Caesareas Therme

  • Die große öffentliche Therme der Stadt Caesarea befand sich am Rande der Stadt und für die umliegenden einfachen Häuser und Hütten war es ein absolut monumentales Bauwerk. Es wurde erst vor einigen Jahren fertiggestellt und hier und da waren noch leere Flecken, die in der Zukunft für Statuen und Zierwerk aller Art frei gelassen wurden. Am Eingang der Therme befanden sich zwei große Büsten von Römern mit einer Inschrift, die diese als Lucius Antistius Rusticus und Titus Pomponius Bassus bezeugten. Beide Männer waren anscheinend Statthalter gewesen, während die große Therme fertig gestellt wurde vor knapp einer Generation.


    Demetrios humpelte schon ein wenig, als er endlich mit Tiberios im Schlepptau dort ankam. Er bezahlte den Eintritt für sie beide und freute sich schon auf eine Massage durch einen der Thermensklaven. Der Obolus für die Massage mit Rückensalbe war nur sehr gering und Domina Proxima hatte nichts gegen diesen Zusatzaufwand. Als er sich Tiberios so ansah, dann sollte er ihn wohl auch zur Maniküre und Pediküre schicken, damit er einmal richtig sauber und gepflegt aussah nach der Tortur des Sklavenmarktes. Haare und Gesicht konnten auch leicht zu Hause erledigt werden. "Nicht so riesig wie in der Heimat - aber noch sehr neu und voller moderner Annehmlichkeiten."

  • Der Fußmarsch machte Tiberios nichts aus, aber Demetrios fing an, leicht zu humpeln, und der junge Sklave schaute etwas besorgt drein:

    „Was ist mit deinem Fuß, Demetrios?“, fragte er und ging so langsam wie er konnte, damit sich der ältere nicht eilte, ihm nachzukommen.

    Nach einer Weile jedoch wurden sie der Therme ansichtig. Sie war weder mit denen Romas noch mit denen Alexandrias vergleichbar, da man ihr ansah, dass sie noch recht neu und auch noch nicht vollendet war. Tiberios las kurz die Namen der Stifter „Lucius Antistius Rusticus und Titus Pomponius Bassus“, dann bezahlte Demetrios für sie beide, und sie waren schon drinnen.

    Er schaute nach oben und die üblichen mythologischen Szenen an der Decke an:

    "Es ist schön.", sagte er: "Mich interessiert, ob sie das Wasser heizen oder die heißen Quellen anzapfen." Er tippte auf Letzeres. Römische Zivilingenieure waren in allem findig, was das Leben komfortabler werden ließ.


    „Ich besitze hier kein Badebesteck mehr.“, gab Tiberios zu. Wie all sein persönliches Habe hatten es ihm die Piraten abgenommen: „Meinst du, du könntest mir bitte von deinen Sachen leihen?“

    Tiberios gehörte zu den hellen Typen, die von Natur aus wenig zur Körperbehaarung neigten, trotzdem wollte er sich endlich wieder mit Bimsstein abzureiben und einzelne Haare auszupfen, was wenn man sich ordentlich eingeweicht hatte, einfacher zu bewerkstellen war. Und seine Finger- und Fußnägel bedurften dringend einer Feile. Tiberios schätzte den gütigen Demetrios jedoch so ein, dass diesem klar sein würde, warum er in solch desolatem Zustand war. Daher entschuldigte oder erklärte er nichts.


    Dann aber kamen zwei Badesklaven, große, gutmütig aussehende junge Männer und übergossen Demetrios und Tiberios aus Kübeln mit lauwarmem Wasser, um sie vom Straßenstaub zu säubern, bevor es zur Abkühlung und Erfrischung ins Frigidarium, das Kaltwasserbad ging.

    Tiberios nahm an, dass diese Therme funktionierte wie alle in der römischen Welt: Man bewegte sich vom am wenigsten beheizten Bereich auf die Mitte des Gebäudes zu, in dem dann Hitze und Feuchtigkeit gleichermaßen zunahmen, wurde dann vom Personal gezupft, rasiert, massiert und enthaart, wenn man das wünschte und kam sauber, gepflegt und glänzender Laune wieder heraus.

