[Triclinium] Empfang von Aulus Iunius Tacitus & Sextus Iunius Stilo

  • Als Scato neben Stilo Platz nahm, legte er sein Becher auf den Tisch zurück und überlegte kurz, da er sich wirklich keine Gedanken zu der Frage gemacht hat.


    "Nunja," fing er an, "meine erste Wahl ist wohl die Legio, ich habe viele in der Heimat, die in der Legion waren und mit ihren Geschichten bin ich groß geworden. Andererseits finde ich auch die Ala ziemlich spannend. Viel Zeit möchte ich dabei nicht verweilen lassen und schnell zu einer Entscheidung kommen. Was würdest du mir empfehlen, oder viel eher, was würdest du machen, wenn du deine Zukunft, sei es politisch oder nicht, erfolgreich aufbauen willst?"

    Die Frage kam taktloser rüber, als es geplant war, denn offensichtlich war ja Scato bereits bei den Praetorianern, und besser hätte man es nicht machen können. Allerdings konnte man da nicht so leicht rein und brauchte erst eine Empfehlung. "Verzeihe mir, ich meinte, wenn du ganz von vorne anfangen müsstest. Was wäre dein Weg, wenn ich fragen darf?"


    Die Familienzusammenführung lief im Hintergrund weiter ab und Stilo musste sich eingestehen, dass er Tacitus nie so emotional gesehen hatte. Gut, wenn es ein architektonisches Bauwerk zu bewundern gab, konnte er ebenfalls sentimental werden. Schließlich musste sich Stilo auch eingestehen, dass er ja Tacitus noch nicht so lange kannte. Aber er freute sich unwahrscheinlich, ihn so sehen zu können. Ebenfalls freute er sich für Matidia.


    "Genau, Stilo. Aus Crotona. Freut mich ebenfalls dich kennenzulernen", erwiderte er mit einem sehr freundlichen und jugendlichen Lächeln an Matidia gewandt.


  • Dann schaute sie wieder zu ihrem Bruder. "Was macht ihr hier?"

    "Was Stilo anbetrifft, so will er unsere Grenztruppen verstärken. Ich hingegen will in erster Linie nach dir und unserer Mutter schauen."


    Dabei wurde mein Lächeln etwas breiter, bevor ich weitersprach.


    "Eigentlich wollte ich bereits früher hierher kommen, aber meine Arbeit hat mich aufgehalten. Es gab noch Fälle, die ich in der Basilica Ulpia vertreten musste und ich hatte noch Aufgaben von meinem Patron und eine Art Gutachten zu verfassen, um das mich die Kanzlei unseres Augustus gebeten hatte."


    Götter! Ich höre mich an, wie mein Vater! schoss mir durch den Kopf. Für ihn hatte auch immer seine Arbeit Vorrang. Dass ich auch hoffte, hier Informationen und Erfahrungen für mein nächstes Buch sammeln zu können, verschwieg ich erst einmal und lächelte entschuldigend.


    "Aber jetzt bin ich ja hier."


    Mit meiner rechten Hand klopfte ich auf den freien Platz neben mir auf der Kline.


    "Komm, setz dich zu mir. Du musst ja nicht die ganze Zeit stehen. Wie ist es dir denn hier ergangen? Und wie geht es Mutter?"

  • Sie nickte Stilo zu, als dieser sich vorstellte. Sicher würde es noch ausreichend Gelegenheit geben, auch mit ihm zu sprechen, sie war natürlich auch daran interessiert.

    Bei den Worten ihres Bruders lächelte sie, und erneut schossen ihr Tränen in die Augen. Es war so unerwartet, aber so wichtig, dass er hier war, egal, wie lange man sich nicht mehr gesehen hatte! Seine Nähe tat jetzt schon gut, und er würde sich um alles kümmern. Ganz bestimmt, auch wenn er so ein vielbeschäftigter Mann war. Offensichtlich kam er wirklich nach ihrem Vater, was einerseits natürlich gut für die Familie war, andererseits war sie natürlich auch froh, dass er sich diese Zeit genommen hatte. Es rührte sie gar, wenn er sogar solche wichtigen Kunden hatte! "Der Augustus? Ich bin beeindruckt, großer Bruder!", grinste sie und nickte.

