• "Ich bin immer friedlich. Immerhin möchte ich Priester werden."


    Das war ein Scherz, da Galloi zumindest während der Megalesia alles andere als ausgeglichen wirkten. Zmertorix lächelte, während der Sklave ihm in erstaunlicher Geschwindigkeit die Körperhaare zupfte. Sein Gesicht war schon herrlich glatt, gerade eben befreite der Mann Brust und Bauch vom unerwünschten Fell, auch wenn es da nicht sonderlich viel zu zupfen gab in seinem Fall. Der zweite Sklave arbeitete sich von den Füßen an nach oben.


    "Es geht mich ja nichts an, aber nach dem Thermenbesuch solltest du im Castellum vorsprechen, Cimber. Deine Ankunft ist, wie die von Stilo, schon lange überfällig. Zwar könnt ihr nichts für den Verwaltungsfehler, aber dennoch solltet ihr nicht länger als nötig trödeln. Ich werde am besten sofort nach dem Bad weiterreisen nach Caesarea, damit ich niemanden aufhalte."

  • Cimber legte sich ebenfalls auf eine Liege und ließ sich ebenfalls aufhübschen, eine Massage konnte zudem ebenfalls nicht schaden. Dass Zmertorix ihm durch die Blume mitteilte, dass er arbeiten gehen sollte, ließ Cimber grinsen.


    "Zuerst muss ich ebenfalls wieder römisch aussehen Zmertorix, anders kann ich nicht vor meinen Vorgesetzten treten. Aber sobald ich hier fertig bin, werde ich mich umgehend im Castellum melden. Falls Du in Caesarea einen Unterschlupf suchst, meine Familie wird Dich aufnehmen. Die Einladung galt selbstverständlich nicht nur für Cerretanus, sie gilt ebenso für Dich. Sei Gast in unserem Haus und fühle Dich wohl. Zudem wüsste ich Dich dort sicher. Es sind wahrlich finstere Zeiten mein Freund, ich wüsste Dich gerne hinter unsere schützenden Mauern. Und ich glaube, es würde Dir dort gefallen. Überlege es Dir einfach Zmer", antwortete Cimber und schloss die Augen, während man ihn enthaarte, rasierte und für seinen Besuch vorbereitete.

  • "Eine Schlangengrube?" Stilo verzog unwillig das Gesicht. "Tuccier? Bitte nicht ..."


    Bei seinem Pech hatte er einen als Centurio oder so. Er machte es sich auf der Liege neben Cimber bequem und teilte dem Sklaven mit, dass er auf eine Enthaarung durch Zupfen überhaupt keinen Bock hatte. Der sollte ihn einfach nur rasieren. Wenn man das regelmäßig machen ließ, war das Ergebnis fast das Gleiche wie nach dem Zupfen, nur etwas stachliger, aber dafür ging es schneller und tat nicht weh. Er bemerkte durchaus, dass sein Bruder an Zmertorix Gefallen gefunden zu haben schien. Armer Irrer. Spätestens zu den Megalesia würde er Zmertorix mit einem Arschtritt auf den Mond schießen, das hielt keiner aus.

  • "Richtig eine Schlangengrube und diese Schlangen kommen selten allein. Für gewöhnlich kriechen sie in den obersten Gefilden herum und bei diesen Schlangen wird es nicht anders sein. Es sei denn es handelt sich um junge Brut. Durchaus möglich, so nah an der Heimat, da wittern sie Oberwasser. Nun sind wir ehrlich, dass haben sie hier größtenteils auch. Sei nur vorsichtig, wohin Du Deine Schritte lenkst, nicht dass Du auf eine schlafende Natter tritts mein Bruder", antwortete Cimber und schloss die Augen.


    Den Feind innen und außen zu bekämpfen, war etwas das schon so manchen mächtigen Mann das Leben gekostet hatte. Sogar weitaus mehr, es hatte ganze Völker zu Fall gebracht. Denn wie konnte man Freund und Feind noch unterscheiden, wenn sie gleichermaßen neben einem marschierten? Nun auch in der Natur bedienten sich viele Tiere dieser Tarnung. Sie gaben sich als etwas aus, dass sie nicht waren. Einerseits um sich vor Räubern zu schützen, andererseits um Beute zu schlagen. Die Zeit würde zeigen, ob er zu den Jägern oder zur Beute gehören würde.

