Antreten der Cohortes Urbanae zur 1. Stunde

  • Der Morgen erwachte, aber es wurde nur zögerlich hell, denn einheitliches Grau verdeckte den Himmel. Zuweilen sprühte es, was den Boden des Exerzierplatzes dunkel färbte, ohne ihn aufzuweichen. Eine Centurie nach der anderen marschierte auf, was trotz der Vielzahl an Soldaten geordnet ablief, denn der Aufmarsch folgte einem ausgearbeiteten Prinzip, sodass in kürzester Zeit eine Kohorte nach der anderen weitgehend vollständig angetreten war. Nur einzelne Contubernia versahen ihren Dienst am Stadttor Roms oder der Porta der Castra Praetoria.

    Kommandos schallten über den Platz und der eine oder andere Optiostab half beim Ausrichten der Milites nach.

  • Die nächste Kohorte marschierte ein, erfahren, routiniert, wohlgeordnet und doch noch jung genug, nicht so abgestumpft und perfekt wie die ältesten Anwesenden den Formaldienst zu verrichten. Ein augenfälliges Beispiel bot dafür Scato. Wo sollte er jetzt eigentlich stehen? So als frischgebackener Optio valetudinarii. Er gehörte weder zur Einsatztruppe noch zu den Ausbildern, wie es die anderen Optiones oft waren.


    Einen eigenen Stab besaß er noch nicht, vermutlich brauchte er auch keinen, da er niemanden zurechtschieben musste. Zur Sicherheit hatte er sich aber einen geborgt. Er würde ja nun erfahren, ob er den benötigte oder wegpacken sollte. Zudem trug er nun eine schicke Rosshaarbürste und zwei Federn auf dem Helm. Weiß - er war Arzt. Es gab dazu keine ihm bekannte Vorschrift, so hatte er Rosshaar und Federn in Weiß gewählt - jene Farben, die für Reinheit und Erhabenheit standen. Von seinem ersten erhöhten Sold hatte er sich ebenfalls einen Satz gute, richtig weiß gebleichte Tuniken geleistet und bot nun einen, wie er fand, schmucken Anblick, auch wenn die Tunika noch etwas müffelte.


    Kleider machen Leute, so war das schon immer und Scato war wichtig, dass man ihn nun anders wahrnahm als früher, da er seinen Beruf als Medicus auf allen Stufen seiner Laufbahn sehr ernst nahm. Er schaute sich im Marschieren um, wie die anderen standen und hoffte auf einen Hinweis, wie er sich platzieren sollte, während sie ordentlich antraten.

  • Lurco hatte den Aushang gelesen und hatte sich mit seinen Barackenbrüdern auf dem Exerzierplatz eingefunden. Purgitius erblickte Scato, der scheinbar nicht sicher war, wo er hingehörte. Lurco gab Scato unauffällig ein Zeichen, dass er sich zu ihnen gesellen sollte. Gleich ob er tatsächlich zu ihrer Einheit gehörte oder nicht, er war ein Barackenbruder und gehörte zu ihnen. Die Baracke VII nahm Aufstellung und wartete auf Scato.

  • Centurio Cincius Licinus


    Der Aufmarsch der Centuria III der Cohors XII verlief geordnet. Der Schritt wurde von Optio Valerius angezählt und von den Milites gehalten. Die Mienen der meisten drückten Ernsthaftigkeit aus, die Körper zeigten Spannung. Die Centuria beschrieb im Gleichschritt einen Bogen, bei dem die inneren Soldaten annähernd auf der Stelle marschierten, während die äußeren weit ausholten, damit sie beim Eingruppieren ihrer Einheit in die Kohorte in Formation blieben.

    Einige Momente ließ Centurio Cincius die Milites 'Aequatis passibus' marschieren, bevor er sich mit den anderen Centuriones der Cohors verständigte und zeitgleich "State!" befahl. Schlagartig verstummten der Trittgeräusche dieser Kohorte.


    Der kontrollierende Blick des Centurio schweifte über die Reihen, während der Optio bereits Korrekturen vornahm, um eine akkurate Frontlinie der Centuria zu den benachbarten Einheiten zu präsentieren. Lurcos Zeichen blieb nicht unbemerkt, denn ein unauffälliges Zeichen wäre auch für Scato nicht erkennbar und somit sinnlos gewesen. Centurio Cincius stuerte auf Optio Valerius zu, riss ihm den Optiostab aus der Hand und schritt zu Lurco. Ohne Vorwarnung sauste der Stab auf diejenige Hand, die zum Zeichengeben benutzt wurde.