  • Nachdem sie einen kleinen Zwischenstopp in der Taberna eingelegt hatten, damit auch Demetrios sich eine frische Tunika und die Badesachen holen konnte, war der Alte schon recht außer Atem. Aber es waren nur noch einige Schritte, ehe er sich in das herrliche Wasser gleiten lassen konnte. Verglichen mit Alexandria und Roma wirkte die Therme hier noch ein wenig kahl was das übliche Zierwerk anging, da es nur wenige Statuen gab und auch nicht alle Wände oder Decken schön verziert waren. Vor allem die kleineren Räume hatten nur geweißte Wände ohne Bemalung oder dergleichen.


    "Ach mach dir keine Sorgen um meinen Fuß. Ich hab nur alte Knochen und die tun weh, wenn ich zu lange herumlaufe. So ist das mit alten Leuten...man fällt mit der Zeit einfach auseinander." Die Worte des Griechen waren gutmütig, aber den Schmerz konnten sie nicht ganz übertünchen. An Badebesteck hatte er jetzt gar nicht gedacht...das musste er beim nächsten Haushaltsgeld einrechnen, dass Tiberios das auch noch brauchte.


    "Natürlich kannst du meine Sachen nutzen...sie sind schon ein wenig altmodisch, aber noch funktional und sauber." Demetrios reichte Tiberios freigiebig seinen Ring mit Badebesteck und das Stück Bimsstein an einer Kordel, das er am liebsten benutzte statt weicheren Schwämmen. Nachdem er sich ausgezogen hatte und seine Sachen verstaut waren, ging es ins erste kalte Becken, dass an diesem heißen Sommertag vor allem sehr erfrischend war. Vor allem die Schwerelosigkeit im Wasser waren wie Balsam für seine alten Knochen, die keine Lust mehr hatten, das Gewicht des Körpers zu tragen.

  • Tiberios schaute etwas zweifelnd drein:

    „Hat schon einmal ein Medicus auf deinen Fuß gesehen? Das Alter beschwert mit Lasten, das ist wahr, aber nicht jede Last ist des Alters. Ein schmerzender Fuß gehört nicht unbedingt dazu, umso mehr da der andere Fuß ja genauso alt ist. Vielleicht könnte ein guter Medicus noch mehr für dich tun. Wie alt bist du eigentlich, Demetrios? Warst du dein ganzes Leben lang im Besitz von Domina Proxima und ihrer Familie?“


    Es war draußen so heiß gewesen, dass Tiberios das kalte Wasser genoss, obwohl er früher die Warmwasserbecken noch lieber gehabt hatte. Er schwamm sogar vier, fünf Züge, auf mehr verstand er sich nicht. Dann paddelte er wieder an Demetrios Seite:

    „Herrlich.“, sagte er: „Sich ganz und gar ausstrecken zu können.“, aber um nicht zu viel Zeit zu verlieren, griff er nach dem Badebesteck und dem Bimsstein, und benutzte alles nach der Reihe, bis seine Haut krebsrot war, wobei er einige Male das Gesicht verzog:

    „Ich danke dir, Demetrios, fürs Ausleihen. Wenn du es wünschst, schabe ich dir deinen Rücken.“, er klapperte einladend mit der Pinza, der groben Pinzette.

    Das war ein gewöhnlicher Freundesdienst, und über jemanden, der sich unbeliebt gemacht hatte, hatte seine Mutter immer gesagt, dass er nicht einmal jemanden hatte, der ihm den Rücken schabte:

    Aber sag Tiberios, warst du früher ein Tutor? Du sagtest ja, dass du Vilicus warst, aber du scheinst auch von Literatur und Wissenschaften viel Ahnung zu haben." Der Alte war schon ein wenig neugierig, wie so ein gut gebildeter Sklave in einer relativ einfachen Gastwirtschaft gelandet war.

