• Die Turma Prima unter Subpraefectus Alae Germanicus Varro tat das wozu sie um Caesars Willen aufgebrochen war. Die Sammlung und Auswertung von Informationen unter Anwendung offener Mittel und Methoden. Sie hatte das Ziel, Erkenntnisse über die politische und taktische und militärische Lage zu erlangen. Niemand, noch nicht einmal der Praefectus selbst wurde in diese Missio eingeweiht, sie waren nur im Namen des Caesar unterwegs.

    Die Männer bewegten sich nahezu unbemerkt durch die abwechslungsreiche, größtenteils friedliche Landschaft. Wälder dominierten die Weiten, Dörfer und größere Ortschaften zeugten von einer Landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft. Neben der Land- und Viehwirtschaft gab es auch Handwerker wie Schmiede, Töpfer und Tischler.

    Die Siedlungen schwankten zwischen 50 und 200 Menschen.

    Nicht alle standen sich kooperativ oder friedlich gegenüber. Immer wieder kam es zu Überfällen, motiviert durch Neid, Gier oder schlicht Hunger.

    Es war schwer zu glauben, daß diese Menschen die größtenteils im Schweiße ihres Angesichts arbeiteten raubend und plündernd durch die Grenzgebiete des Imperiums zogen. Immer wieder kamen die germanischen Reiter der Prima von ihren Erkundungen zurück und berichteten von einem Aufwiegler, einem, der durch die Siedlungen, Weiler und Dörfer zog, die Jugend inspirierte, an prasselnden Feuern von unermesslichen Reichtümer in kaum bewachten Städten erzählte. Er weckte Begehrlichkeiten, besonders bei der Jugend, denen das Leben in ihrer Gemeinschaft zu langweilig zu wenig selbstbestimmt war. Was wären sie für Helden und angesehene Krieger, wenn sie mit Beute und Sklaven heimkehrten um ihrer Familie das Leben zu erleichtern.

    Diesen Aufwiegler galt es zu finden, doch bisher entkam er ihnen stets auf auf geheimnisvolle Weise, war immer einen Schritt voraus.

    Man hatte eine Beschreibung, vage,...allgemein und einer von Vielen.

    Varro führte genau Buch über die Erkenntnisse, legte eine Karte an und traf sich immer weit entfernt und gut verdeckt vom jeweiligen Erkundungsgebiet, so wie jetzt in einer Nacht in den Tiefen des Terra incognita an einem großen Waldsee.

  • Varro drückte den Rücken durch. Wie lange waren sie nun unterwegs? 7,...8 Wochen? Obwohl die Tage wärmer wurden waren die Nächte noch empfindlich kalt. In eine Decke gehüllt die Hände um einen Becher mit heißem Würzwein betrachtete er aus einer gesicherten Position den einzigen Zugang zu ihrem Versteck. Wie seine Männer hielt auch er seine Wache über die schlafenden Kameraden. Gedanken kamen und gingen. Gesichter tauchten vor ihm auf und gingen wieder in die neblige Unendlichkeit seiner Gedankenwelt. Morgen würden sie die Missio beenden und sich auf den Weg zurück zum Castellum machen.

    Morgen,...das war nicht mehr allzu fern. Der Würzwein ramm angenehm warm durch seine Kehle und erwärmte Brust und Bauch.

    Sein Blick glitt über die schlafenden Männer, alle in wildem Räuberzivil, alle, wie er selbst auch bärtig und abgezehrt. Wie es hungrige Waldläufer nun einmal sind.

    Ihre oberste Pflicht war es nicht aufzufallen, deshalb liefen sie zu Fuß durch die Wiesen und Wälder. Die Pferde waren gut bewacht in einer geschützten Stellung und wurden von 10 Mann bewacht. Die meisten waren krank oder hatten sich verletzt, sie würden die Aufklärung also nur behindern. Es war gut so, denn der Erfolg gab ihnen Recht.

    Er hob seinen Blick und sah über den Wipfeln der Bäume das Sterben der Nacht und die Geburt des Tages.

    Ein letzter Schluck und er wandte sich um Ocella zu wecken, was er auf sehr rustikale Art dann auch tat.

  • Ocellas Welt wurde rüde zerstört. Die schwülstige Szenerie in dieser unbestimmten Therme, umgeben von schwitzigen Körpern die sich verlustieren und immer wieder das Geschicht von... Irgendetwas traf ihn in die Seite, hatte ihm sicher ein paar Rippen gebrochen. Ruckartig ausatmend schnellte er hoch und sah eine Gestalt zum Feuer gehen um dort einen Teil seines Würzweins hinein zu schütten. Ocella verzog sein Geschicht, kratzte sich den inzwischen ansehnlichen Bart und rieb sich die Seite.

