Zwei weiße Schwestern und ein Liktor

  • Messalina gab den Befehl an Valeria sie zu begleiten. Die beiden hatten einiges zu erledigen. Es standen nämlich in Kürze so einige Feste vor der Tür. Hierfür mussten gewisse Dinge besorgt werden, die nur durch eine Inaugenscheinnahme der Maxima überhaupt in Frage kämen. Des Weiteren wird eine Beobachtung stattfinden, ob die junge Vestalin sich an die Regeln im Außendienst halten konnte. Quasi ein Praxistest. Da die beiden zu zweit waren, gingen sie auf gleicher Höhe nebeneinander. "Valeria. Möchtest du etwas zu deinen Gefühlen sagen?" Sie spielte darauf ab, dass die anwesenden Bürger mit einem großen Bogen auswichen, wie auch mit voller Demut anblickten.

  • Für Schwester Valeria war die erste Wiederbegegnung mit der überfüllten, quirligen und nun auch unter der Augusthitze liegenden Urbs fast wie ein Schlag. Die letzte Zeit hatte sie ja nur in der ihr jetzt angenehm erscheinenden Zurückgezogenheit des Atrium Vestae verbracht. Sie war dankbar für den Liktor, obwohl sie der Menge gar nicht ausgesetzt war: Die Menschen vermieden ehrfurchtsvoll jeden Kontakt. Sie war auch froh, dass ihre verehrte Lehrerin, die Maxima, an ihrer Seite war. Hoheitsvoll wirkte sie.

    Schwester Valeria versuchte, sich an ihr würdevolles Schreiten anzupassen.

    "Es ist äußerst seltsam, so von den Menschen angesehen zu werden, wie sie es gerade tun", antwortete sie: "Als wäre man eine Götterstatue, nur eben aus Fleisch und Blut. Wo sollte ich am besten hingucken? Und ja, was lerne ich heute?"

    Die Frage kam, da Maximilla immer versuchte, gut aufzupassen. Manchmal hatte sie fast Kopfweh vom Mitdenken. Und es gab viel, auf das sie achten musste.

  • Messalina lächelte Valeria an und als sie sich der Aussage widmen wollte, spürte sie einen stechenden Schmerz. Jemand schlich sich an ihr von hinten heran, und stach kräftig zu. Sie fiel zu Boden und war auf der Stelle tot.

  • Das Lächeln ihrer verehrten und geliebten Lehrerin wärmte Schwester Valerias Herz. Sie neigte den Kopf, um zuzuhören, als ihre Welt einen Herzschlag später auseinander fiel: Schwester Decima schwankte, getroffen von mörderischem Stahl, und während sich Rot ausbreitete auf ihrem weißen Gewand, sank sie zu Boden.

    Valeria Maximilla kniete sich neben sie, fing sie auf und bettete sie sanft zur Erde.

    Dann schaute sie auf und sah vor sich das Geschöpf stehen, welches zugestochen haben musste, denn es hielt die Tatwaffe, ein Messer mit einem hölzernen Griff und einer festen langen Klinge noch in der Hand. Es war ein Weib unbestimmten Alters, mit von Grau durchwirkten Haarsträhnen und Augen, in denen Wahnsinn lag. Vielleicht hatte es sich von der Schönheit und Reinheit der Vestalinnen anziehen lassen und sie dann nicht ertragen, denn es war ein Wesen direkt aus dem Orcus, so erschien es Maximilla.

    Sie erhob sich und stand vor ihr und streckte die Hand aus. Kaum größer war sie als die gebeugte Wahnsinnige, aber ihre Stimme klang fest:

    "Tochter, gib mir das Messer."

    Und die Frau gehorchte. Maximilla legte es in ihren Korb. Nicht einmal ein Augenblick war vergangen, doch die Zeit dehnte sich unendlich lang. Nun griff der Liktor ein und hielt die Mörderin fest. Er wollte nach Soldaten rufen, aber da schüttelte Maximilla den Kopf. Wieder beugte sie sich über die Maxima. Sie hatte lange genug auf dem Land gelebt, um die Zeichen des Todes zu erkennen, Decima Messalina war tatsächlich tot, bei Vesta.