    Ja, er war nun hier, und sie nahm die Einladung dankend an.

    "Danke.", sagte sie und setzte sich, diese Bewegung nun deutlich anmutiger und damenhafter als alles, was sie bisher so gezeigt hatte. Die vielschichtige Verwirrung nahm keine Überhand mehr, sie wusste sich wieder zu benehmen und konnte die römische Frau sein, die sie sein sollte.

    "Nun, ich hatte dir ja bereits das Wichtigste berichtet. Man hat mich gut aufgenommen, es geht mir gut, ich habe... Die Stadt ist interessant, aber sicher.", Dass sie jemanden kennengelernt hatte, verschluckte sie doch erst einmal, auch wenn dass ihrer Fassade einen kleinen Riss bescherte. Man musste ja nicht mit der Tür ins Haus fallen!
    Ohnehin war das nächste Thema wichtiger: "Mutter... Geht es leider immer noch nicht viel besser. Sie ist selten bei Sinnen und ihre Wunden wollen nicht so recht heilen." Ein Transport nach Rom erschien immer noch unmöglich, aber es stand mittlerweile leider auch schlimmeres im Raum. Bedrückt schaute sie zu Boden und suchte nach Tacitus' Hand, um sie sanft zu drücken. Wären sie bald allein?

  • "Was wäre dein Weg, wenn ich fragen darf?"

    "Ich bin bei den Cohortes Urbanae eingestiegen. Dort war ich sehr gern, doch irgendwer fand, dass meine Dienste bei den Prätorianern gebraucht werden würden und schlussendlich durfte ich den Caesar mit dessen Leibgarde nach Germania superior begleiten, weshalb ich nun hier meinen Dienst verrichte. Wenn ich also die Chance hätte, die Zeit zurückzudrehen, würde ich wieder bei den Cohortes Urbanae anfangen. Es sind ein paar sehr anständige Männer dort und man ist direkt in Rom stationiert. Nun geht es aber um dich und du hast Rom freiwillig verlassen, um hier in der Provinz zu leben. Es liegen also andere Voraussetzungen vor."


    Scato wog gut ab, was er nun sagte, denn er wollte Stilo keine Empfehlung geben, sondern ihm helfen, seine eigene Entscheidung zu treffen: "Es haben sowohl die Ala als auch die Legio ihre Vorteile. Beides sind angesehene Einheiten und der Dienst in beiden kann eine solide Basis für eine spätere Karriere bilden.


    Als Römer kannst du bei der Ala recht schnell innerhalb des Militärs Karriere machen, da die Offiziere dort ausschließlich von den Römern gestellt werden, während die Mannschaften Peregrini sind. Meist handelt es sich um Germanen. Dort dienst du hauptsächlich zu Pferd, was für begeisterte Reiter sicher interessant ist.


    Bei der Legio erhältst du einen höheren Sold und lebst ausschließlich unter Römern. Kulturell ist das sicher einfacher, als unter romanisierten Germanen zu leben, aber du bist eben auch nur einer unter vielen und es mag sein, dass der Aufstieg härter erarbeitet werden muss. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du dort als Infanterist dienen wirst."

  • Ich hörte Matidia zu und sah sie dabei an. Mit halbem Ohr lauschte ich aber auch dem Gespräch zwischen Stilo und Scato, doch wurde meine diesbezügliche Aufmerksamkeit immer geringer, schien Stilo doch gut und kompetent beraten zu werden. So hatte Matidia recht bald wieder meien volle Aufmerksamkeit.


    "Nun ja, der Augustus war es nicht direkt. Ich hatte den Auftrag von einem Procurator. Andererseits wissen wir, dass ein Procurator seine Anweisungen nur von einer Person erhalten kann."