    Mühsam kam er auf und stampfte zum Feuer. Verdammt, ihm tat wirklich Alles weh.

    Er nickte Marbod zu, der ihm einen Becher heißen Würzwein reichte und stellte sich neben Varro, während hinter ihnen das Lager erwachte. Der Würzwein war gut, brannte ihm die Kälte aus dem Leib.

    Er sah Varro an. Genau wie er sah Varro aus wie einer dieser Strauchdiebe, die sich hier herumtrieben. Sie alle waren relativ verwahrlost, brauchten eine Rasur und einen Haarschnitt.

    Heute geht es also wieder zurück?

    Fragte er und nahm einen weiteren Schluck. Zumindest war das der Plan. Er folgte Varro´s Blick und versuchte im Morgendunst etwas zu erkennen.

  • Varro starrte in die Richtung dieses undurchdringlichen Landes welche sie nun nicht mehr gehen würden. Was mochte dort auf sie warten, sollten sie es dereinst doch tun?

    Unendliche Wälder, Marschland, Sümpfe, sie wären freilich die größere Herausforderung als die recht spärlichen Dörfer. In nun fast zwei Monaten hatten sie keine Ansiedlung aufgefunden die mehr als 200 Seelen stellte, davon 3/4 Nichtkombattanten. Wo waren die Männer? Wo kamen sie vor allem immer her?

    Sie hatten mehr als einmal eine größere Gefolgschaft aufgerieben. Demnach als mindestens zwei Dörfer um ihre Jugend gebracht. Hier war nichts davon zu beobachten. Die wenigen Hütten und Langhäuser waren bewohnt, es gab ausgeglichen viele Männer in den Ortschaften.

    Das ließ nur den Schluß zu, daß die Plünderer von weiter her kamen,...also von dort hinten, dort im terra incognita.

    Ocella stand neben ihm und sah wieder einmal aus wie eine Müllkatze. Varro lächelte kurz in der Erkenntnis, daß sie alle, auch er selbst so aussahen und vor allem rochen.

    Varro nickte leicht und entgegnete, Ja, wir warten noch auf Thorbrand´s und Wigalt´s Rückkehr dann brechen wir hier ab und es geht zurück gen Mogontiacum.

    Die beiden Eques waren im der Ortschaft am anderen Ende des See´s und sollten dort eine Aufklärungsmissio durchführten.

    Er wandte sich ab und klopfte Ocella auf die Schulter. Veranlaße alles Notwendige, wenn die beiden hier sind, ...was ja nicht mehr allzu lange dauern sollte, gibt es eine kurze Einweisung von mir und dann ziehen wir in Richtung Sonnenuntergang. Er nickte Ocella zu und begab sich dann zu seinem Schlafplatz. Er mußte noch den See in die Karte einbringen und nachher die Angaben der beiden Speculatores hinzufügen. 54 Ortschaften hatten sie entdeckt...auf dem Rückweg würden sie einen anderen Weg nehmen und noch die eine oder andere hinzufügen. Sueben, Chatten und Cherusker, kaum noch Marser, aber auch Langobarden und Hermunduren, wenn auch nur als fahrende Händler hatten sie angetroffen. Allesamt friedlich und ihrem Tagwerk ergeben. Mehr als einmal kamen ihm Zweifel ob es ihnen jemals gelingen würde dieses Land, reich an Holz und Bodenschätzen ganz zu besetzen. Die Ortschaften lebten mehr für sich, pflegten aber einen regen Austausch an Waren und Menschen. Es gab verpflichtende Bündnisse und Rivalitäten.

    Varro ahnte, nein er wußte, daß sie sich im Ernstfall, etwa einer römischen Eroberung verbünden würden und das wäre ein Desaster. Denn die Stärke der römischen Legion, ihr Formationskampf war in dem vorherrschenden Gelände nahezu nutzlos. Man würde sich anpassen müssen, Taktiken entwickeln um den zu allem Entschlossenen wilden Kriegern zu begegnen. Varro zeichnete den See ein und dachte über die Dinge nach.

    Da meldete der Wachposten die Rückkehr von Thorbrand und Wigalt.

  • Ocella stürzte den Rest des Würzweins die Kehle hinab und machte sich dann auf um das erwachende Lager für den Abmarsch vorzubereiten. Die Stimmung war gut, es ging langsam wieder heimwärts Richtung Mogo. Hin und wieder warf er einen Blick auf Varro der über seine Karte gebeugt ihre Position mit unveränderlichen Punkten markierte.

