Ein Prätorianer geleitete den Senator vom Tor des Palastes zur Audienz im Officium Imperatoris.
Audienz für Senator H. Claudius Menecrates
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- Officium Imperatoris
- Ein Praetorianer
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In jungen Jahren wäre Menecrates aufgeregt gewesen. Heutzutage bezog er die Ruhe im Auftreten aus seiner Lebenserfahrung, dem wiederhergestellten Gottvertrauen und der Gewissheit, dass Aquilius ein Kaiser ganz nach seinen Wünschen war. Die kaiserlichen Katastrophen lagen hinter dem Reich und der Claudier wünschte, es würde auf Dauer so bleiben.
Trotzdem konnte Mencrates eine Audienz nicht mit einer Cena gleichsetzen. Es gab kein geselliges Beisammensein, sondern einen Grund für die Audienz. Die Ungewissheit ließ sein Blut doch ein wenig schneller kursieren, als er das Officium des Imperators betrat.
"Ave, mein Kaiser. Du wolltest mich sprechen."
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Der Augustus hatte gerade nocheinmal einen Brief an den Befehlshaber der Flotte in Misenum korrektur gelesen, als man den bereits erwarteten Senator Menecrates herein führte.
"Ah, Claudius Menecrates. Danke, dass du gekommen bist." Der Kaiser wies auf einen der reicher geschmückten Stühle, die um den Tisch herum standen und setzte sich gleichfalls. "Man hat mir hinterbracht, du fühltest dich wieder bei guter Gesundheit und neulich beim Consilium Ulpianum war ich sehr erfreut, dass dir deine Energie nicht abhanden gekommen scheint. Was sich hervorragend trifft. Ich komme direkt zum Punkt, Menecrates. Wir haben eine gewisse Krise. Es scheint, dass gegenwärtige Praefectus Urbi Octavius Victor nun auf längere Frist... indisponiert ist und er deswegen sein Amt gegenwärtig nicht ausfüllen kann.
Es geht aber offensichtlich nicht an, dass die Stadt über längere Zeit keinen Praefectus Urbi an der Spitze hat. Nun weiß ich, dass du dich eigentlich ins Privatleben zurück gezogen hast. Aber das Gemeinwesen braucht einen erfahrenen Mann in diesem Amt, in der Tat. Jemanden, der sofort ohne Aufhebens das Ruder übernehmen kann.
Lange Rede kurzer Sinn. Ich möchte, dass du das Amt des Praefectus Urbi wieder übernimmst. Ich hätte das nötige Vertrauen zu dir und wenn du dich selbst gesundheitlich in der Lage siehst... ja."
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Sein Gespür bestätigte schnell die Vermutung, dass es sich bei der Audienz um einen ausschließlich geschäftlichen Termin handelte. Der Kaiser schien mitten in der Abwicklung von Regierungsaufgaben zu sein und obwohl er sich sofort Menecrates zuwandte, hatte der den Eindruck, dass es für den Kaiser in gleichem Maße geschäftig weiterging, was sich später auch bestätigte.
Zunächst folgte Menecrates' Blick dessen Handweisung. Er schritt zum gewiesenen Stuhl und nahm Platz.
Er nickte auf die einführenden Worte hin, die auf seinen genesenen Zustand hinwiesen. In der Tat, er fühlte sich wieder gestärkt. Aufmerksam hörte Menecrates zu, als der Kaiser den anvisierten Punkt erwähnte, auf den er zu sprechen kommen wollte. Die weiteren Worte flogen nahezu an ihm vorbei. Alles ging schnell, aber nicht zu schnell. Er verstand.
"Ich danke dir für dein Vertrauen, mein Kaiser", erwiderte er als erstes, weil genau das ihn als erstes bewegte. "Ich bin wieder im Vollbesitz meiner Kräfte, das stimmt, und wenn du und das Reich mich braucht, werde ich dienen." Er fügte nach einer Atempause an: "Ohne größeres Aufheben käme mir entgegen."
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"Gut." Der Kaiser war höchst zufrieden. Gute Praefecti fielen immerhin nicht einfach so vom Himmel. Er nahm sich das Protokoll der Sitzung zur Kriminalität vor einiger Zeit zur Hand. "Ich werde sogleich der Kanzlei Anweisung geben, dass dir deine Ernennungsurkunde umgehend ausgestellt wird.
Deine neue alte Aufgabe wird auch direkt deine volle Aufmerksamkeit eerfordern. Ich habe während deiner wohlverdienten Ruhepause beschlossen, das Thema der Kriminalität noch intensiver anzugehen. Dazu hatte ich neulich ein Treffen mit Entscheidungsträgern aus dem zivilen, wei auch dem militärischen Bereich und wir sind zu allerlei Ideen gekommen. Ein hervorragend wichtiger Bestandteil unseres Programms ist die Aufstockung der Stammeinheiten und ein Plan, ein Konzept zur Befriedung der Subura - etwas bei dem du bei deiner letzten Amtszeit ja schon viel Vorarbeit geleistet hast. Ich habe die Aufstellung dieses Konzept zu den Händen des Praefectus Praetorii und des Praefectus Urbi - also dir - gegeben, damit ihr einen gemeinsamen Marschplan für dieses von allen Göttern verlassene Viertel erstellt, mir vorlegt und gebenenfalls auch umsetzt. Bei dem Treffen wurde der Praefectus Urbi von Tribun Petronius Crispus vertreten. Du wirst ihn sicher kennen.