    Ich lächelte dabei kurz wissend, sprach dann aber weiter.


    "Wobei ich auch schon eine Audienz beim Augustus hatte, allerdings nicht für mich, sondern für einen Mandanten. Für den habe ich einen vollen Erfolg verzeichnet."


    Ich genoss es, dass meine Schwester neben mir saß. Tatsächlich musste ich zugeben, dass ich sie vermisst hatte. Sie und meine Eltern. Briefe waren einfach kein Ersatz für Präsenz, auch wenn wir uns recht oft geschrieben hatten. Vermutlich war sogar die große Mehrheit der in Alexandria erhaltenen Briefe von Matidia gewesen. Aber bemerkte man nicht erst dann, dass etwas wichtig war, wenn man es nicht mehr hatte?


    "Du wirst mir Mogontiacum zeigen müssen. Das hilft mir dann auch, mich hier zurechtzufinden."


    Dieser Satz implizierte natürlich, dass ich länger hier bleiben wollte. Sonst wäre es nicht nötig, sich hier zurechtfinden zu wollen. Ich sprach das nicht aus, weil es so sehr in meiner Denkweise verankert war, dass jedes Wort eine Bedeutung hatte, dass ich mich immer wieder wunderte, wenn jemand diese logischen Schlussfolgerungen nicht haben würde.


    Als sie über den Zustand unserer Mutter sprach, zeigte ich Interesse, aber keine Emotion. Natürlich machte ich mir Sorgen. Ich zeigte es aber nicht, schon um Matidia nicht zu verunsichern. Meine philosophische Ausbildung sagte mir natürlich, dass das Leben eines jeden Menschen ganz zwangsläufig mit dem Tod enden musste, doch wollte ich das jetzt lieber nicht äußern. Auch die Frage, ob es einen passenden Zeitpunkt für den Tod gab, wollte ich nicht erörtern. Statt dessen lächelte ich und drückte Matidias Hand ebenso sanft, wie sie meine Hand gedrückt hatte.


    "Ich werde später noch nach Mutter sehen. Vielleicht geht es ihr dann ja besser und sie wird wieder gesund."


    Das war zwar eher nicht zu vermuten, aber vielleicht half es Matidia, besser mit der Situation klarzukommen. Wie viel Hoffnung bestand, wollte ich für mich entscheiden, wenn ich unsere Mutter gesehen haben würde und mit Scato gesprochen haben würde.

  • "Die Cohortes Urbanae? Da fällt mir ein, ich solle dich grüßen. Eine Stadtwache...der Name war...", Stilo überlegte fest und kniff dabei seine Augen zu, schnippte mit seinen Fingern ein paar Mal hintereinander und fuhr schließlich fort, "ein gewisser Nero, leider fällt mir nichts Weiteres ein. Aber er ist ein aufrichtiger Mensch, der mir sehr geholfen hat. Ich habe ihn bei unserer Abreise als Dank etwas geschenkt."


    Dann wog er die Argumente schnell ab und überlegte, wie er am besten vorgehen sollte.


    "Mein Wunsch war es immer in den Legionen zu dienen. Ich bin nicht in Rom geblieben, da ich die Welt sehen wollte, egal wie hässlich sie manchmal sein kann. Daher wollte ich weiterziehen. Dass ich hier bin, verdanke ich Tacitus. Hätte er nicht hier hin gewollt, wäre ich vielleicht ganz alleine irgendwo anders, und würde mir wahrscheinlich auch die gleichen Fragen stellen." Stilo atmete einmal tief ein und wieder aus, ehe er weiterredete, "Da ich vor allem unserer Familie ehren will, wird es sicherlich am sinnvollsten sein zur Ala zu gehen. Ich bin kein Reiter, keiner der sich jemals groß mit Pferden beschäftigt hat, aber na ja, das kann noch werden. Und falls nicht, lauf’ ich zur nächsten Castra und probiere es bei der Legion nochmal."