    Aber der Frevel, der geschehen war, war so gewaltig, so verderblich für die Roma Aeterna, solch ein böses Omen für alles, was die Urbs nur war, dass es nun an Valeria Maximilla war, die Ordnung wieder herzustellen.

    Das war es, was getan werden musste.

    Laut sprach sie: "Die Vestalis Maxima hat einen Schwächeanfall. Bitte schickt nach dem Atrium Vestae."

    Die Menschen näherten sich nicht, zu groß war die Ehrfurcht, so wartete Valeria Maximilla so blass wie ihr Gewand alleine.

    Und nach einer weiteren Weile kamen auch die vestalischen Sklaven mit einer Sänfte, vorsichtig hoben sie den Leichnam der geliebten Maxima hinein.

    Der Liktor hatte die Mörderin noch immer gepackt. Jeder, der eine Vestalin auch nur berührte, hatte sein Leben verwirkt. Das Weib war doch schon längst im Orcus, wo es hingehörte. Das es noch atmete, war reiner Zufall und bedeutungslos.

    Maximilla nickte dem Mann zu und reichte ihm den Korb mit dem Messer. Immer noch hielt ihre Präsenz die Menschen davon ab, näher zu kommen. So war sie das Schild, um zu verbergen, was geschah. Aber etwas zerbrach in ihr, denn sie diente dem Leben. War es nicht so, dass sie die Macht hatte, sich zur Hinrichtung Verurteilten in den Weg zu stellen, um sie ins Leben zurückzuholen? Die göttliche Vesta war Güte, war Leben.

    War es denn besser, sich der Hand und des Gewissens eines anderen zu bedienen, um keine Blutschuld auf sich zu laden?

    Eine Vestalin, die den Tod befahl, eine, die getötet wurde durch Mörderhand, das waren grauenerregende fürchterliche Dinge. Niemand durfte davon wissen. Niemand in Roma außer dem Pontifex Maximus, damit er durch Opfer und Versöhnung mit den Göttern das fürchterliche Unheil abwenden würde, welches drohte.


    Und Valeria Maximilla ahnte, dass sie vielleicht auch nicht mehr bleiben konnte. Was geschehen war, musste für immer verborgen bleiben.


    >>> Casa Mamilla

  • Herminia Tarpa war mit den Sklaven mitgekommen. Sie war eine sensible junge Frau und hatte schon auf dem Weg das Gefühl, dass etwas Schreckliches geschehen war. Ihre Vorahnung bewahrheitete sich, als sie die völlig erstarrte Schwester Valeria ganz alleine erblickte.

    Nicht weit von ihr weg, lagen zwei Tote, ihre geliebte und verehrte Maxima und ein namenloses Weib, dessen Gesicht immer noch zu einer höhnischen Grimasse erstarrt war.


    Die Sklaven hoben den Leichnam der edlen Vestalin in die Sänfte, und erst dort versuchte Hermina festzustellen, ob sie noch atmete oder ihr Herz schlug . Aber wie zuvor Maximilla stellte sie fest, dass jede Hilfe zu spät kam.. Nun hinter den zugezogenen Vorhängen brach die Dienerin in lautloses Weinen aus.

    Schwester Valeria ging mit dem Liktor hinter der Sänfte her. Ein paar Sklaven blieben an Ort und Stelle zurück, sie hatten die Aufgabe, alle Spuren dessen, was geschehen war, zu verwischen. Der Leichnam des mörderischen Weibes würde in einen Sack verschnürt im Tiber landen

    Dies Ater - welch schwarzer Unglückstag war dieser Tag, der so heiter begonnen hatte.


    FINIS

  • Iuno lächelte, es war nötig die Geschicke der Vestalinnen ein wenig zu beeinflussen. Seit sie die Augusta quasi zu ihrer Mission gemacht hatte folgte sie den Netz der Spinne Faden für Faden. Decima Messalina war wie ihre Patrona und hatte nun wirklich nichts in einer solchen Position zu suchen. Eine Unglückliche im Orcus zu finden und sie mit einem besseren Dasein zu ködern war nicht allzu schwer, ihr einen Mord aufzutragen eine Frage der Moral und der Notwendigkeit.

