Unterkünfte der Cohortes Urbanae

  • Nur Bruchstückhaft hatte Frugi das Gespräch der Brüder mit bekommen. Als der Ältere, der freundliche Miles jedoch anfing Erklärungen abzugeben, hörte er schnell mit seiner Räumerei auf, um ja nichts zu verpassen. Diese Anweisung half ihm schon sehr weiter, dass Chaos mit der Ausrüstung schien ihm jetzt nicht mehr so gewaltig. Dankbar schaute er Antias an, „damit hilfst du uns schon ein großes Stück weiter, mir auf jendenfall,“ schnell verbesserte er sich, obwohl er meinte auch bei dem Bruder des Miles auch so etwas wie Erleichterung gesehen zu haben.
    Als der Miles gegangen war schaute der Octavier dem anderen Tiro zu, wie dieser die betten abschritt und dabei seinen Überlegungen kundtat. Frugi fand diese ganz vernünftig und nickte mehrmals zustimmend. Bei dem Kommentar von den Schnarchern und Pupsern musste er grinsen.
    Lachend und erleichtert reichte er Ferox auch seine Hand, „meine Name ist Frugi, Titus Octavius Frugi.“ Er hoffte in ihm einen Freund, zumindest einen guten Kameraden gefunden zu haben. Deshalb reagierte er dieses Mal auch nicht wie gewohnt empfindlich bei der Bemerkung in Bezug auf seine Körperstatur. „Wenn ich mir die Ausrüstung so betrachte, denke ich, dass sich das hier schnell ändern wird. Aber sag mal wie ich dass so sehe müssen wir hier selber kochen, wo mag es denn die Nahrungsmittel dafür geben? Also bisher habe ich für das Militär und wie es da so abgeht noch nie interessiert. Ich bin mehr oder weniger gezwungener Maßen hier,“

  • Ferox räumte das Bettzeug eines Kameraden, der sich über zwei Liegeplätze ausbreitete, eine Position zur Seite und platzierte seine eigene Decke daneben. Dabei achtete er darauf, dass alles möglichst ordentlich aussah, damit nicht wieder irgendjemand Ärger bekam (vor allem nicht er selbst). Ob Frugi sich mit daneben platzieren wollte, hatte er nicht gesagt, vielleicht war sein Schweigen auch ein höfliches 'Nein, danke'. Wie auch immer, es gab ja noch einige andere freie Plätze.


    "Essen?", griff er Frugis Frage auf, während er räumte. "Tja, das wird uns in Rationen zugewiesen, aber wo man die herbekommt, weiß ich auch nicht. Da müssen wir wohl noch mal jemanden fragen." Dummerweise war gerade niemand da, der so aussah, als ob er mehr Ahnung hätte als sie - außer vielleicht Pupillus`fleischklopsiger Freund, aber noch ehe Ferox sich entscheiden konnte, verließ dieser wieder die Baracke.


    Ferox kratzte sich nachdenklich die Bartstoppeln am Kinn. "Nun ja, notfalls müssen wir Antias noch mal auf den Sack gehen. Früher oder später muss er ja wieder hier aufkreuzen, zumindest habe ich das so verstanden, dass er auch hier irgendwo pennt." Er schaute sich unwillkürlich nach irgendwas im Raum um, was nach seinem Bruder aussah, gleichzeitig fiel ihm auf, wie sinnlos das an einem Ort wie diesem war. Jeder Platz sah gleich aus. Gleiche Ausrüstung, gleicher Stauraum ... sogar das gleiche Essen für jeden würde es geben, egal, wie groß oder klein er von Natur aus gebaut war. Antias zählte hier nicht als Person, die er schätzen und lieben gelernt hatte, nicht als sein Bruder oder als der Sohn seiner Eltern, sondern nur als ein Miles, der seine Arbeit zu machen hatte.


    Gewöhnungsbedürftig war es schon, vom Individuum zum Teil eines großen Ganzen zu werden, das mehr war als die Summe seiner Teile. Ein Gefühl, das Ferox gleichzeitig mit Ehrfurcht, Stolz und Angst erfüllte. Aber vermutlich gewöhnte man sich daran recht schnell. Warum auch nicht? Individualismus war etwas für Poeten, nicht für Soldaten.


    Während Ferox so nachdachte und sich häuslich einrichtete, hörte er Frugi weiter zu. Was dieser erzählte verwunderte ihn und so hielt er in seiner Arbeit inne. Besorgt runzelte er die Stirn und sah den Oktavier an. "Du wurdest gezwungen, hier her zu kommen? Was meinst du damit?"