  • "Ich gebe auf mich acht. Vor Nattern habe ich noch nie Furcht verspürt, Bruder."


    Stilo schlief ein von dem feinen Kratzen des Rasiermessers. Er wachte kurz auf, als man ihn bat, sich zu wenden. Die Rasur endete in einer wohltuenden Massage, bei der Stilos Schnarchen die Idylle der Therme störte. Er fühlte sich sauwohl und da schlief er immer ein. Cimber kannte das, Stilo war schon an den merkwürdigsten Orten und in den blödesten Situationen eingeschlafen, nur weil er sich wohlfühlte.

  • Und wie immer musste Stilo auch diesmal nicht um sein Wohl oder seine Ruhe fürchten, denn solange Cimber in seiner Nähe war, wachte er auch über seinen Bruder.

  • Als Stilo wieder erwachte, war er vortrefflich rasiert und tiefenentspannt. Jemand von den Sklaven hatte fürsorglich eine Decke über ihn gelegt. Vermutlich hatte Stilo ziemlich lange geschlafen, so ausgeruht, wie er sich fühlte. Sein Bruder war noch immer neben ihm und Stilo grinste die gute Seele an. Leise raunte er:


    "Na, was ist jetzt? Soll ich schon mal vorgehen oder kriegst du es hin, dich von Zmertorix zu verabschieden, damit wir zusammen ins Castellum gehen können?"

  • Cimber schmunzelte den gerade aufwachenden Stilo gut gelaunt an.


    "Na endlich wach, Du Langschläfer. Nein Du musst nicht vorgehen, ich verabschiede mich von Zmer und dann können wir zum Castellum aufbrechen", antwortete Cimber mit schelmischem Grinsen und wuchtete sich von der Liege hoch.


    Langsam schlenderte er zu Zmertorix und tippte den Priester auf die Schulter.

    "Die Zeit des Abschieds ist gekommen Zmer, pass auf Dich auf es macht sonst keiner. Auch wenn Du Priester bist, da draußen gibt es Dinge jenseits der Götter, die es niemals gut mit einem meinen. Hüte Dich vor ihnen. Die meisten von ihnen tragen eine schlecht sitzende Menschenverkleidung. Du warst ein sehr angenehmer Reisegefährte und Freund. Wie gesagt, die Einladung in das Gestüt steht, dort findest Du Unterschlupf, eine Heimat und Sicherheit. Machs gut Zmer, ich hoffe wir sehen uns mal wieder", verabschiedete sich Cimber von Zmertorix. Er drückte ihm kurz sanft die Schulter, dann ging er zurück zur Umkleide.


    Abschiede kamen immer zu früh, das war eine uralte Regel des Lebens.

  • Cimber hörte es hinter sich tapsen, als Zmertorix ihm mit unmännlich erhobenen Händen hinterher trippelte, die hölzernen Badeschlappen in der einen Hand baumelnd und in der anderen das Handtuch wehend. Er holte Cimber an der Umkleide ein, überholte ihn, ließ Handtuch und Schuhe fallen und stellte sich ihm in den Weg. Zmertorix war nun, abgesehen von Kopfhaar, Wimpern und Brauen, vollständig enthaart, sodass man jede einzelne seiner zahllosen tiefen Narben sah, deren Anordnung auf Selbstverletzung schließen ließ. Besonders betroffen waren die Arme, der Bauch beiderseitig unterhalb des Nabels, die Schamregion und seine Oberschenkel, doch auch am Hals trug er Schnittwunden und Narben unterschiedlicher Altersstadien. Seine Haut leuchtete krebsrot von der Enthaarung und der anschließenden Massage und duftete nach dem Öl, das Cimber ihm geschenkt hatte.


    "Es wäre doch freundlich, wenn du wenigstens gewartet hättest, bis ich den Abschied erwidert habe." Er blickte ihm ernst in die Augen. Leiser sagte er: "Bitte sprich nicht, als würden wir uns nie wieder sehen. Dies ist kein Abschied für immer, aber ich muss dringend nach Caesarea, um optimal auf mein Anliegen vorbereitet zu sein. Ich benötige das perfekte Auftreten, damit alles gut geht." Nun lächelte Zmertorix und drückte seinerseits Cimbers Schulter. "Du warst mir ebenfalls ein angenehmer Reisegefährte. Die nächsten Wege werden einsam sein. Gib gut auf dich acht. Bis bald, Cimber."

