[Campus Martius] Der Beginn einer Stadtführung

  • Da hatte Stilo etwas Interessantes gesagt. Ich kaute zu Ende und schluckte den Bissen herunter, den ich bis eben noch im Mund hatte.


    "Wenn du es nicht allzu eilig hast, nach Germanien zu kommen, könnten wir gemeinsam reisen. Ich habe nämlich auch vor, nach Germanien zu reisen. Meine Schwester ist da mehr oder weniger gestrandet und vielleicht benötigt sie meine Hilfe. Wenn nicht sie, dann meine Mutter. Obwohl sie sich immer gut selbst helfen konnte. Bevor ich reisen kann, muss ich aber noch eine Kleinigkeit für meinen Patron erledigen und meine Gerichtsverfahren zu Ende bringen. Das sollte aber nur wenige Wochen benötigen. Nun, was meinst du?"


    Ich hob meinen Becher ebenfalls.


  • "Tacitus, das klingt nach einem interessanten Vorschlag", antwortete Stilo und prostete ihm zu.

    "Es wäre sicherlich spannend, gemeinsam nach Germanien zu reisen und dort neue Abenteuer zu erleben. Ich habe viel über die unendlichen Wälder und die faszinierende Kultur der Germanen gelesen, selbst wenn manche Geschichten mir eher das Schaudern bereiten."


    Er lehnte sich zurück und dachte einen Moment nach. Während Tacitus seine Angelegenheiten erledigt, könnte er die Zeit nutzen, um Rom besser kennenzulernen.


    "Ich habe gehört, dass die Legio Primigenia in Germanien stationiert ist. Vielleicht ist es einen Versuch wert, mich dort zu melden und zu sehen, ob ich mich ihnen anschließen kann.", fuhr er schließlich fort, während er ein weiteren Bissen Brot mit etwas Bohnen zu sich nahm und die Wurst in die köstliche Soße tunkte.


    Die Aussicht auf die bevorstehende Reise nach Germanien und die Möglichkeit, neue Wege einzuschlagen und Ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, füllte uns mit Vorfreude und Entschlossenheit. Es würde eine aufregende Zeit werden, voller Herausforderungen und unerwarteter Begegnungen.


    Plötzlich merkte er, wie selbstsüchtig er davon sprach nach Germanien zu reisen.


    "Verzeih mir, als allererstes, geht es deiner Schwester und Mutter gut?", sagte er leicht verlegen und nahm einen Schluck von seinem Becher.


  • Ich musste lächeln, als die Begeisterung mit Stilo durchging und ihm dann erst in den Sinn kam, nach meinen Verwandten zu fragen. In Alexandria war ich nicht viel anders. Nur, dass meine Abenteuer eher in der Bibliothek anzusiedeln waren.


    "Meine Mutter scheint verletzt zu sein und bedarf der Pflege, aber lebensbedrohlich scheint es nicht zu sein. Meine Schwester sollte eigentlich ihren Verlobten heiraten, doch leider ist er vor der Hochzeit verstorben. Deshalb ist sie bei Mutter geblieben. Aber so weit scheint es meiner Schwester gut zu gehen. Ich mache mir eher Sorgen um die armen Bewohner von Mogontiacum, nun schutzlos meiner Schwester ausgesetzt zu sein."


    Lachend hob ich meinen Becher und nahm einen Schluck.


    Meine Portion neigte sich ihrem Ende und auch bei Stilo leerte sich der Teller.


    "Ich denke, dass wir gleich am Theater des Pompeius vorbei in Richtung Capitolinus gehen und weiter zum Forum Romanum. Was meinst du?"

  • Stilo lächelte, während er den Worten seines Freundes aufmerksam lauschte. Die Geschichten über Alexandria faszinierten ihn. Als Einwohner Crotonas, eine kleine Stadt im Süden Italiens, hatte er selbst nur wenig Gelegenheit gehabt, solch faszinierende Orte zu erkunden. Doch er war dankbar für die Möglichkeit, sie durch die Erzählungen seines Vetters zumindest gedanklich zu besuchen.


    "Es tut mir leid zu hören, dass du mit solchen Herausforderungen konfrontiert bist", antwortete Stilo mitfühlend und fiel dann plötzlich in Gelächter ein. "Ha ha, ich verstehe. Ich kenne deine Schwester noch nicht, aber ich glaube, ich werde dann bald die Gelegenheit dazu haben. Und um ehrlich zu sein, freue ich mich schon darauf." Er lachte weiter und säuberte sich sein Mund mit einem Fetzen Stoff und fuhr dann schließlich fort, "Dann muss wohl der angesehene Jurist Tacitus Magontiacum schützen".