    „Zu deiner Frage von vorhin: In Alexandria wurde ich bereits als Knabe zum Scriba ausgebildet, doch ich habe für meinen damaligen Herren auch Latein übersetzt und vorgelesen. Als man mich nach Roma verkaufte, machte ich als Vilicus die Buchführung, und im Dienste meiner letzten Herrin war ich erst ihr Bibliothekar und dann der Maiordomus. Ich durfte in meinen freien Stunden so viel lesen und lernen, wie ich nur mochte.“

    Er wurde nachdenklich:

    „Was ich im Kopf habe, Demetrios, ist etwas, was mir niemand fortnehmen kann. In der tiefsten Not, in Ketten und völlig im Ungewissen über mein Schicksal, ja selbst in der Hand schlechter Menschen konnte ich mir immer noch Pindar oder Epiktetos vorsagen. Und auch die lateinischen Schriftsteller liebe ich: Ovid und Seneca und Vergilius.“

    Dann zuckte er die Schultern:

    “Piraten haben das Schiff angegriffen, auf dem ich reiste, und ich wurde von ihnen als einfacher Diener verkauft. Mehr ist gar nicht geschehen….Aber ich sah, du besitzt zwei Schriftrollen mit Heldensagen. Ich wollte dich die ganze Zeit fragen, ob ich sie irgendeinmal lesen darf. Selbstverständlich mit frischgewaschenen Händen, und ich werde sie so sanft aufrollen, als schöbe ich den Chiton eines reizenden Mädchens, nicht der medusenhaften Athenais, sondern einer wirklich reizenden Geliebten, nach oben...“, wieder scherzte er.

  • Auch der alte Grieche ließ sich genüsslich im kühlen Wasser treiben und nach einigen Minuten begann auch die Müdigkeit aus den Gliedern zu weichen und das Pulsieren im Knöchel und Rücken wurde besser. Auch Tibi schien das Wasser sehr zu genießen, da er bestimmt schon lange nicht mehr baden war. Nachdem Tiberios ihm angeboten hatte den Rücken zu schrubben und enthaaren, nahm er das Angebot gerne dankend an.


    "Ich wurde als Sklave im Hause von Proximas Großmutter Domina Paxaea geboren. Meine Eltern waren beide griechische Sklaven aus Aigosthena, die von Domina Paxaea erworben wurden. Ich muss etwa zehn oder zwölf Jahre alt gewesen sein, als Domina Philoxena geboren wurde und habe sie als Teil ihres Besitzes ins Haus ihres Gatten begleitet zusammen mit meiner Schwester Doryphora, als sie geheiratet hatte. Wenn mich mein alter Kopf nicht ganz im Stich lässt, dann müsste ich mittlerweile 54 Jahre zählen und Medicus brauche ich keinen...ich bin einfach nur alt und verbraucht." Wieder war die Stimme des Alten ein wenig melancholisch während er mit dem Rücken zu Tiberios erzählte, die Jahre schienen auf seinem Gemüt zu lasten.


    Als sein Rücken fertig war, bot er auch dem jüngeren Griechen an ihm den gleichen Dienst zu erweisen. Es würde ihnen Zeit für ein wenig mehr Plauderei geben, bevor sie ins nächste Becken weiterziehen konnten. "Mein Vater war auch Scriba und später Tutor, aber ich habe nie viel Begeisterung oder Talent für Wissenschaften und dergleichen gezeigt. Ich beherrsche nur Grundlagen und interessiere mich eher für Literatur als Unterhaltung. Natürlich kannst du gerne die Schriftrollen ausleihen. Die beiden Schriftrollen gehören zusammen und ergeben das Epos Argonautika." Demetrios war sichtlich stolz auf diesen Besitz.

  • „Wie gerne wäre ich als Kind mit den Argonauten gereist.“, sagte Tiberios: „Nach Kolchis, der Heimat von Medea natürlich, aber auch noch darüber hinaus bis in das ferne Seidenland. Weiter als der große Alexander.