  • Cimber blieb dicht vor Zmertorix stehen und betrachtete ausgiebig den von Narben gezeichneten Körper. Er war Soldat und wusste wie welche Verletzungen aussahen. Sein Blick taxierte jeden Milimeter von Zmertorix Körper, ehe er nach oben wanderte und den Blick des Priesters festhielt. Der Blick von Cimber war freundlich. Auf Zmertorix Beschwerde hin, stahl sich ein winziges Lächeln in Cimbers Gesicht.


    Er beugte sich zu Zmertorix, räusperte sich und flüsterte ihm leise zu.

    "Zmer, ich war nicht unhöflich. Ich war feige, Abschiede sind etwas das mir nahegeht. Du wirst doch keinen alten Kerl zum Heulen bringen oder? Du hast Recht, ich sollte so nicht reden. Dito manche Menschen kann man sich einfach nicht merken, andere nicht vergessen Zmer. Du wirst das perfekte Auftreten haben, daran besteht kein Zweifel. Genieß den Rest des Öls. Dann korrigiere ich meine Wortwahl anstatt Worte des Abschiedes sage ich auf bald Zmertorix", antwortete Cimber und knuffte ihn.

  • "Weißt du was? Ich denke, ich spare mir den Rest des Öls auf, bis ich wieder hier bin." Dass Cimber der Abschied so nahe ging, überraschte Zmertorix und es freute ihn. Allerdings löste es auch eine Kette von Fragen in seinem Kopf aus, von denen er keine einzige stellte. Alles, was er tat, war zu lächeln, seine Gedanken wie immer tief in seinem Herzen verwahrend, als er sein Handtuch und die Schuhe wieder aufhob und den Weg freigab. "Bis bald, Cimber."

  • "Gute Idee, verwahre das Öl bis wir uns wiedersehen. Bis bald Zmer, Du weißt wo Du stets einen Platz findest. Vergiss es nicht", gab Cimber zurück und rempelte Zmertorix beim vorbeigehen ganz sanft an. Mit dem Worten verschwand er aus Zmertorix Blickfeld und Leben, jedenfalls fürs Erste.


    Cimber mochte keine Abschiede, sie gingen ihm nahe. Er hatte schon genug gute, hochanständige Leute gehen sehen. Und Zmer war weitaus mehr als das. Aber davon wusste der Priester nichts, möglicherweise würde er es bei ihrer nächsten Begegnung erfahren. Dann würde Zmer vielleichtn icht nur Cimber wiedertreffen und seine Verwandten kennenlernen, sondern ebenso sich selbst.


    Über den Gedanken musste Cimber schmunzeln, bevor er sich umzog und auf seinen Bruder wartete. Stilo schien stets vor ihm zu wissen, was er dachte und fühlte. Sie waren eben Brüder.

  • Zmertorix ging langsam zurück ins Bad. Zwar war er mit allem fertig, aber er wollte Cimber die Gelegenheit geben, zu gehen, nachdem er sich scheinbar nicht ohne Müh losgerissen hatte. Er musste ein Lächeln unterdrücken, als er auf einer der steinernen Bänke im heißen Dampfbereich platz nahm.

  • Zmertorix kam zurück - und Cimber ging. Man sah nur noch seine Rückseite, als er in Richtung Ausgang verschwand. Zmertorix lächelte vor sich hin und Cimber war vermutlich zum Heulen zumute, so wie Stilo seinen Bruder kannte. Es war ja in gewisem Maß nachvollziehbar. Der Galater war ein schräger Vogel, aber dadurch war er auch besonders fest in der Wahrnehmung verankert und wenn er nicht da war, spürte man sein Fehlen deutlich. An Cimber nagte wohl noch etwas anderes. Stilo nahm Abschied von dem Mann, der gern Priester wäre.


    "Pass auf dich auf und mach nicht allzu viel Unsinn, Zmertorix. Wir sehen uns."


    Stilo wandte sich mit einem Schmunzeln ab, um sich anzuziehen und Cimber zum Castellum zu begleiten. Sie hatten viel zu tun.


    Ein neuer Centurio, ein neuer Wind >>

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