    "Haltung, Cornicularius!" Anschließend stellte er sich an die Flanke der Centuria.


    Der Medicus zischte Scato zu, der weitergehen wollte: "Nicht so weit." Dabei bewegten sich seine Lippen kaum und der Blick blieb nach vorn gerichtet. Er nahm sich vor, den zukünftigen Neuankömmlingen in seiner Gruppe vorab Informationen zu geben. Die Offiziere und Milites aus dem Valetudinarium blieben unter sich und bildeten den seitlichen Abschluss der aufmarschierten Cohorten.

  • Der Blick mit dem Lurco den Centurio bedachte sprach Bände, aber er schwieg. Was sollte er auch sagen, außer dass der Centurio Recht hatte? Auch wenn man Kameradschaft nicht disziplinieren musste, die Einhaltung der Formation schon. Zudem stand der Mann im Rang über ihm. Gemeinsam mit den anderen wartete er ab. Sie würden bald den Grund erfahren, weshalb sie angetreten waren.

  • Gemäß der Stunde, die Menecrates stets auf dem Exerzierplatz verbrachte, um in Form zu bleiben, trug er eine Tunika statt einer Toga. Sowohl bei der üblichen Körperertüchtigung als auch zum heutigen Anlass taugte eine Toga nicht, denn der Präfekt wollte sich nicht ein kleinen Schrittchen bewegen, sondern - wie ein Offizier es in der Regel tat - raumgreifend ausschreiten. Anders als die übliche Sporttunika bestand die heutige aus feinem Zwirn - bedeckt im Brustbereich von einem wertvollen Panzer, den unzählige Auszeichnungen schmückten.

    Menecrates' Haltung drückte Entschlossenheit aus, als er in resoluten Schritten die Principia verließ und sich Richtung Exerzierplatz wandte. Sein Cornicularius und der dienstälteste Tribun Pegasus flankierten ihn. Sie mussten sich sputen, wollten sie das Tempo mithalten. Das ebenfalls dekorierte Cingulum des Präfekten schwang bei jedem Schritt mit, insbesondere die metallbeschlagenen Lederriemen des Schurzes. Die Geräusche gaben den Takt vor, in dem sich die Calceus equestes seiner Begleiter synchron zu ihm in den Boden drückten und wieder abstoßen sollten.

    Menecrates achtete nicht auf die beiden Offiziere an seiner Seite, denn sein Blick richtete sich nach vorn und die Gedanken konzentrierten sich auf die bevorstehende Ansprache, während er sich bemühte, die Frustration zu kontrollieren, die ihn besonders seit gestern - im Grunde aber schon seit Monaten - geißelte.


    Als er sich auf Sichtweite dem Platz näherte, hörte er Kommandos. Obwohl die Milites bereits ausgerichtet und stramm standen, ertönten erneut die Befehle, um auch die letzten Ungeschliffenen zu disziplinieren.

    "MILITES VENITE! MILITES STATE!

    ACIEM DIRIGITE!

    OCULOS PROSAM! PRAEFECTUS ADEST!"

    Menecrates erreichte das Tribunal, erklomm die wenigen Stufen und platzierte sich mittig, sodass sowohl für Cornicularius Ocatvius Frugi als auch für den Tribun Pinarius Pegasus ein vergleichbarer Raum zu beiden Seiten zur Verfügung stand.


    "NUNTIO! OCULOS VOSTROS AD SINISTRAM!"

    Der in der Rangfolge nach Pinarius Pegasus dienende Tribun bereitete die angetretenen vier Kohorten auf die Meldung vor, trat an das Tribunal und salutierte, indem er die Faust auf die Brust schmetterte, sie nach vorn von sich wegstreckte, während sich Daumen und Zeigerfinger aus der Faust lösten und der Arm anschließend seitlich wieder an den Körper geführt wurde.

    "Praefectus Urbi, H. Claudius Menectates, ich melde die Cohorte XI, XII, XIII und XIV wie befohlen angetreten."