    So überzeugend er redete, so unsicher war er sich trotzdem noch. Nicht wegen der Pferde oder der Angst keine Verbindung zu diesen Geschöpfen aufzubauen - nein, er wusste genau, dass diese Entscheidung seine Zukunft betraf. Er würde auf ein Zeichen der Götter warten, ein Opfer darbringen und versuchen, ihre Antwort aus den vielen Zeichen herrauszulesen.


    "Danke für deine Ehrlichkeit und deine Ratschläge. Sie sind auf jeden Fall auf einen sehr fruchtbaren Boden gestoßen."

  • "Nero? Meinst du Nero Germanicus Ferox?" Scato wartete auf die Bestätigung oder Verneinung. Er hatte verschiedene Neros kennengelernt, aber Ferox traute er am ehesten zu, ihm Grüße auszurichten, da er mit ihm recht viel zu tun gehabt hatte. Er war ein ruhiger Mann, der vor lauter Anstand regelmäßig an den Übeln der Welt verzweifelte - und den Prätorianern zutiefst misstraute. Umso mehr hätte Scato ihm angerechnet, wenn er ihre Freundschaft anscheinend auch nach Scatos Versetzung zu den Schwarzgepanzerten aufrecht erhalten wollte.


    "Es gibt viele Wege, um die Familie zu ehren, aber vergiss dich dabei nicht selbst. Es freut mich, dass ich dir die Entscheidung etwas leichter machen könnte. Bei der Ala bist du in guten Händen und hättest dort auch Verwandtschaft - mein kleiner Bruder Fango dient dort als Eques. Das Reiten lernst du während der Grundausbildung. Und falls du dich später doch noch umentscheiden solltest, könntest du immer noch um eine Versetzung zur Legio ersuchen."

  • Matidia war dennoch beeindruckt von dem, was ihr Bruder in Rom erreicht hatte. Nun, nicht direkt der Augustus hin oder her, er verkehrte auf jeden Fall in sehr gewählten Kreisen und hatte Erfolg. Das brauchte er nicht kleinzureden, was er zwar nicht tat, nur weil er realistisch war, aber er durfte ruhig ein wenig stolz sein. Seine Art war so anders als Matidias, dass es sie jetzt schon in den Fingern juckte, ihn zu einem kleineren Gefühlsausbruch zu reizen, aber vielleicht sollte sie ihr Wiedersehen nicht überstrapazieren. "Vater wäre sehr stolz auf dich." Aber das wusste er sicher selbst.


    "Natürlich zeige ich dir gerne die Stadt. Zumindest das, was ich davon kenne.", lächelte sie. Das wäre sicher interessant, mit ihm! "Für Details wirst du Scato fragen müssen." Sie zögerte kurz. "Eventuell kenn ich auch einen Stadtführer.", wagte sie sich vorsichtig vor. Es wäre vielleicht eine unverfängliche Gelegenheit, Sabaco vorzustellen.

    Dass Tacitus wenig Emotion zeigte, verwunderte sie wenig, er wusste ja letztlich, weshalb sie immer noch hier war. Daher nickte sie nur nachdenklich auf seinen Vorschlag. "Ja, das wird das Beste sein." Hoffnung hatte sie indes aber wenig.

  • "Nero? Meinst du Nero Germanicus Ferox?"

    Stilo überlegte kurz und bejahte mit einem klaren Kopfnicken. "Ich denke, dies ist sein Name", sagte er daraufhin. "Ein wirklich guter Mensch. Er hat Tacitus das Versprechen abgenommen, sich ab und zu in der Domus Iunia umzuschauen." Sicherlich würde Tacitus nicht jeden dahergelaufenen Menschen mit so einer Aufgabe verpflichten, aber wenn selbst er ein gutes Gefühl bei Ferox hatte, dann konnte sich Stilo nicht irren. Während er über Scato's Wörter nachdachte, nahm sich Stilo wieder sein Becher und nahm einen Schluck. Den Becher anschließend haltend, fing er an, über die gerundete Kante mit seinem Zeigefinger darüber zugehen und überlegte weiter, bevor er schließlich antwortete...