    Stilo dachte einen Moment nach und nahm dann einen Schluck aus seinem Becher, um über die vorgeschlagene Route nachzudenken. "Das klingt nach einem guten Plan", stimmte er zu. Er lächelte zufrieden, während er den letzten Bissen seiner Wurst auf seinem Teller genoss. Die herzhafte Mahlzeit im Thermopolium war genau das Richtige, um sich für den bevorstehenden Tag zu stärken.

    Er machte Malorix ein Zeichen, dass er die Rechnung begleichen wollte. Der Wirt kam zu ihrem Tisch und nahm das Geld entgegen, bedankte sich höflich und wünschte ihnen einen angenehmen Tag. "Danke," erwiderte Stilo, "und da ich noch ein paar Tage in Rom sein werde, wird dies nicht das letzte Mal sein, dass ich hier war.", versprach er dem Wirt, der Tacitus freundlich anlächelte.


    Stilo erhob sich und streckte sich, während er seine Münzen wieder in den Geldbeutel steckte. Er fühlte sich energiegeladen und voller Vorfreude auf den Tag, der vor ihnen lag. Die Sonne schien hell und ließ die Straßen Roms in einem warmen Licht erstrahlen.

  • "Wir sehen uns, Malorix," sagte ich zum Wirt, als wir gingen. Dann wendete ich mich an Stilo.


    "Ich danke dir für die Einladung zum Essen. Es wäre nicht nötig gewesen, aber ich weiß das zu schätzen."


    Wir gingen zwischen dem Thermopolium und den Thermen des Agrippa hindurch und fanden uns dann auch schon vor einer Ecke des Porticus Pompeia. Ich führte meinen Vetter noch ein Stück weit nach links, bis wir fast zentral vor der östlichen Fassade des Porticus standen. Ein ganzes Stück, sicher 400 Pedes, weiter hinten konnte man die Rückwand der Scaena erkennen.


    "Wir stehen nun vor dem Portikus des Pompeius. Dahinter kann man die Skené erkennen."


    Dass ich den Begriff griechisch aussprach, fiel mir nicht auf. Ebensowenig, wie es mir auffiel, wenn ich den Namen Alexandrias mit griechischem Akzent aussprach.


    "Das Theater war das erste Theater in Rom, das aus Stein erbaut wurde. Der Erbauer war Gnaeus Pompeius Magnus. Es stammte also noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg nach der Ermordung Iulius Caesars. Eigentlich waren damals keine festen Theaterbauten erlaubt, aber Pompeius hatte ganz oben auf den Rängen einen Tempel der Venus bauen lassen, so dass das Gebäude streng genommen als Tempel galt. Wie du siehst, gibt es öfter einmal Möglichkeiten, ein Gesetz zu umgehen, wenn es nicht sauber formuliert wurde."


    Ich ließ das kurz sacken, bevor ich weiter dozierte.


    "Der Porticus ist recht interessant. Wir sind hier immer noch außerhalb des Pomeriums. Pompeius hatte deshalb eine Curia im Porticus errichtet, damit der Senat hier auch mit Senatoren tagen konnte, die das Pomerium nicht betreten durften. Und genau diese Curia ist in gewisser Hinsicht eng mit der Geschichte unserer Gens und zugleich auch mit Divus Augustus verbunden. Es war diese Curia, und nicht die Curia auf dem Forum Romanum, in der sich der Senat an jenen schicksalhaften Iden des März versammelte, an denen Divus Iulius ermordet wurde."


    Ich zeigte auf das Gebäude, dessen Dach über die Außenmauer des Porticus ragte.


    "Dort, genau dort, wurde Divus Iulius ermordet. Genau dort war es Marcus Iunius Brutus Caepio, der zusammen mit anderen Verschwörern Gaius Iulius Caesar erdolchten. Sie mochten wirklich im Glauben gehandelt haben, die Res Publica zu schützen. Anderen ging es vielleicht nur um Macht. Doch bewirkten sie damit nur, dass die Res Publica endgültig zerbrach und Bürgerkriege ausbrachen. Und jetzt kommen wir zu Divus Augustus. Er, und nur er, Adoptivsohn Iulius Caesars, hatte es geschafft, die Bürgerkriege zu beenden, die Res Publica wiederherzustellen und ein goldenes Zeitalter des Friedens zu schaffen. Ohne diesen schicksalshaften Moment der Geschichte hier im Porticus Pompeia hätte die instabile Res Publica womöglich noch länger bestanden und wäre in viel schlimmeren Bürgerkriegen untergegangen. Vielleicht wäre dann jemand anderes als Sieger hervorgegangen, der die Res Publica nicht wiederhergestellt hätte. Doch zum Glück wurde alles so gefügt, dass wir eine stabile, modernisierte und bessere Res Publica erhalten haben. Dieser Ort hier war der Anfang der Transformation in diesen modernen Staat. Bedauerlicherweise wurde dafür das Blut des Divus Iulius vergossen."