  • Octavius, als Cornicularius des Praefectus Urbi, war er diesem unmittelbar unterstellt, hatte damit die Ehre diesen zu begleiten. Er war von dessen Befehl wie alle anderen Überrascht worden. Warum dieser Befehl ausgegeben worden war, wusste er genauso wenig wie alle anderen.

    Sorgsam hatte er sich an diesem Morgen gekleidet und auf ein perfektes Aussehen geprüft. Jetzt stand er wie seine Kameraden hier. Nur mit dem Unterschied er stand neben dem Praefectus Claudius, genauso wie der Dienstälteste Tribun auf dem Tribunal. Sie beide hatte sich schon etwas anstrengen müssen um mit dem Praefecten auf dem Weg dorthin schritthalten zu können. Ein wenig über den angetreten Cohorten sah Frugi

    die in vorbildlicher Formation vor sich ausgerichtet da stehen. Hörte und sah die zackige Meldung des Tribun. Was würde jetzt kommen?

  • Eigentlich war es logisch, dass Scato nicht mehr bei seiner Centuria stand, sondern beim Personal des Valetudinariums ... aber wenn einem keiner Bescheid sagte, was gewünscht war und dann zwei verschiedene logische Systeme aufeinandertrafen, konnte es auch nach den Gesetzen der Logik schiefgehen. So war das. Scato brauchte Anweisungen und das bitte konkret, damit sich hinterher keiner aufregen konnte, und die hatte er nun erstmalig in dem Zusammenhang erhalten. So weit war alles gut.


    Es gab eine rasche Bewegung und einen leisen Knall.


    Scatos Augen kniffen sich kurz erschrocken zusammen, als er sah, wie Lurco auf die Hand geschlagen wurde, mit der er ihm helfen wollte. Nun gut, Lurco war ein gestandener Kerl, den kleinen Bumms würde er schon wegstecken. Trotzdem nahm Scato sich vor, die Hand nach Dienstschluss zu verarzten, ob das nun notwendig war oder nicht. Zwar klagte Lurco nie, aber umso mehr beobachtete Scato sein leibliches Wohl mit Argusaugen.


    So. Nun konzentrierte er sich ganz auf den Formaldienst, sortierte sich beim Personal des Valetudinariums ein und folgte den Aufforderungen, standen stramm und richteten sich aus. Die Blicke wanderten von hier nach da, wie befohlen, bis am Ende alle nach vorn starrten und der vorbildlichen Meldung des Tribuns beiwohnten. Was nun? Gespannt wartete man, was verkündet werden mochte.

  • Menecrates, da in Militärkleidung, grüßte den Tribun mit zackigem Militärgruß zurück, danke der Meldung mittels Nicken und wandte sich anschließend an die Soldaten.

    "Milites, dieser Appell hat einen simplen Grund: Ich werde der gesamten Einheit eine Ansage machen. Der Inhalt der Ansage ist einerseits ebenfalls simpel, aber anderseits offensichtlich nicht simpel genug, um von einzelnen Soldaten und selbst Offizieren vollste Berücksichtigung zu finden."

    Sein Blick, mit dem er über die Männer strich, strahlte nicht die übliche Güte aus, vielmehr fehlte ihm jeglicher Ansatz eines wohlwollenden Lächelns. Menecrates rang mit sich, ob er den Befehl zum Rühren geben sollte, selbst wenn dieses Kommando zur üblichen Abfolge bei einem Appell gehörte, weil er fürchtete, dass einige Kasperköpfe die Situation ausnutzten und selbst bei einem Appell über die Stränge schlugen. Gleichzeitig konnte er jederzeit erneut das Strammstehen befehlen, daher hielt er sich an die Gepflogenheiten, auf die er in seiner Ansage ohnehin pochen wollte, und befahl:

    "Movemini!"

    Ein letzter prüfender Blick, dann kam er zur Sache, der er allerdings eine Einführung voransetzte.

    "Als ich vor vielen Jahren das erste Mal das Amt des Praefectus Urbi antrat, bemerkte ich schnell, dass die Militärdisziplin in dieser Einheit lasch gehandhabt wird. Das ist generell für ein römisches Heer inakzeptabel; für eine Einheit, die für die Sicherheit Roms zuständig ist, noch einmal mehr. Damals wie heute nehmen es einzelne Soldaten und Offiziere nicht genau, weder mit den Dienstvorschriften, noch der Entrichtung militärischer Grüße in Bezug auf Ausführung und Platzierung. Es mangelt an der notwendigen Ernsthaftigkeit. Gleichzeitig wurde mir mehrmals berichtet, dass die Bevölkerung Roms unsere Milites abfällig bewertet und respektlos behandelt." Er legte eine Atempause ein, bevor er losdonnerte:

    "Stellt sich da irgendwem die Frage nach dem Warum?"