  • „Nun, ganz einfach, mein Vater, den ich nie kennenlernte, hat im Testament bestimmt, wenn ich mein Erbe antreten wolle, müsse ich zu einer Truppe gehen, vorzugsweise in Rom.“ Immer noch mit seinem Schicksal hadernd, kam Frugis Antwort leicht gereizt. Gereizt nicht gegen Ferox, sondern gegen seinen Vater. Darüber hatte er vergessen sich um sein Bett zu kümmern. „Hattest du mir eben nicht gesagt da wäre noch ein Bett frei? Würdest du es mir bitte zeigen. Entschuldige aber wenn ich daran denke warum ich hier bin, packt mich doch etwas die Wut.“ Jetzt wollte er aber nicht weiter daran denken und einfach sein Zeugs wegräumen.

  • Ferox zog seine Decke ein wenig zur Seite, so dass der leere Platz neben ihm einladend breit erschien.
    "Ja, hier oben passt noch einer hin. Du darfst sogar am Rand schlafen." Er zwinkerte Frugi zu, um ihn wieder etwas aufzumuntern. Armer Bursche. Aber vielleicht würde er ja mit der Zeit Gefallen an seiner Situation finden oder sich wenigstens an sie gewöhnen.


    Die Tür der Baracke öffnete sich und zusammen mit einem kalten Windhauch kam ein kleiner, rundlicher Mann herein, auf dessen Hals ein bemerkenswert roter Kopf leuchtete. Ob es von der Kälte war, der Anstrengung oder weil er gerade gereizt war, ließ sich nicht sagen. Durch das sehr kurze Haar sah der Kopf aus wie ein Ball. Der Mann sortierte eine Reihe von Säckchen in sein Regal, die verdächtig nach Nahrungsmittelrationen aussahen. Eines schmiss er auf sein Bett. Anschließend setzte er sich mit dem Hintern genau auf das Herzchen, ohne es zu bemerken, hob sich eine Handmühle auf die Oberschenkel, gab Getreide aus dem Säckchen hinein und begann zu mahlen.


    Das war also Pupillus. Und er hatte etwas zu essen.


    "Salve!", rief Ferox durch den Raum, woraufhin Pupillus den Kopf hob und ihn desinteressiert ansah. Ferox sprach trotzdem weiter, immerhin wollte er nicht verhungern und Frugi sah auch aus, als ob er eine Mahlzeit bitter nötig hätte. "Ferox und Frugi, deine neuen Kameraden", stellte er sich und den Burschen ungefragt vor. "Wo bekommt man hier die Nahrungsrationen her?"


    "Die werden im Horreum ausgegeben", murrte Pupillus ohne sich vorzustellen. Entweder er war kauzig oder hatte ähnlich viel Lust hier zu sein wie Frugi. "In der Nähe vom Armamentarium. Es ist nicht zu übersehen, es wimmelt dort gerade von Tirones."


    "Na, da werden wir doch gleich mal vorbeischauen, wenn wir hier fertig sind", meinte Ferox. "Was ist, Frugi, kommst du mit?"


    ...


    Wenig später kehrte Ferox ein zweites Mal voll bepackt in sein neues zu Hause zurück. Diesmal buckelte er seine komplette Wochenration an Verpflegung: Weizen, Milch, ein paar Eier, Käse, Speck, Olivenöl, Weinessig, Gemüse, Trockenobst und, weil heute der erste Tag war, sogar etwas Fleisch. Das Beste daran war, dass alle Zutaten für Ferox`Lieblingsessen - gebratene Eier - vorhanden waren!


    "Das sieht doch lecker aus", meinte er zu Frugi. "Wenn es das jede Woche gibt, werden wir hier fett wie Mastochsen!"

  • Nachdem er sich beim zuständigen Optio nach weiteren Weisungen die neuen Tirones betreffend erkundigt hatte, schlenderte Antias nachdenklich zur Rekrutenbaracke zurück. Seine zwischenzeitlich ganz annehmbare Laune war wieder den bedrückenden Gedanken an die augenblickliche Lage gewichen. Nach wie vor standen die Kameraden in aufgestockter Mannschaftszahl an den geschlossenen Toren und wussten so wenig wie er selbst, was die nächsten Tage bringen mochten. Gut möglich, dass Ferox und seine neue Kameraden das Waffentraining ungleich schneller und intensiver würden bewältigen müssen als ihre Vorgänger. Hätte Antias einen Tag früher vom Tod des Princeps erfahren, wäre sein Rat an Ferox, den Truppen beizutreten sicher weit weniger enthusiastisch ausgefallen. Nun nutzte das alles nichts mehr. Die Rekruten waren eingerückt und würden ihre Pflicht tun, so wie Tausende von Urbanern vor ihnen.


