Der Wildgarten der Villa Duccia

  • Hinter der Villa war naturbelassene Teil des Latifundiums angelegt worden: der Wildgarten. Dieser stellte nicht nur einen Ort der Erholung dar, sondern bildete auch das rituelle Zentrum der Wolfrikssippe, deren Mitglieder immer noch oft ihren germanischen Riten folgten, die sie hier ausübten. Im Mittelpunkt des Wildgartens lag ein Weiher, über einen kleinen Wasserfall gespeist von dem Bach, der das Grundstück durchfloss, der Heimat mehrerer heimischer Fischarten war.

  • Mit langen Schritten ging Hadamar zu dem Teich, der im Wildgarten lag. Auch hier war alles leicht mit Schnee überzogen, wenig, aber genug, dass er ganz leicht unter seinen Schritten knirschte. Am Teich angekommen, hielt er für einen Moment inne. Das Gewässer war noch nicht komplett von einer Eisschicht überzogen, aber am Rand, dort, was das Wasser seicht war, hatte sich bereits eine dünne, glitzernde Fläche gebildet, die mit den kommenden Tagen und Wochen beständig nach innen und unten wachsen würde.


    Hadamar holte tief Luft, so tief, dass es beinahe einem Seufzer glich, als er die Luft langsam wieder ausließ. Das Fest war schön, absolut. Es tat gut, Gäste hier in der Villa zu sehen, so wie früher. Es tat gut, mal wieder mit vielen Menschen zu feiern. Gleichzeitig hatte er aber auch den ganzen Abend nie komplett das Gefühl abschütteln können, das etwas nicht so ganz... passte. Dabei wusste er noch nicht mal sicher, woran es genau lag: daran, dass er es einfach nicht mehr gewohnt war nach den vergangenen Jahren, Jul nicht alleine, sondern überhaupt mit anderen zu feiern – oder nicht doch eher daran, dass einfach ein paar Menschen fehlten, die hier sein sollten. Dass er an diesem Abend mehr als einmal als der Gastgeber benannt worden war, vornehmlich von den Angehörigen des Exercitus, mit denen er ins Gespräch gekommen war, hatte es nicht gerade besser gemacht. Als er sich von Eldrid, Witjon und Audaod vor Jahren verabschiedet hatte, war er felsenfest davon ausgegangen, sie wiederzusehen. Und Alrik könnte er zwar wiedersehen, es wären ja nur ein paar Schritte ins Haus hinein zu dem Krankenzimmer, in dem er lag, aber... wirklich da war auch er nicht. Das erste Samhain, nachdem im vergangenen Jahr gleich drei Duccii gestorben waren, hatte bei ihm schon einiges aufgewirbelt, jetzt hier zu sein, in der Villa Duccia, bei einem Fest, ohne sie, das... nun ja. Anders gesagt: er war gerade froh, dass er im Castellum lebte und hier nur hin und wieder zu Besuch war. Es war einfacher, alles einfach irgendwo in sich zu vergraben und den Deckel draufzumachen, wenn er nicht ständig an dem Ort war, an dem an allen Ecken und Enden Erinnerungen lauerten. Er fragte sich, wie die anderen das machten, und wollte es dann doch im Grunde gar nicht wissen.


    Das jedenfalls, dieses ganz leichte Unwohlsein, hatte dazu geführt, dass er mal ein paar Momente für sich brauchte, abseits der Menge, und weshalb er sich in einem passenden Augenblick unauffällig entfernt hatte, um im Garten ein bisschen für sich sein zu können. Mit einem diesmal tatsächlichen Seufzen ging er in die Hocke und tastete mit den Fingern nach den Steinen, die am Ufer verstreut lagen, bis er zwei, drei gefunden hatte, die flach genug waren, dass man sie über das Wasser flitzen lassen konnte, als er hinter sich jemanden kommen hörte. Der jahrelange Dienst in der Legio hatte dazu geführt, dass er diesen Teil, der immer und stets aufmerksam und selbst im Schlaf noch wachsam war, auch an einem Abend wie diesem hier nicht abstellen konnte, und so bemerkte er das leichte Knirschen des Schnees recht früh. Aufmerksam sah er in die Richtung, aus der er die Schritte hörte, während er sich langsam wieder aufrichtete.

  • Eigentlich hatte Octavena die Saturnalienfeier in der Villa dieses Jahr bisher wirklich genossen. Es gefiel ihr, das Haus voller Leute zu haben, und abgesehen von ein paar Ausnahmen, die sich nie ganz vermeiden ließen, hatte sie sich auch gefreut, eine ganze Reihe Leute wiederzusehen, die sie länger nicht mehr getroffen hatte. Selbst die vereinzelten Beileidsbekundungen, die ihr noch immer ab und zu von dem einen oder anderen Gast ausgesprochen wurden, hatten ihre Stimmung nicht trüben können. Sie hatte sich vorgenommen, diesen Abend zu genießen und stur, wie sie sein konnte, tat sie das dann auch. Aber dann hatte sie irgendwann einen Moment innegehalten, um ihren Blick ein weiteres Mal über die Gäste gleiten zu lassen, und hatte mit einem Mal doch wieder auf eine Weise an Witjon denken müssen, die ihr dann doch einen Stich versetzt hatte. Dieses Fest hätte ihm gefallen. Zu sehen, wie Familie und Freunde versammelt waren, lachten und tranken, das wäre genau in seinem Sinn gewesen. Und nur für den Bruchteil einer Sekunde wäre es so leicht gewesen, sich vorzustellen, dass er doch noch im nächsten Moment um die Ecke kam und sich unter die Gäste mischte. Das war albern und müßig, das wusste Octavena, aber noch in dem Augenblick, in dem ihr der Gedanke durch den Kopf geschossen war, hatte sie wieder ein tiefes Gefühl von Wehmut in sich aufsteigen fühlen. Dabei hatte sie sich das wahrscheinlich einfach nur sich selbst zuzuschreiben. Sie hatte zu sehr versucht, es zu forcieren, zu viel von sich verlangt, als sie versucht hatte, sich heute Abend ihre eigenen Sorgen ein Stück weit selbst zu verbieten. Natürlich war klar gewesen, dass sich das früher oder später rächen würde, selbst wenn es nur in Form dieser merkwürdigen Melancholie war, die ihr in den letzten Monaten nur allzu vertraut geworden war. Und gerade weil ihr dieses Gefühl inzwischen so vertraut war, wusste sie auch sehr genau, dass diese Stimmung das letzte war, was auf die Feier heute Abend gehörte. Das war ihr Problem und damit würde sie ganz sicher niemandem die gute Laune verderben. Am allerwenigsten ihren Kindern und dem Rest der Familie, die sich alle diesen schönen Abend genauso sehr wie sie verdient hatten.


    Statt also zu versuchen, diesen Moment der Melancholie einfach wegzulächeln, wie sie es sonst manchmal tat, hatte Octavena sich entschuldigt, um sich ein zusätzliches Tuch gegen die Kälte aus dem Haus zu holen und war dann statt zu den Feiernden zurückzukehren in Richtung Garten verschwunden. Die Ruhe dort erschien ihr gerade genau richtig, um ihre Gedanken wieder zu sammeln und sich dann wieder unter die Gäste zu mischen, ehe jemand ihre Abwesenheit bemerken würde. Tatsächlich fühlte sie sich schon in der Sekunde ein wenig besser, als sie in sicherer Entfernung vom Haus das erste Mal zum Stehen kam und innehielt, um einmal tief ein und auszuatmen. Eigentlich war es für Octavenas Geschmack viel zu kalt, wie immer während dieser verfluchten germanischen Winter, mit denen sie sich einfach nicht anfreunden konnte, aber die kühle Luft genauso wie die Einsamkeit des Gartens sorgten trotzdem dafür, dass sie sich direkt wieder etwas entspannte. Nur dass sie schon im nächsten Moment feststellte, dass sie eben nicht allein war. Eine Gestalt kauerte weiter vorne am Teich und kurz runzelte Octavena die Stirn bis sie die Silhouette schließlich erkannte. Hadamar. Sie wusste nicht so richtig, warum, aber irgendwie war das niemand, den sie gerade jetzt hier erwartet hätte. Andererseits hatte sie ohnehin nicht damit gerechnet, irgendwem hier draußen zu begegnen, von daher hieß das vermutlich nicht viel. Einen Augenblick lang überlegte sie, einfach wieder kehrt zu machen, und ihn in Ruhe zu lassen - wahrscheinlich war er ja mit einem ähnlichen Gedanken wie sie hierhergekommen - doch dann richtete er sich auf und ihr wurde klar, dass er sie ohnehin schon bemerkt hatte, und sie verwarf die Idee direkt wieder.


    "Ich bin also doch nicht die Einzige, die es gerade von der Feier wegzieht." Octavena lächelte ein wenig schief, als sie langsam näher trat, und zog sich dabei ihr Tuch etwas enger um die Schultern. "Hast du genug vom Trubel?"

  • Seine Finger spielten leicht mit den zwei Steinen, die er schon aufgehoben gehabt hatte, drehten sie leicht hin und her und strichen über die kalte, glatte Oberfläche, während er darauf wartete, dass die Gestalt sich näherte. Die Silhouette war die einer Frau, mehr konnte er noch nicht ausmachen gegen den Widerschein der Lichter, die vom vorderen Eingang der Villa kamen. Für einen Augenblick schien es ihm, als zögere sie, als würde sie gleich wieder umdrehen und gehen, und so beschloss er erst mal nichts zu sagen – wer auch immer hierher kam, während das Julfest vorne noch in vollem Gang war, hatte seinen Grund, und der war höchstwahrscheinlich: ein bisschen Abstand. Ein bisschen Ruhe. Er war sich selbst unsicher, ob er was dagegen hatte oder nicht, wenn sich jetzt jemand zu ihm gesellte, und die Person wollte es vielleicht definitiv nicht. Wenn er jetzt aber etwas sagte, dann gebot es die Höflichkeit, dass sie zumindest auf ein paar Worte kam, und die Entscheidung wollte er ihr überlassen.


