Comes - Regio Italia

Vor Schreck fuhr ich zusammen und drehte mich um.
"Stephanus! Bei allen Göttern, hast du mich erschreckt.", jappste ich.
"Ich...hm...es geht um mein Beschäftigungsverhältnis hier."

" Oh, entschuldige, Aelia, aber es war meiner Absicht, äh ich meine natürlich nicht meine Absicht, Dich zu erschrecken. Doch komm doch ersteinmal rein. Vielleicht möchtest Du ja einen Becher Wein trinken, oder hat dich auch diese Mode der Safttrinkerei eingeholt? Ich hoffe doch nicht..doch komm doch ersteinmal rein und setz Dich.",

sagte ich und bat sie ebenso gesten- wie wortreich, sich in das fast zu prunkvoll eingerichtete und besenreine officium, das ich nun mein eigen nennen durfte.

"Saft?", fragte ich, fast entgeistert und schüttelte schnell den Kopf.
"Nein, lieber kein Saft. Aber gegen einen Schluck Wein hätte ich nichts."
Ich setzte mich brav hin und sah zu Stephanus.
"Gratuliere übrigens zu deiner Wahl. Du wirst sicher ein hervorragender Comes werden."

"Danke für die Glückwünsche. Ich habe jetzt ja alle Akten, die der Ex-LAPP und der Ex-Comes nicht verbrannt haben, übernommen und habe da etwas über so merkwürdige Vorlieben von einigen wichtigen Leuten gelesen, die Säfte dem köstlichen, vergorenen Saft der Trauben vorziehen. Dekadent, wenn Du mich fragst. Aber gut.,

sagte ich und klatschte einen Sklaven herbei, der - wohlerzogen, wie die hier in der Chefetage zu sein schienen - sofort guten Wein und etwas Wasser dabei hatte und uns einschenkte. Darauf fuhr ich -den becher erhebend und mild lächelnd und anstoßend - zu reden fort:

"Prosit, Aelia! Doch nun sag was führt Dich zu mir...laß mich raten: Es zieht Dich ins warme Germanien?"

Ich prostete zurück und verschluckte mich ordentlich, als ich Stephanus´ letzten Satz hörte.

"*keuch* Woher weißt du...?"

Da hatte ich Aelia schon zum zweiten Mal auf kaltem Fuß erwischt, so dass ich nicht ohne Grinsen antwortete:

"Nun ich könnte so etwas sagen wie: Ich habe lange genug als Magister Scriniorum gearbeitet um noch meine Quellen zu haben, oder so etwas wie: Das pfeifen doch die Spatzen oder so. Aber ich will ehrlich sein: Ich habe es - mit guten Gründen - erraten. Man weiß, dass Dein Corvus um dessen willen Du Dich sogar mit Falco zerstritten hattest, in Germania ist. Dann willst Du Deinen Chef - das bin ich - wegen Deines ich zitiere 'Beschäftigungsverhältnisses' sprechen. 1 + 1 sind 2, würde ich da sagen."

Mein zunächst hämisches Grinsen weitete sich in ein triumphierendes, aber nicht hochmütiges, sondern freudiges Lächeln.

Grinsend nickte ich. Ich hätte es wissen sollen.

"Tja, dann weißt du ja, was ich möchte: Kündigen."

Sfz. Wie lange war ich nun Mag Scrin gewesen? Und irgendwie hatte ich das Gefühl, ich würde sogar Fusculus vermissen.

"Leider, muss ich Dich wohl ziehen lassen, doch: erfülle mir noch die eine Bitte einen letzten Bericht zu schreiben, damit mir Zeit bleibt eine - wenn auch niemals an Dich heranreichende Nachfolge zu arrangieren.",

sagte ich nun charmant lächelnd.

"Noch einen?", seufzte ich und kniff mir mit einer Hand in den Nasenrücken.
"Puh...gut, ich werde sehen, was sich machen lässt."

Es war - auch für einen Mann in den mittleren Jahren wie mich - immer wieder eine Freude Aelias Mienen- und Gestenspiel zu beobachten. Aber das tat nichts zur Sache. Daher sprach ich:

"Vielen Dank, Aelia. Doch gestatte mir noch eine Frage, hast Du es Dir gut überlegt, gerade in diesen Tagen nach Germania zu gehen? Also ich meine die Temperaturen sind nicht gerade römisch, sondern zu tiefst barbarisch, wie man hört."

Ich lächelte gequält.
"Ich weiß, ich weiß.", seufzte ich. "Und ich bin noch dazu recht verfroren, aber was tut man nicht alles."

"Wahrscheinlich - so möchte ich wenigstens hoffen - wird die Wärme der Liebe Dein Herz und durch das Herz Dein ganzes Sein durchwärmen."

"Und der Frühling ist nicht mehr allzu weit.", fügte ich zwinkernd hinzu.
"Achso, das wars eigentlich ja auch schon, ich will dich ja nicht gleich am ersten Tag von deiner Arbeit abhalten."

"Tatsächlich hat mich Dein ansonsten bezaubernder Besuch ja eigentlich vor eine sehr schwierige Aufgabe gestellt, weswegen ich gar nicht weiß warum ich immer noch mit Dir rede",
sagte ich grinsend, um dann nahezu majestätisch huldvoll zu sprechen:

"Gut Du kannst Dich entfernen."

Das Grinsen konnte ich mir trotz hoheitsvollem Ton nicht verkneifen. Ich erhob mich und verbeugte mich knapp.

"Dann wünsche ich viel Erfolg bei der Suche, Comes."

Und schon war ich auf dem Weg in mein eigenes Officium.

"Vale bene, stella maris", sagte ich und überlegte wie ich einen ersatz bekommen könnte.

Endlich erreichte Detritus das Officium des Comes, er atmete kurz auf und klopfte dann an die Tür.

"Salve Comes, ich bin es Lucius Octavius Detritus darf ich eintreten?"

Anscheinend war der Comes nicht da. Detritus ging wieder.

Fast hätten wir versäumt, Mitarbeiter von Maxentius' Wirkungsbereich über die geplante Bestattung zu informieren. Daher beeilte ich mich, um dem Comes zu benachrichtigen.

Ich ließ mich in seinem Officium anmelden.

Ein Scriba betrat das Arbeitszimmer des Comes und meldete den Besuch an.

"Sie soll eintreten." meinte der Comes.