    "Dann zur Ala. Ich werde morgen früh gleich hingehen und mich melden. Ich will nicht mehr Zeit verstreichen lassen."


    Diesmal sah er anders aus und dies konnte man problemlos mit einem Wort beschreiben - entschlossen. Entschlossen sich bei der Ala zu melden, entschlossen so den Familiennamen zu ehren und vor allem entschlossen, seinen Dienst ordentlich zu leisten und so weit wie möglich aufzusteigen. Jugendlicher Leichtsinn, sicherlich, aber dennoch fühlte es sich so genau richtig an.


    "Danke Scato!", sagte er noch einmal. " Heute werde ich noch genießen, ab morgen beginnt dann ein neuer Abschnitt. Ich weiß noch nicht, wie es mit Ausgang aussehen wird, ob ich öfters mal hierherkommen kann. Ich vermute während der Grundausbildung weniger, aber sobald möglich, werde ich kommen um dich, bzw. euch, " dabei nickte er zu Tacitus rüber, "zu besuchen."

  • Dass Vater stolz auf mich sein würde, vermutete ich auch. Schon allein deshalb, weil ich, so wie er, Jurist geworden bin. Aber vor allem natürlich wegen meiner Leistungen als Jurist, womit ich ihn vermutlich bereits jetzt im Ansehen überflügelt hatte. Dann sagte Matidia etwas, das mich aufhorchen ließ. Ich nahm einen Schluck Posca, bevor ich sprach.


    "Du kennst also einen Stadtführer? Das wäre natürlich interessant, wenn man von einem Kundigen geführt würde."


    Mich freute, dass sie hier Kontakte geknüpft hatte. Das würde ihr sicher guttun. Dann dachte ich noch einmal nach. Stadtführer, nicht Stadtführerin. Entweder war das eine grammatikalische Unachtsamkeit oder sie meinte wirklich einen Mann. Das war natürlich nicht verboten, aber mich interessierte natürlich auch, ob sie vielleicht eine interessante Partie kennengelernt hatte. Allerdings ließ ich mir von diesen Gedankengängen wenig anmerken.


    Dann bekam ich Stilos Satz mit, dass er zur Ala gehen wollte. Ich sah zu ihm herüber und er sah wirklich entschlossen aus. Ich erwiderte sein Nicken.


    "Aus dir wird sicher ein hervorragender Soldat. Sei aufmerksam und strebsam, dann wirst du deine Eltern stolz machen. Ich für meinen Teil bin sehr stolz, eine Verwandtschaft wie euch alle zu haben."


    Dabei lächelte ich stolz und sah erst Stilo, dann Scato und, besonders lange, Matidia an. Schließlich flüsterte ich ihr ins Ohr "Ich weiß, dass es schwer für dich sein musste, hier in der Fremde mehr oder minder auf dich allein gestellt und mit unserer verletzten Mutter klarzukommen. So weit ich das einschätzen kann, hast du die Herausforderung gut bewältigt. Ich bin ausgesprochen stolz auf dich, kleine Schwester. Und Vater wäre es auch."

  • Matidia nickte lächelnd und schaute dabei zur Seite, als ihr Bruder den Stadtführer nochmals erwähnte. "Ja, ein Decurio, ebenfalls von der Ala, hat mir ein paar Dinge gezeigt.", sagte sie halblaut, denn auch sie hatte das Gespräch nebenan mitbekommen. Dabei nickte sie Stilo zu. Sie hatte sich vorgenommen, damit weitaus offener zu sein, doch jetzt, als es soweit war, wusste sie nicht so recht, wie sie ihrem Bruder so eine Sache mitteilen konnte. Mit Mutter hätte sie so etwas vielleicht besprechen können, aber auf die konnte sie gerade nicht bauen.