    Am Ende kam sie dann doch – und entpuppte sich als Octavena. Hadamar lächelte leicht, als er sie erkannte. „Nein, offenbar nicht.“ Es war nicht unbedingt überraschend, dass sie das Bedürfnis hatte sich zurückzuziehen. Sie alle hatten unter den Verlusten zu leiden, die sie getroffen hatten. Dagny merkte er es noch am ehesten an, bei Octavena war es eher so, dass er es sich denken konnte – Dagmar dagegen war noch weit zurückgezogener als er es in Erinnerung hatte, und seine Brüder... die schienen sich in Arbeit zu vergraben, und er argwöhnte, dass auch das eine Reaktion auf die Verluste war.


    „Ja... naja.“ Er versuchte sich an einem Grinsen, aber es wurde schief, und verblasste recht schnell wieder. „Es ist seltsam. Ich hab die letzten Jahre jedes unserer traditionellen Feste allein, oder höchstens mit Tariq, gefeiert. Und gerade bei Festen wie Jul, die dafür gedacht sind sie in großer Runde gemeinsam zu feiern, war es jedes Mal so... merkwürdig, allein zu sein. Und jetzt, wo ich bei so nem Fest endlich nicht mehr allein bin, und auch nicht mehr in der Fremde, ist es... immer noch merkwürdig.“ Er zuckte etwas hilflos die Achseln. „Ich bin’s scheint’s nicht mehr gewöhnt.“ Und es fehlten Menschen. Hadamar schloss kurz die Augen, wandte sich dann zu dem Weiher und ließ einen Stein über die Wasseroberfläche flippen. Er versuchte ihm mit dem Blick zu folgen, aber es war bei weitem nicht genug Licht da um zu sehen, wie oft er aufsprang, bevor er schließlich versank. „Und es fehlen einfach ein paar“, murmelte er, fast ohne es zu wollen, räusperte sich dann und sah wieder zu Octavena. Sie zu fragen, ob sie umgekehrt auch genug hatte, war ein Fettnäpfchen, das sogar er auf Anhieb sah. Stattdessen versicherte er also, weil er ja wusste, dass sie den größten Anteil an der Organisation gehabt hatte: „Aber es ist wirklich eine schöne Feier. Da passt alles, das hast du toll gemacht.“

  • Das Gefühl der Überforderung bei so vielen Menschen konnte Octavena wenigstens vage nachvollziehen. Oder wenigstens leuchtete es ihr ein, gerade vor dem Hintergrund, dass sie selbst, die sie vor ihrer Heirat nie viel Familie gehabt oder in einem wirklich großen Haushalt gelebt hatte, ein wenig gebraucht hatte, bis sie sich richtig an diese Feiern gewöhnt hatte. Auch wenn beides nicht ganz vergleichbar war, was ein Grund war, warum sie sich hütete, die Bemerkung mit mehr als einem langsamen Nicken zu kommentieren statt eine letztlich doch inhaltsleere Antwort zu geben, die am Ende nur einen wunden Punkt traf. Der andere Grund war der, den Hadamar im nächsten Moment auch schon selbst aussprach. Dass zwischen seinem Fortgang und seiner Rückkehr die Familie eben gleich mehrere ihrer Mitglieder verloren hatte. Für Octavena mochte Witjons Tod der sein, der am schwersten wog, aber sie war nicht naiv oder blind genug, um nicht zu sehen, dass sie definitiv nicht die Einzige war, die noch immer an ihrer Trauer zu knabbern hatte.


    Bei dem Kompliment über die Feier dagegen lachte Octavena dann leise. "Danke", erwiderte sie und nun zuckte doch ein ehrlich selbstironisches Lächeln um ihre Mundwinkel. "Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das wirklich so sehr meine Leistung war oder ob ich nur alle anderen verrückt gemacht habe, aber es freut mich, dass dir das Ergebnis gefällt." Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, so zu tun, als ob ihr nicht klar war, dass sie es bei den Vorbereitungen wenigstens teilweise übertrieben hatte. Es war es ohnehin gut möglich, dass seine Geschwister ihm längst gesteckt hatten, dass Octavena sie zum Teil ziemlich herumgescheucht hatte. Oder es wenigstens versucht hatte. Außerdem war dieses Fest auch vollkommen unabhängig davon wirklich nicht allein Octavenas Leistung. So wie Weniges seit dem Frühjahr allein ihre Leistung war. Und langsam, aber sicher kam sie auch an den Punkt, an dem sie damit ihren Frieden machte, ganz egal, wie schwer ihr das manchmal gefallen war und noch immer fiel. Wenigstens bei manchen Dingen. "Aber es ist schön, mal wieder so viele Gäste hier zu haben. Dafür war es wirklich mal wieder Zeit." Sie seufzte tief und verzog kurz das Gesicht, entschied sich dann aber dazu, nicht künstlich um den heißen Brei herumzureden. Es brachte ja doch nichts, die Tatsachen kaschieren zu wollen, wenn sie so offensichtlich auf der Hand lagen. "Es war eben kein einfaches Jahr. Für keinen von uns. Endlich mal wieder ein großes Fest zu feiern, tut da glaube ich uns allen ganz gut." Nun war sie es, die einen Moment lang auf den Teich vor ihnen starrte, teilweise, weil es einfacher war, über diese Dinge zu reden, wenn sie niemanden direkt ansah. "Irgendwie und irgendwann muss es ja doch weitergehen."


    Octavena meinte das auch genau so, wie sie es sagte. Wenn es etwas gab, das sie über die Jahre gelernt hatte, dann das, dass das Leben immer unaufhaltsam fortlief, im Guten wie im Schlechten. Und so wie bald die Tage wieder länger und die Nächte kürzer werden würden, so würde Octavena sich auch wieder fangen, genauso wie alle anderen auch. Zumindest glaubte sie das. Ein bisschen war sie selbst ohnehin schon dabei, auch wenn das noch Zeit brauchen würde. Aber früher oder später würden auf die Toten auch wieder Hochzeiten und Geburten und alles Mögliche an anderen schönen Ereignissen folgen. So wie immer. Bei dem Gedanken musste sie wieder lächeln und drehte dann den Kopf, um Hadamar anzusehen. "Tariq ist übrigens ein lieber Junge", wechselte sie dann das Thema, weg von den Toten und hin zu den Lebenden. "Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich ganz verstehe, wie du ihn eingesammelt und davon überzeugt hast, nach Germanien zu kommen, aber Farold ist absolut begeistert von ihm." Ihr Tonfall, als sie das sagte, war ehrlich amüsiert, aber dahinter verbarg sich genauso ehrliche Erleichterung. Wie immer, wenn sie daran erinnert wurde, wie ungefiltert neugierig und begeistert ihr Sohn sein konnte. Und wer es schaffte, diese Begeisterung bei Farold - oder Ildrun, aber die ließ sich inzwischen nicht mehr so leicht um den Finger wickeln wie ihr Bruder - auslösen konnte, der hatte sowieso auch bei Octavena einen Stein im Brett.

  • Hadamar stimmte in ihr leises Lachen mit ein. „Selbst wenn du alle verrückt gemacht hast, es hat funktioniert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Manchmal muss man dafür einfach alles rausholen was man hat.“ Was bei solchen Festen in der Regel ja immer gemacht wurde – und was einer der Gründe war, warum Hadamar ganz froh war, mit seinem Dienst in der Legio die perfekte Ausrede zu haben, leider, leider nicht mitmachen zu können. Es war nicht – mehr – die Arbeit, die er scheute, sondern das gefühlte Hin und Her, das mit der Organisation solcher Feiern oft einher ging, zumindest so wie er sich daran erinnerte. Heute war ihm klar, dass zumindest ein Teil daran lag, dass sich während der Organisation auch die Planung weiter entwickelte, und man dann einfach umdisponieren musste, aber früher war ihm das einfach nur auf die Nerven gegangen. Vor allem, wenn man bereits etwas erledigt hatte, was dann doch anders gemacht werden sollte. Wie das für das heutige Julfest gewesen war, konnte er nicht beurteilen, aber wenn Octavena selbst schon andeutete vielleicht etwas übertrieben zu haben, dann war er erst recht froh, außen vor gewesen zu sein. Aber wie er gesagt hatte: das Ergebnis konnte sich sehen lassen.


