Milon und Bas

  • Noch kauend linste ich zu dem nächsten fertigen Fladen. „Bist du sicher, dass es für alle reicht?“ Mein Hintergedanke war dabei, es würde nicht für alle reichen und ich doch noch mehr davon abbekam. Ich hätte ohne Mühe noch zwei verdrückt und Bas konnte noch einiges vertragen, schließlich waren wir noch im Wachstum. Ohne ihn anzuschauen, spürte ich Bas Blick und ahnte sein Kopfschütteln. „Schon gut“, murmelte ich, „ich wollte ja abnehmen“. Wie lange ich, das noch aushalten würde wusste ich selber nicht, befürchtete aber mein Vorsatz würde nicht lange anhalten. Wenn ich aber ehrlich zu mir selber gewesen wäre, hätte ich mir eingestanden, das mein Bauch schon ein wenig flacher geworden war. Auch bewegen ging leichter, obwohl ich nie ungelenk und unbeweglich war. Trotzdem, es ging ein wenig leichter. "Vielleicht ist ein Apfel sinnvoller, wir du schon sagtes, steht heute einiges an."

  • Bas nickte. „Es reicht. Ich habe für jeden einen gemacht.“ Als er den Blick bemerkte, bekam er ein schlechtes Gewissen, denn er verriet die Gedanken des Freundes. Die Überraschung war nicht ausreichend groß, und damit die anderen in der Stube ebenfalls etwas abbekamen, musste er Milon den Nachschlag verwehren. „Tut mit leid!“

    Der Freund tröstete sich selbst, indem er Bas an das Vorhaben erinnerte, abnehmen zu wollen. Ungeplant hatte Bas ihn darin unterstützt, weswegen er gern noch einen obendrauf setzte. „Du kannst schneller laufen als früher. Ich muss mich mehr anstrengen, wenn ich Erster bleiben will.“ Er lachte, ließ die Hand auf Milons Schulter fallen und zwinkerte ihm zu. „Apfel ist definitiv gut, aber essen im Laufen. Wir kommen sonst zu spät.“

    Er rückte seine Tunika zurecht und winkte Milon, damit sie zusammen zum Treffpunkt gingen, von wo aus heute die Straßenkontrolle starten würde.

    Das morgendliche Waschen hatte er vergessen.

  • "Antreten!", erscholl es im Innenhof. Optio Hermines trieb die Nachzügler an, sich zu beeilen. "Los, los, los! Schlafen könnt ihr heute am Abend!" Die Tirones wussten, welche Ausbildungseinheit auf dem Programm stand, und da Herminius ein weitläufiges, aber gleichzeitig dicht besiedeltes Gebiet für die Kontrollen ausgesucht hatte, galt es, keine Zeit zu vertrödeln. Seine Erfahrung besagte, dass die Tirones im Laufe des Tages immer langsamer wurden, weil die ungewohnten Wege sie entweder ermüdeten oder die Füße aufrieben. Er wartete, bis alle vor ihm standen, dann begann er mit einer Einweisung.

    "Unser Ziel wird Region IV sein, auch Subura genannt. Wir treffen dort ausschließlich Insulae an, daher werden bei jedem Objekt andere in die obersten Stockwerke gehen. Rechnet damit, dass euch beizeiten die Beine schwer werden, aber ich möchte niemand klagen hören! Bildet eine Zweierreihe und haltet auf den Straßen den Anschluss an eure Vordermänner. Die Straßen sind voll, wir müssen zuweilen ausweichen und ich möchte niemand erleben, der mit der Brechstange vorgeht. Wir laufen nicht auf einer Parade, wir verrichten unsere Arbeit inmitten Roms Alltag, aber wie eine wilde Kinderhorde soll unsere Streife auch nicht aussehen. Findet das Maß! Los geht es!"

  • RE: Insepktionstour durch die Stadt

    Auf dem Heimweg am Vortag hatte, ich es kaum fassen können und kopfte Bas aufgeregt auf die Schulter und meinte: „Hast du das gehört was der Optio gesagt hat? Wir hätten unsere Sache gut gemacht. Außerdem es
    bedeutet jetzt für uns beide, die anderen müssen noch malochen und wir haben schon frei. Wir dürfen uns erst einmal wirklich ungestört ausruhen.“



    Jetzt standen wir hier wie jeden Tag, schön in Reih und Glied und warteten darauf was jetzt kommen würde. Ob wir noch viel lernen und üben mussten?

  • Bas verspürte etwas wie Stolz, aber auch Erleichterung. Sein Blut kreiste auf dem Rückweg in erhöhtem Tempo, weil er noch voller Adrenalin steckte.

    „Wir sind ein super Gespann, wir werden alles schaffen, Milon.“ Natürlich freue er sich auch über das Lob und den freien Nachmittag, aber das Erfolgserlebnis zusammen mit Milon überstrahlte alles. Deswegen sind sie zu den Vigiles gegangen.


    Bas schlief spät ein, weil er immer wieder die Situation durchdachte. Was könnte er noch besser machen? Was lief optimal? Seite an Seite mit Milon lief er zum Innenhof und trat in geordneter Linie an.

