[Cubiculum] Sisenna Iunius Scato

  • Zimmer von

    Sisenna Iunius Scato


    Wenn man in das Zimmer von Scato eintrat, stolperte man fast das große Bett, das auf einer dicken Strohmatratze mitten im Raum prangte. Unzählbar viele bunte Decken und Kissen türmten sich darauf, um die trostlose Leere der zweiten Betthälfte zu kaschieren. Ansonsten blieb nicht viel Platz in dem kleinen, gut von unten beheizten Raum. In der Ecke stand noch eine Truhe für die Kleidung und Kleinkram, aber mehr Mobiliar gab es nicht.


    Die Wände waren rot bemalt, der Fußboden mit einem schwarzweißen Mosaik ausgelegt. Hier gab es keine stinkenden und rußenden Öllampen, sondern mit Bienenwachs gefüllte Tonschälchen in eigens dafür angelegten Wandnischen, die wie eine Kerze brannten. Das Licht war sanft, genug um alles zu sehen und dennoch nicht zu stören. Obwohl regelmäßig gelüftet wurde, hing der Duft von Räucherwerk in der warmen Luft, der sich überall festgesetzt hatte. Augenscheinlich hatte hier jemand eine intime Atmosphäre schaffen wollen, doch Scato hielt sich auffällig selten darin auf.

  • Scato saß mit dem Brief von Aulus Iunius Tacitus im Schneidersitz auf seinem Bett. Ein Schreiben von der Verwandtschaft las man nicht an seinem Arbeitstisch. Seine Augen waren müde von der vielen Arbeit, doch er freute sich, von dem Verwandten aus Alexandria zu hören.


    Scato nahm sich ein geschliffenes Brett als Unterlage, das eigens dafür gedacht war, im Bett schreiben zu können, und verfasste seine Antwort:


    Ad

    Aulus Iunius Tacitus

    Domus Iunia

    Via Flaminia

    Roma


    De

    Sisenna Iunius Scato

    Domus Iunia

    Mogontiacum

    Provincia Germania Superior


    Salve mein lieber Vetter Tacitus,


    ich habe mich sehr über deinen Brief gefreut. Leider zählt die pünktliche Beantwortung von Post nicht zu meinen Stärken, aber besser zu spät als nie.


    Um zunächst deine Frage zu beantworten: Selbstverständlich ist es in Ordnung, dass du die Domus Iunia bezogen hast! Sie ist dafür da, allen Iuniern ein Heim zu bieten und von allen Häusern, die wir über das Imperium verstreut besitzen, ist dieses das schönste und größte. Seine Hallen haben zu lange leer gestanden.


    Zum Beginn deiner Karriere als Jurist spreche ich dir meine herzlichen Glückwünsche aus! Mit Senator Annaeus Florus Minor als Patron hast du einen zuverlässigen und korrekten Mann, der dir den Rücken stärken wird. Ich selbst habe noch keinen Patron, aber von jenem Annaeus habe ich nur Gutes gehört. Manche behaupten sogar, er zeige gelegentlich Anflüge von Humor, was man nicht von vielen Senatoren behaupten kann.


    Deine liebe Schwester Iunia Matidia ist wohlbehalten in der Domus Iunia in Mogontiacum eingetroffen, was man von ihren Verwandten leider nicht sagen kann. Die Mutter bedarf der Pflege und der Vater hat den Angriff der Barbaren leider nicht überlebt. Doch Iunia Matidia ist eine starke junge Frau, die von den schrecklichen Ereignissen nicht sonderlich erschüttert zu sein scheint. Momentan erkundet sie die Stadt und lernt die Gesellschaft kennen, etwas, wovor ich mich bisher erfolgreich gedrückt habe.


    Deine Frage, was ein Prätorianer in Mogontiacum treibt, kann ich dir durchaus beantworten. Unsere Einheit ist unter anderem für den Schutz der Kaiserlichen Familie zuständig. Der größte Teil dient daher in Rom, aber die kaiserliche Familie begibt sich auch auf Reisen, besonders der nunmehr einzige Stammhalter. So ergab es sich, dass ich unseren verehrten Caesar Aquilius Bala, mögen die Götter über ihn wachen, auf seiner Mission nach Germania superior begleitet habe. Ziel ist es, die Barbaren zu züchtigen und in ihre Schranken zu verweisen. Ich diene hier als Optio valetudinarii und bin als Verwalter des Lazaretts für die Gesundheit der Soldaten zuständig.


    Mich bindet meine Pflicht daher die meiste Zeit an das Valetudinarium, das in diesen Tagen leider übervoll ist. Eine Seuche grassiert und hat viele Leben gekostet. Es hat viele Monate gedauert, bis wir als Ärzte der Cohortes Praetoriae und der Ala I Aquilia Singularis eine Therapie entwickeln konnten, welche die Sterblichkeit eindämmte. Faunus möge mir helfen, sie weiter zu verbessern. Noch können wir keine Entwarnung geben. Ich hoffe, die warme Luft des Frühlings, der sich nun endlich einzustellen beginnt, trägt weiter dazu bei, den Krankenstand zu senken.


    Leider enden die traurigen Nachrichten nicht bei den Eltern von Iunia Matidia. Unser treuer Vetter Faustus Iunius Rupa ist bislang nicht von einer Aufklärungsmission zurückgekehrt, auf die er geschickt worden war. Das ersparte ihm bislang das Schicksal, zu erfahren, dass seine liebe Fraue Hilda, die hier in der Domus Iunia lebte und mir als Kräuterfrau gute Unterstützung in der Bekämpfung des Sumpffiebers leistete, eines Morgens nicht mehr aufgewacht ist.


    Ich hoffe, wenn wir wieder voneinander hören, kann ich dir bessere Nachrichten überbringen lassen. Bitte trage dafür Sorge, dass die Figur des Faunus, der auch in der Domus Iunia in Roma über uns wacht, stets die ihm gebührende Behandlung erfährt. Ich weiß, dass viele ihm nicht so viel zutrauen wie den großen Göttern und ihm entsprechend nicht die gleiche Achtung erweisen, aber bisher ließ er uns nie im Stich.


    Für deine Karriere wünsche ich dir alles Gute und werde dich in meine Opfer und Gebete einschließen.


    Vale bene

    Scato


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