    „Ja“, meinte Hadamar schlicht bei ihren folgenden Worten, und das konnte er auch aus vollem Herzen. Es mochte ihm im Moment ein bisschen zu viel sein, all die Leute, aber grundsätzlich fand er es sehr schön, endlich wieder hier und mit Leuten zu feiern. „Es tut mir leid, dass ich nicht da war. Es gibt wahrscheinlich nichts, was ich hätte tun können, aber...“ Er zuckte etwas hilflos mit den Achseln. Er wusste selbst, dass er keine Möglichkeit gehabt hatte. Trotzdem wäre er gern hier gewesen, genauso wie er gern in Rom bei seiner Schwester gewesen wäre. Er warf Octavena einen Blick von der Seite zu und sah, wie sie auf den Weiher starrte, und für einen Moment hatte er den Impuls, sie zu berühren, und sei es nur mit einer Hand auf der Schulter, um sie zu trösten. Aber er tat es nicht. Er war sich nicht sicher, ob es richtig wäre. Ob sie das überhaupt wollte. Er war nicht nur das letzte Jahr fortgewesen, sondern jahrelang, und hier angekommen musste er erst mal seinen Platz innerhalb des Familiengefüges wieder finden. Neu finden, eigentlich, denn dass es nicht derselbe war, den er vor Jahren gehabt hatte, das war so ziemlich das einzige, was er mit Sicherheit sagen konnte. Und dann war da immer noch diese leise Stimme in ihm, die sagte, dass es sich nicht gehörte. Weil ein Teil von ihm immer noch an ihr erstes Treffen dachte. Er räusperte sich. „Aber du hast Recht. Ich hab zumindest den Eindruck, dass es allen ganz gut tut. Und was wäre besser geeignet als Jul, wenn die Tage wieder länger werden, um es weitergehen zu lassen?“


    Den Themenwechsel nahm er dankbar an – auch wenn sie gerade davon gesprochen hatten, dass es weitergehen musste und sollte, fiel ihm das im Moment nicht ganz leicht. Was nicht zuletzt daran lag, dass er das letzte Jahr im Grunde damit verbracht hatte, den Verlust einfach zu verdrängen, was zugegebenermaßen auch recht simpel gewesen war, so fern von allem. Erst Samhain hatte das geändert... und jetzt wieder in der Heimat zu sein sorgte dafür, dass er sich umso schwerer dagegen wehren konnte, jedenfalls wenn er hier war, in der Villa Duccia. „Wie ich ihn eingesammelt hab...“ Er lachte erneut leise, und freute sich, dass Octavena und Farold Tariq zu mögen schienen. „Ich hab ihn vor... vier, fünf Jahren oder so kennengelernt, ich war noch nicht allzu lange in Cappadocia. Ich musste nach Caesarea, hatte was zu erledigen, und da... war er. Straßenjunge, hatte keine Eltern, keinen der sich um ihn gekümmert hat, ich meine: richtig gekümmert, ohne Hintergedanken, ohne ihn auszunutzen.“ Mehr als so anzudeuten, dass Tariq gestohlen hatte damals, war unnötig, fand er. Es war Vergangenheit, und zudem war es nicht Tariqs Schuld gewesen. Erwachsene hatten ihn auf Diebeszüge geschickt. Er hatte nur versucht zu überleben. „Ich kann dir nicht mal sagen, warum ich ihn mitgenommen hab.“ Da war die Angst, die Verzweiflung in Tariqs Blick gewesen. Dazu eine Art von... Ergebenheit in sein Schicksal, so als wäre das etwas, womit er sich schon länger abgefunden hatte, dass sein Leben diese Wendung nehmen würde. Das bei einem Jungen zu sehen, der damals durch Unterernährung und das Leben auf der Straße so aussah als hätte er noch nicht die etwa zwölf Sommer gesehen, die er wohl schon erlebt hatte, hatte etwas gerührt in Hadamar, etwas, das vernehmlich in ihm kundzutun begann, dass das einfach falsch war. Dass ein Kind, das keine Wahl hatte, so was nicht verdient hatte. Und zugleich war da dieser Mut, einen Centurio beklauen zu wollen. Diese Dreistigkeit, in der er sich selbst wieder erkannte, auch wenn der Straßenjunge von damals kaum sonst was gemein hatte mit dem Jungen, der er selbst gewesen war. Und dann war da noch die Tatsache, dass dem Kleinen eine Lektion erteilt werden musste. Er hatte versucht einen Centurio zu beklauen, da musste eine Reaktion erfolgen, schon aus Prinzip. „Es hat nicht den einen Grund gegeben, da hat mehr zusammengespielt. Ich hab ihn jedenfalls mitgenommen, hab ihn bei einem Freund in Satala untergebracht, hab mich um ihn gekümmert. Und er ist geblieben.“ Jetzt lächelte Hadamar ein bisschen versonnen. „Und als ich ihn gefragt hab, ob er mitkommt, hat er ja gesagt.“ Gefragt. Gefragt war eigentlich das falsche Wort. Er hatte nicht wirklich gefragt, er hatte ihm an den Kopf geklatscht, dass er wollte Tariq solle mit nach Germanien. Hadamar musste lachen. „Ehrlich gesagt war’s weniger eine Frage, mehr eine Aufforderung. Ich wollte, dass er mitkommt, und ich war verdammt froh, dass er auch mitkommen wollte. Er ist so was wie ein kleiner Bruder geworden für mich, ich hätt ihn ungern allein zurückgelassen. Es freut mich wahnsinnig, dass ihr ihn so aufgenommen habt.“

  • "Das ehrt dich", erwiderte Octavena sanft, als Hadamar sich entschuldigte, nicht da gewesen zu sein, und warf ihm ein kleines, aber ehrlich gemeintes Lächeln zu. Er hatte natürlich recht, dass es ziemlich sicher nichts gegeben hätte, was er hätte tun können, und tatsächlich war seine Abwesenheit ja auch nicht einmal seine Schuld gewesen. Trotzdem hatten seine Worte etwas überraschend Tröstliches. Vielleicht auch nur, weil nach den Beileidsbekundungen der letzten Monate jemand stattdessen wenigstens sagte, dass er gerne etwas getan hätte, statt sie nur mit diesem nett gemeinten, mitleidigen Blick zu bedenken, den sie inzwischen fast schon hasste. Weil er für Octavena immer wenigstens implizierte, dass sie hilflos war. Und ganz egal, wie viel ihr in den letzten Monaten immer wieder entglitten war und wie viele Baustellen sie nach wie vor noch nicht einmal angeschaut hatte: Hilflos war sie nicht. Sie hatte viel mehr in den letzten Monaten einfach stur weitergemacht und dabei mehr als eine bittere Pille still geschluckt. Weil andere sich auf sie verlassen und sie gebraucht hatten, allen voran ihre Kinder. Sie hatte sich durch das alles sicher nicht durchgebissen, um dann als hilflos angesehen zu werden, nur weil ihr Mann tot war. "Und wir kommen alle schon wieder richtig auf die Füße. Manches braucht einfach Zeit."


    Als Hadamar von Tariq erzählte, verwandelte sich das Lächeln, das sich vorher schon auf Octavenas Lippen ausgebreitet hatte, nun in ein maximal halbherzig unterdrücktes Grinsen. Man merkte ihm an, dass er sehr an dem Jungen hing, und Octavena stellte fest, dass sie fand, dass ihm das Verantwortungsbewusstsein, das da durchschimmerte, gut zu Gesicht stand. Eigentlich war es absurd, aber es machte ihr in diesem Moment zugleich zum ersten Mal so richtig bewusst, wie lange er weg gewesen war. Nicht dass sie sich je nahe gestanden hätten, aber ein wenig verband sie mit Hadamar immer noch den jungen Kerl, den sie damals auf dem Markt getroffen hatte. Der zwar definitiv charmant und sehr gut darin gewesen war, sie um den Finger zu wickeln, der aber auch eigentlich vom ersten Moment an Ärger bedeutet hatte, auch wenn sie das in der Situation damals nicht begriffen hatte. Das war ihr erst viel später klar geworden, jung und naiv wie sie gewesen war, als sie damals in Mogontiacum angekommen war. Ihr eigener Horizont damals hatte im Grunde kaum mehr als drei Schritte weiter gereicht, obwohl sie natürlich davon überzeugt gewesen war, dass das nicht stimmte. Für Octavena hatte sich das eigentlich erst so richtig mit Ildruns Geburt verändert, weil Ildrun alles verändert hatte, aber Hadamar jetzt dabei zuzuhören, wie er davon erzählte, dass er sich um Tariq gekümmert hatte, erinnerte sie auch ein wenig daran, dass sie nicht die Einzige war, die über die Jahre erwachsen geworden war.


    Sie stimmte leise in sein Lachen ein und zupfte erneut ihr Tuch wieder zurecht, dieses Mal aber nicht mehr gegen die Kälte oder aus einem Impuls heraus, sich wie zum Schutz selbst möglichst fest in den Stoff einzuwickeln, sondern einfach nur um es bequemer zu haben. "Ach, er hat es uns leicht gemacht, ihn aufzunehmen", erwiderte sie dann entspannt. "Er hat Farold auf dem richtigen Fuß erwischt, damit hatte er eigentlich schon fast gewonnen. Kinder machen es oft leichter, eine Verbindung zu den Erwachsenen um sie herum aufzubauen. Und ich bin ja selber nur froh, dass Farold Tariq mag und wieder jemanden mit seinen Fragen hat belagern können. Das tut ihm genauso gut und sonst gibt es hier selten noch irgendwen, dem er nicht schon tausend Löcher in den Bauch gefragt hat."

