• Das Erbe der Iunier

    Das harte Aufschlagen der Nagelsohlen hallte in den hohen Räumen wider. Mit festem Schritt marschierte Scato in seiner Militärkleidung in der Domus Iunia ein, als käme er, sie in Besitz zu nehmen. Und so ähnlich verhielt es sich auch. Nervös drückten die Sklaven sich in den Schatten herum, da sie den neuen Hausherrn nicht einschätzen konnten. Doch dieser fand alles zu seiner Zufriedenheit vor, zumindest sagte er nichts Gegenteiliges. Während der Abwesenheit ihrer Bewohner hatten die verbliebenen Sklaven sich um das Anwesen gekümmert, so dass der neue Hausherr es in bester Ordnung vorfand. Scato stellte sich den Sklaven vor und unternahm anschließend allein einen Rundgang zur Inspektion durch das römische Stadthaus der Gens Iunia.


    Schatten und Licht, Schatten und Licht. Licht.


    Das Zentrum bildete der unmittelbar nach dem Eingangsbereich anschließende zentraler Raum, das Atrium mit seinem gewaltigen Lichtschacht, unter dem einige Sitzgruppen standen, die momentan von den Sklaven benutzt wurden, um zu Weben. Etwas verlegen traten sie beiseite, doch Scato beachtete sie nicht. Vom Atrium aus waren zahlreiche kleinere Räume erreichbar. Das nach griechischem Vorbild gestaltete Gartenperistyl bildete die harmonische Erweiterung.


    Licht, Licht, Licht.


    Einmal endete jede Kindheit und auch jede Jugend. Körperlich geschah dies bei den meisten etwa in dem Alter, in dem man für heiratsfähig erklärt wurde. Doch geistige Reife konnte in sehr unterschiedlichen Lebensstadien eintreten. Als Miles Medicus trug Scato seit geraumer Zeit Verantwortung für das Leben und Wohlergehen anderer Menschen. Warum sträubte er sich so sehr, Verantwortung über das Erbe der Iunier anzutreten? Die Vorzeichen, unter denen sie standen, hatten ihn damals abgeschreckt. Heute gab es niemanden mehr, dem er Misstrauen gegenüber empfinden konnte. Es war niemand mehr hier.


    Scato legte den Kopf in den Nacken, blickte hinauf in den grauen Herbsthimmel, durch den das Licht brach. Es war an der Zeit, sich der Vergangenheit zu stellen und reinen Tisch zu machen. Scato wurde nun auch innerlich erwachsen. Die Zeit des inneren Exils musste eines Tages ihr Ende finden. Scatos Bruder Caepio war heimgekehrt in den Schoß der Familie und er sollte standesgemäß leben können - auch unabhängig von der Casa Leonis, wenn ihm danach war oder er namhafte Gäste zu empfangen geruhte.


    Licht.

  • Scato sah in der Domus Iunia regelmäßig nach dem Rechten. Die verbliebenen Sklaven kümmerten sich gut um den Haushalt, darüber hinaus machten sie sich einen Lenz. Warum auch nicht? Es gab keine Hausherren, die hier wohnten. Scatos Lebensmittelpunkt war die Castra Praetoria, gefolgt von der Casa Leonis. Jedoch merkte er die sage und schreibe achtzehn Sklaven, die das Anwesen verwalteten, zuzüglich den ihm persönlich verpflichteten Terpander deutlich im Geldbeutel.


    Jetzt, da Caepio heimgekehrt war und eine Arbeit als Stadtschreiber angetreten hatte, würde der große Bruder sich finanziell beteiligen müssen oder sie mussten umplanen. Achzehn Sklaven, das erschien Scato für die ansonsten unbewohnte Domus zu viel. Er würde mit Caepio reden.

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