    Apollonios von Rhodos wird mir viel Vergnügen bereiten, ich danke dir fürs Leihen.“

    Er schrubbte sorgfältig Demetrios Rücken und entfernte ab und zu ein Härchen:

    „Aus Aigosthena stammten deine Eltern, so bist du aus Attika, ein echter Grieche aus dem Mutterland und sprechen tut ihr auch so schön. Meine Mutter war eine Alexandriner Sklavin mit all den Eigenschaften, die man uns nachsagt, aber sie ist schon tot. Mein Vater lebt gewiss noch, doch um ihn sorge ich mich nicht, denn er war immer nur mein Dominus, nie mein Vater gewesen. ….“


    Tiberios zuckte die Achseln. Nach den Eltern fragte er nicht weiter, da er auf Grund von Demetrios fortgeschrittenen Alters annahm, dass sie nicht mehr unter den Lebenden weilten, jedoch: „Und was ist aus Doryphora, deine Schwester, geworden?“


    Gerne ließ er sich den Freundschaftsdienst von Demetrios erwidern und sich den Rücken krebsrot schrubben.

    Danach gab er Demetrios die Hand, damit dieser aus dem Becken steigen und sie sich in das Tepidarium begeben konnten:

    „Gibt es hier auch ein Laconium, ein trockenes Schwitzbad nach spartiatischer Art?, fragte Tiberios:

    Rufus von Ephesos schreibt, dass dadurch Gicht und Altersbeschwerden gelindert werden. Also wenn ja, sollten wir unbedingt hinein sitzen.

    Aber sag, Demetrios, wann erwartet uns unsere Domina zurück? Nicht, dass wir die Zeit vergessen.“

  • Der alte Sklave musste schmunzeln bei den abenteuerlichen Worten von Tiberios, auch wenn dieser das vielleicht nicht sah, da er ja hinter ihm stand. Er zählte die gleichen Gründe auf, warum es auch Demetrios' liebste Geschichte war und er hatte sie schon unzählige Male in seinem Leben gehört und gelesen. "Ich fand vor allem die Monster faszinierend - die Harpyien und Giganten und dergleichen. Für Medea hatte ich immer ehrlich gesagt recht wenig übrig, auch wenn sie Teil der Geschichte ist." Auch er hatte als Kind und Jüngling von Abenteuern, spannenden Kämpfen, bösen Monstern und schönen Frauen geträumt.


    "Ich habe Attika nie gesehen, aber meine Eltern haben mir oft davon erzählt, als wir noch im selben Haushalt lebten. Bisher bin ich an Griechenland leider nur vorbei gesegelt, aber habe nie einen Fuß auf griechischen Boden gesetzt. Ich hatte aber auch in meinem Alter nicht mehr damit gerechnet hier im fernen Cappadocia zu landen, also sollte man wohl niemals nie sagen." Sein Rücken war nun endlich fertig und er tauschte mit Tiberios Platz und fing an zu schrubben. "Doryphora ist einem Fieber zum Opfer gefallen...das ist bereits zehn Jahre her. Auch Dominus Varus - Proximas und Verax' Vater - fiel diesem Fieber zum Opfer." Eine leichte Wehmut schwang in der Stimme mit, aber es war eine verheilte Wunde auf der Seele des alten Sklaven. Krankheit und Tod waren ständige Konstanten im Leben eines Sklaven.


    Demetrios runzelte kurz die Stirn und erwiderte dann: "Schwitzbad gibt es keines, aber ich gehe gerne hier zur Massage. Die Masseure hier sind wundervoll und kneten dir die Müdigkeit aus den Gliedern mit herrlich angenehmer Rückensalbe. Der Dienst kostet zwar ein wenig extra, aber die Domina hat nichts dagegen. Danach ist mein Rücken wieder für eine ganze Weile fit und mit dem Knie hilft das auch, da ich nicht wegen dem Rücken schief gehe und es dann nicht so sehr belaste. Wenn du auch eine Massage brauchst, dann kannst du ruhig mitkommen, sobald wir mit dem Baden fertig sind. Und mach dir keine Sorgen - ich habe die Zeit im Blick. Wir müssen uns noch nicht zu sehr hetzen."