  • Es ehrte ihn, meinte sie. Hadamar sah sie mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck von der Seite an. Ehrte es ihn wirklich? Nur weil er da sein hatte wollen? Er konnte viel wollen, Fakt war: er war nicht da gewesen. Und er wusste nicht, ob er tatsächlich eine Hilfe gewesen wäre. Eine Stütze. Oh, sicher, das war das, was er gerne gewesen wäre, aber ob er das dann tatsächlich hätte sein können für sie, für Dagny, für die anderen... Hadamar seufzte lautlos. Da war immer noch sein Bild von sich selbst, in Bezug auf seine Familie, das so stark von früher geprägt war. Von jener Zeit, in der Witjon ihn Katastrophen-Duccier genannt hatte. Er war nicht mehr so, er übernahm Verantwortung, er tat das in der Legio Tag für Tag, seit Jahren schon – aber in Bezug auf hier, seine Familie, da war dieses Bild von früher einfach da, schier unumstößlich, und Hadamar zweifelte an sich selbst und daran, welchen Platz er in der Familie einnehmen sollte. Da waren die Erwartungen von außen, oder besser: diese Selbstverständlichkeit, mit der er beispielsweise heute als Gastgeber bezeichnet worden war, obwohl er das ja eigentlich nicht war. Da waren die Erwartungen von innen, von seiner Familie, von denen er keine Ahnung hatte, weil er nicht so recht wusste, was sie tatsächlich wollten oder erwarteten von ihm. Da war sein eigenes Gefühl, dass er mehr machen sollte, dem aber irgendwie das Bild querschoss, das er von sich selbst hatte. Denn das war ebenso da: das Gefühl, dass er wie früher, wie immer schon schlicht ungeeignet war Verantwortung zu übernehmen für die Familie. Die irgendwo tief in ihm lauernde Befürchtung, dass die anderen ihn perplex anstarren würden, wenn er das tatsächlich mal laut äußerte, oder noch schlimmer: lachen. Und da war das, was er selbst wollte, worüber er sich blöderweise auch noch nicht so recht im Klaren war. Da war gerade zu viel, was auf ihn eindrängte, um in all den Erwartungen und Befürchtungen das zu finden, was er tatsächlich wollte. Ob er beispielsweise Verantwortung für die Familie wirklich nicht übernehmen wollte – oder ob er das einfach nur glaubte, weil er meinte nicht der Richtige dafür zu sein. Denn helfen, das wollte er wiederum ja eigentlich schon. Kurzum: er wusste nicht, was er tun sollte. „Ja“, stimmte er Octavena also mit einem leichten, aber diesmal hörbaren Seufzen zu. „Manches braucht Zeit.“

    Tariq dann war ein wesentlich leichteres, angenehmeres Thema. Er bekam mit, wie Octavena anfing zu grinsen, und erwiderte es unwillkürlich, auch wenn er keine Ahnung hatte was genau sie zum Grinsen brachte. Vermutlich, weil es ungewohnt war, ihn überhaupt so reden zu hören – was wieder an seine Gedanken von gerade eben rührten, aber ihr Grinsen wirkte nicht so, als ob sie sich über ihn lustig machen wollte, sondern zwar amüsiert, aber freundlich. „Ich hab mir auch wenig Sorgen gemacht, ich mein, ich kenn ja euch, und ihn kenn ich jetzt auch lang genug. Ich hätt mich wahrscheinlich auch nicht so um ihn gekümmert, wenn er anders gewesen wär. Aber trotzdem...“ Er deutete ein Achselzucken an und lächelte verlegen. „Trotzdem freut es mich. Hätt ja trotz allem anders laufen können.“ Er schaute hinunter auf die flachen Steine, die er immer noch in der Hand hielt, und überlegte, ob er sie einfach fallen oder doch noch übers Wasser flitzen lassen sollte. „Ich schätz mal Tariq tut es auch gut, dass Farold ihn mag.“ Selbst dass er ihn mit Fragen löcherte wahrscheinlich – dass jemand etwas von einem brauchte oder sich interessierte, das tat einfach gut, und Tariq hatte in seinem Leben davon bisher herzlich wenig gehabt. „Wie geht es Farold? Und Ildrun?“

  • Kurz fragte Octavena sich, ob sie etwas Falsches gesagt hatte, als sie den Blick bemerkte, mit dem Hadamar sie bedachte und den sie nicht ganz zu deuten wusste. Sie hatte die Bemerkung tatsächlich so gemeint und nicht groß darüber nachgedacht, andererseits musste das ja nichts heißen, wenn sie am Ende anders bei ihm angekommen war. In jedem Fall bestätigte die Reaktion gemeinsam mit dem Seufzen, das er ausstieß, die Vermutung, die Octavena ohnehin schon gehabt hatte: Dass ihm scheinbar ganz genauso wie ihr ein paar Sorgen und Probleme durch den Kopf gingen, die ihre Zeit brauchen würden.


    Umso besser und vor allem unverfänglicher war es aber, das Thema zu wechseln. Gerade weil es deutlich angenehmer war, Hadamar zuzuhören, wie er über Tariq sprach, als weiter umeinander herumzutänzeln und zu versuchen, bloß nicht aus Versehen Wunden aufzureißen, von denen sie beide wussten, dass sie wahrscheinlich da waren, aber nicht wissen konnten, wo sie genau lagen. "Nein, ich verstehe schon, was du meinst", erwiderte Octavena noch immer schmunzelnd, auch wenn sie inzwischen ihre Züge wieder besser unter Kontrolle hatte als noch kurz vorher, schon um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie ihn auslachen wollte. "Man merkt dir an, dass Tariq dir wichtig ist und dass du dich für ihn verantwortlich fühlst. Da ergibt das nur Sinn."


    Als Hadamar sie dann nach ihren Kindern fragte, stieß Octavena einen tiefen Atemzug langsam aus und beobachtete dann, wie sich die kleine Wolke, die sich so vor ihrem Gesicht bildete, in Luft auflöste. Ein Teil der Antwort auf diese Frage war ein sehr leichtes Thema, der andere war … schwieriger. "Du hast ja Farold erlebt", begann sie schließlich und konnte trotz allem nicht anders als beim Gedanken an ihren Sohn breit zu lächeln. "Er ist munter wie eh und je. Ein Chaos auf zwei Beinen, immer neugierig und immer auf der Suche nach dem nächsten interessanten Unsinn, den er anstellen kann." Sie lachte und obwohl sie sich sicher war, dass ihr genau das, was sie gerade beschrieb, noch so manches graues Haar bescheren würde, konnte sie sich auch einen Anflug mütterlichen Stolzes nicht ganz verkneifen. "Und selbstverständlich hat er es astrein raus, wie er so unschuldig tun kann, dass ich mich schwertue ihm irgendetwas übelzunehmen." Sie lächelte einen kurzen Moment lang in sich hinein. Farold war der einfache Teil dieses Themas. Es war leicht, darüber zu reden, wie er sie auf Trab hielt, weil das bedeutete, dass es ihm gutging. Weil er sich trotz allem im vergangenen Jahr als viel zäher erwiesen hatte, als Octavena befürchtet hatte.

    "Ildrun dagegen …" Octavena seufzte. "Ildrun tut sich schwer. Sie vermisst Witjon und die letzten Monate waren deshalb hart für sie", gab sie dann zu. "Die beiden hatten eben immer ein enges Verhältnis und jetzt muss sie stattdessen mit mir Vorlieb nehmen." Ein leicht gequältes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, während sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte und dabei zu Boden blickte. "Das gefällt ihr nicht und wenn Ildrun etwas nicht gefällt, dann sperrt sie sich komplett dagegen. Oder versucht es wenigstens." Das war schon immer so gewesen. So sehr Octavena auch die Tage vermisste, als Ildrun sie noch an sich heran gelassen hatte - eigensinnig war ihre Tochter von dem Moment an gewesen, an dem sie auch nur ansatzweise einen eigenen Gedanken hatte fassen können. So sehr, dass das sogar von Zeit zu Zeit zu Spannungen zwischen ihren Eltern geführt hatte, weil Witjon seiner Tochter selten einen Wunsch hatte abschlagen können und das dann eher Octavena überlassen hatte. Und das wiederum hatte sie dann mehr als ein Mal die Wände rauf getrieben.

    Sie strich sich beiläufig eine Haarsträhne, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte, hinters Ohr und sah wieder auf. "Aber na ja … Im Grunde geht es beiden gut. Sie sind gesund und fegen hier eigentlich ständig wie ein Sturm übers Gelände. Ich mache mir natürlich wie immer Sorgen, aber das haben Mütter wohl einfach so an sich. Von daher kann ich mich wahrscheinlich nicht beschweren." Oder vermutlich sollte sie es nicht. Jedenfalls nicht, wenn sie sich nicht schon wieder wie eine fürchterliche Glucke aufführen wollte. Dabei bereitete gerade Ildrun Octavena nun einmal mehr Sorge als sie hier gerade zugab. Nur das zuzugeben, hätte bedeutet, zu jammern und zu jammern hätte bedeutet, bei Hadamar Dinge abzuladen, die definitiv nicht sein Problem waren.


    "Ich glaube übrigens, dass du nach Tariq der nächste sein dürftest, den Farold früher oder später belagert", fuhr sie deshalb fort, ehe sie doch noch zu viel von ihren Sorgen ausschütten konnte und grinste wieder ein wenig. "Er hat Wind davon bekommen, dass du noch mehr rumgekommen bist als Tariq, und dann dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis seine Neugier über die erste Scheu siegt. Ein Onkel, den es schon quer durch die Provinzen verschlagen hat, übt natürlich eine ganz eigene Form von Faszination auf ihn aus." Dann wurde ihr Gesichtsausdruck wieder etwas ernster und sie hob entschuldigend die Schultern. "Er kann etwas … überschwänglich werden, wenn das Eis erst einmal gebrochen ist und ihn die Neugier gepackt hat. Das nur als kleine Warnung bevor er dich einfach so überfällt." Den Hinweis, den sie Tariq gegeben hatte, dass er Farold auch ausbremsen konnte, sparte Octavena sich in diesem Moment. Einerseits nahm sie an, dass Hadamar darauf schon von alleine kommen würde, und andererseits ging sie ohnehin davon aus, dass ihre Kinder ihm dahingehend nur begrenzt eine Wahl lassen würden. Er war Familie und früher oder später würde es die beiden deshalb auf die eine oder andere Weise in seine Nähe ziehen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekamen. Sei es aus Neugier oder aus Gewohnheit, weil sie seine Geschwister sowieso kannten und es auch sonst einfach gewohnt waren, dass sie Verwandtschaft eher auf die Nerven gehen durften als Außenstehenden.

