss meiner Gegenwart."


    Was seine etwas aufdringliche Art und Weise erklärte, ohne den Grund explizit herauszukehren - Ravilla versuchte, Bekanntschaften an einem Ort zu schließen, an welchem er als Fremder unter Fremden wandelte. Zwar war er nun als Provinzrömer offenbart, doch wer wusste schon, ob für jenen Valerius nicht dasselbe galt? Nun, vielleicht würde er es sogleich erfahren.

  • Ah, jemand, den es gerade erst in die Stadt geschwemmt hatte. Seit seiner Zeit in Griechenland teilte Tiberius die Vorurteile der Städter gegenüber den Leuten aus der Provinz nicht mehr. Die Leute unterschieden sich je nach Ort letztlich doch kaum.


    "Nun, dann willkommen in Rom, Ravilla. Was führt dich in diese unglaubliche Stadt?"


    Tiberius konnte keinen besonderen Akzent bei Ravilla heraus hören, aber er war auch notorisch schlecht, was solcherlei anging. Jedenfalls würde sein Gegenüber keine leichte Reise hinter sich haben.

    Während er noch nachdachte, kamen die in gebratenen Speck eingerollten Datteln, die Tiberius hier immer aß. Alexandros hatte da eine spezielle Marinade.


    "Dattel?" fragte er Ravilla.

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  • Mit spitzen Fingern pickte Ravilla eine der Datteln vom Teller, drehte sie, um sie einer Betrachtung zu unterziehen, ehe die gustatorische Überprüfung folgte.


    "Vorzüglich", sprach Ravilla, nachdem er herunter gekaut hatte, während auf seiner Zunge die letzten Geschmackseindrücke wirkten.


    Mit einem Wink schickte er Anaxis hinfort, um weitere Speisen zu ordern, damit nicht er allein beim Gegenüber kostete, sondern dieses ebenso bewirtet wurde. Zudem ließ sein Magen ein flaues Gefühl verlauten, welches auf Hunger hindeutete. Indes die Datteln des Valerius zu verwenden, dies Loch zu stopfen, würde ihn der Unhöflichkeit schuldig machen.


    "Mein Weg wird mich in die Hallen der Curia Iulia führen. Dafür verließ ich Cappadocia und begab mich hierher."


    Der Kontrast konnte größer kaum sein, war Cappadocia doch als hinterwäldlerisch bekannt und böse Zungen hatten gar verlauten lassen, ihr Stolz, Caesarea, sei keine Stadt. Überfordert war Ravilla bisweilen von der Vielfalt der Eindrücke und Menschen, doch nahm er an, sich daran noch zu gewöhnen. Auch daran, dass zwei Patroni ihn unerwartet hatten hängen lassen ...

  • Die Curia Iulia also. Tiberius nickte anerkennend. "Ein Mann mit Ehrgeiz also." Ravilla hatte sich offensichtlich ein hoch gestecktes Ziel gesetzt. Und wenn Tiberius sein Gegenüber so abschätzte, meinte er durchaus zu erkennen, dass hinter diesem Ehrgeiz auch Substanz steckte. Von Cappadocia hatte Tiberius keine Ahnung. Das lag irgendwo im Hinterland von Asia oder so. Aber das musste natürlich nichts über das politische Talent eines Mannes aussagen. Tatsächlich war es nach Tiberius' Anischt eher ein Vorteil, wenn man sich die Mechaniken einer Provinz mal angesehen hatte, bevor man in Rom die größte Bühne betrat. Auch wenn eingefleischte Stadt-Römer das niemals offen zugeben würden.

    Nun, jedenfalls war es sicher ein weiter Weg von Cappadocia in die Curia Iulia.

    Tiberius meinte, sich in der politischen Landschaft Roms ganz gut auszukennen und der Name Seius leutete zwar weit im Hinterkopf eine Glocke, aber zu den prädestinierten Patrizierfamilien zählten sie nicht.


    Er beschloss, mehr darüber heraus finden zu wollen. Im Plauderton fragte er also: "Und wie läuft der Wahlkampf so?"

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  • Ravillas Lächeln verrutschte etwas. Noch war er kein mit allen Wassern gewaschener Senator, der die Maske in jeder Situation zu wahren wusste, sondern nur ein junger Mann mit gewaltigen Ambitionen und einem ebensolchen Ego. Mit beiden war er in Rom an seine Grenzen gestoßen, ein Umstand, der an Ravillas Stolz zu kratzen geeignet war. Zu verbergen mochte er das in diesem Moment nicht.


