Inspektion im Gefängnis

  • Inspektion im Gefängnis


    Der Befehl des Kaisers war eindeutig gewesen.


    Stilo ging durch die dunklen und feuchten Gänge des Gefängnisses, die von Fackeln spärlich beleuchtet waren. Er hörte das Stöhnen und das Schluchzen der Gefangenen, die in ihren Zellen kauerten oder an ihren Ketten hingen. Er roch den Gestank von Blut, Schweiß, Urin und Exkrementen, der in der Luft lag. Das Elend, das er sah, berührte ihn nicht. Er war nur darauf bedacht, seine Pflicht zu erfüllen, und hin und wieder seine Autorität zu zeigen.


    Er trat an jede Zelle heran, und öffnete das kleine vergitterte Türchen, das in die Zellentür eingelassen war. Er schaute durch das Gitter, das die Gefangenen von der Außenwelt trennte, um ihren Zustand zu überprüfen. Jeder Gefangene musste aufstehen und ihm bei einem kurzen Appell Bericht erstatten. Es gab niemanden, der das verweigerte. Er kümmerte sich nicht um ihre Schmerzen oder ihr Leid. Er kümmerte sich nur um seine Befehle, seine Berichte und den Lohn, den er irgendwann in Aussicht sah. Anschließend überprüfte er persönlich den Zustand aller Gitter, Ketten und Schlösser.


    Pansa und Dexter wirkten besorgt ob der gründlichen Inspektion und versicherten, dass sie alle Befehle und Vorschriften erfüllt hätten. Sie fürchteten seinen stillen Zorn, obwohl Stilo ihnen gegenüber meist nachsichtig war. Immerhin verbrachte man regelmäßig seine Freizeit miteinander, denn das hierarchische Gefälle zwischen Optio und Miles war nur gering. Stilo stellte einige Rückfragen und kam zu dem Schluss, dass nur wenig Handlungsbedarf bestand.


    Er beendete seine Inspektion, und ging zu seiner Schreibstube, die sich am Ende des Gefängnisses befand. Er schrieb einen Bericht über seine Beobachtungen und seine Maßnahmen. Während der Arbeit spürte er die Kälte und die Nässe, die seine Kleidung durchdrangen. Auch wenn er heute wenig motiviert an seine Arbeit gegangen war, war er nun zufrieden.

  • Die Maßnahmen wurden konsequent durchgezogen. Der Carcer konnte sich seit dem Rüffel des Kaisers sehen lassen. Doch das Schweigen aus dem Palatin beunruhigte Stilo. Gab es Probleme mit dem Bericht über die Christenrazzia? Er traute der Stille nicht. Eisern zog er sein verbessertes Programm für den Carcer durch, so weit seine Befugnisse als Optio carceris das erlaubten.


    Stilos Tag begann wie immer mit Morgensport, den er gemeinsam mit seiner Centuria machte. Danach wurde sich gewaschen und etwas gegessen, alles musste sehr schnell gehen. Die Abläufe waren präzise getaktet. Dann übernahm er die Schicht im Carcer. Es folgte in der Frühschicht der Weckruf für die Inhaftierten und die Frühstücksausgabe, während Stilo in seiner Schreibstube die Bearbeitung von Post und Anträgen übernahm. Bei Bedarf schaute ein Sanitätsdienst nach einzelnen Gefangenen. Die Prätorianer beaufsichtigten Reparaturen und Reinigungsaufgaben, der Carcer musste vorzeigbar sein. Es folgte eine Mittagspause, dann wurde die Schicht übrgeben. Freizeit war danach noch nicht, es folgten Drill oder Weiterbildungen für die Prätorianer.


    Geradezu verbissen arbeitete Stilo an der Einhaltung dieses Tagesplans, trat Leuten in den Hintern und stieg anderen auf die Füße. Beliebt machte er sich damit nicht, doch welcher Prätorianer war das schon. Es zählte einzig, respektiert zu werden. Und Respekt wusste er sich zu verschaffen, auch wenn das einigen Herrschaften in der Castra nicht schmeckte.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!