    Als Tacitus sich dann zu ihr lehnte und ihr sein Lob ins Ohr flüsterte, wurden ihre Wangen deutlich röter und erneut schossen ihr ein paar Tränen in die Augen. Sie wollte sich bedanken, doch sie hatte einen Kloß im Hals. Einerseits, weil sie das Lob zu schätzen wusste und es wirklich viel wert war, wenn es von ihrem großen Bruder kam, andererseits, weil es eben wirklich keine so leichte Zeit gewesen war. Und diese nun, endlich, vorbei war. "Ich... bin.. so froh, dass du da bist.", flüsterte sie schließlich erstickt zurück.

  • "Ich denke, dies ist sein Name"

    "Dann danke ich dir recht herzlich für die Grüße. Es freut mich, dass Ferox noch manchmal an mich denkt. Ich kann über ihn auch nur Gutes sagen." Auch wenn Ferox das wohl anders sah mit all seinen Zweifeln und seiner Unsicherheit, wenn es zur Abwechslung einmal um ihn selbst ging und nicht um andere. "Wenn er in der Domus Iunia nach dem Rechten sieht, wird alles seinen Gang gehen. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen." Und das hatte Scato auch, zu jener Zeit, da sie noch gemeinsam ihren Dienst bei den Cohortes Urbanae versehen hatten. Freundschaften wie diese hatte er bei den Prätorianern bislang nicht geschlossen, das war ein anderer Schlag Mensch.


    "Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Musterung! Ich muss dir aber deine Hoffnung auf Ausgang nehmen, zumindest für die erste Zeit. Während der Grundausbildung gilt für die Tirones eine strickte Ausgangssperre. Die berüchtigten wilden Feiern mit Wein, Weib und Gesang gibt es auch später in Wahrheit ausgesprochen selten - man muss als Soldat jederzeit einsatzbereit sein. Die entsprechenden Strafen sind brachial." Er grinste. "Willst du jetzt immer noch zum Militär?"


    Mit einem Ohr lauschte er Matidia und Tacitus. Das Wiedersehen der Geschwister ließ auf eine tiefe Bindung schließen. Scato dachte darüber nach, wann er seinen eigenen Bruder das letzte Mal umarmt und ihm etwas Nettes gesagt hatte. Falls es einen solchen Zeitpunkt je gegeben hatte, lag dieser schon so weit zurück, dass er sich nicht mehr daran erinnerte. Wahrscheinlich würde es Fango sogar verstören, wenn Scato ihn plötzlich an sich drückte und ein paar liebe Worte sagte.

    Er lächtelte, als Tacitus davon sprach, stolz auf sie alle zu sein. "Ja, wir können stolz auf uns sein. Die Eltern von einigen von uns mögen noch leben, doch die Zukunft gehört nicht den Alten, sondern den Jungen. Nutzen wir unsere Zeit, denn in wenigen Jahren schon sind wir die Alten."


    Als Matidia von einem Stadtführer sprach, einem Decurio, horchte er auf. Hatte er also Recht gehabt mit seiner Vermutung! Doch es freute ihn, dass sie ihr Schicksal im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst in die Hand nahm und sich nicht allein auf ihre männliche Verwandtschaft verließ. Sie würde den geheimnisvollen Decurio nicht erwähnt haben, wenn er ihr nicht auf die eine oder andere Weise wichtig war. "Wie heißt er denn?", hakte Scato neugierig nach. Mit einem frechen Zwinkern fügte er hinzu: "Vielleicht kenne ich ihn und kann dir von ihm abraten." Oder ihm mal freundlich unter vier Augen nahelegen, die Finger von Matidia zu lassen, falls das der Wunsch von Tacitus sein sollte ...

  • "Danke, Scato, für deine Worte", sagte er. "Ich weiß, dass du es gut mit mir meinst."


