[Cubiculum] Aulus Iunius Tacitus

  • Mein Cubiculum war, schon auf meinen eigenen Wunsch hin, nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Das bedeutete, dass es ein Bett gab, eine Kiste für meine Sachen und - ganz wichtig und zwingend notwendig - ein Regal für meine Bücher. Diesem Regal fügte ich die heute auf dem Forum erworbenen Bücher hinzu.


    Die Karte, die sich in einem der Bücher befunden hatte, studierte ich nun genau. Sie zeigte Alexandria in Ägypten, Ephesus, Tharsus, Antiochia am Oronthes, aber auch weiter östlich gelegene Städte. Dura Europos, Babylon, die Städte Persiens, Antiochia in Parthien, Marakanda, und Alexandria Eschate. Gewässer waren eingezeichnet, aber auch Straßen und Wege, wobei genau festgehalten wurde, welche Beschaffenheit die Wege hatten. Flüsse, Gebirge, Sümpfe und Wüsten waren auch angedeutet. Es war keine maßstäbliche Karte, sondern eine Reisekarte. Sie zeigte Distanzen und Verbindungen. Die Distanz war auf das jeweils übliche Verkehrsmittel ausgelegt. Auf Gewässern waren es Tagesreisen per Schiff, auf Straßen Tagesreisen per Kamel. Hinzu kamen noch allerlei Bemerkungen über Waren, die sich gut handeln oder erwerben ließen. Ganz im Osten, hinter Alexandria Eschate, wurde ein Gebirge angedeutet. Dort stand nur der Vermerk, dass es schwierig zu überwinden sei und weiter im Osten die Heimat der Seide liegen müsse.


    Diese Karte war ein Schatz, ganz ohne Zweifel. Wenn man dem Weg der Seide folgen wollte, würde sie gute Dienste leisten. Wenn man ihm folgen wollte. Wenn ich ihm folgen wollte? Wollte ich? Der alexandrinische Gelehrte schlug durch. Ich war neugierig und ungebunden. Warum eigentlich nicht? Noch war ich jung und konnte es wagen.


    Ich grübelte dennoch eine Weile darüber, ob ich eine solche Reise wagen sollte. Was wäre mit meiner Mutter? Und mit meiner Schwester? Matidia freute sich so, dass ich hier war. Wenn ich ihr erzählen würde, dass ich eine solche Reise in Erwägung zog, die gefährlich war und jahrelang dauern könnte, wäre sie nicht begeistert. Aber ich war ich. Und ich hatte nun ja so etwas wie einen Reiseführer. Zugegeben, einen sehr rudimentären Reiseführer, dessen Nutzen fraglich war. Aber dennoch. Allein die Aussicht, mit neuem Wissen über das Land der Serer nach Alexandria zu kommen und dem Museion dieses Wissen zu schenken, würde meinen Namen unvergesslich machen. Wenn ich alles sauber aufschreiben würde, wäre eine Sammlung mit meinem Namen in der Bibliothek des Museions. Vielleicht würde man mich sogar zum Priester des Apollon und der Musen berufen.


    Je mehr ich nachdachte, umso sicherer war ich mir. Auch, nachdem ich einige Nächte hierüber geschlafen hatte, war mein Entschluss unverändert gefasst. Ich musste es wagen. Die Frage war nur, wann und wie?

  • Die Frage nach dem wann hatte ich inzwischen für mich beantwortet. Sobald der Cursus Iuris abgeschlossen sein würde. Also sehr bald. Und das wie war auch klar. Erst einmal nach Rom, dann nach Antiochia und von dort immer weiter nach Osten. Nun musste ich nur noch ein paar Vorbereitungen treffen. Eine davon war es, eine Totenmaske von mir zu nehmen. Nur zur Sicherheit, falls ich nicht aus der Ferne zurückkehren sollte. Diese Maske dürfte Matidia sicher niemals sehen, doch Scato wollte ich sie anvertrauen.

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