  • "Die Medea von Apollonius ist wirklich düster, aber die Medea des Seneca handelt und denkt wie eine Frau unserer Tage. Ich ergriff sofort ihre Partei: Welch Feigling dieser Iason doch war!“, sagte Tiberios mit Inbrunst. Er hatte einmal für einen wohlhabenden und edlen Römer die Medea rezitieren dürfen.*:

    „Ob es solche Wesen wie die Harpyen wohl gibt? Oder ob sie nur verdorbene Erinnerungen an ganz andere Dinge sind?“


    Beim nächsten Satz nickte Tiberios Zustimmung:

    „Oh ja, wer weiß. Vielleicht kommen wir wirklich einmal nach Attika und Athen und sehen die Athene Promachos, wie sie uns von weitem über die Mauern grüßt. Tyche führt einen zuweilen seltsame Wege. Ich verlasse mich darauf, dass sie zum Guten führen."


    Während sein neuer Gefährte vom Tode von Doryphora und des ehemaligen Dominus berichtete, schloss er kurz die Augen und senkte den Kopf.. Die Nekropolen waren voller Verstorbener, die Krankheiten aus ihrem blühenden Leben gerissen hatten.

    Er dachte an das contagion, das Wesen der Ansteckung, welches die alexandrinischen Ärzte aufspüren wollten und an die Thesis der Miasmen, der schlechten Ausdünstungen, welche den Tod mit sich brachten und die sehr verbreitet war, wenn man nicht alles auf ein Ungleichgewicht der Körpersäfte schieben wollte.


    Tiberios selbst war immer gesund gewesen, nur einmal als Kind hatte sich nach einer Bestrafung durch seine kyria sein Unterarm entzündet.

    „Möge Dorysphora und deinem früheren Dominus die Erde leicht sein.“, sprach er höflich und drehte den Kopf, um dem älteren Sklaven einen Blick voller Zuneigung zu schenken:

    „Nein, ich brauche keine Massage, mein Demetrios, ich danke dir. Ich begleite und warte auf dich.“


    Sie näherten sich den steinernen Bänken, an denen die Masseure mit ihren kräftigen Armen warteten, die Badegäste tüchtig einzuölen und durchzuwalken.


    Während Tiberios warten wollte, setzte er sich auf eine der Bänke, die die Wand entlangliefen. Als er den Kopf anlehnte, spürte er auf einmal, wie eine große Müdigkeit ihn erfasste. Er hatte sich nicht beschwert, aber in der Gewalt von Händler Gomidas hatte er nicht in Ruhe schlafen können.

    Jetzt jedoch war er in freundlicher Gesellschaft, und niemand würde ihn aufschrecken; zudem war ihm wohlig warm, er war sauber und satt. Plötzlich schlief er tief und fest wie ein Stein


    Sim-Off:

    *Diese Geschichte wird ab hier erzählt

  • Die Zeilen, die Tiberios aufsagte, erinnerten Demetrios an seinen Vater. Dieser liebte es ebenfalls zu rezitieren und tat dies auch sehr passioniert und inbrünstig, wenn ihm gefiel, was er rezitierte. Er wollte Tibi daher nicht unterbrechen und hielt nur inne mit dem Schrubben, während er lauschte. "Hab Dank für deine freundlichen Worte."


    Nachdem der Jüngling fertig war, zupfte er noch ein paar Härchen hier und dort aus und blickte noch einmal kritisch auf den krebsroten Rücken des Jungen, der nun viel sauberer und haarloser war. "So alles fertig hier, Tibi!" meinte Demetrios wieder ein wenig besser gelaunt.


    Sie waren bereits im Zentrum bei den sehr warmen Becken angekommen und der große Raum war voller Feuchtigkeit und Dampf und Wärme. Selbst die Steinbänke waren sehr warm, was angenehm war. "Naja ich kann dich ja nicht zu deinem Glück zwingen, aber weiter hinten gibt es einen kleinen Raum, wo du Maniküre und Pediküre in Anspruch nehmen kannst. Das würde dir bestimmt gut tun, wenn du nicht zu müde bist. Ich lasse mich auf jeden Fall jetzt durchwalken. Bis später dann, Tibi."


    Demetrios ging in das kleine Separee, wo die Massagen durchgeführt wurden und legte sich dort auf die warme Steinbank. Nachdem er dem Masseur das Holzplättchen als Pfand für die bezahlte Zusatzleistung reichte, holte dieser eines seiner Tiegelchen mit duftender Kräutersalbe. Der kräftige Hüne trug die Salbe auf den Rücken des Alten auf und begann dann mit gleichmäßigen Bewegungen diese in den Rücken einzumassieren.