    Tatsächlich war Stilo auf diese Art der Feiern gar nicht aus - auch da er diese noch nie wirklich miterlebt hatte. Er wollte lieber Kontakt zu seiner Familie haben - zu Tacitus, denn wenn auch kurz, fühlte er sich sehr verbunden, als wäre es sein großer Bruder. Wahrscheinlich würde er dort auch eine neue Familie finden. Es wurde immer berichtet, dass die Legion wie eine große Familie war. Sicherlich traf dies auch für die Ala zu. Trotz seiner Warnungen war sein Wunsch, zum Militär zu gehen, ungebrochen. Die Herausforderung, die Disziplin, die Kameradschaft - all das wollte er erleben.


    "Die Ausgangssperre nehme ich in Kauf", sagte er lachend. "Und die Strafen - na ja, ich werde mich schon so verhalten, dass ich keine bekomme. Sollte jemals mein Vater mitbekommen, dass ich eine Strafe erhalten habe, dann traue ich mich ja nie wieder nach Hause." Sein Lachen verschwand für einen Moment, da er realisierte, dass er seinen Vater wohl nie wieder zu Gesicht bekommen würde. Dafür war er einfach zu alt, zu gebrechlich. Die Götter hatten ihn mit einem langen Leben gesegnet...dafür war er dankbar.


    Als das Gespräch zu Matidia gelenkt wurde, die mittlerweile rot und sehr emotional aussah, nahm Stilo wieder Platz und versank in seine Gedankenwelt. Morgen sollte die Reise beginnen...


  • Scato neigte bisweilen zu unhöflicher Sprunghaftigkeit. Das Gespräch zwischen ihnen erachtete er jedoch noch nicht als beendet, weshalb er Stilo, als dieser sich in seine Gedankenwelt zurückzuziehen begann, eigenhändig etwas zu Trinken nachschenkte und ihm das Glas rüberschob. Er sollte sich nicht an den Rand abgeschoben fühlen, weil Scato in seiner Neugier kurz das Thema wechselte. Er wurde weder abserviert noch vergessen.

  • "Ich... bin.. so froh, dass du da bist.", flüsterte sie schließlich erstickt zurück.

    Ich legte einen Arm um meine Schwester und wischte ihr mit dem Daumen meiner freien Hand vorsichtig die Tränen aus dem Gesicht. Es war jetzt fast wieder so wie damals, vor mehr als zehn Jahren, als ich nach Alexandria aufbrach, oder eher aufbrechen musste. Auch damals hatte Matidia geweint, auch damals hatte ich sie so getröstet. Sie war nun einmal meine kleine Schwester und das würde sie immer bleiben.


    Als Scato sie dann fragte, wie der Decurio hieß, sah ich sie fragend an. Das interessierte mich auch. Vielleicht stammte er ja aus einer guten Familie? Oder war zumindest jemand, dessen Name ich schon einmal gehört hatte. Das war zwar nicht sehr wahrscheinlich, doch wenn sich sein Name bis Rom herumgesprochen haben würde, dann wäre es auch eine ziemlich gute Partie. Immerhin war Matidia eine junge Frau im besten Alter. Wobei ich sie niemals gegen ihren Willen verheiraten würde. Schließlich war sie meine kleine Schwester und ich würde allen Unbill dieser Welt von ihr fernhalten, so weit es in meiner Macht stand.

  • Es tat wirklich gut, meinem Bruder so nah zu sein. Zu merken, wie er sich um mich kümmerte, auch wenn ich ihn so lange nicht gesehen hatte, tat gut. Natürlich war Scato auch immer recht aufmerksam gewesen, aber das hier war etwas anderes.


    Die Aufmerksamkeit war dann plötzlich voll bei ihr. Und es war nachvollziehbar, sie hatte es ja darauf angelegt. Vermutlich war sie selbst schuld, wollte es aber ja auch so. "Er heißt Publius Matinus Sabaco." Sie verzog den Mund ein wenig. "Ich denke, er ist ein guter Offizier." Natürlich musste man ihr nicht von ihm abraten, und sie warf Scato einen sichtlich bösen Blick zu, ohne sich weiter zu erklären.