    Nach einem lauten Klopfen betrat Antias die Baracke und war ausgesprochen positiv überrascht. Die unordentlich aufgetürmten Ausrüstungsstapel waren tatsächlich verschwunden, die Betten gemacht, das Feuer in der Kochstelle bereits angefacht. Das war ja weitaus reibungsloser vonstatten gegangen als befürchtet. Sogar ihre Nahrungszuteilungen hatten die Rekruten schon empfangen. Na, also. Ging doch. „So, ich bin’s nochmal.“ flötete er mit neu erwachtem Optimismus. „Also, ich hab’ eine gute und eine schlechte Nachricht, Tirones. Die gute zuerst: Ihr habt tatsächlich die richtige Barracke bezogen.“ Versonnen grinsend setzte er sich bewusst neben den gedrungenen Tiro auf die erste Pritsche. „Nun die schlechte: Irgendwann in mittlerer Zukunft werden die unterbesetzten Contubernia wohl zusammengelegt, was bedeutet, dass ihr mich und meine Kameraden noch um einiges besser kennen lernt als ihr es euch momentan vermutlich wünscht.“ Ferox verschmitzt zuzwinkernd stand er wieder auf und betrachtete kurz das Bett. Wunderbar, eine tiefe Delle von der Größe seines straffen Hinterteils zeichnete sich neben dem mürrischen Rekruten im Wolllaken ab. „Ich bin übrigens Miles Germanicus Antias.“ lächelte er zufrieden und wartete ab, ob die Tirones noch den Nerv hatten, sich vorzustellen.

  • „Prima oben also, besser könnte es nicht sein“, schon war Frugi oben gelandet und sondierte von dort die Lage. Nur am Rande bekam er mit, dass jemand eingetreten war. Erst als Ferox sie beide vorstellte wurde er richtig aufmerksam. „Selbstverständlich komme ich mit, hast du nicht das Poltern gehört? Das war mein Magen und keine Wagenladung Steine“, antwortete er auf Ferox Frage. „Ich weiß nicht ob es reichen wird, das ich noch etwas mehr auf meine Rippen bekomme, so groß wie mein Hunger gerade ist.“ Just in dem Moment kam der große Bruder von Ferox zurück, der Miles. Zunächst einmal hörten sich seine Nachrichten für den Octavier nicht schlecht an und ob es so schlimm wäre wenn sie hier mit einziehen würden wusste konnte er noch nicht beurteilen, da er bisher nur ihn kannte. Vielleicht waren die anderen ja auch so freundlich, obwohl nüchtern betrachte wäre die Erwartung bestimmt zu groß.
    Schon wieder flog die Eingangstüre auf und es kamen zwei Typen rein, die konnten nicht unterschiedlich sein. Da war der erste ein großer kräftiger blonder Hüne und ein kleiner dunkelhaariger eher Schmächtiger, der Ähnlichkeit mit einem Wiesel hatte. Schon landete der Große auf dem Bett unter Frugi, wobei das gesamte Gestell bedrohlich zu wanken begann. Der Kleine begann wie ein Huhn zu gackern und meinte. „He Pompus, sei vorsichtig du hast Besuch bekommen, der fällt dir gleich vor die Füße.“ Schon sprang dieser Pompus auf und knallte mit dem Kopf gegen das Gestell, rieb sich den Kopf und starrte Frugi an. „Wer bist denn du?“ „Ich binTitus Octavius Frugi und das ist Nero Germanicus Ferox“, stellte Frugi gleich seinen neuen Kameraden und sich selber vor. „Salve Germanicus Antias“, begrüßte er noch den Miles. „Ja und der ist Theopompus, auch Pompus genannt und ich bin Persaeus“, gackerte das Wiesel auch gleich.

  • Als Antias sich provokant neben Pupillus setzte, betätigte dieser betont desinteressiert die Handmühle. Er starrte er auf die wirbelnde Kurbel, das Mehl stob in kleinen Wölkchen aus den Spalten. Hatte er ... Schiss? Ferox verkniff sich ein Grinsen.


    "Wenn du weiter so kurbelst, mahlst du sogar noch die Mahlsteine zu Mehl", informierte er, was sein neuer Kamerad geflissentlich ignorierte. Dafür wurde sein Kopf noch ein gutes Stück roter.


    Die Nachricht, die Antias überbrachte, war für Ferox genauso wenig schlecht wie für Frugi. "Mehr Leute, mehr Spaß", fand er. "Und kalt wird es hier drin dann auch nicht. Bis es so weit ist, dass du einziehst, spioniere ich aus, wo man gefahrlos schlafen kann, ohne zersägt zu werden oder eine Gasvergiftung zu bekommen." Er grinste zufrieden. Noch perfekter konnte der Tag eigentlich kaum werden. Wenn er bedachte, was für Sorgen er sich gemacht hatte!