    "Nun, offen gestanden ..."


    Er entschloss sich nach kurzem Zögern, die unangenehme Wahrheit zur Sprache zu bringen, da eine Aufschneiderei oder gar Lüge an dieser Stelle nicht zielführend gewesen wäre. Ein exzentrischer Schnösel mochte Ravilla sein, doch war ihm sein künftiger Werdegang ein ernstes Anliegen, welches er in Perfektion zu erfüllen gedachte.


    "An die kommende Amtsperiode bin ich wohl ein wenig zu ambitioniert und unkoordiniert herangegangen. Als Vigintivir gedachte ich zu starten, doch ach! Die Höhe des Berges an Voraussetzungen gleicht jener des Olympos, den nur die Götter erreichen, und die steilen Anstiege sind bekanntlich auch die forderndsten. Jedoch", Ravilla hob den Finger, "aufgeschoben ist nicht aufgehoben und mein Herz ist jung. Die auferlegte Pause verschafft mir die Gelegenheit, mich auf die nächste Wahlperiode besonders vortrefflich vorzubereiten. Mich in der Urbs Aeterna umzuhören ob der Sorgen, Nöte und Notwendigkeiten soll dazugehören. Als Neuling bin ich darob noch nicht allumfassend im Bilde. Vielleicht möchtest du etwas zu Sprache bringen, jetzt, wo das künftige Ohr des Staates vor dir sitzt?"

  • So wie Ravilla mochte es vielen gehen, die keine etablierte aristokratische Familie hinter sich wussten.


    "Der Weg in die Curia ist steinig, so viel ist sicher. Aber sie läuft dir nicht davon, deswegen ist es sicher kein Problem, wenn das Gemeinwesen nicht schon ab der nächsten Wahlperiode von deinen Fähigkeiten profitiert.

    Und die Strategie, die du dir überlegt hast... du weißt schon zuhören, Sorgen, Nöte, Notwendigkeiten ist sicher eine gute. Sollten mehr angehende Politiker ausprobieren. Was mich betrifft, kann ich mich aber nicht beschweren. Ich habe mir das Ziel gesetzt, im epikureischen Sinne glücklicher mit weniger zu sein. Oder besser gesagt, mit dem was ich habe.

    Aber sag, bist du allein auf deinem Weg in die Curia? Ich glaube nicht, dass ich dich schon mal im Gefolge eines mächtigen Senators gesehen habe..."


    Wenn der angehende Politiker vor ihm tatsächlich mächtiger Verbündeter entbehrte, konnte Tiberius dem eventuell sogar abhelfen.

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  • "Von aller Welt verlassen! Zwei Patroni haben mir ihre Gunst verwehrt, wenngleich es doch gut begann, und meine Freunde weilen im fernen Cappadocia! Was, wenn die nächste Wahlperiode sich genau so gestaltet wie die jetzige? Rom benötigt meine Expertise, Rom benötigt junges Blut, das in Flammen steht, Rom benötigt mich!"


    Dabei warf er theatralisch die Hände in die Luft, gar nicht bemerkend, dass er damit übertrieb. Einige Köpfe wandten sich nach ihm um, während eine Woge von Selbstmitleid ihn übermannte, der er nun ohne Hemmung Ausdruck verlieh.


    "Inmitten von tausenden Menschen wandelt Ravilla auf steinigem Pfad allein! Was nützen ein Herz gleich einem Palast aus Gold, in dem jeder gute Römer einen Platz finden könnte und ein Verstand, vor dem die verstorbenen Denker aller Zeiten sich in Eintracht verneigen, wenn all dies nicht in wirksamem Handeln manifestiert werden kann?"


    Ravillas Hände beschrieben eine resignierte Kurve nach unten und ihr Besitzer sank in einem Anflug von Zermürbung in sich zusammen.

  • Mhm. Getragene Rhetorik hatte sein Gegenüber zwar zweifellos drauf. Anscheinend fiel es ihm aber nicht eben leicht in der Hauptstadt Anschluss zu finden. Das war wenn man drüber nachdachte auch nicht weiter verwunderlich.

    Es war für jemand aus den nicht-etablierten Zirkeln schon schwer genug, auch wenn man nicht aus dem hintersten Winkel von Asia Minor kam. Kam man aber aus dem hintersten Winkel von Asia, konnten sich potentielle vornehme Mitstreiter schnell fragen, was ihnen dieser Mann bringen sollte.