    Als er nach etwas mehr als einer halben Stunde wieder aus dem Separee zurückkam fühlte er sich zehn Jahre jünger und konnte wieder ordentlich aufrecht gehen ohne Humpeln. Als er nach Tiberios suchte, musste er gar nicht lange gehen, da dieser auf einer Steinbank direkt um die Ecke anscheinend eingeschlafen war. Am liebsten hätte er den Jüngling noch eine Weile schlafen lassen, aber sie mussten sich bald auf den Rückweg machen, sonst wären sie bis zum Abend nicht zu Hause. Also stupste er Tiberios sanft an und sprach: "Es ist Zeit nach Hause zu gehen, Tibi...komm..."

  • Tiberios war so tief eingeschlafen, dass er anfing zu träumen: Er träumte,er stand auf einer Anhöhe, doch diesmal sah er nicht über Roma hinweg, sondern über ein Geflecht von gepflasterten Straßen, die nebeneinander herliefen, sich vereinigten oder sich kreuzten und wieder trennten, und gerade als er das Gefühl hatte, er solle eine Entscheidung treffen, welche die richtige war, da stupste jemand ihn an und nannte ihn Tibi.

    Sofort war er in früheren Zeiten in Alexandria und wollte seiner Mutter Antwort geben, da tauchte er in der bewussten Welt wieder auf, wie ein Taucher, der längere Zeit unter Wasser ausgehalten hatte.


    Er sprang hoch: „Verzeih mir Demetrios, ich bin einfach eingeschlafen.“, gestand er und schlug die Augen nieder.

    Damit jedoch der ältere Grieche Bescheid wusste, dass Tiberios sich nicht ganz und gar dem Müßiggang hingegeben hatte, zeigte er schnell seine Fuß- und Fingernägel vor, die nun kurz gefeilt und wieder sauber waren. Dann rieb er sich das Gesicht und lächelte Demetrios, der sich aufrecht hielt und beim Gehen kein bisschen mehr humpelte, erfreut an:


    „Du siehst hervorragend aus, Demetrios, der Masseur ist wirklich ein Meister. Und die aufgetragene Kräutersalbe riecht sehr würzig und heilsam. Ob er vielleicht das Rezept herausrücken würde?"


    Er nahm sich vor, gut aufzupassen bei dem, was heute seine Aufgabe sein würde. Seine Müdigkeit war fast verflogen, er war es von klein auf gewohnt, mit wenig Ruhe aus zukommen.

    Den Weg zur Taberna „Aus der Hand von Schesmu“ hatte er sich gemerkt, und da Demetrios so erholt schien, würde es weniger lange dauern als der Hinweg.

  • Es dauerte einige Sekunden, bis Tiberios aus seinen Träumen erwachte und ihn ein wenig verwirrt ansah, bis er ganz wach war. Was der Bursche wohl geträumt hatte? Musste ja was tolles gewesen sein, dachte sich Demetrios und schmunzelte gut gelaunt.


    "Da gibt es doch nichts zu verzeihen...es war ein langer Tag für dich und wenn wir zurück bei der Taberna sind, kannst du dich auch direkt ins Bett werfen. Morgen ist ja auch noch ein Tag um Neues zu lernen. Und ja...Sibelos, der Masseur hier, ist ein Meister seines Faches. Ich kann dir nur raten, dass du ihn auch einmal in Anspruch nimmst. Die Leute hier im Umland und in der Stadt gehen gerne und oft zu ihm. Ich glaube kaum, dass er sein Rezept verrät, aber es riecht auf jeden Fall nach Kampfer und dergleichen."


    Nach diesem kleinen Plausch traten sie gemeinsam den Weg zum Ausgang an, nachdem sie in die frischen mitgebrachten Tuniken schlüpften und ihre Sachen und das Badebesteck eingesammelt hatten. Der direkte Weg zurück zur Taberna ging dann recht entspannt ohne Humpeln.

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