    Der zweite Grund, weswegen der Praefectus Urbi bei diesem Appell auf die Toga verzichtet hatte, wurde ersichtlich: Statt stoische Ruhe und Beherrschung auszustrahlen, die insbesondere Patriziern anerzogen wurde, leistete er sich die Manieren eines Kommandierenden und brüllte:

    "Diese Einheit wird trotz meiner üblichen Dienstkleidung von einem Offizier geführt! Wer sich das bei einem Togaträger nicht mehr vorstellen kann, dem rufe ich das in Erinnerung!

    Mir scheint außerdem, dass einige in ihrem Trott vergessen haben, welche Strafen auf Verstöße gegen die Disziplin und Ordnung stehen."


    Er führte eine Drehung in Richtung zu seinem Cornicularius aus, die aus dem Formaltraining stammte. "Octavius", sagte er in gemäßigtem Ton, während seine Hand nach vorn wies, um dem Offizier mitzuteilen, dass er beabsichtigte, das Tribunal zu verlassen. Er wartete, bis Frugui einen Schritt zurücktrat, um den Weg freizumachen, dann ging er an ihm vorbei, nahm die Stufen und schritt auf die angetretenen Kohorten zu. Vor der Cohors XI hielt er an.

    Er nahm einen jungen Miles ins Visier, baute sich mit etwas Abstand vor ihm auf und brüllte ihn an: "Progredere!" Ganz ohne expliziten Befehl, straffte sich der Mann, als bestünde sein Knochengerüst nicht aus einzelnen Wirbeln, sondern wäre aus einem Guss. Der Soldat trat einen Schritt nach vorn. Angst stand nicht in seinem Gesicht, denn er diente mit Passion und war sich keines Fehlers in der Vergangenheit bewusst.

    "Wann grüßt du?", fragte Menecrates.

    "Meine Vorgesetzten morgens oder bei der ersten Begegnung. Jeden Präfekten, die Consuln und natürlich den Kaiser jedes Mal."

    Menecrates zeigte sich zufrieden, es ging hier nicht um Details. "Wie grüßt du?"

    "Salve, Praefectus!" Das Wort 'Claudius' lag auf seinen Lippen, fast auch der Zusatz 'Menecrates', und es wäre nicht falsch gewesen, aber die kurze Variante genügte auch den Vorschriften. Der Miles fragte sich, ob er den Gruß auch optisch vorführen sollte, aber er fragte nicht nach, denn reden durfte er nur nach Aufforderung.

    "Demonstriere den korrekten Gruß all jenen, die Nachholbedarf haben!" Der Präfekt musste nicht ausweichen, er wählte von vorn herein den passendem Abstand zum Miles. Der Soldat - straff in der Haltung stand er bereits - setzte in Windeseile die Faust auf die Brust, streckte sie nach vorn und führte den Arm so schnell es ging an die Seite zurück.

    "Regredere!", befahl Menecrates, was bedeutete, dass er keinen Grund für Beanstandungen sah.


    Er schritt weiter zur XII. Kohorte und verhielt den Schritt vor Purgitius Lurco.

    "Cornicularius, zu welchem Zweck gehört ein Rebstock zur Ausrüstung eines Centurio?" Er hoffte auf eine knackige Antwort und keinen Roman zu den leichtesten aller Strafen im Militär.

  • "Ebenfalls?", wiederholte Menecrates und musste sich zum ersten Mal ein Grinsen verkneifen. "Der Rebstock dient nicht als Erkennungsmerkmal eines Centurio, sondern ausschließlich als Bestrafungsinstrument." Es blieb ungeklärt, ob sich der Cornicularius unglücklich ausdrückte, oder ob er wirklich annahm, dass die Vitis auch der Erkennung diente.

    "Zur Erkennung eines Centurio lässt sich der Helmbusch heranziehen, dazu braucht es keine Vitis, die man im schlimmsten aller Fälle auch noch mit dem Optiostab verwechseln könnte. Seid also gewiss, der Stab wird regelmäßig eingesetzt, zumindest in den Legionen, aber hier wohl nicht. Das wird sich demnächst ändern." Nachdem Menecrates während seiner Ausführungen mehrere Milites der Cohorte begutachtet hatte, kehrte er mit seine Aufmerksamkeit zu Purgitius zurück.