  • Hadamar lächelte ebenfalls immer noch, und da war auch immer noch eine Spur Verlegenheit dabei. Er wusste gar nicht so genau warum... im Grunde war doch nichts dabei. Dass er sich um Tariq kümmerte als wäre er sein Mündel, dass er ihn als Teil seiner Familie betrachtete, das war kein Geheimnis. Trotzdem hatte er Octavena offenbar mehr sehen lassen als nur diese dann doch eher oberflächlichen Tatsachen. Wie viel Tariq ihm bedeutete. Hadamar weigerte sich selbst in Gedanken vehement, das vor sich zuzugeben – aber er fühlte sich nicht einfach nur als großer Bruder für den Jungen. Manchmal fühlte er sich eher so, wie er sich vorstellen könnte, dass er wohl fühlen würde, hätte er Kinder. Aber er sah sich selbst so nicht. Ehe, Kinder... Er konnte es sich nicht so recht vorstellen. Und er war ziemlich gut darin, einfach keinen sehen zu lassen, einschließlich sich selbst nicht, was Tariq zumindest zum Teil für ihn geworden war. Aber gerade eben, da war etwas davon an die Oberfläche gekommen, und das war es wohl, was ihn verlegen machte.


    Ehe und Kinder... das brachte doch sowieso nur Schmerz mit sich. Er musste ja nur an seine Mutter denken, die bis heute seinem Vater nachtrauerte, auf eine Art, die einfach nicht gut war für sie. Wie hatte Dagny es formuliert? Menschen, auf deren Leben die Trauer einen so langen Schatten wirft, dass man meint, kein Sonnenstrahl könne ihn jemals vertreiben. Genau das beschrieb ihre Mutter ziemlich treffend. Selbst wenn sie wirklich fröhlich war, war da immer ein Hauch von Trauer – nicht einfach nur Melancholie, sondern Trauer, die auch nach all den Jahren noch frisch wirkte, und Schmerz. Er hoffte für Octavena, und für deren Kinder, dass sie einen besseren Weg fand in der kommenden Zeit als seine Mutter.

    Sorgen machte sie sich jedenfalls um ihre Kinder, das jedenfalls schloss er allein schon aus diesem ersten tiefen Luftholen, das sie machte auf seine Frage hin. Aber als sie dann von Farold sprach, war Leichtigkeit in ihren Worten, und das Lachen klang ehrlich. Er grinste flüchtig. „Unschuldig tun, das ist eine sehr wichtige Eigenschaft, vor allem wenn man Chaos stiftet“, nickte er. „Ich hatte das irgendwie nie so ganz raus, wie man das macht, Rhaban und Dagny waren mir da um Längen voraus... hab sie immer beneidet darum.“ Dann kam Octavena auf ihre Tochter zu sprechen, und das Lachen erstarb. „Das tut mir leid“, murmelte er, und suchte nach weiteren Worten, aber bevor er welche hätte finden können, redete Octavena schon weiter, sprach davon, dass beiden im Grunde aber gut ging. Hadamar grübelte trotzdem noch über Ildrun nach. Sie sperrte sich, hatte Octavena gesagt, und das kam ihm vertrauter vor als ihm lieb war.


    Octavena war inzwischen noch mal auf Farold zu sprechen gekommen, und Hadamar grinste leicht. „Och, er soll ruhig kommen. Mach dir keine Sorgen, nen überschwänglichen Neffen sollte ich schon noch aushalten können.“ Da war er wieder: dieser Impuls, seiner Familie helfen zu wollen. Unterstützung zu leisten, die er früher nicht hatte leisten können, vor allem seinen Geschwistern gegenüber nicht. Er war zu jung gewesen, zu unreif vor allem im Vergleich zu Eldrid. Was aber auch nicht so schlimm gewesen war, sie hatten sie zum Glück woanders gefunden, insbesondere bei Witjon. Das war das Gute an einer großen Familie: irgendjemand war eigentlich immer da und konnte auffangen, konnte einen Ausgleich bieten. Und mehr und mehr stellte er fest, dass er jetzt dieser Jemand sein musste. Mehr noch: dass er dieser Jemand sein wollte. Und wenn Farold ihn von selbst überfiel, dann war es zumindest bei dem Jungen wahrscheinlich nicht so schwer, ein bisschen für ihn da zu sein. Bei Ildrun war das wohl deutlich anders, aber gerade bei ihr klang es so, als ob sie jemanden brauchen könnte... wobei: er wusste ja noch nicht mal, ob sie nicht vielleicht schon jemanden hier in der Villa hatte. Octavena hatte nur gemeint, dass sie ihren Vater vermisste und sich gegen ihre Mutter auflehnte, das allein hieß ja noch nicht, dass Ildrun sonst Schwierigkeiten hatte. Hadamar räusperte sich. „Hör mal... ich will mich nicht aufdrängen oder so, aber wenn ich irgendwas tun kann... grad auch für die Kinder, dann sag Bescheid. Ich weiß wie es ist den Vater so früh zu verlieren, und wie schwierig es danach erst mal ist. Ich möcht gern helfen.“ Er zögerte kurz, dann schob er noch hinterher: „Dir auch, wenn ich kann.“

  • Bei der Erwähnung von Rhaban und Dagny drehte Octavena den Kopf und das Lächeln auf ihren Lippen wurde kurz zu einem schiefen Grinsen. "Es kann sein, dass es da eine Verbindung gibt", gab sie amüsiert zurück. "Farold guckt sich die meisten seiner Tricks bei anderen ab, meistens bei Ildrun. Aber ihre Unschuldsmiene war trotzdem noch nie so gut wie seine." Damit kam sie zu Ildrun und weil das kein unkompliziertes Thema war, beeilte sich Octavena, den Bogen zurück zu ihrem Sohn zu schlagen, der meistens unverfänglicheren Gesprächsstoff lieferte als seine Schwester.


    "Dachte ich mir", erwiderte Octavena und lachte leise, als Hadamar meinte, dass er mit Farolds Neugier schon klarkommen würde. Das stimmte ja auch, sie hatte sich eigentlich nicht ernsthaft Gedanken gemacht, dass er etwas dagegen haben würde, wenn Farold ihn ein wenig mit seinen Fragen löcherte. Die gesamte Familie war da inzwischen abgehärtet, ob sie es wollten oder nicht. Es war nur einfacher, über Farold zu reden, als ihre Sorge um Ildrun laut auszusprechen. Aber gerade, weil Octavena eigentlich vorgehabt hatte, damit dem Thema ganz auszuweichen, traf sie das, was Hadamar als Nächstes sagte, vollkommen unvorbereitet.

    Hilfe. Das Angebot rührte sie, mehr als sie erwartet oder gar zugegeben hätte. Nicht nur, weil es ihren Kindern galt, sondern auch ihr persönlich, was wie immer etwas war, das Octavena ein wenig überforderte, weil sie das selbst weder beansprucht noch eingefordert hätte. Natürlich, sie hatte nicht erst gestern bei den Ducciern eingeheiratet und sie wusste, dass Witjons weit verzweigte Familie in der Regel füreinander da war - sie hatte ja selbst inzwischen auch dazu beigetragen, dass das so war - aber ihr erster Impuls blieb nach wie vor, sich selbst um ihre Probleme zu kümmern und sie gerade nicht den anderen einfach so aufzubürden. Selbst jetzt, nach dem Jahr, das sie hinter sich hatten und dessen Gewicht sie mit einem Mal wieder überdeutlich auf ihren Schultern spüren konnte. Nach Witjons Tod hatte Octavena einfach stur weiter gemacht, so weit sie es gekonnt hatte, und sich so halbwegs um Normalität bemüht. Was wäre ihr auch anderes übrig geblieben? Ihre Kinder so im Stich lassen, wie ihr eigener Vater sie nach dem Tod ihrer Mutter im Stich gelassen hatte? Vom Rest der Familie, die Octavena auch nicht gleichgültig waren, ganz zu schweigen. Nein, das wäre nicht infrage gekommen. Und Octavena hatte sich ja auch selbst im Griff, jedenfalls meistens. Sie hatte ihren Mann verloren, ja, und das tat weh und hatte einen Haufen Probleme in ihrem Leben erzeugt, aber sie wusste auch, dass sie sich davon früher oder später erholen würde. Schritt für Schritt, ein Problem nach dem anderen. Und trotzdem: Genau das hatte auch an ihren Kräften gezehrt, was sie jetzt so klar und deutlich spürte wie selten, auch wenn es nur für einen kurzen Augenblick war.