    Nur der Mann, der neben Pupillus schlafen musste, tat ihm schon jetzt leid. Der füllte gerade das Mehl in eine Schale. Antias erhob sich und sofort ruckte Pupillus` Kopf herum, den Blick auf das Bett geheftet. Er machte ein Geräusch wie ein Dampfkochtopf. Falten! Pupillus wandte den Kopf zu Antias. Sein Mund zuckte, als wolle er er etwas sagen, doch nachdem er Antias langsam von unten nach oben gemustert hatte, kniff er die Lippen zusammen, sah wieder nach unten und füllte neues Korn in die Mühle.


    Frugi platzierte sich derweile neben Ferox. "Das ist eine Aussicht von hier oben, was?", posaunte dieser. "Man kann von hier aus bis zur gegenüberliegenden Wand sehen!"


    Just in diesem Moment platzten zwei weitere Tirones herein, ein großer und ein kleiner, der jedoch nicht so rund war wie Pupillus. Als der Große sich unter ihnen auf`s Bett schmiss, klimperten die Hastae an der Wand. Was für ein Brocken! Bekam der überhaupt seine Lorica zu, ohne dass irgendwo Spalten blieben? Einen Moment später sprang er wieder auf und stieß mit dem Kopf an die Unterseite von Ferox`Matratze. Der Schlag war so heftig, dass Ferox im sitzen ein Stück in die Luft hüpfte.


    "Salvete, Pompus und Persaeus", grüßte er zurück. Dann ermahnte er Frugi leise: "Pass bloß auf, dass der Große sich nicht versehentlich auf dich drauf setzt, sonst bist du weg."


    Nur einer beteiligte sich nicht an dem Geplauder. "Das da ist Pupillus", stellte Ferox den einsamen Kameraden an der Tür vor. "So lange ihr euch nicht auf sein Bettzeug setzt, ist er ungefährlich."


    Es hatte nur ein harmloser kleiner Scherz sein sollen, um Pupillus einzubeziehen, doch dieser stellte die Mühle unsanft auf den Boden, dass es rummste und baute sich breitbeinig in der Baracke auf. Er sah aus wie ein Henkeltopf. "Du suchst also Ärger, ja?!"

  • Die Baracke füllte sich weiter mit Rekruten. Gut für die Raumtemperatur, schlecht für die Luftqualität. Schmunzelnd betrachtete Antias den Auflauf junger Kerle. Allesamt zweifellos noch eingefleischte Individualisten, aber das würde sich in wenigen Tagen alles einspielen. Mit einem freundliche Nicken quittierte er die namentliche Vorstellung der Rekruten. Frugi, Theopompus, Pupillus und Perseus. Aha.


    „Salve. Wie ich sehe, habt ihr euch schon zu einer richtigen kleinen Familie zusammengerauft, hervorragend.“ grinste er Frugi an. „Dann sollte der klugscheißerische alte Miles euch wohl nicht länger im Weg rum stehen.“ Schon wollte Antias seinen Bruder zu sich winken, da fiel ihm noch etwas ein. Auch auf die Gefahr hin, den Rekruten mit einem zusätzlichen Ratschlag endgültig auf’s Gemächt zu gehen, fühlte er sich doch ein wenig für seine zukünftigen Kameraden verantwortlich. „Vielleicht eins noch. Probiert eure Rüstungen an, Lorica, Helm, Beinschienen. Sollte irgendwas verbogen sein oder gar nach innen vorstehen, rate ich euch, die Teile umgehend in der Waffenkammer umzutauschen. Wenn ihr die Ausrüstung erstmal einen halben Monat getragen habt, nimmt sie keiner mehr zurück. Und sprecht euch beizeiten ab, wer künftig wem in die Lorica hilft, sonst gibt das jeden Morgen ein heilloses Chaos.“ Er wusste, wovon er redete. Vor dem ersten Appell war in seinem Contubernium damals rein gar nichts rund gelaufen.


