Nach den großen Hochzeitsfeierlichkeiten, bei denen Silas kurz seinen alten Mundschenkpflichten hatte nachkommen dürfen, ging seine Bestrafung weiter. Holz sägen und hacken, Hypokausten befeuern, Drecksarbeit, endlose Plackerei ohne Aussicht auf ein Ende...
An den kalten Wintertagen waren die Hypokausten ständig mit Holz zu versorgen. Silas hatte verteufelt Muskelkater in den Armen, kleine Versengungen von den Funken an den Händen, und selbst nachts träumte er davon, ein Sklave der gefräßigen Öfen zu sein, deren glutroter Bauch unersättlich nach neuen Scheiten verlangte, damit die Herrschaften auch immer schön wohlig warme Füße hatten.
Aus dem Haus durfte er nur bei Aufträgen, keine Circusbesuche gab es mehr, kein Herumstreifen in der Stadt mit Paulinus, keine Kneipenbesuche. Nachbars Camilla hatte sich längst anderweitig getröstet, sie ging jetzt mit einem prolligen Barbier-Gehilfen und würdigte Silas keines Blickes mehr.
Fast freute Silas sich, als er heute mal nicht zum Heizen sondern zum Müll-wegbringen abkommandiert wurde... so weit war es schon gekommen mit ihm! Mit dem Handkarren brachte er einen Haufen kaputter Amphoren zur städtischen Müllkippe, die sich wie ein Berg hinter den Horreae Galbae am Tiber erstreckte. Die dürren, zerlumpten Gestalten, die sich dort herumdrückten, den ganzen Tag am Suchen nach irgendwas brauchbarem, essbarem oder weiterverkaufbarem in den Müllbergen, waren ein trister Anblick. Unweigerlich erinnerten sie Silas daran, wie mega-hart es war, in der Welt zu bestehen, ohne Dominus und ohne Dach über dem Kopf...
Aber das machte seinen Frust auch nicht besser. Ein Tag war öder und anstrengender als der nächste, immer noch musste er den peinlichen Fugitivus-Halsring tragen und sein Traum, eines Tages Vigil zu werden, war komplett ins Unmögliche gerückt.
Es sei denn...
...Nein.
Nachdem er den Müll losgeworden war, kletterte Silas die Tiberböschung herunter und schlurfte über das kiesige Schwemmland zum Fluss. Einige außergewöhnlich kalte Tage lagen hinter Rom, und in einer Windung des Tibers war das Wasser am Ufersaum gefroren, nun aber schon wieder am auftauen. Kleine Schollen und Bruchstücke wurden in der schnellströmenden Flussmitte mitgetrieben, wenn sie gegen das noch feste Eis stießen gab es einen hellen Klang, ein fortwährendes Klimpern lag in der Luft, fast wie von einem Glockenspiel.
Silas testete das Eis mit dem Fuß und schlitterte ein wenig am Ufer entlang, doch es war schon zu sehr angetaut und er bekam nasse Füße. Missmutig trat er gegen einen Stein, der übers Eis rutschte, dann versank. Manchmal fand man interessante Sachen hier am Ufer... er hob einen Wurzelstrunk auf, überlegte ob er was daraus schnitzen sollte... ein Krakenmonster vielleicht... hatte aber dann doch keine rechte Lust darauf und warf das Ding wieder weg.
Zuletzt sammelte er ein paar besonders gute Kieselsteine, schön rund und flach, und schleuderte sie, einen nach dem anderen, aus der Hocke heraus mit dem richtigen Dreh, so dass sie jenseits des Eissaumes aufs Wasser prallten und platschend über die Tiberfluten weiterhüpften...