  • Direkt vor dem Thermopolium, aus dem sie gerade gekommen waren, waren einige Menschen versammelt, die fröhlich miteinander plauderten und lachten. Sie ließen sich von der pulsierenden Energie der Stadt mitreißen und schienen das Leben in vollen Zügen zu genießen. Der Duft von frisch zubereiteten Speisen hing in der Luft und weckte den Appetit der Vorbeigehenden. "Ich muss mich bei dir bedanken," sagte er und richtete sein Blick nochmal in die Richtung des Thermopolium, "und du kannst dir sicher sein, dass ich nicht das letzte mal hier war." Er hob seinen Arm und streichelte sich glücklich über seinen Bauch.

    Während sie vor dem imposanten Portikus des Pompeius standen, konnten sie die Atmosphäre der Umgebung aufnehmen. Die Geräusche der belebten Straßen Roms erfüllten die Luft. Menschen strömten hektisch an ihnen vorbei, einige eilten zu ihren Geschäften, andere genossen das warme Wetter und die Gespräche auf den Straßen.


    In der Nähe der Thermen des Agrippa sah man Menschen, die in lebhaften Diskussionen vertieft waren. Einige saßen auf den Stufen und unterhielten sich angeregt, während andere hektisch ihre Wege fortsetzten. Die Vielfalt der Menschen beeindruckte Stilo. Es gab Kaufleute, Handwerker, vornehme Damen und Herren, Sklaven und sogar einige der Cohorte Urbane in ihrer charakteristischen Rüstung.

    Tacitus, der Stilo diese Details über den Ort mitteilte, stand neben ihn und vermittelte eine gewisse Begeisterung für die Geschichte und Bedeutung des Portikus Pompeius. Sein Gesicht leuchtete auf, während er ihn von den historischen Ereignissen erzählte, die sich an diesem Ort abgespielt hatten. Seine Stimme war voller Leidenschaft und Überzeugung, und seine Gestik betonte die Bedeutung jedes Details. Ab und zu wandten sich Passanten neugierig ihre mGespräch zu, blieben kurz stehen und lauschten Tacitus' Erzählungen über das Theater, die Curia und die tragischen Ereignisse, die sich dort zugetragen hatten. Einige zeigten Interesse und nickten zustimmend, andere gingen weiter, vielleicht von der Fülle der Informationen überwältigt oder von ihren eigenen Gedanken beansprucht.

    Er wandte sich Tacitus zu, nachdem er seine Erzählung über den Portikus Pompeius und die damit verbundenen historischen Ereignisse beendet hatte. Ein Gefühl der Bewunderung und Anerkennung erfüllte Stilo angesichts seines umfangreichen Wissens und seiner Leidenschaft für die Geschichte.

    "Tacitus, ich danke dir für diese faszinierende Darstellung der Geschichte des Portikus Pompeius. Es ist bemerkenswert, wie tiefgründig und detailliert du die Ereignisse beschreibst, die sich hier zugetragen haben. Deine Erklärungen haben mir einen tiefen Einblick in die Bedeutung dieses Ortes und seine Verbindung zur Gens Iunia gegeben."

    Stilo ließ einen Moment der Stille verstreichen, um die Worte von Tacitus auf sich wirken zu lassen. Seine Erzählung hatte ihn mitgerissen und ihn dazu gebracht, über die weitreichenden Auswirkungen der historischen Ereignisse nachzudenken.

    "Es ist faszinierend zu sehen, wie die Geschichte an diesem Ort lebendig wird. Das Theater des Pompeius, das aus Stein erbaut wurde und trotz der damaligen Einschränkungen eine Ausnahme darstellte, eröffnete neue Möglichkeiten für kulturelle Veranstaltungen und führte zu einer Transformation des öffentlichen Lebens. Die Tatsache, dass die Curia hier ihren Platz fand und dass in dieser Halle der Senat an jenem schicksalhaften Tag der Ermordung von Divus Iulius Caesar tagte, verbindet unsere Gens Iunia eng mit den bedeutenden Ereignissen der Geschichte."

    Er wandte seinen Blick erneut dem Portikus zu und konnte sich nun noch lebhafter vorstellen, wie sich die politischen Intrigen und die Schicksalswende der Römischen Republik an diesem Ort entfaltet hatten.