    „Keine Sorge, das war’s jetzt aber wirklich. Alles gute, Tirones.“ beruhigte er die jungen Männer und machte Ferox Zeichen, ihm nach darußen zu folgen. „Ferox, wenn du vielleicht einen Moment erübrigen könntest?“

  • Bedächtig stand Theopompus auf und ging zu dem Rotkopf rüber drückte ihn mehr oder weniger sanft auf die Schulter in Richtung Boden. „Sagte ich dir vor gar nicht zu langer Zeit, du sollst nicht immer gleich an die Decke gehen? Also bleib ruhig und lass die beiden erst einmal ankommen. Wenn du einen zum prügeln willst nimmt mich“. Kaum geendet ging er zurück, zu seinem Bett, schaute Frugi an und meinte gutmütig: „Hüpf runter kleiner dann proben wir einmal das Lorica anziehen“. Völlig perplex folgte dieser der Einladung, dass das jetzt so reibungslos ablaufen würde hatte er nicht erwartet.
    Für die Hinweise des Gemanciers konnte man nur dankbar sein. Zufrieden stellte der Octavier fest passen tat ja alles aber für etwas mehr Glanz musste er dennoch sorgen. Die Frage war nur wie und womit. Langsam wurde aber die Sorge ums Essen wichtiger.

  • "Ich will mich nicht prügeln, ich will nur meine verdammte Ruhe haben!", brüllte Pupillus, während Pompus ihn zurück auf sein Bett drückte. Würde Pompus noch etwas fester zudrücken, würde der kleine Choleriker wahrscheinlich platzen wie eine überreife Tomate. Kein Wunder, dass der Schlafplatz neben ihm noch immer leer war!


    Als Antias vorschlug, sich jemanden zu suchen, der einem morgens in die Rüstung half, blickte Ferox sich suchend um. Rasch bildeten sich Pärchen, auch Frugi wurde schnell in Beschlag genommen. Er zog nachdenklich die Brauen hoch. Nur Pupillus wurde von niemandem gefragt. Er wuchtete gerade wieder die Mühle auf seinen Schoß, um einen Grund zu haben, niemanden anschauen zu müssen. Irgendwie tat er Ferox leid, wie er da so allein saß. Wer wusste schon, was geschehen war, dass er so grauenhafte Laune hatte? Vielleicht war er unter seiner roten Schale ja ein netter Kerl.


    "Magst du mir dann vielleicht bei der Lorica helfen, Pupillus?", fragte Ferox und versuchte, so wenig offensiv wie nur möglich zu klingen. "PUPILLUS?", wiederholte er lauter, als der kleine runde Kamerad nicht reagierte. Pupillus hörte auf zu kurbeln. Langsam drehte er den roten Kopf, auf dem Schweißperlen glitzerten, sah ihn für einen kurzen Augenblick lang an, nur um gleich wieder wegzusehen. "Meinetwegen", knurrte er, während er auf die Mühle starrte, als wäre sie an all seiner Misere Schuld.


    Na also, es ging doch, stellte Ferox zufrieden fest. Er brauchte wahrscheinlich nur etwas Zeit. Ferox kletterte vom Bett und ging mit Antias noch einmal vor die Tür. Im Vorbeigehen grinste er Pupillus freundlich an, doch der mahlte schon wieder verbissen seinen Weizen, ohne aufzusehen.


    Draußen empfing sie die klare Winterluft.
    "Scheint doch ein ganz netter Haufen zu sein", bemerkte Ferox.

  • Vor der Barracke angekommen, atmete Antias ein paarmal tief durch, hielt Ferox in vorbildlicher Haltung die Tür auf, ließ ihn passieren, hörte sich seinen Kommentar an, schloss die Tür und verfiel dann sofort in albernes Gehampel. „Wie? Was? Ja, sicher, prächtige Jungs.“ lachte er übermütig und klatschte Ferox die Hand auf die Schulter. „Ja nun? Und?“ Ungeduldig trippelte Antias um Ferox herum, knuffte ihm auf den Arm und stemmte schließlich herausfordernd die Hände in die Hüften. „Jetzt red schon, verdammt! Wie war’s? Wie ist es mit der Leserei gelaufen? Herrje, spann mich doch nicht so auf die Folter, du alter Waldbär!“

  • Ferox knuffte breit grinsend zurück und bekam prompt Lust auf einen kleines Kämpfchen.
    "Das erzähl ich dir, wenn du mich besiegt hast!" :D


    Er schlich um Antias herum und hielt die Arme angewinkelt vor sich, die Finger zu lockeren Fäusten geballt. Wahrscheinlich würde er mit einem einzigen Handgriff im Dreck landen, aber das nahm er in Kauf. Immerhin hatten sie eine verpasste gemeinsame Kindheit nachzuholen und rangeln machte auch als Erwachsener noch Spaß. :]

  • „Ahaaa! Sooo ist das also!“ intonierte Antias mit triefendem Pathos und begann Ferox langsam gedehnten Schrittes zu umkreisen. „Der Delinquent trachtet sich der Vernehmung zu entziehen!“ Grinsend stoppte er ab und wechselte die Richtung. „Ein Kampf stattdessen soll es sein!" Nochmal ein Richtungswechsel. „Nun, so soll es geschehen!“