Ansonsten wirst du das Amt des Praefectus Urbi sicher mit der dir eigenen Tatkraft ausfüllen und ich zähle auf deinen Rat.
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Seinem Dank folgte weitere Aufmerksamkeit, denn auch der weitere Verlauf der Audienz besaß erhebliches Tempo und schon bald wurde Menecrates klar, warum: Die Probleme in der Subura waren so aktuell wie zu seiner Amtszeit als Consul. Natürlich wusste Menecrates vom Brandanschlag auf die neue Station, die einst auf seine Initiative hin errichtet wurde. Was er nicht wusste, war das erwähnte kürzliche Treffen führender Amtsinhaber zum Thema Kriminalitätseindämmung. Als er vernahm, dass das Konzept eine Aufstockung der Stadteinheiten beinhaltete, nickte er erfreut. Das gab Spielraum und erhöhte die Möglichkeiten. Er vernahm auch, dass der Marschplan noch nicht stand und in Erwartung einer Zusammenarbeit mit dem Praefectus Praetorio zustande kommen sollte. Welcher der beiden Präfekten am Treffen teilnahm, würde Menecrates erfragen müssen. Die Tatsache, dass Tribun Petronius teilgenommen hatte, erleichterte generell seine Einarbeitung. Wieder nickte er. "Ich kenne ihn." Mittlerweile besser als je zuvor.
Die Aussage des Kaisers 'Von den Göttern verlassen' ließ Menecrates aufhorchen. Sie traf genau den Punkt, den Menecrates als Ursache für seine Krankheit ausgemacht hatte. Aber der Ursache für seine schwierige Krankheit lag ein Auslöser, eine eigene Ursache, nämlich die Christen zugrunde, womit er wieder in der Subura anlangte. Alles stand in Zusammenhang und damit traf sich sogar Menecrates' ureigenstes Interesse mit dem des Reiches.
"Fast scheint es, als würde ich nahtlos ansetzen können, das Thema ist mir noch sehr präsent. Möchtest du einen Zeitraum benennen, in dem das Konzept vorliegen soll?"
Was seine Tatkraft betraf, niemand konnte höhere Erwartungen an ihn stellen als Menecrates selbst. "So oft du meinen Rat oder meine Tat benötigst, erhältst du sie." Fast klang es wie ein Schwur.
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"Sehr gut." Der Augustus war zufrieden. Angenehmes Regieren. Man fragte jemanden, ob er das Amt übernehmen wollte und der betreffende sagte ja. Bei der Frage nach einem Zeitplan schüttelte er den Kopf. "Ich habe keinen bestimmten Zeitplan gesetzt. Solche Dinge brauchen ihre Zeit und die sollt ihr euch auch nehmen dürfen. In unser aller Interesse würde ich das Thema aber praktisch angepackt sehen. Erstattet mir gelegentlich Bericht, wenn ihr Fortschritte macht. Ich vertraue auf die Expertise von Praefectus Vibulanus und deine Expertise in dieser Sache, in der Tat. Und dass ihr in dieser Sache gut zusammen arbeitet."
Der Augustus war sich der Rivalitäten zwischen den Einheiten und Ämtern, die in die Struktur der Regierung dieser Stadt eingebacken waren, natürlich bewusst. Die waren so auch nicht änderbar und man musste genug Planungsraum für dieserlei Dinge lassen. Letztendlich verließ sich der Kaiser aber auf den Professionalismus seiner Praefecti und deren nachgeordneten und war insofern zuversichtlich.
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Eine erneute Amtsübernahme brachte viel Organisationsnotwendigkeit mit sich, sodass Menecrates auf den ausgebliebenen Zeitdruck erleichtert reagierte.
"Selbstverständlich, das Thema gehört nicht auf die lange Bank geschoben", pflichtete er dem Kaiser bei. Zumindest musste er nichts überstürzen und konnte dem ersten Zusammentreffen mit dem benachbarten Praefectus eine ausgiebige Informationsgewinnung voransetzen.
Der letzte Satz, in dem der Kaiser sein Vertrauen aussprach, die beiden Praefecti mögen in dieser Sache gut zusammenarbeiten, klang in Menecrates Ohren nach. Seit seiner Amtsübernahme erlebte er ein gutes Auskommen zwischen den beiden Einheiten, dessen Wurzeln wahrscheinlich bis in sein Consulat zurückreichten. Damals - im Zuge der Ermittlungskommission - hatte er einen guten Kontakt zu den Prätorianern hergestellt, was die Ergebnisse widerspiegelten. Möglicherweise lag das vor allem am gewachsenen Band zwischen ihm und dem Trecenarius Tiberius Verus. Mit keinem der Praefecti hatte er damals zu tun.