    "Wie wird die Vitis eingesetzt und in welchem Strafmaßbereich?"

    Menecrates fand es wichtig, den Soldaten in Erinnerung zu rufen, dass sie sich mehr vor dem Centurio oder Präfekten fürchten sollten als vor dem Feind. Strafen gehörten im Heer zur Tagesordnung.

  • Inhalt der Ansprache des Praefecten, war der gewesen, den er schon erwartet hatte. In Frugis Gegenwart hatten sich Gruß und Meldung verbessert. Allerdings wie es in den unteren Rängen aussah, bekam er nicht mit. Wie er aber schon immer vermutet hatte, bekam der Claudier mehr mit, als sie alle dachten.

    Wenn er so zurückdachte, hatte sich sich das Verhalten innerhalb der CU schon verändert. In der Legio II, in der einige Jahre gedient hatte, gab es solches Fehlverhalten nicht. Es musste er keiner auf exakte Gruß- oder Meldehaltung hingewiesen werden. Genauso wenig war es undenkbar, wie es hier seit neuestem immer wieder zu beobachten war, ein mürrisches Auftreten und Verhalten bei dem Erhalt eines Befehls. Schon gar nicht dem obersten Vertreter des Kaisers gegenüber. Das war nun einmal der Praefectus Claudius Menecrates. Auch wenn einem seine Person nicht gefiel oder er anderer Ansicht war. Keinem wäre es in den Sinn gekommen sich so gegenüber dem Imperator zu verhalten.

    Pinus, mein Vertreter im Officium, dachte der Octavier plötzlich, der hatte auch so eine lässige, alles nicht so ernst nehmende Haltung. Ihn musste er sich unbedingt vornehmen. Jetzt aber beobachtete erst einmal
    was weiter geschah.

  • Lurcos Wissensstand war, dass die Vitis als Rangabzeichen neben dem Helm mit quergestellten Federbusch bei den Centurionen als Erkennungszeichen diente. Beides wurde oft auf Grabsteinen jener Männer verewigt. Einfache Waffen hielten auf Grabsteinen keinen Einzug.


    Aber was sollte er über Allgemeinwissen diskutieren? Dies war keine Diskussionsrunde, sondern sein Vorgesetzter hatte eine Frage gestellt und eine entsprechende Antwort erwartet. Nach einer Erläuterung seiner Antwort wurde nicht gefragt, also hatte er keine zu geben. Das gab nur böses Blut und möglicherweise wurde es bei den Cohortes Urbanae mit der Vitis anders gehandhabt als in der restlichen Legion. Das war möglich und damit wären beide Informationen korrekt.


    "Die Vitis wird als Schlagstock bei leichten, personenbezogenen Strafen genutzt", antwortete Lurco.





    Sim-Off: Wissenshintergrund zur Vitis, an den ich mich orientiert habe:

    https://de.wikipedia.org/w/ind…itle=Vitis_(Rangabzeichen)

  • Menecrates nickte. Er hatte nach dem Zweck gefragt, warum ein Centurio die Vitis als Ausrüstungsgegenstand erhält, und den hatte er jetzt gehört. "Richtig, und zu den leichten Strafen gehört bereits, wer seine Tunika schief zusammenlegt, seine Ausrüstung nicht täglich poliert oder beim Sport hinter die Kameraden zurückfällt."

    Der Präfekt ging einige Schritte weiter und hielt vor einem Soldaten aus der benachbarten Kohorte.


    "State! Welche Strafe steht auf Wachvergehen, Miles?"

  • "Bei Wachvergehen tritt sogleich das Standgericht der Offiziere zusammen, und wenn der Betroffene verurteilt wird, ist die Strafe das Schlagen mit Stöcken, das folgendermaßen vollzogen wird: Der Offizier nimmt einen Holzstock und berührt damit den Verurteilten nur eben."

    Bei Pinus schrillten die Alarmglocken, während er automatisch die Frage beantwortete. Hatte er sich etwas zu Schulden kommen lassen? Warum stellte der Praefect ausgerechnet ihm die Frage. Ehrlich mit sich selber, wollte er gerade nicht sein. Kein gutes Ergebnis käme da zustande. So eine Wache gab einem oft ein Gefühl der Macht.