    Er richtete seinen Blick wieder auf Tacitus, mit einem Ausdruck von Respekt und Interesse.

    "Tacitus, du hast diese Geschichte so lebendig und eindringlich erzählt. Ich bin beeindruckt von deinem Wissen und deinem Erzähltalent"

    Zustimmend nickten einige Passanten, die ebenfalls neugierig die Erzählung belauschten.

    "Ich glaube auch, ohne Brutus und uns Iunier, hätten unsere Vorfahren durch einen Bürgerkrieg mach den anderen, letztendlich sich selbst ausgelöscht. Schließlich mussten die Götter eingreifen und haben alles so gelenkt, damit wir heute so leben können. Das glaube ich., "sagte Stilo und atmete tief ein.

  • "Nun, ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich mein Wissen über das Theater des Pompeius und seine Geschichte von meinem Vater gelernt habe. Der hatte sie mir zum ersten Mal erzählt, als ich acht Jahre alt war und er mich über den Campus Martius geführt hatte."


    Es war eine schöne Kindheitserinnerung. Vor allem auch deshalb, weil mein Vater selten Zeit hatte und er sich bei den Führungen durch Rom immer viel Zeit genommen hatte. Entsprechend selten und wertvoll waren diese Momente für mich. Er freute sich sicher im Elysium, dass ich sein Wissen nun weitergab.


    Etwas erstaunt musste ich feststellen, dass auch Passanten gerne meinen Ausführungen zuhörten. Das erstaunte mich ein wneig, machte mich aber auch stolz.


    "Die Götter haben auf jeden Fall Rom stets geschützt. Und du hast Recht, dass die Götter uns in eine gute Zeit geführt haben."


    Mich freute es, dass Stilo das Wirken der Götter zu würdigen wusste. Obwohl ich selbst skeptisch war, ob es die Götter selbst waren oder nur ihr Logos. Diese philosophische Frage war aber nur wenig relevant, weil das Ergebnis identisch war und letztlich auch der Logos eines Gottes dessen Kern war, also durchaus ebenfalls identisch mit den wesentlichen Eigenschaften der Götter.


    "Die Götter sind übrigens ein gutes Stichwort. Der Mons Capitolinus ist nicht mehr fern. Folge mir."


    Mit diesen Worten ging ich weiter. Wie umrundeten den Häuserblock, in dem das Thermopolium war, und wandten uns nach links.


    "Das Theater dort wurde von Lucius Cornelius Balba Minor erbaut. Es ist nicht so groß wie der Bau des Pompeius, aber dafür ein recht schönes Theater. Weniger Protz, mehr Qualität."


    Wir gingen darauf zu, drängten uns aber durch den schmalen Durchgang zwischen dem Theater und dem Porticus Minucia. Wobei der Durchgang gar nicht so eng gewesen wäre, wären nicht die vielen Menschen gewesen, die sich in beiden Richtungen ihren Weg bahnten.


    Dann folgten wir der Straße zwischen Insulae hindurch, bis wir wieder auf die breite Via Flaminia trafen. Wir folgten ihr ein wenig nach rechts. Schließlich blieb ich stehen. Über den Resten der Servianischen Mauer thronte gut sichtbar das Kapitol, wobei der Tempel des Iuppiter Optimus Maximus ziemlich weit, am anderen Ende des Berges stand. Selbst auf diese Entfernung sah er aber imposant aus.


    "Hier, der erste Tempel nach der Mauer, ist der Tempel der Iuno Moneta. Und wenn du deinen Blick weiter nach rechts schweifen lässt, siehst du den Tempel des Iuppiter Optimus Maximus. Du erkennst ihn sehr gut am goldenen Dach."


    Das Dach glänzte hell in der Sonne. Ich fand es immer interessant, dass nichts den Glanz der Sonne so natürlich spiegelte wie Gold.

  • "Dein Vater ist sicherlich stolz auf dich. Und es ist schön zu sehen, mit welcher Begeisterung du seinen Wissen weitergibst. Mein Vater hatte leider nie Zeit für mich. Zumindest nicht in so, dass er mit mir nach Rom gegangen ist. Aber als Kind waren wir in Sirakusa, dass war auch ein Erlebnis sage ich dir. " Nun war es Stilo, der glücklich in seiner Kindheitserinnerung schwelgte.


    Als er seinen Blick auf den Tempel richtete, war er überwältigt von seiner imposanten Größe und Schönheit. Der Tempel erhob sich stolz in den Himmel, seine mächtigen Säulen ragten hoch empor und bildeten eine majestätische Fassade. Die Architektur war beeindruckend, jeder Stein schien sorgfältig platziert und jedes Detail wurde mit größter Präzision ausgearbeitet. Das goldene Dach schimmerte in der Sonne und verlieh dem Tempel einen strahlenden Glanz, der ihn noch beeindruckender machte.