    Iuno dachte an Vesta, die Gute...viel zu weich und zu gutherzig. Manchmal bedurfte es der durchgreifenden Hand um die Dinge zum Guten zu wenden. Tabula rasa.

    Sie verließ diesen Ort, sich die Gesichter und Gefühle der Anwesenden genau merkend,...für alle Fälle.

  • Cornicularius Octavius Frugi war mit seinen Freunden Persaeus und Theopompus unterwegs, plötzlich blieb er stehen. „He ihr beiden wartet einmal, lasst uns das einmal näher ansehen. Was treiben die da?“ Er trat noch näher heran. Was mag in dem Sack sein? „Pompus schaust du bitte einmal nach was in dem Sack ist. Und ihr bleibt augenblicklich stehen“, wandte Frugi sich an die Sklaven.

    Inzwischen hatte Theopompus den Sack geöffnet, bei seiner Körpergröße traute sich niemand ihn daran zu hindern. Fast schrie der: „Bei den Göttern, da ist eine Frau drin, sie ist tot.“ „Persi du holst Verstärkung, die ganze Sippschaft kommt mit in die Castra und ihr sagt mir auf der Stelle wer hier das sagen hat und zu wem ihr gehört.“ Grimmig schaute der Octavius dabei die Sklaven an, es sollte keiner wagen sich von der Stelle zu rühren.

  • Herminia Tarpa hatte es die Härchen an den Armen aufgestellt, als sie die Sänfte bestieg, sie spürte eine ferne Präsenz,ob gut, ob böse konnte sie nicht sagen. Sie nahm nur die Sänftenträger mit, um schneller vorwärts zu kommen, die übrigen Diener ließ sie bei Schwester Valeria. Die vier Sklaven, die mit Aufräumungsarbeiten betraut waren, würden hoffentlich bald aufschließen.


    Die vier Sklaven waren stehen geblieben. Sie rührten sich nicht, sie wirkten aber auch nicht sonderlich erschrocken. Sie waren nicht gewöhnt, dass jemand Fremdes ihnen befahl, inne zu halten in ihrem Tun, aber der Urbaner schien sie nicht zu erkennen.

    Mit unbewegten Gesichtern sahen sie zu, wie der Sack geöffnet wurde. Wenn sie der Inhalt erstaunte, zeigten sie es mit keiner Regung.

    Der Älteste von ihnen räusperte sich und neigte den Kopf, dann hob er die Hand zum Zeichen, dass er sprechen würde:

    "Dominus Miles, wir sind nur einfache Sklaven des Atrium Vestae.", sprach er. So demütig seine Worte klangen, seine Stimme war es nicht:

    "Wir bitten dich, uns den Weg frei zu machen. Unsere Herrinnen erwarten uns bereits zurück. Sie werden es dir danken."

  • „ Cornicularius Octavius das solltest du dir besser einmal anschauen“, kam von Theopompus. Frugi trat näher und bückte sich zu der Leiche hinab. „Auch das noch“, murmelte er während er das Amulett betrachtete.
    Es war ein Amulett in der Form eines Fisches, also war das hier ein Christ. "Also gut während du auf Persaeus mit der
    Verstärkung wartest“
    , zu mehr kam er nicht mehr denn vier Männer der CU, die ganz in der Nähe waren, folgten Persi. Das lief ja mal gut, dachte er noch als Persi meinte: „Cornicularius die Sklaven gehören zu den Vestalinnen.“ Den Hinweis der Sklaven hatte er nicht wirklich wahrgenommen. „Da siehst du mal wieder wie lange ich nicht in Rom war, habe wohl doch einiges vergessen. Gut dann machen wir es so, ihr“ , damit wies er zu der Wache, „bringt die Leiche, so behutsam wie möglich, damit wir die Todesursache feststellen können, in die Castra am besten zum Valetudinarium

    und bewacht sie dort. Falls jemand fragt sagt ihr, Cornicularius Octavius kommt und gibt die nötigen Erklärungen ab. Abmarsch!“.
    Hoffentlich finde ich nachher Scato, überlegte er, aber weiter. „Wir drei sind unbewaffnet, also werden wir die Sklaven begleiten. Bringt uns zu euren Herrinnen“, wandte er sich zu den Sklaven.

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