    "Danke", erwiderte Octavena schließlich, während sie noch dabei war, ihre eigenen Gedanken für ihre Antwort zu sortieren. "Das ist … sehr nett von dir." Sie warf ihm ein ehrlich dankbares Lächeln zu. "Und du drängst dich nicht auf. Ich freue mich wirklich, wenn du helfen willst." Kurz zögerte sie erneut, mit einem Mal unsicher, was denn tatsächlich Dinge wären, die Hadamar tun konnte. Farold war einfach, aber der bereitete Octavena zwar viele Kopfschmerzen, dafür aber wenig Sorgen. Und Ildrun dagegen war so kompliziert, dass Octavena selbst nicht mehr so richtig wusste, wo sie bei ihr ansetzen sollte. "Wahrscheinlich hilft es wirklich einfach schon, wenn du dich von Farold überfallen lässt. Wie gesagt, er ist neugierig und ab und zu etwas überschwänglich, aber er hängt sehr an der Familie und es tut ihm immer gut, wenn er jemanden findet, dem er ein bisschen mit seinen Fragen auf die Nerven gehen kann." Das war nichts Neues, aber das machte es nicht weniger wahr. Vielleicht hatte er auch deshalb die letzten Monate besser weggesteckt als seine Schwester. Weil er sich, während Ildrun sich eingeigelt hatte, nur noch mehr auf sein Umfeld eingelassen hatte. "Wenn du willst, kannst du auch versuchen, auf Ildrun zuzugehen", fuhr Octavena dann langsam fort und ihr Tonfall wurde vorsichtiger. Das war der Teil, bei dem sie verhindern wollte, dass Hadamar sich verpflichtet fühlte, eine vertrackte Situation zu lösen, die vielleicht so im Moment nicht lösbar war. "Aber wunder dich nicht, wenn du sie nicht geknackt bekommst. In letzter Zeit schafft das niemand, wenn du dir also auch die Zähne ausbeißt, wäre das nicht überraschend. Wie gesagt, sie kann sehr stur sein." Ein müdes Lächeln huschte über ihre Züge. Eigentlich war Octavena ja sehr stolz auf ihre Tochter, die ihr in manchen Dingen so ähnlich sein konnte. Nur im Moment machte ihr das auch ein wenig Angst. Gerade weil sie wusste, wie sehr Ildrun sich selbst würde schaden können, wenn sie weiter so um sich schlug, wie sie es tat, und weil Octavena einmal selbst so gewesen war - was wiederum nicht besonders gut geendet hatte. "Und was mich angeht …" Das Lächeln auf ihren Lippen verlor seine Müdigkeit und nahm stattdessen einen selbstironischen Zug an. Eigentlich redeten sie hier ja gerade über genug Dinge, die Octavena durchaus belasteten und die sie deshalb selten so offen aussprach wie jetzt, trotzdem fand sie dann doch wieder ein bisschen von ihrem Humor und der guten Laune wieder, mit der sie sich auf den Abend gefreut hatte. "Ich bin zäher, als ich aussehe, keine Sorge. Ihren Dickschädel hat Ildrun von mir und ich bin wahrscheinlich selber einfach zu stur, um mich nicht früher oder später wieder richtig zu fangen. Im Moment will ich einfach sichergehen, dass es meinen Kindern gutgeht, und der Rest fügt sich dann schon noch."

  • Hadamar musste auch grinsen, als Octavena davon sprach, dass sich ihr Sohn womöglich das ein oder andere bei seinen Geschwistern abgeschaut hatte. So lange wie er weg gewesen war, kannte er im Grunde Farold nicht wirklich, aber von dem, was er von dem Jungen mitbekommen hatte, schien er ziemlich aufgeweckt und intelligent zu sein. Und neugierig, wie dessen Mutter dann anklingen ließ, aber das war auch wieder etwas, das vor allem seine beiden jüngsten Geschwister auszeichnete, oder zumindest: die Tatsache, dass sie mit ihren Fragen nicht hinterm Berg hielten.


    Als er dann seine Hilfe anbot, oder, nun ja, zumindest kundtat, dass er gerne helfen würde, wenn es denn irgendwas gäbe – da konnte er nicht so recht sagen, was Octavena davon hielt. Sie schien... überrascht zu sein. Was wahrscheinlich kein Wunder war. Aber da war noch irgendwas anderes, etwas, worauf Hadamar den Finger nicht wirklich legen konnte. Er hatte sich bemüht, das so zu formulieren, dass er nicht aufdringlich wirkte, aber er war sich nicht ganz sicher, ob es ihr recht war. Sie schwieg auch erst mal, und dieser Augenblick zog sich in die Länge – genug, dass Hadamar dagegen ankämpfen musste, die Stille selbst mit Worten zu füllen. Zurückzurudern, oder zu erklären, oder was auch immer. Das hier war ungewohnt für ihn, das wurde ihm in diesem Moment des Schweigens noch deutlicher als davor, und ganz kurz war da auch der Gedanke, dass er es vielleicht besser lassen sollte, dieses ganze Vorhaben, mehr Verantwortung in der Familie zu übernehmen.

    Andererseits: es konnte ja nicht besser werden, wenn er nicht dran blieb. War doch genauso wie in der Legio am Anfang, wenn er nicht dran geblieben wäre, wäre er niemals dorthin gekommen, wo er heute war. Durchgebissen hatte er sich immer irgendwie. Das war jetzt nicht ganz das, was bei seiner Familie angebracht war, aber... nun ja: dran bleiben, nicht sofort aufgeben, das war sicher erst mal eine gute Idee. Und dann brach Octavena die Stille schließlich, und vor allem aus ihrem Lächeln gewann er den Eindruck, dass es doch richtig gewesen war, zumindest etwas zu sagen. Ob er dann wirklich helfen konnte... das stand wieder auf einem anderen Blatt, und dass es zumindest bei Ildrun schwierig bis unmöglich werden würde, das legte Octavena ziemlich deutlich klar. Und bei noch jemandem würde es wohl schwierig werden: Octavena selbst. Natürlich konnte es sein, dass sie einfach keine Unterstützung brauchte, aber wie sie sprach, wie sie klang... allein die Sorgen, die sie sich um ihre Kinder machte: er glaubte schon, dass auch sie das brauchen konnte. Aber wenn es ihr zumindest schon mal half, wenn er sich wenigstens etwas um Farold kümmern konnte, dann war auch das schon mal etwas. Er lächelte flüchtig. „Dann seh ich mal zu, dass ich mit Farold ein bisschen Zeit verbring. Muss hier eh auch wieder die Gegend erkunden, ich war so lange weg, dass ich mich fast nicht mehr auskenn“, scherzte er, „da kann ich ihn ja fragen ob er mit will, vielleicht mag er das. Was ist mit Ildrun? Würde ihr das auch gefallen? Dagny hat das zumindest früher geliebt, wenn wir uns einfach Pferde geschnappt haben und weggeritten sind.“ Ildrun half es vielleicht schon zu wissen, dass einfach noch jemand da war... auch wenn sie auf nichts einging. Er deutete ein leichtes Achselzucken an und versuchte, aufmunternd zu lächeln. „Ich kann’s ja versuchen. Mehr als nein sagen kann sie nicht. Genauso wie du“, fügte er noch an, und diesmal war es er, der etwas schief grinste. „Mir fehlt wahrscheinlich einfach leider die Zeit, um hier sonderlich übernehmen zu können, aber wenn irgendwas ist, wenn ihr irgendwas braucht: schick jemanden in die Castra zu mir. Ich kümmer mich dann schon irgendwie drum.“

  • Während Hadamar davon sprach, dass er einfach mal versuchen wollte, mit Farold die Gegend zu erkunden und Ildrun wenigstens zu fragen, ob sie doch mitkommen wollte, konnte Octavena nicht ganz umhin, kurz noch einmal etwas von der Dankbarkeit von eben in sich aufsteigen zu spüren. Wahrscheinlich war ja tatsächlich nichts dabei, gerade um Farolds Neugier würde er sowieso nicht herumkommen und vermutlich würde das nicht nennenswert etwas an der Situation als Ganzes ändern, aber Octavena rechnete ihm schon die Geste hoch an. Gerade weil Hadamar sich leichter als der Rest der Familie, die Octavenas Kinder ständig direkt vor der Nase hatten, einfach hätte wegducken können und Octavena ihm das auch nicht einmal übel genommen hätte. Gleichzeitig fühlte sie sich bei seinen Worten aber auch ein wenig ertappt, weil er mit seiner Antwort sie und Ildrun in einem Atemzug genannt hatte. Benahm sie sich am Ende gerade doch nicht viel anders als ihre Tochter? Ildrun hatte seit Witjons Tod besonders gegenüber ihrer Mutter komplett dicht gemacht, weil sie wahrscheinlich nicht wusste, wie sie sonst mit der Situation umgehen sollte. Und sie selbst … Octavena hatte definitiv nicht so um sich geschlagen, wie ihre Tochter, aus diesem Alter war sie zum Glück lange raus, aber jemanden richtig an sich heran gelassen hatte sie auch nicht. Sie war sich nicht sicher, ob Hadamar das durchschaut hatte oder die Formulierung Zufall gewesen war, aber in diesem Moment fühlte Octavena sich doch kurz … erwischt. Das war ungewohnt und vor allem etwas, das sie gerade nicht gebrauchen konnte. Dieses gesamte Gespräch hatte gerade sowieso schon eine andere Wendung genommen als sie erwartet hatte, das reichte ihr eigentlich schon. Besonders an einem Abend wie diesem, der sowieso wenigstens das Potential hatte, komplizierte Gefühle in ihr zu wecken.