    Varro hatte sich verändert. Seit seiner Berufung zum Sub wirkte er irgendwie ermattet, müde auf ihn.

    Ocella zuckte die Schultern und meinte für sich, daß es in dessen Alter nun einmal so sei, daß man mehr in sich gekehrt ist. Als Kamerad und vor allem als Offizier gab es an Varro nichts auszusetzen. Als der Ruf des Wachpostens erklang winkte Ocella die beiden zu sich und begab sich mit ihnen zu Varro.

    Dann macht mal eure Nuntio,...danach rücken wir ab!

    Thorbrand und Wigalt sahen sich an und nickten. Subpraefectus Germanicus,...Nuntio... Das Dorf besteht aus 56 Seelen, 15 Männer in wehrfähigem Alter. Sie haben keine Verluste zu beklagen, also haben sie keine Männer in letzter Zeit an Gefolgschaften abgegeben. Der Aufrührer war auch hier, vor etwa 4 Tagen, doch niemand wollte ihm folgen. Der Dorfälteste hält es für sinnvoll sich neutral zu verhalten und sich nur im Ernstfall zu wehren. Wigalt sah Thorbrand an ob er etwas vergessen hätte. Dieser nickte und straffte sich ein wenig. Die Menschen dort erzählen sich von einem der kommen wird um die unzähligen unschuldigen Opfer zu rächen,...einem Fürsten der die Stämme vereinen wird wie einst jener Cherusker Arminius um die Invasoren zurückzutreiben.

    Eine beklemmende Stille trat ein und alles starrte auf Varro. Auch Ocella...

  • Es gab immer einen Messias,...immer einen Befreier, den Einen der alles wieder auf Anfang setzte. Varro schloß kurz die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. Einen Augenblick später sah er die Männer vor ihm an und nickte leicht. Gut gemacht, danke Männer.

    Dann wandte er sich allen Männern zu die ihn im Halbkreis gegenüber standen. Er betrachtete die Gesichter, bemerkte ihre Erschöpfung, aber auch ihren Willen ihm weiterhin zu folgen. Männer! ...Equites! begann er und sah sie wohlwollend an. Wir haben unsere Missio erfüllt...Abmarsch noch Mogontiacum in 10 Minuten.

    Ein Raunen der Erleichterung drang zu ihm. Auch er war froh aus diesen Wälder zurück in die Zivilisation gehen zu können. Raus aus diesen Klamotten, einen Tag in der Therme um den Schmutz und die sprießenden Haare entfernen zu lassen. Es war ihm ein Rätsel warum man solch eine Art zu leben verteidigen und sich den Vorzügen der römischen Lebensweise entziehen wollte. Wußte man es nicht besser? Er war überzeugt, daß die meisten dieser Hinterwäldler keine Ahnung hatten welchen Vorteil sie aus der Hand gaben.

    Was war wichtiger uralte Kultur und Lebensweise oder Anpassung an ein besseres System?

    Während die Männer ihre Halbseligkeiten fest verpackten und die Spuren des Lagers beseitigten warf er einen Blick auf die Karte. Sie würde in nicht allzu ferner Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Sie würde Wegweiser der Rache eines Mannes sein, der all jene betrafen würde die es gewagt hatten ihn und seine göttliche Person zu missachten und schlimmer noch anzugreifen. All jene die es gewagt hatten und all jene die so waren wie sie, ob sie nun deren Ansichten teilten oder auch nicht.

    Das Lager wurde langsam wieder eine Waldlichtung vor dem See und die Männer sammelten sich zum Abmarsch.

    Varro nickte Ocella zu und die Männer rückten ab. Varro ließ jeden einzelnen passieren und schenkte jedem Einzelnen das Gefühl einer starken Bindung indem er sie bewußt als Person ansah und wahrnahm. Wigalt war der letzte und Varro folgte ihm nach einem letzten Blick in die Runde.

    Zwei Tagesmärsche bis zum Pferdelager, dann würden sie sich wieder in römische Equites verwandeln. Zwei Tagesmärsche, wenn nichts dazwischen kam.

  • Knapp 120 Meilen waren sie in dieses düstere Land eingesickert, 2 Monate waren sie hier und haben Informationen gesammelt und Gelände erkundet. Die gezeichnete Karte markierte nahezu jeden markanten Punkt, jedes Dorf, jeden Weiler. Sie hatten gefährliche Gelände geeignet für Hinterhalte und die besten Positionen für Marschlager festgelegt.