    Mit rollenden Augen beugte er sich nach vor, fixierte Ferox lauernd, setzte zum Sprung an, wurde dann aber von einer unqualifizierten Zwischenbemerkung in seiner Konzentration gestört. „Was macht ’n ihr da?“ brummelte eine ihm wohlbekannte Stimme hinter seinem Rücken. Antias kicherte blöde und drehte sich um. Vor ihm stand Fimbria, bepackt mit Rüstungsteilen aller Art. „Kleiner Nebenverdienst.“ erklärte er augenzwinkernd. „Was wird 'n das hier? Habt ihr euch schon in der Wolle?“ Antias schnaubte nur verächtlich, setzte seinen verwegensten Blick auf und erhob grüßend den Arm. „Ave Imperator! Morituri te salutant!“ Fimbria schüttelte schmunzelnd den massigen Schädel und schob ab. „Blödmänner!“ Mit einem stillen Lächeln blickte Antias dem Kameraden nach, stürzte sich dann unvermittelt auf Ferox und riss ihn von den Beinen. „Nie ablenken lassen, Bruder.“

  • Ferox kam nicht mehr dazu, dem Bekannten seines Bruders ein Saftsack! hinterherzuschicken. Plötzlich geriet die Welt in eine Schräglage. Die zum Zwecke des Sprechens eingeatmete Luft entwicht mit einem geräuschvollen "Umpf!", als Ferox rücklings auf der festgetrampelten Erde landete. Er sah die Füße des Kameraden davonspazieren, der Rest des Blickfeldes wurde von seinem Bruder versperrt, der ihn umgestoßen hatte. Doch bevor Antias es sich auf ihm allzu bequem machen konnte, nutzte Ferox den Schwung des Sturzes und rollte samt seinem Bruder einmal herum. Götter, war der Kerl schwer mit der Rüstung!


    Die Rangelei setzte sich auf dem Boden fort, während jeder versuchte, den anderen so zu fixieren, dass er sich nicht mehr wehren konnte. Ein paar Schaulustige hatten sich versammelt und feuerten sie lautstark an. Die ersten Wetten wurden abgeschlossen.


    "Fünf Eier, dass Antias gewinnt!"
    "Die Wette halte ich."
    "Ich setz auf den Kleinen."
    "Der ist neu, der scheißt ab."
    "Ein Laib Käse, dass gleich der Optio auftaucht und für Ordnung sorgt!"


    "Zum Glück setzen Zuschauer einen überhaupt nicht unter Druck", ächte Ferox, während er sich bemühte, seinen Bruder zu bändigen. Aber an dem Feixen in seinem Gesicht sahen auch die Uneingeweihten, dass es sich hier nur um Spaß handelte - was sie nicht davon abhielt, weitere Wetten abzuschließen. "Gib auf, Pilum-Arm!", grölte er.

  • Alle Achtung, dachte sich Antias stolz. Was seinem Bruder an Körpergröße fehlte, machte er durch pure Kraft fast wieder wett. Er lag zwar im Dreck, Antias aber ebenso, und anstatt sich von seinem Bruder ohne weiters auf den Rücken hebeln zu lassen, bäumte Ferox sich immer wieder auf wie ein Zuchtbulle. Antias griff nach, bekam einen Ellbogen zu fassen und fing an, ihn in eine Richtung zu drehen, die von der Natur so nicht vorgesehen war. Im Gegensatz zu Ferox hatte er keine großen Probleme mit Publikum, nur dass es nicht zahlte, wurmte ihn. Und welches Hasenhirn verwettete gleich einen ganzen Laib Käse?


    „Pilumarm, ja?“ zischte er mit gespielter Entrüstung auf den schwitzenden Brocken hinab. „Dir werd’ ich geben, du freche kleine Matschkröte!“ Kurz verstärkte er den Druck auf den Ellbogen, rollte sich dann herum und zog ihn die entgegengesetzte Richtung. Ferox blieb nichts anderes übrig als der Bewegung zu folgen und so kullerten die grinsenden Brüder als gepanzertes Knäuel vor den Füßen der Schaulustigen herum. Ein ganzer Laib Käse! Antias verwand es nicht. Sie mussten hier also zu Potte kommen, bevor ein Optio auftauchte. Nicht der Konsequenzen wegen, schlimmstenfalls würden Ferox und er ein paar Freischichten lang in der Latrine rumschrubben müssen, es gab schlimmeres. Nein, dieses Großmaul sollte den Laib Käse verlieren!


