Rupa ließ sich von Sabacos bohrenden Fragen nicht aus der Ruhe bringen. Er dachte nach, hinterfragte die Informationen und blieb dabei professionell. Der Decurio ließ sich sein Wohlwollen nicht anmerken, sondern behielt die steinerne Miene bei.
"Erkundungsritte in die Tiefen des Barbaricums haben dieses Jahr zu den Schwerpunkten* unserer Aufgabe gehört, da wir eine größere Expedition vorbereiten. Du siehst, da passt etwas nicht zusammen." Das musste nicht die Schuld von Iunius Rupa sein und war es wahrscheinlich auch nicht. Er gab seine Informationen gewissenhaft weiter, aber irgendwer säte Falschinformationen. "Das mit dem Fluss ist eine wichtige Information. Die werde ich der Classis weiterleiten. Was diesen Dankwart betrifft, so stinkt sein Handeln nach Verrat. Nur an welcher Stelle."
Er sprach nicht aus, dass sein erster Verdacht auf die römische Classis fiel. Sabaco hatte selbst dort gedient und die verschlagenen Raubeine erlebt, die sich, wie die Ala, zumeist aus Germanen rekrutierte. Die Versorgung über den Fluss konnte nicht an ihren Schiffen vorbei passiert sein. Entweder wurde dort geschlampt ohne Ende, oder der Wind wehte aus einer anderen - sehr viel fataleren - Richtung. Sabaco wurde ein wenig flau im Magen, als ihm das bewusst wurde.
Er griff in seine Gürteltasche und holte die Karte raus, die Iunius Rupa bekannt vorkommen dürfte. Es war eine Kopie jener, die er während seiner Nachforschungen im germanischen Hinterland angelegt hatte. Er reichte sie dem Tiro samt einem kleinen Kohlestift.
"Zeichne mir die Stelle ein, außerdem mit Pfeilen die Richtung, aus der die Überfälle kommen." Es war seine Arbeitskopie, die er dann im Officium in Reinform übertragen würde."Über die übrigen Informationen muss ich nachdenken.
Mit deiner Hilda machst du es mir nicht leicht." Ein merkwürdiger Satz, der nur Sinn ergab, wenn man wusste, dass Sabaco sehr unter der Entfremdung zu seinem kleinen Bruder gelitten hatte, der von einem germanischen Weib aufs Übelste manipuliert worden war. Sabaco misstraute solchen Frauen zutiefst und hielt es für besser, Hilda auf Nutzdistanz zu halten. Er kaute mit seinem Splittergebiss auf der Innenseite seiner Wange herum.
"Ins Valetudinarium kommt sie mir nicht. Das ist ein Lazarett und kein Lupanar, und mit ihrer Loyalität ist es ja auch noch nicht weit her. Am Ende vergiftet sie uns die Patienten. Nein, das wird nicht geschehen. Wichtig ist, dass sie in Zukunft erkennt, dass es ihr besser mit Rom geht als ohne. Ihre Loyalität muss gefestigt werden. Wenn sie eine gewisse Bildung besitzt, sollte das kein Ding der Unmöglichkeit sein. Ich habe da jemanden an der Hand, der sich für ihr medizinisches Wissen interessieren könnte. Vielleicht kann sie mit dem ins Geschäft kommen, um sich ihr Brot und eine Unterkunft zu verdienen, ohne sich als Schankmaid oder Hure zu verdingen." Was ja meist aufs Selbe hinauslief. "Er wird in zwei Tagen hier vor Ort sein**, dann kann sie sich an der Porta melden, fals sie sich dafür interessiert. Ist ein netter junger Kerl, vor dem muss sie keine Angst haben."
*Zum Beispiel hier, man beachte insbesondere den ersten Beitrag: Vorboten des Sturms - Vorbereitungen auf die Operation Sommergewitter
** Gemeint ist dieser Besuch - Hilda kann sich, wenn sie will, an der Porta des Castellums melden: RE: [Valetudinarium] Die Seuche greift um sich