    Varro schätzte, daß sie zwei, maximal drei Tage, also etwa 40 bis 50 Meilen ohne größere Gegenwehr vorstoßen könnten. Das würde bedeuten, daß die grenznahen Ortschaften als erste dem Zorn des Caesar ausgesetzt waren. Blöderweise handelte es sich bei diesen Siedlungen um Romfreundliche Barbaren. Solchen die fast täglich den Limes mit Waren und Lebensmitteln passierten, solchen die sich mit den Gegebenheiten arrangiert hatten, solchen, denen es Dank des Handels besser ging als ihren hinterwäldlerischen Nachbarn.


    Sie würden also bestenfalls irritiert reagieren wenn sie massakriert würden, geradeso als käme der Nachbar vorbei und meuchelte die Familie für die Taten Anderer. Man wurde zu einem Exempel.

    Je länger Ocella darüber nachdachte, umso mehr stieß ihn der Gedanke ab. Diese Menschen waren unschuldig. Niemand hatte ein Interesse daran sich mit Rom anzulegen. Sie hatten Dank Rom einen gewissen Wohlstand erreicht den sie gewiss nicht auf´s Spiel setzen würden.


    Vor ihm marschierten Olaf und Thorbrand. Sie schlugen zuweilen Äste aus dem Weg. Die Natur explodierte in diesen Tagen förmlich. Ihr markierter Weg war kaum wieder zu erkennen. Das verlangsamte den Marsch, aber es war egal. Ocella freute sich auf einen Tag in der Lagertherme…und auf ein Wiedersehen mit Eila. So in Gedanken rannte er fast Thorbrand um, der ihn alarmiert ansah und den Zeigefinger vor den Mund hielt. Ocella wandte sich blitzartig um um die Kameraden zu warnen und auch sie zur Wachsamkeit aufzufordern.

    Kurz darauf Entspannung. Er hörte Olaf eine Nuntio machen.

    Eine Nuntio? Wem machte Olaf denn eine Nuntio? Wo war Varro,…was zum…Ocella verfluchte sich innerlich. Er war zu sehr in Gedanken, und das in Feindesland!

    Zerknirscht schalt er sich einen Narren, daß er lieber an Eila und schwülstige Thermen dachte als an die Sicherheit der Kameraden.


    Vor ihm tauchten drei Männer auf. Betont unaufgeregt trat er auf Varro zu und sah ihn an.

  • Varro war bald aufgefallen, daß der eingezeichnete Weg auf der Karte immer weniger im Gelände ersichtlich wurde. Innerhalb weniger Wochen waren Pfade überwuchert mit nicht endenwollendem Grün. Er wußte die Truppe die sich durch das Dickicht schlug bei Ocella in guten Händen und machte sich mit Ariald und Baldwin auf um dem Trupp als Speculatores voran zu gehen.

    Es gab Mythen und Legenden um diese Wälder, mancher munkelte sie wachsen über Nacht vom Samen in beschauliche Höhe heran. Nun war er kein sehr abergläubischer Mensch, eher ein Kopfmensch. Doch das wuchernde Grün allenthalben machte ihn nachdenklich. Zwar waren es hauptsächlich Farne und niedere Büsche die an die Sonne wollten, doch sicher ist sicher. In Legenden fußt stets ein Körnchen Wahrheit.

    Nach einer Stunde im lockeren Dauerlauf hatte er genug gesehen, er hieß die beiden Equites an zu warten bis die Truppe aufschloß und lief abseits der Jahrhunderte alten Trampelpfade auf seine Männer zu. Dabei versteckte er sich als er ihrer gewahr wurde und ließ sie passieren. Hiernach flankierte er sie um sie wieder unbemerkt zu überholen.

    Seine Männer waren erfahrene Kämpfer, geschult und gestählt im Kampf. Man konnte ihnen kaum etwas vormachen, aber hier, in diesem jungen Unterholz, in dem nichts krachte und weniger Geräusche verursachte als die marschierende Gruppe, wären sie einem Überraschungsangriff zunächst ahnungslos ausgeliefert. Er gut koordinierter Schlag würde sie um die Hälfte dezimieren bevor sie zu den Waffen greifen konnten. Er lief ein wenig weiter vor bis zu einer Lichtung, kontrollierte sie auf eventuelle Gegner und wartete dann auf seine Männer. Olaf war der erste der auf ihn zukam. Ordentlich wie er war machte er eine Nuntio, da tauchte auch schon Ocella auf. Sein Freund, der jetzt im Ernstfall wahrscheinlich tot oder verletzt wäre.

  • Ocella trat auf Varro zu und wartete bis Olaf berichtete was ohnehin jeder wußte. Jedoch war irgendetwas in Varros Miene was ihn stutzen ließ. So guckte er immer aus der Wäsche wenn ihm irgendetwas nicht passte. Ocella hob Schultern und Hände und sah sich mit ernster Miene um.