    Also schob sie den Gedanken eilig bei Seite und lachte stattdessen leise auf. "Ach, es ist zum Glück ja auch nicht so als ob wir hier im Chaos versinken würden - auch wenn das bei meinem Gejammer vielleicht so klingt", wiegelte sie ab, während sie noch diese kurz auflodernde Unsicherheit wieder niederkämpfte, spiegelte aber trotzdem Hadamars Grinsen mit einem kleinen Lächeln. "Farold freut sich garantiert, wenn du Zeit mit ihm verbringst und dir die Gegend mit ihm ansiehst. Ildrun gefällt die Idee bestimmt auch, du müsstest sie nur dazu bekommen, das zuzugeben." Sie hob etwas hilflos die Schultern. Wenn sie ehrlich war, dann war Octavena selbst sehr müde, wenn es um die Konflikte mit ihrer Tochter ging. Ildrun ließ sie seit Monaten gegen Wände rennen und tat umgekehrt ihrerseits viel, womit sie ihre Mutter fast in den Wahnsinn trieb. Als ob nicht so schon alles schwierig genug gewesen wäre. "Ich kann dir nur leider auch keinen sinnvollen Rat geben, wie du das am schlausten anstellst. Du stehst für sie aber wahrscheinlich immerhin nicht so unter dem Verdacht, dass ich dich auf sie angesetzt haben könnte. Vielleicht blockt sie deshalb nicht sofort ab." Ehe Octavena es verhindern konnte, rutschte ihr ein weiteres Seufzen raus, aber schon im nächsten Moment zwang sie sich wieder dazu, sich zusammenzureißen und wenigstens die Andeutung eines Lächelns aufzulegen. "Aber wie gesagt, wahrscheinlich jammere ich auch mehr als nötig wäre. Wenn du also Zeit für Ildrun und Farold findest, freut mich das, aber ich will dir auch nicht noch meine Probleme aufhalsen. Ich weiß, du hast auch so genug um die Ohren." Ihr Blick glitt einen Moment lang schweigend zurück zum Teich vor ihnen. So viel zu ihrem Plan, sich heute Abend ihre Sorgen einfach mal selbst zu verbieten. Zugegeben, das hatte schon vor diesem Gespräch nur begrenzt geklappt, aber jetzt hatte sie vor Hadamar einen guten Teil davon ausgebreitet, sehr viel mehr als sie von sich aus zugegeben hätte. Aber er hatte gefragt und Octavena hatte weder Lust noch Nerv gehabt, ihn rundheraus zu belügen. Auch wenn das bedeutete, dass sie damit gerade wohl erfolgreich die Stimmung gedrückt hatte. Mal wieder. Noch so etwas, das ihr an ihr selbst im Moment alles andere als gefiel, das sie aber nicht ganz abgeschüttelt bekam.

    Langsam wandte Octavena den Kopf. "Wie auch immer ...", sagte sie dabei und ihre Stimme nahm einen leicht witzelnden Unterton an, um die Stimmung wieder etwas zu lockern. "Willkommen zu Hause. Du merkst, Langeweile ist und bleibt uns hier vollkommen fremd."

  • Hadamar neigte seinen Kopf ganz leicht zur Seite, während er ihre Reaktion beobachtete. Wie zuvor wusste er auch jetzt nicht so recht, wie sein Hilfsangebot ankam. Er unterdrückte ein Seufzen, während er versuchte sich bewusst zu machen, dass es wohl besser war das einfach so stehen zu lassen. Sie lehnte nicht rundheraus ab oder lachte, das war immerhin schon mal etwas, und wenn er bohrte, nur um sich selbst sicher sein zu können – naja. Bekam er vielleicht doch noch etwas zu hören, was er nicht hören wollte. Das, was er befürchtete. Oder er setzte sie damit unter Druck, was das Gegenteil dessen war, was er bezwecken wollte. Und es war ja so: wenn sie tatsächlich Zweifel hatte, so wie seine Geschwister vielleicht Zweifel haben würden oder Dagmar – dann hätten sie ja Recht damit. Gutes Verhältnis hin oder her, aber er hatte sich bisher ja nicht unbedingt hervorgetan damit für die Familie da zu sein. Er würde Stück für Stück zeigen müssen, dass es jetzt anders war. Dass er es zum einen gelernt hatte, in der Legio, Verantwortung zu übernehmen – und dass er zum anderen tatsächlich da sein wollte, hier, für seine Familie. Nicht zuletzt wo er ja selbst noch zweifelte, ob er das wirklich konnte, in Bezug auf seine Familie, und vor allem in dem Ausmaß, in dem es nötig war jetzt, wo Witjon tot war und sonst keiner da.


    Sein Lächeln war nun ein bisschen gedämpft, aber trotzdem ehrlich. „Keine Sorge, das klingt nicht so. Abgesehen davon sieht man ja, wie gut du alles im Griff hast“, versicherte er. „Dass meine Geschwister nach wie vor ihr Ding in Ruhe angehen können und trotzdem alles rund läuft, das kommt ja nicht von ungefähr. Danke dafür. Und was Ildrun angeht: mei, sie muss es ja nicht zugeben. Wenn sie mit kommt und Spaß hat, ist ja auch schon was erreicht.“ Bei Octavenas nächsten Worten verschwand dann sein Lächeln für einen Moment, und stattdessen runzelte er flüchtig die Stirn. Das was sie sagte, wie sie es sagte, das war nicht gut. Unter Verdacht stehen, auf sie angesetzt zu sein. Von ihrer eigenen Mutter. Es hätte andere Wege gegeben das zu sagen, aber Octavena hatte diese Formulierung gewählt, eine, die ziemlich hart klang, und kombiniert mit ihrem Seufzen weckte es in Hadamar erneut zumindest die Ahnung, wie viel Sorgen sie sich wirklich machte. Für einen Moment sah er sie betroffen an, dann reagierte er auf ihren Versuch zu lächeln und tat es ihr gleich, während er leicht die Arme ausbreitete. „Hey. Du redest mit mir. Ich war einer der Gründe, warum es früher keine Langeweile hier gab. Ich hab meiner Mutter so viel Kopfzerbrechen bereitet, da ist es nur fair wenn ich versuche einer anderen Mutter zu helfen.“ Sein Tonfall war nur halb scherzhaft, und als er weitersprach, wurde er sowohl ernster als auch sanfter. „Vielleicht solltest du mal mit ihr reden. Nicht dass sie... den besten Weg gefunden hat, für sich und uns, als mein Vater gestorben ist. Die Trauer um ihn, davon ist sie nie los gekommen. Aber sie war trotzdem so gut es ging für uns da, und sie hat’s auch irgendwie geschafft mit mir umzugehen, was sicher nicht leicht war. Sie kann dir vielleicht den ein oder anderen Trick verraten, was renitente Kinder betrifft.“

  • Octavena blinzelte ein paar Mal überrascht und schüttelte dann kaum merklich den Kopf, als Hadamar ihr dankte, auch wenn es noch so beiläufig war. "Ich habe dasselbe wie immer getan und vom Rest hat Dagmar einiges aufgefangen", sagte sie, lächelte aber trotzdem. Ganz davon zu schweigen, dass es gerade in den ersten Wochen nach Witjons Tod sowieso leichter gewesen war, in Bewegung zu bleiben. Etwas zu tun zu haben. Vielleicht war das ein Fehler gewesen, aber ändern ließ es sich jetzt auch nicht mehr, also war es müßig, darüber nachzugrübeln. Sie hatte in den letzten Monaten genug gegrübelt und tat es noch, ob es ihr gefiel oder nicht. Und tatsächlich gefiel ihr das eigentlich nicht, auch wenn sie da nicht aus ihrer Haut konnte.


    Das war auch einer der Gründe, warum sie ganz froh darüber war, als Hadamar kurz darauf ihr den Gefallen tat, auf ihren Witzversuch einzusteigen. Das war jedenfalls besser als Blicke wie der, den er ihr kurz davor zugeworfen hatte. Die Art Blick, den sie zwar meistens ignorierte, bei dem sie sich aber trotzdem immer etwas hilflos vorkam. "Könnte man inzwischen glatt vergessen." Octavena lachte leise und verstellte sich dafür nicht einmal, wäre aber bei seinen nächsten Worten - und dem sanften Tonfall, den sie begleiteten - trotzdem beinahe zusammengezuckt. Sie musste verzweifelter wirken als ihr das lieb gewesen wäre, wenn er ihr so einen Rat gab, und ganz kurz ärgerte sie sich über sich selbst, weil ihr gerade mehr rausgerutscht war als geplant. Im Grunde hatte er aber ja recht: Vielleicht wäre es wirklich eine gute Idee, sich einen Rat von jemandem zu holen, die ihre Lage nachvollziehen konnte. Und wenn es nur als Versicherung war, dass sie übertrieb und sie Ildrun nur weiter Zeit lassen musste. Aber da war noch ein Gedanke, der bei seinen Worten ihr durch den Kopf ging. Er hatte jetzt zweimal kurz hintereinander erwähnt, selbst nicht einfach gewesen zu sein. Octavena mochte im Moment allgemein nicht ganz auf der Höhe und nicht so aufmerksam wie sonst sein - ganz davon zu schweigen, dass sie das Angebot als solches überrascht hatte - aber die Wiederholung ließ sie nun doch ein wenig aufhorchen. War er deshalb so deutlich darauf aus, ihr zu helfen? Wahrscheinlich, wenn man bedachte, dass er seinen eigenen Vater und dessen Tod schon erwähnt hatte, als er das Hilfsangebot überhaupt angesprochen hatte. Die Vermutung hätte jedenfalls das Angebot ein wenig über bloßen Familiensinn hinaus erklärt, auch wenn Octavena noch nicht genau wusste, was sie mit dieser Vermutung anstellen sollte. Oder ob irgendetwas davon überhaupt eine Rolle spielte. "Ich lasse mir die Idee durch den Kopf gehen", sagte sie also einfach und lächelte noch einmal etwas schief. "Zu versuchen, für renitente Kinder da zu sein, ist mir jedenfalls ziemlich vertraut. Und deine Mutter hat ohnehin meinen vollen Respekt, das mit fünf Kindern irgendwie geschafft zu haben. Mich halten meine beiden ja schon nur zu zweit auf Trab." Sie hielt noch einmal kurz inne, fuhr dann aber doch fort, weiter das leicht schiefe Lächeln auf den Lippen. "Aber danke. Für den Rat und das Angebot. Ich hatte eigentlich wirklich nicht vor, dir erstmal ein Ohr mit meinen Sorgen abzukauen. Besonders nicht heute." Oder an den meisten anderen Tagen. Ihre Kinder waren und blieben schließlich im Kern Octavenas Verantwortung und ihr Problem. Die Art Problem, bei dem es ihr immer widerstrebte, es anderen aufzubürden.