    Nun, deren Verlust konnte jemand anderes Gewinn sein. So sprach er aus, was er kurz zuvor gedacht hatte.


    "Ich glaube, dem könnte ich helfen Abhilfe zu schaffen. Also dem Patronatsproblem. Ich kenne gewisse Leute in den höchsten Kreisen, die sicher interessiert daran wären, einem ehrgeizigen Mann mit rhetorischem Talent unter die Arme zu greifen und die außerdem ausgezeichnete Verbindung zum Cultus Deorum haben. Ich könnte dich ihnen vorstellen. Wenn du das möchtest. Vielleicht erzählst du mir noch ein bisschen über dich und dein... Programm, damit ich sicher sein kann, dass ihr auch zusammen passt?"


    Tiberius hatte natürlich die Flavier im Kopf, mit denen er in der letzten Zeit zusammen gearbeitet hatte. Bevor er ihnen aber Ravilla anschleppte, wollte er diesem noch ein bisschen auf den Zahn fühlen. Der Pontifex würde es nicht gerne sehen, wenn man ihm einen republikanisch gesinnten Aufrührer ins Haus brachte.

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  • "Deine Bekanntschaften werden es dir danken, denn mit mir setzt man auf Gold! Eines Tages werde ich mich daran erinnern, wer meine Freunde sind und wer mir half, den Weg hinauf zur Spitze zu erklimmen."


    Und Ravilla war bei aller Arroganz weder undankbar noch herzlos. Da Anaxis noch trödelte, griff er nun nach einer weiteren Dattel, um sich an ihrem zartschmelzenden Fruchtfleisch zu trösten, ehe er sich wieder aufrechter setzte, ermutigt von der Aussicht, welche Flaccus angedeutet hatte.


    "Zunächst wäre es meine Aufgabe, anderen zuzuarbeiten. Ein eigenes Programm ist nur bedingt möglich, anfangs ist es entscheidend, unter Beweis zu stellen, dass es sich lohnt, mein Engagement zu unterstützen. Insofern wäre das Programm meines Magistrats auch mein Programm, ehe ich daran denken kann, im mir gegebenen Rahmen etwas Eigenes auszugestalten. Schwimmen lernt man nicht an Land. Man muss ins kalte Wasser springen, um an andere Ufer zu kommen."


    Auch für ihn galten die Gesetzmäßigkeiten des politischen Aufstiegs, da gab Ravilla sich bei aller Selbstverliebtheit keiner Illusion hin. Noch stand er nicht einmal auf der untersten Stufe des anvisierten Weges und hatte einem Patron wenig mehr zu bieten als sein ansprechendes Äußeres, seinen Ehrgeiz und seine Wortgewandtheit.

  • Tiberius fand, dass diese Ansicht durchaus Hand und Fuß hatte. Es war ganz besonders wichtig, die Hackordnung im Auge zu behalten und sich danach zu benehmen. Und sich vor allem nützlich zu machen. Allerdings glaubte Tiberius, dass da noch mehr war.


    "Sehr gute Ansicht. Und Themen, die dir besonders am Herzen liegen? Wie hälst du's mit der Steuer und den Abgaben, mit der Landverteilung, der Infrastruktur und so weiter und so weiter, du weißt. Die kalten, harten Sachthemen. Oder hast du eine besonderes Herzensthema?"


    Wenm Ravilla hier jetzt keine Wahlkampfrede zum Besten geben wollte, war das natürlich auch vollkommen in Ordnung. Aber nach Tiberius Erfahrung hatten die meisten Politiker mindestens ein Ding, dem sie beosnders viel Aufmerksamkeit widmeten, zu dem sie eine starke Meinung hatten und das sie verfolgen wollten.

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  • "Das sind sehr komplexe Themen. Offener Weise muss ich hier auf mein junges Alter verweisen. Bedenke, ich bin erst vor wenigen Wochen in Rom angekommen! Sicher, ich könnte dir einige der Probleme in Cappadocia darlegen, für deren Behebung ich mich gern einsetzen würde, da ich erlebt habe, wie den Menschen das Leben schwerer gemacht wird, als es sein müsste. Aber ich brauche dir nicht zu erzählen, welch komplexes Gefüge der römische Staatsapparat ist. Man kann nicht an einem Rädchen drehen, ohne andere zu beeinflussen.