    Was ist los? Fragte er schließlich Schulterzuckend. Er war sich keiner Schuld bewußt, sie waren auf dem Weg, die Sonne stand an der richtigen Stelle,...was zum ...es war zum Mäusemelken. Was sah Varro was er nicht sah? Naja, schlimm konnte es ja nicht sein, ...sie lebten alle noch, schnell zählte Ocella noch einmal die Männer durch und atmete auf. Alle da!

  • Varro sah über Ocellas Schulter hinweg auf die anderen Männer, die ihn fragend anstarrten. Keiner von ihnen machte Anstalten zur Verteidigung oder wirkte auch nur ansatzweise beunruhigt. Varro schüttelte den Kopf und sah nach unten. Wir vernachlässigen unsere Marschsicherheit. Ernst sah er Ocella an und fuhr fort. Wir stapfen hier durch Feindesland,...das Gelände hier ist unübersichtlich und für einen Hinterhalt mehr als geeignet. Die Männer hatten sich inzwischen alle eingefunden und bildeten einen Halbkreis um die beiden. Auch nicht eben normal, daß sich Equites die Gespräche von Offizieren anhörten. Der zweimonatige Einsatz hatte sie nicht nur rein Äußerlich verwahrlosen, sondern auch die Etikette vergessen lassen. Doch das focht Varro nicht an, denn trotz ihres barbarischen Aussehens und ihrer unangebrachten Zutraulichkeit waren sie seine Männer und wenn er ehrlich war verhielten sie sich im Grunde genauso wie sie aussahen. Varro sah sie an und nickte. Er wollte es ihnen durch gehen lassen,...diesmal.

    Männer, wir sind noch mehr als einen Tagesmarsch von unserem Basislager entfernt. Wie ihr seht hat sich die Vegetation seit unsrem letzten Aufenthalt hier stark verändert. Aus den Büschen können jederzeit Angriffe erfolgen. Mehr neugierig als wirklich erschrocken sahen sich die Männer um. Ihre Mimik änderte sich. Ihre Körperhaltungen nahmen wieder die Positionen ein, die Varro von ihnen gewohnt war.

    Wir werden uns besser absichern. Jeweils zwei Speculatores vorn, und an den Seiten...das Marschtempo wird erhöht. In zehn Meilen erreichen wir den Platz für unser Nachtlager, ich will in spätestens drei Stunden dort sein. Er zeigte auf vier Männer und wies ihnen wortlos ihre Seiten zur Aufklärung zu. Dann legte er Ocella die Hand auf die Schulter.

    Auf geht´s ...in Linie...ab...kurz darauf setzte sich die Truppe wieder in Bewegung. Varro wartete bis der letzte passiert war sah sich noch einmal um und folgte dann der Truppe. Vielleicht hatten sie ja Glück...

  • Ocella war peinlich berührt. Er wähnte sich aufgrund ihrer Aufmachung dermaßen in Sicherheit, daß er völlig verdrängte, daß sich die Barbaren auch gegenseitig ans Leder gingen. Ein so großer Verband wie der ihre dürfte so manchen Dorfältesten schon durchaus als Bedrohung angesehen werden.

    Das verfluchte Grün um sie herum macht es nicht gerade einfacher sich zu orientieren oder gar einen Hinterhalt zu erkennen.

    Varro hatte wieder einmal den Durchblick. Er hatte sich nicht einlullen lassen von irgendwelchen Freuden die im Lager und der Civitas auf sie warteten. Er war wieder einmal zu 100% bei der Sache. Ocella ärgerte sich über seinen Leichtsinn. Varro hatte sicher Recht, das er ihn nicht zum Decurio befördert hatte, wie er es sich insgeheim erhofft hatte.

    Er stand im Schatten Varro´s, er würde niemals aus diesem Schatten heraustreten können. War es das was Sabo ihm nahegelegt hatte?

    Doch was dann? Wieder unter Sabo´s Fittiche? Er sah nach vorn. Eiskalt lief es ihm den Rücken herunter, doch er beherrschte sich, trat zur Seite und ließ die Männer passieren. Wo war Varro? Verdammt! Ocella nickte den Männern zu, verbreitete Zuversicht und Sicherheit,...zählte die Männer durch...da sah er am Ende Varro...ein Stein fiel ihm vom Herzen.

    Nein,...er wollte gar nicht aus Varro´s Schatten.