    Ferox japste, Antias keuchte, ein Optio kam nicht in Sicht. „Übrigens ..“ schnaufte er Ferox zwischen zwei Attacken zu. „.. was mit Vespa ist, erzähl ich dir erst, wenn du mich besiegt hast.“ Eigentlich wollte er seinem Bruder noch die Zunge rausstrecken, befand das aber für einen ausgewachsenen Miles dann doch als eine Spur zu infantil.

  • Das Gelenk seines Ellebogens zwiebelte, dann wurde der Schmerz zu einem heftigen Stechen, das schnell unerträglich wurde. Ferox versuchte, mit purer Muskelkraft dagegen zu halten, doch das schaffte er nicht lange. Da er oben fixiert war, verleierte er den Unterkörper und trat mit den Beinen in die Luft, wobei eine seiner Sandalen davon flog, in die er aus Faulheit nur hineingeschlappt war, ohne sie zu verschnüren.


    Die Sandale flog in ein offenes Fenster, aus dem daraufhin erst ein Fluchen, dann Gelächter erklang. Auf Antias' Hebelgriff hatte weder das noch sein Gehampel irgendeine Wirkung. Hatte er ihn eben noch Pilum-Arm genannt? Seine Arme schienen aus Gusseisen geschmiedet zu sein!


    "Vespa? Jetzt hast du wohl auch noch mein unschuldiges Muli als Geißel genommen, was? Du willst es also nicht anders!", japste Ferox. Nur mit Mühe konnte er seine Schmerzenslaute unterdrücken. Der Griff war verdammt fies, den musste er sich merken. "Du willst also die Geheimwaffe! Du sollst sie bekommen!"


    Mit diesen Worten verrenkte er sich und presste Antias den nackten Schweißfuß mitten ins Gesicht.
    Ein paar Münzen prasselten auf sie herab und klimperten, als sie auf Antias`Rüstung trafen.
    "Also DAS ist unfair", fand jemand.


    Sim-Off:

    P.S. Wenn du magst, kannst du den Kampf jetzt mit einem Sieg für Antias beenden, ehe der Kamerad mit dem Käse seine Wette noch gewinnt^^

  • Ferox schlug sich tapfer und für einen noch völlig unbedarften Frischling sogar recht geschickt. Ein Paardutzend Einheiten Nahkampfausbildung würden Reflexe und Motorik zweifellos schnell in Einklang bringen. Vor allem gab er sich nicht ohne weiteres geschlagen. Schon wollte Antias eine anerkennende Bemerkung fallen lassen, da klatsche ihm eine breite rissige Fußsohle mitten in’s Gesicht. Oh ja, sein Bruder zog wirklich alle Register, auch die untersten. „Booaahh!“


    Antias hielt den Druck seines Griffes aufrecht und versuchte dabei so flach wie möglich zu atmen. Schwierig. Jemand aus dem Publikum meinte, Ferox’ Vorgehen als unfair bezeichnen zu müssen. Sicher war es das. Für einen Gladiatoren. Nicht aber für einen Urbaner. Draußen in den verwinkelten Gassen erwarteten sie keine Regeln, da galt allenfalls die Maxime: Töte niemanden, von dem du nicht willst, dass er tot ist. Ansonsten war letzten Endes alles legitim, sogar Kratzen und Beißen. Beißen, an sich keine schlechte Idee, fand Antias, und biss zu. Freilich nicht mit maximalem Druck und erst recht nicht mit Appetit, aber doch energisch genug, um Ferox damit anzudeuten, dass sein finaler Vorstoß als gescheitert betrachtet werden durfte. Wie standen die Wetten überhaupt? Drei zu eins für den Miles, wenn Antias das richtig mitbekommen hatte. Den Pfeifen würde er einen Strich durch die Rechnung machen.


    Um Luft ringend spuckte er Ferox’ Müffelquante aus, löste den Griff und ließ sich hustend auf den Rücken plumpsen. „Oh Seuche! Erbarmen! Bringt mir was zum Ausspülen! Wasser, Posca, glühende Lava ... irgendwas!“

  • "Schnell! So helft ihm doch, er erstickt!", rief Ferox. Jemand brachte eilig einen Wasserschlauch und reichte ihn Antias, der theatralisch auf dem Boden rollte. Hoffentlich war irgendwas mit Geschmack darin, sein Fuß hatte sicher nicht nach Erdbeeren geschmeckt.


    Anschließend reichte Ferox seinem Bruder lachend die Hand, um ihn auf die Füße zu ziehen und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. "Du bist wirklich gut! Ich möchte kein Halunke sein, wenn du gerade Patroullie schiebst. Den Armhebel musst du mir bei Gelegenheit mal zeigen."