Gänzlich neu waren ihm Reibungspunkte nicht. Ihr Ruf drang selbst bis Mantua, wo Menecrates als junger Soldat stationiert war. Da er sich selbst für umgänglich hielt, rechnete er vorsichtshalber damit, im beauftragten Praefectus Praetorio einen eitlen Gockel vorzufinden. Lieber Übles erwarten und anschließend positiv überrascht sein als umgedreht.
Menecrates hatte immer wieder an den Tiberier gedacht und später würde gewiss die Erinnerung erneut aufkommen, aber im Augenblick befand er sich in einer Audienz beim Kaiser.
"Hast du weitere Aufträge, Wünsche, Hinweise für mich?"
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Der Kaiser dachte kurz nach, schüttelte dann aber den Kopf. "Nein ich denke nicht im Moment. Das Thema, das wir besprochen haben, ist das bei weitem vordringlichste. Und was den Rest deines Zuständigkeitsbereiches angeht, so kennst du dich wahrscheinlich in Details ohnehin am besten aus, sodass es wahrscheinlich kontraproduktiv wäre, dir dort hinein zu quatschen...
Ach so ja, natürlich. Wie konnte ich's vergessen. Was bei der Konferenz, die ich angesprochen hatte, auch besprochen wurde ist, dass die Truppenstärken der Urbaner und der Praetorianer aufgestockt werden. Die genauen Zahlen solltest du bald auf deinem Schreibtisch finden bzw. Tribun Crispus wird dich wahrscheinlich auf den neuesten Stand bringen. Noch was unklar?"
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Der Abrede folgte dann ein Hinweis und zwar ein äußerst positiver. Eine Truppenaufstockung würde den neuerlichen Vorstoß, die Subura in ein weniger kriminelles und aufrührerisches Pflaster zu verwandeln, erheblich erleichtern.
"Das sind gute Neuigkeiten!" Ob es sich um eine gerecht aufgeteilte Aufstockung für die angesprochenen Einheiten handelte, würde der Claudier bei seinem Tribun erfragen. Hier plante er zunächst einen eigenen Vorstoß.
"Mehr externe Stationen, mehr Sicherheit; und bei der ersten Station gibt es erhebliche Bauschäden. Darf ich davon ausgehen, dass ebenfalls Gelder für Bausubstanz zur Verfügung gestellt werden?" Und weil er im Grunde ganz sicher davon ausging, fügte er an: "In welchem Maße?" Ob nun innerhalb oder außerhalb der Castra, irgendwo mussten Unterkünfte herkommen.
"Davon abgesehen ist alles klar." Noch hatte er keine Vorstellung, wie viel Spielraum ihm der Kaiser in Bezug auf die Finanzierung gab und obwohl die Staatskasse ganz sicher nicht überquoll, musste nach Schritt A, einer Aufstockung, zwangsläufig Schritt B, die Unterbringung und Versorgung der Aufstockung folgen.
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"Gut." Der Kaiser war höchst erfreut. "Die genauen Mittel, die dir bewilligt werden, hängen einerseits davon ab, was du genau planst und andererseits davon, was das Budget her gibt. Du kannst dir sicher sein, dass genug Geld für sinnvolle Maßnahmen zur Verfügung steht.
Soweit du die Rüstungen deiner Männer nicht mit Blattgold verziehren und der Castra eine Marmorverkleidung verpassen und eine Fußbodenheizung für den Exerzierplatz einbauen willst, hehe."
Wieder einmal war der Kaiser heilfroh, nicht irgendein Soldat im Exercitus zu sein. Augustus war trotz all der spezifischen Gefahren ein entschieden angenehmerer Beruf.
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Die unerwartet humorvolle Antwort reizte den Claudier zum Schmunzeln. Im ersten Moment klang die Aussage des Kaisers auch vielversprechend. Es wirkte geradeso, als könne frei geplant werden. Dann aber, als die offensichtlich überzogenen Beispiele kamen, fiel Menecrates auf, dass sie sich ausschließlich um seine Männer und die Castra drehten. Er würde also zweckmäßig planen müssen, wenn sein Vorstoß in Richtung weitere Stationes Erfolg haben sollte. Inwiefern der Kaiser dem Vorhaben offen gegenüberstand, musste sich erst zeigen. Menecrates würde mit ausgearbeiteten Plänen wiederkommen oder schriftlich anfragen. Das Konzept musste jedenfalls Hand und Fuß haben.
"Dann habe ich Orientierung: kein Blattgold, keine Luxusaustattung", erwiderte er und konnte das Abrutschen seines rechten Mundwinkels nach oben kaum verhindern.
In Erwartung, dass sie alles besprochen hatten, wartete er auf seine Entlassung aus der Audienz.
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