  • Der Rest des Marsches an diesem Tag verlief unter einer gewissen Anspannung. Allen Männern war bewußt wo sie waren, daß sie jederzeit von allen möglichen Seiten mit einem Angriff rechnen mussten. Die Vorhut und die seitlichen Späher waren unsichtbar für die Gruppe, lediglich ihr Fluchen, wenn sie im Dickicht durch Dornen oder Brennnesseln liefen zeugte von ihrer Anwesenheit. Doch fluchten sie in ihrer Muttersprache, welche besonders bei Olaf, der aus dem hohen Norden Germaniens recht drollig.

    Varro trieb um seine Männer. Er war mal vorn, mal in der Mitte, mal hinten. Immer wieder half er Gestrauchelten auf die Beine, munterte auf, trieb an.

    Die Tage waren inzwischen länger hell und so dauerte es auch entsprechend länger sie auf den Beinen zu halten.

    Bei Sonnenuntergang erreichten sie dann ihren gesetzten Lagerplatz. Die von den Kameraden versteckten Vorräte und Decken wurden ausgegeben und die Wachen eingeteilt.

    Feuer war verboten, niemand sollte sie lokalisieren können. Das geschäftige Treiben ließ langsam nach und als die Sterne am Himmel funkelten, auch der letzte die angelegte Latrine genutzt und sich in die Decke gewickelt hatte verstummte das Gemurmel. Varro stand mit Ocella und Thoralf auf einer Anhöhe unweit des Lagers und spähte in die Dunkelheit. Von diesem Platz aus konnte man Meilenweit sehen. Angesicht der dichten Vegetation musste man jedoch scharf aufpassen und auf eventuell aufsteigende Vögel achten. Nichts war sicher und zeigte sich als das was es war. Halt´die Augen offen, Thoralf,...in zwei Stunden kommt die Ablösung. munterte Varro den Eques auf, der ihn säuerlich grinsend mit tiefen Rändern unter den Augen ansah. Ein Knuff gegen die Schulter geben machte sich Varro mit Ocella auf den Weg ins etwa 100 Fuß entfernte Lager.

    Wenn wir in diesem Tempo weiterkommen, müssten wir morgen Abend bei den Pferden sein...leg´dich hin Ocella, ich übernehme die erste Wache.

    Mit einer leichten Handbewegung verhinderte er Ocellas Wiederspruch, erkannte jedoch auch Dankbarkeit in seinen müden Augen.

    Die Strapazen des Marsch, die ungewohnte Lebensweise seit nunmehr 2 Monaten nagte an ihm, nagte an allen, auch an ihm selbst.

    Er sah Ocella zu wie er sich in die Decke wickelte und tat es ihm gleich. Die Nacht wurde wieder frisch, so wie die Nächte zuvor. Vorsichtig zog er seine Spatha aus der Scheide und lehnte sich an einen Baum. Seine Gedanken kreisten um die Missio, um die Expedition, um die Erkenntnisse aus zwei Monaten Aufklärung.

    Gab es einen perfekten Zeitpunkt für eine Strafexpedition? Traf es die Richtigen? Er hatte in den Ansiedlungen und Dörfern Menschen kennen geelernt, die im Schweiße ihres Angesichts für ihr täglich Brot schufteten. Er sah Fleiß, aber auch Gier, Neid und Rachsucht. Es gab immer jemanden der den Anderen seinen Wohlstand nicht gönnte.

    Das war die Saat. Der Funke der alles ins Verderben reissen konnte. Streitigkeiten um Weideland, Vieh oder auch um Frauen ließen regelmäßig Auseinandersetzungen mit teilweise tödlichem Ausgang folgen. Es waren einfache Menschen mit einem einfachen Codex. Sie würden sich Roms Macht niemals beugen. Varro dachte bei sich, daß es hier Kräfte gab, die Rom bezwingen konnten, denn nichts in diesem Land war so wie es schien.

  • Ocella erwachte unsanft. Er hatte das Gefühl ihn hätte ein Muli getreten. Unwirsch fuhr er auf und wickelte sich aus der Decke. Schlagartig war er wach. Hatte er die Wache verpennt? Er sah sich um. Schlafende Männer zusammengerollt, teilweise leise schnarchend.

    Der Himmel Sternenklar und Nachdunkel. Wer oder was hatte ihn denn da getreten? Es war niemand zu sehen. Ein wenig unsicher legte er Spatha und Puggio an, warf den Umhang aus grober Wolle über und sah sich weiter um. Olaf hatte Wache, er sah ihn und winkte ihm zu.

    Irgendetwas trieb ihn um. Er machte sich auf und ging den Weg zum höher gelegenen Wachposten.

