[Cubiculum] Sporus

  • Cubiculum

    Sporus


    In der Domus Iunia wohnten in diesen Tagen nur wenige Leute und eine kleine Gruppe Sklaven. So kam es, dass viele Räume ungenutzt waren. Manche dienten als Stauraum für Gerümpel und Baumaterialien. In einem dieser vollgeramschten Räume schuf Terpander nun einen Freiraum. So fanden eine gepolsterte Liege samt Wolldecke, eine Truhe für Habseligkeiten sowie ein Tisch mit zwei Hockern auch noch ihren Platz darin. Hier konnte Sporus vorerst bleiben. Falls er länger blieb, würden sie noch etwas mehr Platz schaffen müssen.

  • "Das ist dein Zimmer", erklärte Terpander. "Dort steht eine Waschschüssel. Bevor du untersucht wirst, solltest du dich reinigen. Das ist eine Frage des Respekts gegenüber dem Medicus. Ich hole dir derweil was zu Essen. Brauchst du sonst noch was?" Bei Jünglingen war Terpander meist etwas weniger hartherzig, es sei denn, sie meinten, ihm auf der Nase herumtanzen zu wollen. Solche Flausen trieb er ihnen aus. "Ich heiße übrigens Terpander und bin der Maiordomus hier. Du weißt, was das heißt?"

  • Sporus betrachtete das Zimmer. Es war klein, aber schön und ein eigenes Zimmer, wer hat das schon. "Vielen Dank, für das schöne Zimmer und das Essen, nein danke, ansonsten brauche ich nichts." sagte Sporus."Ich weiss nicht, was ein Maiordomus ist" fügte er hinzu. Aber bestimmt war Terpander ein wichtiger Mann, mit vielen Befugnissen.

    Er wusch sich anschließend gründlich und aß etwas. Sporus war nun bereit, und nervös den Medicus kennenzulernen. Ein Medicus, dachte er noch, ist bestimmt ein guter Mensch, sonst hätte er diesen Beruf nicht gewählt. Das nahm ihn etwas seine Nervosität. Er fragte sich weiterhin, wie der Medicus seine entzündeten Narben wohl aufnehmen würde...

  • Den Dank nahm Terpander wohlwollend auf. Der Jüngling kannte seinen Platz, was es allen leichter machte. "Dass ich Maiordomus bin heißt, dass ich hier die Verantwortung über alle Sklaven habe. Egal, wem du gehörst - so lange du dich hier aufhältst, wirst du dich meinem Wort fügen." Dass das Wort eines der Herren noch über dem Terpanders stand, verstand sich von selbst. Er hielt Sporus nicht für so dumm, dass er das zu erwähnen brauchte. "Es heißt auch, dass du dich bei Fragen an mich wenden kannst und nicht die Herren zu belästigen brauchst. Es sei denn, es betrifft eine Aufgabe, die ein Herr dir persönlich anvertraut hat."


    Sporus hatte entschieden, sich während der Anwesenheit von Terpander zu waschen, was diesen nicht störte, im Gegenteil. Der zunächst verheißungsvolle Anblick sorgte jedoch bei Terpander unerwartet für einen Schrecken, wie der abgebrühte Hellene ihn nicht oft empfand. "Verstehe", murmelte er. "Darum der Medicus."


    Es war eine der wenigen Situationen in Terpanders Leben, da er unsicher war, wie er reagieren sollte. Ihm fehlte das Vorstellungsvermögen, welche Reaktion er selbst sich wünschen würde, da er ein solches Dasein für sich nicht akzeptieren würde. Er hob die Hand und streichelte Sporus mit der Rückseite seiner Finger die Wange. Es war nur eine kleine Berührung, aber eine ehrliche Geste des Mitgefühls.