    Um ein Gespür dafür zu bekommen, was realistisch ist und Sinn ergibt, muss ich mich einarbeiten und mit erfahreneren Leuten sprechen. Weshalb ich noch weit entfernt davon bin, konkrete Pläne vorzuweisen. Diese wären nichts anderes als Augenwischerei. Für den Wahlkampf freilich sicher nicht das schlechteste Vorgehen, aber es entspricht nicht meinem Stil. Ich möchte vielmehr gemeinsam mit meinem Patron und später meinem Magistrat ein vernünftiges und realistisches Konzept ausarbeiten, vielleicht im Rahmen eines Tirocinium Fori, eines, für das ich guten Gewissens einstehen und es dann auch verwirklichen kann.


    Kurzum - ich möchte meine Versprechen halten. Und da ich dafür noch nicht garantieren kann, verspreche ich nichts."

  • Eine umsichtige Einstellung. Wenn auch etwas zu vorsichtig für Tiberius Geschmack. Aber jeder musste da seinen eigenen Weg finden. Er fand auch nichts auszusetzen an Ravillas Gesamteindruck.


    "Nun gut, das ist sicher eine vernünftige Einstellung. Ich bin mit dem Pontifex Flavius bekannt. Du hast vielleicht von ihm gehört. So gut jedenfalls, dass ich eine private Unterredung, du und der Pontifex, arrangieren könnte. Der Pontifex ist immer interessant an politischen... Talenten. Falls du Interesse hast, versteht sich."


    Sollte es Ravilla tatsächlich schaffen, wäre das auf jedenfall positiv für die flavische "Partei". Vielleicht würde sich der Senator erkenntlich zeigen.

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  • "Der Pontifex?" Ravilla legte die Finger unter das edle Kinn, doch nur vorsichtig, um nicht die zarte Puderschicht zu verschmieren und auch nur mit der Oberseite der Finger, um nicht das, was er künftig anfasste, einzupudern. Besonders bei Tisch fände er dies eine Unziemlichkeit, die allen hygienischen Wünschen widerspräche. "Oh, ich bin sicher, der gute Flavius wäre verzückt, mich kennenzulernen! Wie können wir das Treffen in die Wege leiten? Wirst du ihm schreiben oder soll ich so frei sein, bei ihm an die Porta zu klopfen und auf deine Empfehlung zu verweisen?"


    Er richtete das Augenmerk auf sein Gegenüber. "Doch sag, wen genau habe ich eigentlich vor mir, dass du den Pontifex Flavius zu deinen Bekannten zählst? Deinen Namen kenne ich nun, doch wer ist Tiberius Valerius Flaccus?"

  • Tiberius lehnte sich entspannt zurück. "Das Treffen in die Wege zu leiten wird nicht weiter kompliziert sein. Ich werde ihm schreiben und dich zu einer privaten Unterredung empfehlen. Du kannst dir sicher vorstellen, dass dem gewesenen Konsul jeden Tag ein ganzer Haufen Leute mit irgendwelchen Anliegen in den Ohren liegt. Mit der richtigen Empfehlung allerdings kommst du an den normalen Bittstellern vorbei. Und dann hängt es an dir, den richtigen Eindruck zu machen." Und natürlich sich daran zu erinnern, wer ihm diese Chance verschafft hatte. Aber so weit war es natürlich noch nicht.

    "Das ist natürlich eine berechtigte Frage. Man könnte salopp sagen, ich arbeite für ihn, obwohl es dass nicht ganz trifft. Ich bin Pontifex Minor, arbeite als solcher für das Collegium der Pontifices in dem der ältere Flavius Gracchus schon lange eine prominente Rolle einnimmt." Tiberius war versucht, ihm von den Beratungen zur flavischen Novelle des Christengesetzes zu erzählen, bei denen der Pontifex Tiberius' juristische Expertise zu Rate gezogen hatte. Diese Sache war allerdings noch nicht spruchreif, sodass er diesen Umstand für sich behielt.

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  • Ravillas Augen glänzten vor Verzückung. Nach all der Zeit, die er in Roma mangels namhafter Bekanntschaften auf der Stelle getreten waren, sandten die Götter ihm nun dieses Prachtexemplar einer namhaften Gestalt!