    Er atmete die klare Luft, wunderte sich ein wenig über der Atemdunst. Es war frisch.

    Als er sich dem Posten näherte sagte er seinen Namen. So wie er aussah würde er für den Posten eine Bedrohung sein. Kurz darauf kam die Antwort. Thoralf….


    Und,…alles ruhig ? fragte er den Kameraden. Dieser nickte und wies dann mit dem Kinn nach Westen.

    Varro ist auf Erkundung,…

    Ocella durchfuhr es wie ein Blitz…was?...seit wann?

    Och, so ne Stunde. Entgegnete Thoralf seelenruhig und kaute ein einem Stück Trockenfleisch.Für ihn waren diese Aktionen Varros nicht Ungewohntes.

    Ocella regte sich innerlich auf. Verdammt, immer diese Extratouren. Varro war inzwischen Subpraefect, für so etwas gab es andere Männer. Kopfschüttelnd sah er in die Richtung die Thoralf ihm gewiesen hatte, als dieser plötzlich aufhörte zu kauen und angestrengt in die Dunkelheit starrte.

    Hast du das gehört? Fragte er Ocella. Doch der hatte nichts gehört weil ihm das Blut im Kopf rauschte. Irritiert sah er in die Richtung wohin Thoralf starrte.

    Da,…sagte der etwas gepresst. Da!...schon wieder!

    Ocella zog die Spatha, auch er hatte etwas gehört. Es klang als würde etwas über den Boden schleifen. Auch Thoralf hatte die Klinge gezogen.

    Alarm geben? Fragte er relativ ruhig.

    Ocella schüttelte den Kopf. Nein, geh und weck´die Männer. Kommt dann hier hoch!Es war besser eine erhöhte Position zu verteidigen als sich einkesseln zu lassen.

    Wieder ein Schleifen, doch weiter weg.

    Thoralf steckte die Klinge ein und eilte zum Lager. Ocella starrte in die Dunkelheit. Was war das? Irgendein Tier? Es mussten ja nicht immer Barbaren sein.

    Thorfalf kam kurze Zeit darauf mit den Männern. Ocella gab Zeichen sich zu verteilen und wachsam zu sein. Sie alle starrten in die Dunkelheit, bereit ihr Leben teuer zu verkaufen.

  • Doch es waren keine mordlüsternden Barbaren, die mit schartigen Waffen und angespitzten Ästen und gar Erntewerkzeug ihnen nach dem Leben trachteten. Die Männer der Vorhut hatten ein Rudel Wildschweine aufgescheucht. Den Göttern sei dank ohne frischem Nachwuchs.

    Die Schwarzkittel stoben in verschiedene Richtungen davon und walzten alles nieder was ihnen in den Weg kam.

    Der Wind stand günstig daher witterten sie die stark männlich duftenden Equites und rannten an ihnen vorbei. Das Getöse was sie dabei machten trieb alles aus seinen Löchern. Vögel stiegen verschreckt auf und ein Dachs machte sich davon.

    Einen jungen Barbaren trieb der Überlebenswille auf einen Baum unweit der in Verteidigungsposition positionierten Equites.

    Diese ungewöhnliche Aufstellung riet ihm zur Vorsicht. Diese Kerle da unten ahmten die Römer nach, soviel war sicher. Kein Krieger stellte sich so auf und vor allem kannte er auch keinen Krieger mit derart perfekten Waffen. So etwas hatte er erst einmal gesehen, damals in der großen Römerstadt. Er war mit seinem Großvater und seiner Mutter dorthin um die gelben Steine, die sein Vater im Osten an der großen See gesammelt hatte zu verkaufen. Es gab an diesem Tag eine Parade, er war mächtig beeindruckt, sein Großvater weniger und seine Mutter hatte sogar Angst vor diesen Reitern mit ihren Eisengesichtern. Er hatte sich damals gefragt was denn passieren würde wenn solch ein Eisenmann von seinem Pferd fiel?

    Na egal,...die Kerle da unten machten sich wieder auf und liefen nach Westen. Der Junge wartete bis sie weg waren um dann in sein Dorf zu laufen.

    Endlich hatte er einmal etwas zu erzählen...

  • Varro vertrieb sich die Zeit hinter der Nachhut um zu erfassen welche Spuren seine Leute in der Vegetation hinterließen. Es waren beachtliche Beschädigungen im Unterholz, natürlich besonders dort wo man sich durch das Unterholz schlagen m,usste.

    Es beunruhigte ihn nicht wenig als er daraus schloß, daß es Häschern, sollte es sie denn geben ein leichtes war ihnen zu folgen, zu flankieren, was ob der Geländekenntnisse sicher möglich war um sie dann an geeigneter Stelle zu erwarten und zu massakrieren.