  • Der Miles Canutius verstummte, aber Menecrates fand nicht sofort Worte, denn er sortierte noch das soeben Gehörte. Verschiedene Szenarien schienen sich bei der an sich richtigen Aussage zu vermischen, oder Menecrates zählte wieder einmal Erbsen. Er schien dazu zu neigen. Würde er das Pingelige aufgeben, verlöre er seinen Ruf. Manchmal allerdings musste er über sich selbst schmunzeln, aber zum Kopfschütteln über sich selbst reichte die Einsicht nicht.

    "Das Schlagen mit Stöcken, Miles, reicht bei einem Wachvergehen nicht. Vielleicht meinst du aber erschlagen - ob nun mit Stöcken oder Steinen. Zum Berühren eines Todeskandidaten mittels Stock gibt es noch ein weiteres Szenario."


    Der Präfekt trat zwei Schritte zurück, weil er weithin gehört werden, aber gleichzeitig das Trommelfell des vor ihm stehen Miles schonen wollte.

    "Unter einem Wachvergehen verstehen wir einen Fehler, der andere Soldaten - im schlimmsten Fall die gesamte Einheit - in Gefahr bringt. Nickt jemand während seiner Wache ein, ist er des Todes, denn die Verhängung des Urteils durch den Kaiser ist

    nur noch eine Formsache. Jedem, der hofft, ein milderes Urteil zu erhalten, wie es dies unter manchem Kaiser bereits gegeben hat, sei gesagt, dass ich bei Wachvergehen für die Durchsetzung rigoroser Strafen bin. Die Wache ist nicht nur das Aushängeschild einer Einheit, sie ist auch deren Lebensversicherung, und ich werde nicht dulden, dass lascher Wachdienst Soldatenleben gefährdet."


    Er ließ die Worte wirken, bevor er nicht minder laut fortfuhr.

    "Wir hoffen auf eine Zukunft ohne Aufstände und Bürgerkriege, aber nur für den Fall der Fälle sei heute gesagt, Feigheit oder Meuterei wird ebenfalls mit dem Tode bestraft. Bei der Auswahl des Todeskandidaten kann sich dann niemand sicher sein, denn es wird exemplarisch ausgewählt." Er wandte sich in normaler Lautstärke an Pinus. "An dieser Stelle deutet der Offizier willkürlich auf irgendjemand aus der Einheit, den er mittels Stock berührt. Er trifft so die Auswahl. Die Strafe selbst, na, du kennst sie."

    Sein Blick glitt über die Männer dieser Centurie, dann ging er weiter und hielt bei der nächsten an.

    "Was gehört zur Abwicklung am Wachtor und was nicht?"

  • Der Miles, auf dessen Gesicht Menecrates Blick lag, nahm Haltung an. Vortreten brauchte er nicht, denn es wurde nicht verlangt.

    "Die Wache prüft bei jeder Person, ob ein berechtigter Zutritt auf das zu schützende Gelände vorliegt oder nicht. Dazu werden die Personalien erfragt und später ins Wachbuch eingetragen. Mitgeführte Dokumente werden auf Gültigkeit kontrolliert. Unberechtigte Personen werden abgewiesen. Gäste werden entweder zur Zielperson geleitet oder müssen am Wachtor abgeholt werden. Angehörige der Einheit dürfen passieren." Den Zweck der Prozedur sollte er nicht benennen, aber vermutlich wusste jeder auch ohne Aufzählung, dass es um die Abwehr von Spionage und Sabotage sowie das Fernhalten von Unbefugten ging.

    Der zweite Teil der Frage erschien dem Miles schwieriger zu beantworten, weil die Auflistung kein Ende kannte, würde er damit beginnen. Er sparte sich daher mögliche Beispiele und antwortete allgemein. "Alles, was keiner soldatischen Ordnung entspricht, gehört nicht zur Abwicklung am Wachtor."


    Der Präfekt nickte und sein Blick wanderte zu anderen Soldaten, bevor er laut vernehmlich ergänzte. "Der soldatischen Ordnung entspricht es beispielsweise nicht, Privatgespäche am Tor zu führen, Witze zu reißen oder Pförtner zu spielen statt Wache zu zelebrieren." Er schritt Richtung Mitte des Exerzierplatzes, baute sich dort noch einmal auf und fügte brüllend an: "WIR halten die Wache bei der Castra Praetoria. WIR schützen über unsere Männer hinaus auch Prätorianer, denen wir keinen Grund geben,uns Nachlässigkeit vorzuwerfen.