  • Sporus erschrak ein wenig, als Terpander ihn berührte, hatte er nicht damit gerechnet, und war er auch noch etwas verängstigt "Ich verstehe", sagte Sporus,"Ich halte mich an Euch, wenn ich Fragen habe, und füge mich Euch und Eurem Herrn." "Ja", sagte Sporus noch, weil er bemerkt hatte, dass Terpander seine Narben entdeckt hatte "meine Wunde ist vier Jahre alt, und schmerzt immer noch, immer wieder entzündet," während er an sich herunterschaute. "Ich hoffe, Euer Herr kann mir helfen", murmelte er noch..

  • "Sie wird immer schmerzen." Terpander ließ von Sporus ab. "Iunius Scato kann die Entzündung behandeln, aber helfen kann er dir nicht. Dieser Schmerz wird nie vergehen. Du kannst lernen, ihn zu akzeptieren, oder daran zugrundegehen." Die dritte Möglichkeit sprach er nicht aus. "Ruh dich nun aus, ich bringe dir etwas zu Essen." Im Gehen hielt er noch einmal inne. "Sag mir noch, woher du ursprünglich kommst."

  • Sporus setzte sich. "Immer schmerzen?" fragte er Terpander entsetzt. "Dann muss ich lernen, damit zu leben, zum sterben ist es noch zu früh. Ich kam einst aus Graecia, wurde ausgesetzt und von meinem damaligen Herrn gefunden und nach Roma gebracht. Dort blieb ich, bis mich jetzt mein neuer Herr Stilo ersteigert hat". Sporus war erschüttert über die Aussage von Terpander, "für immer", schluchzte er noch. Ein paar Tränen liefen über sein Gesicht.

  • Scato wollte eigentlich seinen Feierabend im heimischen Umfeld genießen, nach seinen Pflanzen sehen und den Garten ein bisschen für den Frühling vorbereiten. Doch irgendwo weinte jemand, anscheinend ein Mann. Im ersten Moment mutmaßte er Unauris, doch die Stimme passte nicht. Da Männer das eher selten taten - er selbst hatte nicht mal bei der letzten Beerdigung Tränen vergossen - musste etwas Ernstes vorgefallen sein. Leise ging Scato nach dem Rechten sehen. Er wollte nicht stören, aber die Stimme kam ihm nicht bekannt vor. Er hörte auch Terpander. Anscheinend hatte dieser wieder mal seinen "Charme" sprühen lassen und irgendwen in Grund und Boden "motiviert". Scato klopfte an und trat ein.


    Als er den nackten Jüngling erblickte, nahm er an, dass sei ein Geliebter von Terpander. Wahrscheinlich würden sie das Problem, das zu diesem Gefühlsausbruch geführt hatte, untereinander klären müssen. Da Scato aber nun mal sowieso schon reingeplatzt war, fragte er: "Alles in Ordnung?" Um die bedrückte Stimmung etwas zu lockern, fügte er schmunzelnd hinzu: "Braucht jemand einen Arzt?"

  • Sporus sprang erschrocken auf. Er bedeckte seine Blöße mit den Händen. "Herr, seit ihr der Medicus Scato?", fragte er. "Ich bin Sporus, der Sklave von meinem Herrn Sisenna Seius Stilo", fügte er hinzu. "Ich habe einen Brief und einhundert Sesterzen dabei, welche ich dem Medicus geben soll" Immer noch etwas erschrocken, und nervös wusste er nicht, wohin mit seinen Händen. Wollte er vorerst vermeiden, dass seine Narben gesehen werden. Ein komisches Gefühl überkam ihn. Nackt vor zwei mehr oder weniger unbekannten Männern zu stehen. Er kannte so etwas Ähnliches von früher, da waren oft mehrere Männer, aber da wusste er auch immer, wen er vor sich hatte.

  • Scato war als Soldat mittlerweile fast frei von irgendwelchen Schamgefühlen gegenüber Unbekannten. Aber er respektierte die Gefühle des Sklaven Sporus.