  • "Den kenne ich tatsächlich", sagte Scato. Länger und besser, als Matidia vielleicht ahnte. Onkel Seius Stilo hatte ihn manchmal mitgeschleppt auf seinen jährlichen Verwandtschaftsbesuchen. Damals war Scato noch ein Jüngling gewesen. "Ein guter Offizier ist Matinius Sabaco auf jeden Fall." Aber ob er auch ein guter Mann war? Den bösen Blick beantwortete er mit Freundlichkeit, denn es lag ihm nicht daran zu streiten. Matidia schien es ernst mit Sabaco zu sein. Von allen möglichen Männern hatte sie ihr Herz ausgerechnet an ihn verschenkt.


    Dann sagte Scato vorerst nichts mehr, weil der Ball bei Tacitus lag.

  • Das Gespräch zwischen ihnen erachtete er jedoch noch nicht als beendet, weshalb er Stilo, als dieser sich in seine Gedankenwelt zurückzuziehen begann, eigenhändig etwas zu Trinken nachschenkte und ihm das Glas rüberschob.

    Als Stilo das vor sich sah, nahm er es dankend an und nahm ein Schluck. Derweil versuchte er ebenfalls etwas vom Gespräch aufzunehmen, da er einen Namen im Zusammenhang mit der Ala gehört hatte. Vielleicht würde es ihm irgendwann weiterhelfen - wer weiß dass schon. Ein paar Wortfetzen hier, ein paar dort. Ein Name - Sabaco oder so, ein Offizier auf jeden Fall. Aber im Endeffekt auch vollkommen egal. Er wollte alles selber erreichen. Er schaute auf Scato, der den Namen nochmal bestätigte und anschließend auf Tacitus schaute, wahrscheinlich genauso gespannt auf die Reaktion wie alle anderen Anwesenden.

  • Ich musste ein wenig schmunzeln, als Matidia Scato einen bösen Blick zuwarf. Ja, auch das war meine Schwester. Der Name hingegen sagte mir nichts. Die Gens allerdings...


    "Publius Matinus Sabaco, sagst du? Verwandt mit dem Senator Publius Matinius Agrippa?"


    Das wäre allerdings höchst ungewöhnlich. Ich wagte zu bezweifeln, dass ein Senator seine Verwandtschaft in die Ala gehen lassen würde. Dann schon eher in die Legion, vermutlich als Tribun. Also korrigierte ich mich, noch bevor jemand antworten konnte.


    "Entschuldige, das war natürlich dumm von mir. Bleibt also noch der ritterliche Zweig oder ein Zweig sine ordo. Zu welchem gehört er?"


    Nicht, dass es irgendeine Bedeutung hätte. Für mich war vor allem wichtig, dass Matidia glücklich war.


    "Auf jeden Fall würde ich mich freuen, wenn er uns eine Stadtführung angedeihen lassen würde."


    Dabei lächelte ich fröhlich.

  • Matidia hatte es gar nicht gern, wenn ihr jemand etwas ausreden wollte. Oder jemand etwas sagte, was nicht ihrem Willen entsprach. Scato war also gewarnt, bevor sie den Namen des 'Ortskundigen' erwähnte, und äußerte sich vielleicht auch deshalb neutral bis positiv. Was Matidia wiederum ausreichte und sie nickte zufrieden.


    "Hm, irgendwie sicher. Aber ich weiß nichts näheres." Die Familie war groß, wie sie vermutete, und Stilo und Scato waren ja das lebende Beispiel für solche Verhältnisse. Ein gemeinsamer Name bedeutete manchmal nicht direkt nahe Verwandtschaft. "Du kannst ihn ja selbst fragen.", ermunterte sie ihn und fand die Vorstellung reizvoll.


    "Ich werde es versuchen zu organisieren. Und vielleicht kann ich ein gutes Wort für Stilo einlegen.", lächelte sie in dessen Richtung.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!