Da ich mir früher am Tag nicht wirklich sicher war, wie Schadensersatz rechtlich geregelt war, ging ich zur Bibliotheca Ulpia. Die Bibliothek, die Trajan neben seiner Basilika errichtet hatte, war die größte öffentliche Bibliothek Roms. Zumindest sagte man mir das. Dann müsste ich hier auf jeden Fall fündig werden.
Ich durchquerte die Basilica Ulpia, um mich auf der anderen Seite des Gebäudes vor der Säule wiederzufinden, auf der Trajan seinen Feldzug verewigt hatte. Diese war zu beiden Seiten von der Bibliothek flankiert. Beide Gebäude waren spiegelbildlich und glichen fast schon Tempeln. Aber waren Bibliotheken nicht in gewisser Weise auch Tempel? Tempel des Wissens? Ich dachte nicht allzu lange nach und durchschritt den Eingang zur Bibliothek, die sich zu meiner Linken befand. Diese müsste die lateinische Sammlung beherbergen, während die andere der griechischen Sammlung vorbehalten war.
Im Innern des zweistöckigen Gebäudes, welches angenehm vom Tageslicht beleuchtet war, erblickte ich mir gegenüber eine Statue Trajans, flankiert von zwei Regalen mit Schriftrollen zu jeder Seite. Ich blickte nach links und sah sieben Regale, ebenso wie rechts von mir, vor denen jeweils ein Säulengang verlief. Der Gang war zum Raum hin durch drei Stufen begrenzt, die in den Raum hinab führten und den Gang in seiner vollen Länge begleiteten. In der Mitte des Raums standen, schön symmetrisch aufgereiht, Lesepulte.
Das also war die größte öffentliche Bibliothek Roms? Mehr nicht? In diesem Gebäude mochten vielleicht zehn- bis zwanzigtausend Schriftrollen sein und in der griechischen Sammlung noch einmal so viele. Das erschien mir lächerlich wenig. Immerhin war ich die Bibliothek in Alexandria gewöhnt, wo das Fünffache zu finden war. Vielleicht sogar das Zehnfache! Ich besann mich, dass ich der Bibliotheca Ulpia womöglich Unrecht tat. Sie war noch sehr neu, während die Bibliothek in Alexandria bereits seit Jahrhunderten existierte. Mit der Zeit würde auch die größte Bibliothek Roms mit dieser mithalten können. Nur eben noch nicht jetzt.
Ich richtete meine Toga und ging auf einen der Sklaven zu, die in den Säulengängen auf die Bücher achteten. "Ich suche die Lex Mercatus. Wo kann ich diese finden?"
"Warte hier, Domine," sagte der Sklave und eilte daraufhin leisen Schrittes zu einem Regal und griff zielsicher eine Schriftrolle, die er mir mit einer leichten Verneigung übergab. "Die Lex Mercatus, Domine."
"Danke." Ich nahm die Rolle entgegen und begann, sie zu entrollen und zu lesen, während ich in Richtung des nächsten freien Lesepults ging. Praeambel - Der Geltungsbereich ... nur Rechtsgeschäfte zwischen Menschen ... und Göttern sind explizit nicht Teil ... Klagen wegen Verstoßes gegen die Lex Mercatus können vor dem Aedil erhoben werden. - Aha, sollte ich mir merken. Aedilis, nicht Praetor. Ich blickte auf und sah jemandem direkt ins Gesicht.