Die Leiche der unbekannten Christin

  • Frugi mit seinen Freunden im Gefolge betrat das Lazarett, entdeckte gleich die Wache mit dem Leichensack. „Danke ihr könnt nun wegtreten, wies er die vier an. Persi wärst du so nett und würdest dich auf die Suche nach Scato machen. Es ist schon spät vielleicht hast du Glück und er ist in seiner Baracke.“

    Nachdenklich schaute er auf den Sack hinunter, sollten sie die Leiche da heraus holen? Nein sie wartete besser auf Scato.

  • Nachdem er einen Patienten versorgt hatte, der neue Verbände benötigt hatte, kam Scato zügig herbeimarschiert. Im Valetudinarium war eine schnelle Gangart angesagt, hier trödelte niemand, und in den Gängen durfte ausdrücklich gerannt werden. Er blieb stehen und salutierte zackig vor dem Offizier.


    "Salve, Cornicularius Octavius Frugi!"
    Der Leichensack ließ seine heutige Aufgabe erahnen. "Miles Medicus Iunius Scato, ich melde mich bereit!"

  • Da dies ein offizieller Anlass war vermied Frugi eine freundschaftliche Begrüßung. "Salve Miles Medicus Iunius Scato, an deinem Gesichtsausdruck sehe ich, dass du schon vermutest was hier anliegt." Der Octavier schaute sich um, vergewisserte sich, das sie nur zur Viert waren. "Es handelt sich hier um die mutmaßliche Mörderin der

    Virgo Vestalis Maxima. Es wird ein Aufschrei in Rom geben wenn herauskommt, das diese da, von mir, uns eine, Vermutung, an Hand eines Indizes eine Christin ist. Du verstehst also die Untersuchungsergebnisse gelangen bis zum Kaiser."

  • Scato nickte. "Welches Ergebnis ist denn gewünscht?" Er stellte die Frage unverblümt, während er die Hand in seine dürre Hüfte stemmte und mit gerunzelter Stirn den Sack musterte.


    "Und die ermordete Vestalin wurde bereits obduziert? Ihr Tod zweifelsfrei festgestellt und Rettungsversuche blieben erfolglos?"


    Es war nicht von Belang, ob dies tatsächlich stattgefunden hatte - Scato erkundigte sich nicht nach den Tatsachen, sondern nach der offiziellen Variante, um die Linie in Erfahrung zu bringen, nach welcher er hier vorgehen sollte. Der Praefectus Urbi schien ein wahrheitsliebender Mensch zu sein, doch auch seine Hände waren bisweilen gebunden von den rostigen Ketten der Politik.

  • Völlig von Scatos Frage überrumpelt starrte der Octavier diesen einen Moment lang an. Gab es denn Wünsche zu solchen Untersuchungsergebnisse?

    „Nein Theopompus hat den Sack geöffnet und es gesehen und ich habe ebenso einen Blick auf sie geworfen. Glaub mir wir beide erkennen wenn einer Tod ist. Ja und obduzieren können wir noch immer nicht“, griente er. Wir haben sie nicht in den Sack gesteckt und ich glaube nicht, dass irgendwer versucht hat sie zu retten. Stell dir doch die Situation vor, sie ermordete die Oberste Vestalin auf dem Markt, wird dann selber ermordet. Was denkst du, sorgt man sich nicht als erstes um die Vestalin? Wir brauchen einen ehrlichen Bericht der allen Untersuchungen standhält. Du müsstest dafür gerade stehen.“ Frugi schaute Scato scharf an. „Hierbei gibt es keine Wünsche.“ Wie kam der nur auf solche Ideen?

  • "Ein guter Medicus schaut bei der Behandlung nicht auf den Stand oder den Geldbeutel, sondern darauf, wer seine Hilfe als erster benötigt." Freilich sah das in der Praxis oft anders aus, doch so lautete das Ideal. Aber dass eine vielleicht nur schwerverletzte Person, ob Mörderin oder nicht, einfach in einen Sack gestopft - und auch noch dort belassen - wurde, war aus Scatos Sicht schon sehr grob.