    "Damit würdest du mir einen großen Gefallen erweisen. Und Seius Ravilla vergisst nicht. Es mag noch eine Weile dauern, bis ich mich angemessen revanchieren kann, doch einstweilen tut es vielleicht auch ein guter Wein."


    Er schaute nach seinem Sklaven. Anaxis besprach gerade die Bestellung mit dem Inhaber des Lokals. Sein Herr hatte zahlreiche Extrawünsche, was die Gewürze anbelangte, da er einige von ihnen im Verdacht hatte, seine gelegentlichen Kopfschmerzattacken zu begünstigen, während er meinte, dass andere ihm halfen. Dies führte zu einer etwas ungewöhnlichen Kombination von Geschmacksträgern, die zu einer schmackhaften Komposition zu verbinden den durchschnittlichen Koch vor so manche Herausforderung stellte. Die umständliche Bestellung war nach einigem Hin und Her darin begriffen, in die Tat umgesetzt zu werden.


    Die Filtration des Würzweins und seine Umfüllung in geeignete Gefäße kam als Erstes zur Vollendung und Anaxis übernahm die Bedienung, wobei er Flaccus ebenso bedachte wie Ravilla. Der Wein war allerdings Weiß. Da Rotwein die Lippen und Zähne verfärbte, von der Kleidung ganz zu schweigen, trank Ravilla, außer bei besonderen Einladungen, bei welchen er einen Trunk nicht abzulehnen vermochte, ohne den Gastgeber zu brüskieren, nur Rebsaft der weißen Sorte.


    "Darf ich fragen, welchen Aufgaben der Pontifex minor im Einzelnen nachgeht in seinem Collegium?"


    Das Interesse war keineswegs geheuchelt. Eine ungefähre Vorstellung durften wohl die meisten ihr Eigen nennen, doch mitunter wich das Klischee vom tatsächlichen Arbeitsalltag erheblich ab, bedingt durch regionale Varianzen, gesellschaftliche Veränderungen oder schlichtweg dadurch, dass falsche Vorstellungen vorlagen. Ravilla war entschlossen, solchen Dingen auf den Grund zu gehen, um zu gegebener Zeit effektiv handeln und Konversation führen zu können, die nicht vom Gutdünken bestimmt war, sondern von Wissen.

  • Tiberius war höchst zufrieden mit Ravillas Versprechen.

    "Dann auf ein gedeihliches Voranschreiten auf dem Cursus Honorum, mein Freund." Er hob den Becher.

    "Was meine Aufgabe angeht, nun, es geht dabei um die Verwaltung im Cultus Deorum und die Beratung der Pontifices. Die Einzelheiten sind da vertraulich, was du sicher verstehen wirst. Aber wie gesagt. Verwaltung. Aufsicht. Das ist die Kurzfassung" Er nahm noch einen Schluck. "Ich bin Jurist. Und in dieser Kapazität kann ich bei der Verwaltung des Cultus natürlich von Nutzen sein.

    Ah, apropos Cultus. Wenn du eine Karriere im Öffentlichen Leben anstrebst, solltest du dich auch auf jeden Fall für ein Engagement im Cultus interessieren. Das wird bei Leuten mit deinen Ambitionen immer sehr gern gesehen."

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  • Die Finger des Ravilla hoben den Becher gleichsam in eleganter Manier und trank auf seine eigene Person, ein Handeln, welches nur oberflächlich selbstherrlich anmutete, da es letztlich eine Tat im Sinne des Allgemeinwohls war: Rom würde es besser gehen mit Ravilla im Senat und somit folglich jedem einzelnen Römer. So war es nur eine Frage des Anstands, auf sich selbst zu trinken. Nach einem nicht zu kleinen Schluck ließ Ravilla den Becher sinken, ohne ihn abzustellen. Er bedauerte, dass der Pontifex Minor sich nicht in Details zu seiner Tätigkeit verlieren durfte, da blanke Neugier ihm die Nachfrage auf die Lippen gesandt hatte, welche nun unbefriedigt verbleiben musste.


    "Mein Neffe bot mir ein Engagement bei den Luperci an. Doch bin ich noch zwiegespalten, da ich es gewohnt bin, bereits im bekleideten Zustand die Aufmerksam der holden Weiblichkeit in einem Maße auf mich zu lenken, das den einen oder anderen Ehemann zu erzürnen vermag. So möchte ich noch nach möglichen Alternativen Ausschau halten. Welchen Bestandteil des Cultus würdest du einem aufsteigenden Stern empfehlen?"

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