    Der Lärm den die Truppe machte schreckte nicht nur niederes Getier auf, ständig sorgte die Vorhut für erschreckt davonfliegendes Federvieh.

    Plötzlich stob vor ihm etwas oder jemand durch das hohe Gras. Behende griff er danach und hielt einen halbwüchsigen Barbaren in Händen, der ihn mit großen Augen ansah.

    Ein Kind, ein Knabe, dem Mannesalter noch fern. Er beschloß die Sache nicht eskalieren zu lassen und schlug ihm mit der Faust gegen die Stirn. Der Knabe verdrehte die Augen und sackte in sich zusammen.

    Varro hob ihn auf und warf ihn über die Schulter. Kurz darauf erreichte er seine Männer, die sich gerade von einem Schwarzkittelscheinangriff erholten. Er schüttelte den Kopf und lies den Knaben zu Boden sinken. Erstaunte Blicke trafen ihn, welche sich bald in peinliche Gerührtheit wandelten. Dieser Bursche hat euch gesehen und war auf dem Weg zu seinem Dorf. Bei den Lärm den ihr macht und der breiten Spur die ihr hinterlasst ist es für seine Barbaren kein Problem euch zu finden.

    Betretene Gesichter...

    Na schön, wir marschieren jetzt in Linie, die Nacht durch, damit wir morgen bei den Pferden sind.

    Den Zwerg hier binden wir dort oben an, damit er, wenn er aufwacht nicht vom Baum fällt sich aber selbst befreien kann.

    Zwei seiner Männer nahmen den schlaffen Körper und banden ihn oberhalb der Reichweite von Schwarzkitteln an einem Baum fest.

    Für alles andere brauchte der Bursche halt Glück.

    Kurz darauf marschierten sie los, in Linie, mit möglichst wenig Radau und Schaden an der Vegetation. Varro folgte ihnen und war zufrieden. Notfalls konnte man die schmale Schneise auch für einen Wildpfad halten. An den Knaben verschwendete er keinen Gedanken mehr.

  • Nachdem sich die Aufregung gelegt hatte waren allesamt peinlich berührt, als dann auch noch Varro mit einem schlaffen Barbaren auftauchte traf es Ocella ins Mark. Seinen ersten Impuls der kleinen Scheißkerl den Kopf abzuschneiden musste er höchst anstrengend unterdrücken.

    Ebenso seine persönlichen Ehrgefühle als Varro ihnen mehr oder weniger die Leviten las.

    Innerlich grummelnd betrachtete er wie der Bengel der Zugriffhöhe von allerlei Omnivoren entzogen wurde und wandte sich dann brüsk um.

    Die Männer gingen ihm aus dem Weg. Sichtlich betroffen von seiner Inkompetenz.

    Und zum ersten Mal entwickelte er so etwas wie Groll gegen Varro.

    Dem Mann dem er bis vor einigen Minuten jederzeit sein Leben geopfert hätte.

    Warum missachtete er ihn so? Was sollte diese permanente Moserei über Spuren und Lärm? Es war helllichter Tag! Es gab Spuren und Fährten und verdammte Geräusche in diesem Mistwald. Überall lauerten gefräßige Untiere und mordlüsterne Barbaren. Verdammt sie waren Equites! Sie waren Kundschafter. Grummelnd folgte er seinen Vorläufern durch den schmalen Pfad. Varro war wieder sonstwo, wie lange und vor allem wohin mussten sie gehen? Warum wußte Wulfgar wohin sie gehen mussten? Warum wußte jeder das außer offensichtlich ihm?

    In diesem Moment ging ihm auf, daß er im Grunde nur ein willfähriger Schatten Varros war. Man duldete ihn und seine Inkompetenz nur weil Varro seine Hand über ihn hielt. Weder sein Rang, noch seine Taten stellten ihn vor die Anderen. Genoss er überhaupt deren Respekt?

    Ein Ast schnellte ihn entgegen, verfehlte nur knapp sein Gesicht. Er wollte gerade aufbegehren als er sah, daß der Abstand zum Vordermann zu groß geworden war. Wäre er richtig hätte er den Ast früher übernehmen können.

    Er ging weiter und ließ den Ast langsam los, sodaß Olaf hinter ihm den Schlag abfangen konnte,...so sollte es sein.

    Ocella rief sich zur Ordnung. Es wurde Zeit sich von Varro zu emanzipieren, Ocella zu sein, ein großer Krieger und Führer zu dem seine Männer aufsahen,...einer wie...

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