    Um den Tempel herum herrschte reges Treiben. Pilger, Gläubige und Neugierige strömten die breiten Treppen hinauf, um dem Tempel näher zu kommen. Viele trugen farbenfrohe Gewänder und schienen voller Ehrfurcht und Andacht. Die Luft war erfüllt von einem Hauch von Weihrauch, der sanft durch die Straßen schwebte und eine spirituelle Atmosphäre schuf.

    Der Klang von Stimmen und Schritten erfüllte die Luft. Menschen aller Schichten der Gesellschaft versammelten sich hier, um ihren Glauben zu praktizieren. Man hörte das leise Murmeln von Gebeten, das rhythmische Klatschen bei rituellen Zeremonien und gelegentlich das Singen von Chören, die ihre Lobgesänge den Göttern darbrachten. Die Atmosphäre war durchdrungen von einer Mischung aus Spiritualität, Vorfreude und Ehrfurcht vor den göttlichen Kräften, die hier verehrt wurden.

    Stilo konnte den stolzen Anblick des Tempels kaum fassen und spürte, wie sich eine Mischung aus Bewunderung und Demut in ihn ausbreitete. Es war ein Ort, an dem die Verbindung zwischen den Menschen und den Göttern spürbar war, ein Ort des Rückzugs und der Verehrung, der einen Hauch von Transzendenz in die hektische Welt der Stadt brachte.

    Tiefer in seinen Gedanken versunken wandte er sich wieder Tacitus zu, seine Augen voller Ehrfurcht und Begeisterung. "Dieser Tempel ist wahrlich ein Meisterwerk der Architektur und ein Zeugnis für den Glauben und die Hingabe an unsere Götter", sagte er leise, fast ehrfürchtig.


    Plötzlich spürte er jedoch eine unangenehme Dringlichkeit in seinem Unterleib. Sein Blick wanderte suchend umher und seine Stimme wurde etwas schüchtern, als er Tacitus fragte: "Entschuldige bitte die Störung, aber gibt es hier in der Nähe eine Latrine? Ich müsste dringend Wasser lassen."



  • Das war ja ein hervorragendes Timing! Nun gut, wir mussten ohnehin weiter.


    "Folge mir."


    Ich ging wieder auf die Via Flaminia. An einer Hausecke in einer Seitengasse standen Amphoren, die eigens für den von Stilo benötigten Zweck hier aufgestellt waren. Es stand auch gerade jemand davor und erleichterte sich, was bei dem Gedränge nicht ganz einfach war. Und der hatte keine Toga an.


    "Pass auf deine Toga auf!" sagte ich noch und meinte es ernst.

  • An den Amphoren angekommen konnte es Stilo kaum abwarten seine Blase zu entleeren. Bei all dem guten Essen und dem Wein würde es ihm gleich besser gehen. Er stellte sich neben den Mann hin der leicht schwankend seinem Strahl zwar in Richtung der Amphore lenkte, jedoch das meiste daneben auf die Halterungen floss. Stilo bekam ein paar Spritzer ab, sodass er reflexartig seine Füße zurückzog. "Pass auf! ", sagte er, worauf der Mann ein wirres Geplapper anfing und sich entschuldigte. Nun legte Stilo die Toga leicht zur Seite, was nicht so einfach ging. Die Menschen drückten sich die Straße entlang, aber glücklicherweise wurde er von niemand angerempelt. Jetzt verstand Stilo genau, was Tacitus mit seiner Warnung meinte.

    Als er seine Blase entleert hatte und sein Stück geschüttelt hatte, richtete er sich wieder zu Tacitus auf und mit einem erleichterten Blick sagte er, "Danke, das musste jetzt sein. Gerne können wir weiter gehen und die Stadt erkundigen, wenn du noch Zeit hast." Er war erleichtert, dass er diese unangenehme Situation hinter sich gelassen hatte und sie ihre Entdeckungsreise fortsetzen konnten.

  • Ich musste beinahe lachen. Ein Grinsen konnte ich mir aber nicht verkneifen.


    "Natürlich gehen wir weiter. Du hast das Beste ja noch gar nicht gesehen. Die Foren!"


    So gingen wir weiter zum Trajansforum, was von hier ohnehin nur noch wenige Schritte entfernt war.

  • Stilos Augen erhellten sich vor Freude und so folgte er Tacitus, den wohl besten Stadtführer, den Rom je hervorgebracht hatte.

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