    Einst stellte unsere Einheit die Rekrutierungsbasis für die Garde dar. Heute können wir uns bestenfalls einreden, dass von uns nicht rekrutiert wird, weil wir selbst aufstocken müssen. Ich erwarte Disziplin! Ich erwarte soldatische Ordnung! Ich erwarte Ernsthaftigkeit im Dienst! Andernfalls hagelt es zukünftig Degradierungen, oder auch Versetzungen in abgelegene Provinzen!"


    Er hielt den Blick für Momente, dann wandte er sich Richtung Podest, erklomm die Stufen und nahm seinen Platz zwischen Tribun Pegasus und Cornicularius Frugi ein. Ein Nicken wies den Tribun an, den Abmarsch der Truppe einzuleiten.

    "MILITES STATE! ABITE!"

    Um einen geordneten Abmarsch zu gewährleisten, übernahmen die Centuriones das Kommando, gaben den Gleichschritt, den Losmarsch und den Richtungsschwenk vor.


    Der Präfekt erwiderte den Gruß des Tribun Pegasus, der daraufhin das Podest verließ, und verblieb mit seinem Cornicularius an Ort und Stelle. Sein Blick prüfte die Marschformationen.

  • Nachdem sich der Platz gelehrt hatte, wandte sich Menecrates an seinen Cornicularius.

    "Naaa? Was machen wir sonst um diese frühe Stunde?" Ein Lächeln umspielte seine Lippen, obwohl ihm die Verärgerung über die angesprochene lasche Dienstausübung noch in den Knochen steckte. Er musste den Ballast loswerden, um die anstehenden Arbeiten gut erledigen zu können.

  • Octavius war ein wenig verwirrt und schaute den Praefectus bestimmt genauso an. „Aber wir sind doch immer zu dieser Stunde auf dem Exerzierplatz und verrichten dort mit dir unser tägliches Pensum.“

    War das jetzt die Antwort die erwartet wurde oder betraf die Frage eine noch frühere Zeit? Woher weiß er, dass ich dann schon auf und unterwegs bin? Jetzt war Frugi schon sehr verwundert. „Nun ja ich genieße gerne die frühe Stunde. Viele schlafen dann noch und die ersten machen sich für den Tag und den Dienstbereit," redete er weiter. "Es geht doch nichts über den Thermen Besuch zu dieser Zeit. Dort genieße ich die Ruhe und das erfrischende Bad im Kaltwasserbecken. Es bleibt mir außerdem keine Zeit nach dem exerzieren, das Officium muss schließlich besetzt sein." Hoffentlich klang das jetzt nicht vorwurfsvoll? Es ist der normale Tagesablauf, alle müssen danach ihren täglichen Dienst verrichten, spann er seine Gedanken weiter.

  • Das Lächeln blieb, bis er antwortete: "So ist es, Octavius, um diese Stunde halten wir uns in Form. Wir haben gerade viel zu lange faul rumgestanden, also ran an die körperliche Ertüchtigung!" Er machte eine einladende Bewegung mit dem Kopf, bevor er sich an Octavius vorbeischlängelte, was nach dem Abtreten der Mannschaften kein Problem für ihn darstellte. Den Platz zum bequemen Vorbeigehen einzufordern, gehörte nicht zu seiner privaten Umgangsform. Menecrates sah sich nicht als Kaiser seiner Untergebenen und er benötigte keine Machtdemonstration, um sich gut zu fühlen. Einzig bei Schlamperei und Gammelei griff er unerbittlich durch.


    Der Claudier stieg die Stufen hinab und wandte den Kopf. "Ich habe etliche Jahre mehr auf dem Buckel als du, also rechtfertigt das den Vorsprung. Ich lauf los und du holst mich ein." Leicht würde der Präfekt es dem Jüngeren nicht machen, denn der Ehrgeiz war mit dem Alter nur unbedeutend weniger geworden. Er lief los und legte zunächst ein moderates Tempo vor. Er schonte die Reserven, um Frugi nicht allzu schnell an sich vorbeizulassen.

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