    "Was bedeutet es, dass der Bericht allen Untersuchungen standhalten soll? Wer sollte die Untersuchungsergebnisse der Cohortes Urbanae in Zweifel stellen und eine Untersuchung einleiten?" Scato behielt das soldatische, ausdruckslose Fischgesicht bei. "Hieb- und stichfest sind all meine Untersuchungen. Ich verschriftliche die Tatsachen, die von anderen geschaffen wurden. Verantwortlich für das Ergebnis ist folglich die Person, welche den Leichnam in den Zustand des Todes versetzt hat oder die, welche mir Anweisungen erteilte, was die Schwerpunktsetzung des Ergebnisses anbelangt. Ich bin nur ein einfacher Miles Medicus."


    In einer Geste der Unschuld hob er die Hände, während er sich innerlich jedoch etwas ärgerte. Wenn ein bloßer Blick in einen Sack schon ausreichen würde, bräuchte es keine eigene Ausbildungseinheit, welche die sicheren und unsicheren Todeszeichen beinhaltete. Einzig ein Medicus war befugt, eine Person für tot zu erklären, wenn nicht gerade deren Kopf einzeln herumrollte oder der Körper bereits deutliche Anzeichen von Verwesung zeigte. Im ungünstigsten Fall war hier eine vielleicht nur komatöse Patientin dem Tod verantwortet worden, weil aufgrund einer sichtbaren Wunde niemand meinte, ihr noch Hilfe leisten zu müssen. Womöglich war unnötigerweise mit dem Lebenslicht der Täterin auch jede Möglichkeit erloschen, ihre Motive in Erfahrung zu bringen.


    Vielleicht sollte er mal einen entsprechenden Vortrag halten ... scheinbar waren die Milites nicht ausreichend informiert.


    "Gut. Ich bin bereit, anzufangen. Soll ich mich auch um die Obduktion der Vestalin kümmern oder ist keine geplant?"

  • So ganz verstand der Octavier nicht warum Medicus Scato ihnen die Vorträge hielt, sie hatten nicht aus Nichtachtung der Toten so gehandelt aber er ließ ihn erst einmal reden.

    „Zur Erinnerung“, begann er dann, „wir wussten nicht was in dem Sack war, ehe Pompus ihn öffnete. Was sollten wir machen, ersichtlich war die Sklaven gehörten zu den Vestalinnen. Gut wir hätten den Leichnam rausholen können und damit einen Aufstand heraufbeschwören können. Die zweite Möglichkeit wäre gewesen, den Marktplatz absperren, einen Medicus rufen und den Dingen laufen lassen.

    Wir haben keinen ermordet und in den Sack gesteckt, deshalb habe ich die Leiche gleich unter Bewachung zu uns bringen lassen.

    Wenn du dich erinnerst, betrifft das Ableben einer Vestalin unmittelbar den Kaiser, sie steht unter seiner Patria potestas. Sie war bei unserem eintreffen auch schon abtransportiert worden und der Kaiser wurde sofort über ihren

    Tod informiert. Ja und er wird dann derjenige sein der die Untersuchungsergebnisse in Zweifel stellen könnte. Soviel ich weiß wurde Valeria Maximilla auch schon zu ihm einbestellt.

    Du kannst ihren Leichnam in der Casa Mamilla anschauen. Zuerst hätte ich aber gerne das Amulett, von dieser Toten hier."

  • Scato für seinen Teil fand, dass Aufstände eine gute Gelegenheit waren, kriminelle Subjekte zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen. Je mehr Druck das Volk von unten machte, umso mehr Gegendruck brauchte es von oben und die Zwillingsstation war der erste Schritt. Abgesehen davon glaubte er nicht, dass zufällig anwesende Passanten aggressiv reagieren würden. Vor allem aber fand er nach wie vor nicht, dass ein Blick in einen Sack genügen würde, um eine Person als tot zu identifizieren. Doch wer war er, dass einem Offizier zu sagen? Sie hatten scheinbar keinen Capsarius dabeigehabt oder dieser hatte das Maul nicht aufbekommen, das war das Problem.


    So nickte Scato nur und sagte: "Verstanden. Erst den Körper hier im Sack obduzieren und anschließend kümmere ich mich um die Vestalin."


    Wenn das Ergebnis dem Kaiser nicht gefiel, war scheinbar beabsichtigt, Scatos Kopf rollen zu lassen und seine Reputation als Miles Medicus zu vernichten, wenn Scato die Hinweise richtig verstand. Er würde das Bauernopfer werden für die Probleme, die andere verursacht hatten. Was er verbrochen hatte, wusste er nicht, aber vielleicht war er auch nur schlichtweg entbehrlich genug. Stoisch legte er seine Unterlagen und Materialien bereit.