    "Ja, ich bin Iunius Scato und verstehe mich auf die Heilkunst. Du hast Glück, ich habe gerade etwas Zeit", sagte er. "Wenn ihr hier fertig seid, kannst du in meine Heilstube kommen. Sie ist klein, da ich normalerweise keine Privatpatienten habe, und dient nur den Mitgliedern des Haushalts. Aber wir werden das schon hinkriegen. Ich bereite alles vor, denke du nur an den Brief. Bis gleich."


    Damit verschwand Scato schon wieder, um die Heilstube anheizen zu lassen, heißes und kaltes Wasser bereitzustellen und sich alles Sonstige hinzulegen, was er für eine Untersuchung und Erstbehandlung benötigte.

  • Sporus war zurück aus der Heilstube und hatte sich sofort hingelegt.

    Er erwachte am nächsten Tag am frühen Morgen, stand auf und wusch sich. Dann nahm er das Narbenöl, welches Scato ihn verordnet hatte, und rieb ganz dünn damit seine Narben ein. Es war ein unangenehmes Gefühl, was Sporus aber nicht weiter störte. Er zog sich an und ging los, um Terpander zu suchen. Er wollte ihn Fragen ,welche Aufgabe er für ihn hat, und wie er ihm behilflich sein könnte.

  • Sporus wäre fast gegen Terpander geprallt, der mit ausdruckslosem Gesicht hinter der Tür stand. Eigentlich hatte er gerade eintreten wollen, doch Sporus nahm ihm den Arbeitsschritt ab, ihn wecken zu müssen. "Da bist du ja", murrte Terpander. "Kannst du arbeiten oder wurde dir Bettruhe verordnet?"

  • Sporus erschrak ein wenig, als der muskulöse Terpander plötzlich vor ihm stand. Er verbeugte sich leicht, um ihn seine Unterwerfung zu zeigen.

    "Herr, ich kann arbeiten, soll aber nicht so viel laufen, wegen der Reibung an den Narben", sagte Sporus. Er mochte Terpander, war aber immer noch etwas nervös, wenn er ihm begegnete. Terpander war in seinem Auftreten ein stolzer Mann. Sporus bewunderte ihn und hatte höchsten Respekt, war er selbst doch in seiner Art das genaue Gegenteil.

  • Eine Weile betrachtete Terpander Sporus schweigend. Er starrte ihn einfach nur an, ohne dass etwas in seinem Gesicht zu lesen war. Und dann auf einmal wirkte Terpander gütig. Niemand hätte sagen können, ob diese Veränderung ein reales Gefühl wiederspiegelte. "Du darfst mich massieren", sagte er sanft. "Weißt du, wie man das macht?" Anhand der Frage sollte klar sein, dass Terpander nicht irgendwie geknetet werden wollte, sondern eine professionelle Massage erwartete.

  • Sporus war verwundert. Dass Terpander ihn damit beauftragte, machte ihn stolz. "Ja Herr, ich habe oft die Gäste meines alten Herrn massiert, und es hat ihnen sehr gefallen.", sagte Sporus fast schon aufgeregt. Gerne würde er ihn massieren, bewunderte er ja seine Statur, die sich schon durch die Tunika erahnen ließ. "Danke Herr, für diese Ehre.", sagte er noch, und versuchte sich zu beruhigen.

  • Nannte der Kleine ihn doch tatsächlich Herr. So viel Eifer, trotz allem, was er in seinem jungen Leben schon hatte erdulden müssen. War es Freude ob der Aufmerksamkeit, Angst vor Strafe oder ein anerzogener Reflex? Man würde sehen, die meisten Menschen offenbarten ihr wahres Wesen schnell, ob sie wollten oder nicht. Doch bei dem Wort Ehre sah Terpander weg, denn die besaß er nicht. Er war der ehrloseste Mensch den er kannte. Doch er war zufrieden über die Gelegenheit, die sich ihm bot, und schob die Finger zwischen denen von Sporus entlang, um dessen Hand zu umschließen. Sie waren kein Paar, doch Terpander träumte manchmal gern. "Dann komm."

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