    Er kreiste mit der schmerzenden Schulter und bewegte seinen Unterarm, während die Zuschauer ihre Wetteinsätze an einen einzigen Mann auslieferten, der breit grinste. "Ich hab`s euch ja gesagt", sprach er immer wieder. Er würde die nächsten Tage keinen Hunger leiden, so viel stand fest. Der Mann, der einen kompletten Käselaib verwettet hatte, grinste schief, öffnete einen Beutel, den er bei sich trug und holte einen winzigen Käse heraus, nicht größer als seine Faust und warf ihn einem der Soldaten zu. "Da, Aventiner Kräuterhappen. Teilt euch rein! Ich hab zum Glück noch neun andere."

  • Antias zuckte krampfartig auf dem Boden herum, ließ die Zunge heraushängen und röchelte kehlig vor sich hin. Endlich hielt ihm jemand einen Trinkschlauch vor die Nase. Wurde auch Zeit, hier konnte man ja eingehen wie eine Primel, ohne dass es jemanden scherte. Gierig schlabberte er am Lederschlauch und vermeldete schließlich mit einem viehischen Rülpser, dass er gerade noch mit dem Leben davongekommen war. „Hilf einem gebrochenen alten Miles mal auf die zittrigen Beine.“ stöhnte er Ferox gequält an. Der kam amüsiert der Bitte nach und zog ihn hoch. Antias blickte grinsend an sich hinunter. Nur zwei Spangen waren verbogen, das ging ja noch. Nichts, was Fimbria in kürzester Zeit nicht wieder hinbekommen würde. „Den Griff?“ Er nahm nochmal einen tiefen Schluck, gurgelte ausgiebig und ließ eine breite Sprühfontäne in’s Publikum regnen. „Den bekommst du schon noch beigebracht, und ne Menge andere dazu.“

    Tief befriedigt beobachtete er, wie einer der Umstehenden seine Wettgewinne einstrich. Auch die lachhafte Miniatur eines Käselaibs wechselte den Besitzer. Das Gesicht dieses Spaßvogels würde Antias sich vorsorglich mal merken.


    Schmunzelnd hielt Antias seinem staubigen Bruder den Wasserschlauch hin. „Vespa geht’s prächtig. Sie ist jetzt quasi Urbanerin. Du findest sie quietschfidel im Stabulum, aber übertreib’s nicht mit den Besuchen. Unzucht mit Vierbeinern ist auch hier drin nicht gerade die Regel.“

  • "Vespa wurde also angenommen, ja?", fragte Ferox und nahm den Wasserschlauch entgegen. "Das sind gute Neuigkeiten! Dabei hätte ich schwören können, dass sie bei den Liegestützen versagt. Ich werde ihr dann zur Feier des Tages mal was zum Knabbern bringen." Er trank ein paar Schlucke, während er Antias zuhörte. Köstliche, erfrischende Posca! Nicht zu sauer, nicht zu lasch. "Ich hätte mir damals doch einen Hengst kaufen sollen ... du glaubst nicht, wie viele solche Sprüche man zu hören bekommt als Reiter von `ner Stute!" Er grinste dreckig und stieß Antias den Ellebogen in die Seite. "Aber du musst zugeben, sie hat ziemlich heiße Ohren. Wie soll man da wiederstehen!"


    Die Zuschauer gingen wieder ihrer Wege. Ferox trank noch einen Schluck der herrlichen Posca - und noch einen - ehe er dem Besitzer des Wasserschlauches sein Eigentum zurückreichte. Der Schlauch war ziemlig schlaff im Vergleich zu vorher und der Besitzer zog einen Flunsch, ehe auch er abzog.


    Ferox zog seine Tunika wieder ordentlich zurecht und rückte den verdrehten Gürtel richtig herum. "Also wegen dem Sehtest ... der Optio hat scheinbar schon was geahnt. Wahrscheinlich sieht man mir an, dass ich nicht lesen kann. Er hat mir gleich eine Wachstafel in die Hand gedrückt und ich sollte die Buchstaben - oder waren es Zahlen? - abmalen. Mir ist bald der Schädel geplatzt! Ich habe jetzt noch Kopfschmerzen von den ganzen Strichen! Die sehen sich alle so ähnlich und sich dabei nicht zu verzählen, wenn mehrere von den Senkrechten hintereinander kommen, ist gar nicht mal so einfach. Weißt du, die ohne alles, die einfach wie ein Stock aussehen. Scheint aber trotz Knoten im Hirn alles richtig gewesen zu sein."
    Er klopfte sich ab, aber die Erde war feucht, so dass sie sich nicht abklopfen ließ und er sah von oben bis unten aus wie ein Schwein. Ein Schwein mit einer Sandale. "He, hast du meinen Latsch gesehen?"

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