    "Möchtest du dabei bleiben, oder nur das Amulett entgegennehmen, Cornicularius?", fragte er.

  • Stirnrunzelnd betrachtete Frugi kurz den Sack, schüttelte verneinend mit dem Kopf. „Ich nehme nur das Amulett mit. Du machst schon alles richtig, denn du bist der Fachmann und wir wären dir nur im Weg. Die Berichte liefere bitte dem Praefectus Urbi ab. Er wird sich dann um alles Weitere kümmern und die nötigen Anweisungen geben.“

    „Was denkt ihr? Ich habe keine Lust jetzt noch einmal loszuziehen und die letzten freien Stunden zu genießen. Für mich ist alles gelaufen.“ Seine Freunde, an die das gerichtet war, sahen ihn an und nickten nur.

  • Scato machte sich also an die Arbeit und schnitt den Sack der Länge nach auf. Da es der Wunsch des Cornicularius war, warf er zunächst einen Blick auf das Amulett, wobei er auch genau die Art betrachtete, wie dieses befestigt war.


    "Amulette wie dieses können auch nachträglich um einen Körper angebracht worden sein, um den Verdacht in eine bestimmte Richtung zu lenken", stellte er klar.


    Er begann, das Schmuckstück abzuzeichnen, bevor sein Vorgesetzter es verwahrte, damit die Unterlagen vollständig waren. Insbesondere achtete er auf das Alter des Anhängers und der Kette. Auch schaute er, ob es Spuren längeren Tragens um den Hals der Frau gab oder andere Hinweise, dass dieses Amulett schon zuvor längere Zeit getragen worden war.


    "Wenn der Körper sich bereits im Sack befand, also schnellstmöglich aus dem Blickfeld verschwinden sollte, ist es möglich, dass ihm zuvor das Amulett umgelegt worden ist. Wer hat die Frau überhaupt dermaßen schnell und nachdrücklich in den Sack gesteckt? Denjenigen würde ich genau unter die Lupe nehmen, so eine Reaktion ist nicht gerade üblich."

  • Scato obduzierte die Leiche nach bestem Wissen und Gewissen. Gleichsam füllte er den Obduktionsbericht aus:

    [Obduktionsbericht] Unbekannte Christin


    Es stand noch einiges an Ermittlungsarbeit vor den Cohortes Urbanae. Insbesondere galt es, die vier Sklaven ausfindig zu machen und zu befragen. Diese konnten vielleicht berichten, wer die vorliegende Person in den Zustand des Todes versetzt hatte und sie anschließend in einen Sack stopfte. Scato konnte sich hier zwei Szenarien vorstellen:

    1. Die potenzielle Christin war von Mitverschwörern zum Schweigen gebracht worden, damit sie nach ihrer Tat nicht plaudern konnte. Der Mörderin der Vestalis Maxima würde der Staat seine Bluthunde hinterherschicken. Sie würden sie jagen, bis sie sie hatten und alles Wissen aus ihr herausfoltern. Dem Mörder irgendeiner fremden Frau ... eher weniger.
    2. Die potenzielle Christin war durch einen Leibwächter der Vestalis Maxima zu Tode gekommen, der sich nun vor den Konsequenzen fürchtete und daher nicht böse darüber war, wenn die Cohortes Urbanae einer falschen Fährte folgte. Dabei würde dieser Leibwächter allerdings vergessen, dass er in pflichtbewusster Ausübung seines Amtes wohl mitnichten als Mörder verurteilt werden würde, zumindest ging Scato nicht davon aus. Man würde ihn vermutlich lediglich zusammenstauchen, weil er eine Zeugin um die Ecke gebracht hatte.

    Wie dem auch sei, es war nicht Scatos Aufgabe, diese Dinge zu beurteilen, er sammelte nur auf die Art des Miles Medicus Beweise und Indizien. In dem Fall oblag die Ermittlung dem Cornicularius Octavius Frugi, dem er die Kopie schnellstmöglich zukommen lassen würde.


    RE: Vorzimmer des Praefectus Urbi - Cornicularius T. Octavius Frugi >>

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