  • Hadamar deutete ein leichtes Achselzucken an, als Octavena meinte dasselbe getan zu haben wie immer. Er wusste, was sie meinte – im Prinzip hatte halt jeder so weiter gemacht wie davor, mehr oder weniger. Der Unterschied war aber, dass eine der Säulen der Familie fehlte, von einem Tag auf den anderen weg gewesen war. Was nichts anderes bedeutete als: auf den anderen lag von da an mehr Last. „Trotzdem danke“, wiederholte er einfach nur. Das würde er auch Dagmar noch sagen, sobald er die Gelegenheit haben würde mit ihr für einen Moment in Ruhe zu reden.

    Nur wenige Augenblicke später glaubte er dann, tatsächlich zu weit gegangen zu sein. Der Ratschlag sich an seine Mutter zu wenden... Octavena wirkte... irgendwie zurückhaltender. Kühler. Er war zwar überzeugt, dass sie den ein oder anderen Tipp mit Sicherheit geben konnte, jedenfalls was die Kinder anging. Aber wahrscheinlich war es einfach nicht an ihm, einen solchen Rat zu geben. Sich da überhaupt einzumischen. Ein wenig verlegen kratzte er sich am linken Ohr, während er sich kurz wünschte, zurück in der Castra zu sein, wo das Leben einfacher war. Wo die Linien ziemlich klar gezogen waren, was unangebrachte Einmischung betraf, und wo die Reaktionen ebenso ziemlich deutlich waren, wenn man eine solche Linie übertrat – da kam keine Grübelei auf, ob oder ob nicht, man wusste sofort Bescheid. Zu versuchen mehr da zu sein für seine Familie, das würde wohl noch schwieriger warden als er sowieso schon befürchtet hatte, und bei diesem Gedanken war da wieder der Impuls, es einfach sein zu lassen. Es hatte all die vergangenen Jahre funktioniert... es würde auch weiter funktionieren. Octavena zeigte doch, dass es auch ohne ihn ging. Aber er wusste auch, wie unfair das wäre. Es war falsch gewesen all die Jahre, und es würde nicht besser, wenn er jetzt so weiter machte, ganz im Gegenteil.


    Kurz überlegte er, ob er sich entschuldigen sollte, aber Octavena hatte sich so gut im Griff, dass er sich auch jetzt nicht so recht sicher war – und er wollte nicht ins nächste Fettnäpfchen treten. Und da sie nichts Ablehnendes sagte, sondern einfach höflich meinte, es sich durch den Kopf gehen zu lassen, war es wohl besser einfach nichts weiter dazu zu sagen. Er erwiderte nur ihr Lächeln und zuckte erneut leicht mit den Achseln. „Gerne. Und mach dir keinen Kopf, so oft hab ich dann ja doch nicht Gelegenheit, hier zu sein und mit euch zu reden. Vor allem nicht so lange.“ Er machte eine Kopfbewegung in Richtung des vorderen Teils der Villa, wo die anderen waren. „Und die Feier dauert eh noch lang genug, ganz abgesehen davon, dass Familienfeiern doch immer irgendwie alles mögliche miteinander verbinden. Hab ich vermisst, das alles...“

  • Octavena nickte langsam und ein warmes Lächeln erschien auf ihren Zügen. "Das kann ich gut verstehen", erwiderte sie und entschied sich einfach dafür, nur den unkomplizierteren Teil seiner Worte aufzugreifen. Sie verstanden sich vielleicht gut, aber sie würde sicher nicht hier und jetzt ausdiskutieren, warum es ihr etwas unangenehm war, wie viel sie von ihren Sorgen hier gerade zugegeben hatte, ganz egal, was er sagte. Sie machte sich keine Illusionen, dass diese Dinge nicht dem Rest der Familie genauso klar waren und Hadamar schon deshalb früher oder später mitbekommen hätte, dass Ildrun sich schwertat, aber in der Regel beließ sie es dabei. Octavena konnte nicht verhindern, dass die anderen Augen im Kopf hatten, aber sie musste nicht noch zusätzlich darüber reden und dann am Ende doch nur weiter breittreten, dass ihre Bilanz als Mutter seit dem Tod ihres Mannes ganz offensichtlich eher durchwachsen war. Oder wie sehr das an ihrem Stolz und allem, das sie war, nagte. "Diese Familienfeiern in großer Runde sind viel wert", fuhr sie deshalb einfach fort. "Das würde mir glaube ich inzwischen auch sehr fehlen. Ich hätte es dir nur natürlich gegönnt, in etwas ..." Sie zögerte kurz, als sie nach dem richtigen Wort suchte und verzog dabei flüchtig das Gesicht, lächelte dann aber trotzdem. "Na ja, sagen wir einfach in etwas weniger komplizierten Zeiten heimzukommen. Die es einfacher machen, so eine Feier richtig zu genießen. Ich kann mir vorstellen, dass es auch so schon etwas ungewohnt sein kann, nach so langer Zeit wieder nach Hause zu kommen." Octavena jedenfalls wäre es das, aber für sie gab es inzwischen sowieso deutlich mehr Dinge, die sie in Mogontiacum hielten, als solche, die sie zurück nach Tarraco hätten ziehen können.


    Als Octavenas Blick durch die Erwähnung der Feier schließlich einen Moment lang zurück zum Haus glitt, wurde ihr doch wieder ein wenig bewusst, dass sie vermutlich langsam wirklich so lange vom Fest verschwunden war, dass es früher oder später jemandem auffallen würde. Und wenn es nur war, weil sich irgendwer doch noch Gedanken um sie machte, was Octavena vielleicht nicht gefiel, aber zumindest nicht vollkommen unberechtigt war, wenn man bedachte, warum sie sich überhaupt zurückgezogen hatte. "Ich sollte dann wahrscheinlich mal wieder zurück, bevor ich mich doch zu sehr rar mache", sagte sie mit einem etwas müden, aber bewusst nicht traurigen oder genervten Unterton, als sie wieder Hadamar ansah. Sie hätte gelogen, wenn sie behauptet hätte, dass ihr schon wieder vollkommen danach war, sich unter die Feiernden zu mischen, aber sie wusste auch, dass sie es mehr bereuen würde, wenn sie sich zu sehr abkapselte. Dafür hatte sie sich zu sehr auf diesen Abend gefreut, auch wenn ihr Plan, ihre Sorgen für einen Abend zu verbannen, dann doch nicht aufgegangen war. "Willst du dich mir anschließen oder bleibst du lieber noch etwas hier draußen?"

  • Die Ablenkungstaktik schien zu funktionieren – in jedem Fall ging Octavena nicht nur darauf ein, sondern schien auch wieder etwas offener zu sein. Er deutete ein leichtes Achselzucken an und lachte leise. „Kann man sich nicht aussuchen, ist halt so wie es ist. Und wirklich ungewohnt ist es für mich nicht wirklich... die Legio funktioniert sowieso überall nach dem gleichen Prinzip, und der Rest – da ist es einfach nur schön, endlich wieder daheim zu sein.“ Rom war sowieso nicht so sein Fall gewesen, und Cappadocia... nun ja: interessant war die Provinz in jedem Fall, und neugierig und aufgeschlossen wie er war, war er natürlich aufgeregt gewesen und hatte sich gefreut, mal dorthin zu kommen, so viel Fremdartiges sehen zu können. Aber am Ende vom Tag war er einfach nur froh, wieder daheim zu sein.


    Beim Blick zur Villa zurück, dort wo die Feier war, kam dann noch mal so ein Moment, in dem Hadamar ihre Reaktion nicht recht einschätzen konnte. Wollte sie oder wollte sie lieber nicht? Und was war mit ihm? Er war sich tatsächlich selbst unschlüssig, auch wenn er gerade noch gesagt – und auch gemeint – hatte, dass er die Feste vermisst hatte. Allerdings sollte er wahrscheinlich ebenfalls wieder zurückgehen und sich unter die Leute mischen. Alte Bekanntschaften wieder auffrischen, ein paar neue schließen, so was halt. Wer sich an ihn von früher erinnerte, würde sich wahrscheinlich ohnehin wundern, wo er abgeblieben war. „Mh. Ich glaub ich schließ mich an. Gibt noch ein paar Leute, mit denen ich unbedingt reden wollte, und wer weiß wie lange die heutzutage noch durchhalten.“ Für einen Moment blitzte ein Grinsen auf, das jene altgewohnte Mischung aus frech und charmant war, die er früher so oft gezeigt hatte, aber mittlerweile deutlich seltener. Mit einer angedeuteten Verneigung ließ er ihr den Vortritt, bevor er aufschloss an ihre Seite auf dem Weg zurück.

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