  • Wie immer stand Optio Herminius mit den ersten Sonnenstrahlen im Innenhof und erwartete die Tirones. Die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine wie gewohnt auseinandergestellt, beobachtete er das Eintrudeln der Männer, was deutlich geordneter verlief als zu Beginn der Ausbildung. Auch das Bilden einer Linie klappte bestens, weil inzwischen jeder auf die korrekte Ausrichtung achtete.

    "Salve, Tirones!", begrüßte er den Trupp. Er sah von einem zum anderen und ließ zunächst offen, was der Ausbildungstag bringen würde. Stattdessen musterte er den Zustand der Ausrüstung, achtete auf das äußere Erscheinungsbild der Tirones und überprüfte die Ernsthaftigkeit der Männer, die noch vor Wochen teils undiszipliniert und ohne den nötigen Biss für die Ausbildung vor ihm standen.


    "Dieser Tag ist ein besonderer, denn heute findet eure Abschlussprüfung statt. Besteht ihr den Test, ist eure Ausbildung abgeschlossen." Er blickte in die Runde, um sich davon zu überzeugen, wem er noch immer einen Schreck bei der Übertragung von Aufgaben oder dem Konfrontieren mit Problemsituationen einjagen konnte. Die Kontrolle fiel zu seiner Zufriedenheit aus, also sprach er weiter. "Die Abschlussprüfung findet auf dem euch bekannten Übungsgelände statt. Das Szenario kennt ihr: Es wird ein Übungshaus in Brand gesteckt und ihr müsst euer Können beweisen. Ich werde beim Löschversuch jeden Einzelnen ins Visier nehmen und seine Leistungen begutachten, aber ich erwarte außerdem ein koordiniertes Zusammenarbeiten aller." Fragen sollten zu diesem Zeitpunkt der Ausbildung keine mehr auftauchen.

    "Tirones, ad dextram! Aequatis passibus! Pergite!

    Die Tirones Milon und Bas bleiben hier!"

    Optio Herminius wartete, bis die Tirones aus dem Innenhof herausmarschierten, bevor er sich an Milon und Bas wandte.

    "Tiro Milon, Tiro Bas, ich erkenne euren Löscheinsatz von gestern als Abschlussprüfung an. Ihr habt in einer viel schwierigeren Lage, nämlich einer unerwarteten Situation mit der Konfrontation eines realen Feuerausbruchs die Nerven behalten und angewendet, was ihr gelernt habt. Ich konnte mich davon überzeugen. Der Brandherd wurde gelöscht. Mehr kann ein Übungsfeuer nicht bieten, daher ist eure Ausbildung in diesem Moment abgeschlossen. Herzlichen Glückwunsch

    Vigil Milon, Vigil Bas!

    Ich habt den heutigen Tag - wie alle anderen Tirones nach ihrer Prüfung frei. Am Abend beginnt euer erster Einsatz auf den Straßen Roms. Euer Streifendienst beginnt zur Hora quarta, secunda vigilia. Wegtreten!"

    Optio Herminius hielt sich nicht länger auf, er folgte den anderen Tirones zum Übungsplatz und ihrer Abschlussprüfung.

  • Da stand ich nun, verblüfft wie noch nie in meinem Leben, starrte dem Optio hinterher. Wir hatten es geschafft. „Danke Optio“, kam dann doch noch von mir. Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob er mich überhaupt noch hörte. Ich haute Bas mit Wucht auf den Rücken, ungeachtet seiner Reaktion, tönte ich: „Wir sind ein Vigiles Junge, kannst du das fassen wir haben es geschafft. Er sagte Vigil zu uns. Weißt du was, wenn wir unseren ersten Ausgang haben besuchen wir deine Tante, die wird staunen. Schon packte ich Bas an den Hüften, hob ihn an und wirbelte ihn mehrmals herum. „Und jetzt machen wir eine ausgedehnte Pause oder?“


    ……………………...................


    Genau zur Hora quarta, secunda vigilia, standen wir an der gleichen Stelle bereit für unseren ersten Streifendienst als Vigiles.

  • Das Leben bot bisher für Bas Enttäuschungen, Plage, Schelte und manchmal sogar Prügel. Lob hörte er selten, Erfolg kannte er nicht, das Glück besuchte ihn nie. Als der Optio nach dem gestrigen Lob heute die Übernahme in den Dienst der Vigiles verkündete, konnte Bas es kaum glauben. Er starrte den Optio ungläubig an, danach Milon, von dem er einen Schlag auf den Rücken bekam, der ihn immer noch nicht erwachen ließ. Erst als er von seinem Freund hochgehoben und durch die Luft gewirbelt wurde, löste sich die Verkrampfung und er lachte aus vollem Hals.

    „Wir haben es tatsächlich geschafft, Milon! Geschafft!“

    Nachdem er wieder Boden unter den Füßen hatte, lachte er weiter. Anstrengung und Sorge fielen von ihm ab. „Wir… haben… es… geschafft!“ Langsam glaubte er es.

    „Pause ja, aber meine Tante würde ich auch gerne wiedersehen. Die backt bestimmt zur Feier des Tages Pastetchen.“ Er strahlte. „Lass uns erst einmal in die Stube gehen und faulenzen, was essen und unsere Ernennung genießen.“ Er drückte Milon noch einmal, dann schlenderte er mit ihm langsam vom Platz.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!