Das Stadtbad

"Einverstanden! Auch, wenn wir einen sonderbaren Eindruck auf die Männer machen werden - kichernd und mit nassen Haaren", grinste Valeria und machte sich zum Aufbruch bereit.

Gemeinsam verließen wir die Thermen, um nach einer Taverna zu suchen.

Ein anstrengender Arbeitstag lag hinter mir. Sowohl in der Regia, als auch in der Curia gab es einiges zutun. Da gab es doch nichts schöneres als den Dreck und den Stress des Tages abzuwaschen und ihn sich abschaben zu lassen.

Ich hätte auch die Thermen unserer Villa nutzen können, doch waren die nicht so geräumig. Außerdem wollte ich doch mal die neuesten Nachrichten und Gerüchte aufschnappen und das Dampfbad genießen.

So ging ich in das Apodyterium und legte meine Tunika und Toga ab und legte sie in ein Loculus. Dann warf ich dem Capsarius eine Münze zu, dass er ja gut auf meine Kleidung achtete.

Zunächst ging ich ins Frigidarium um mich zu säubern, so ließ ich mich auf einem Marmorsessel mit kaltem Wasser übergießen. Es war eiskalt aber auch auf seine Art angenehm, daher scwom ich die eine oder andere Bahn.
Doch machte ich dann schnell, dass ich ins Tepidarium kam, wo die Luft wärmer und angenehmer war. Hier verweilte ich eine Weile um mich an die Temperatur zu gewöhnen und ließ mich massieren.

Anscheinend war heute nicht viel los, doch war ich ja nur im Übergangsraum. Im heißen Caldarium war garantiert mehr los. So machte ich mich auf den Weg ins Caldarium, nachdem ich mich an die Wärme gewöhnt hatte.

Eine Hitze kam mir entgegen, als ich das Caldarium betrat, doch es war auf seine Art schon angenehm. Ich beschloß mich in eines der Becken zu begeben.

Ich war gespannt wen ich hier alles treffen würde und was ich so neues erfahren würde...

Heißes Wasser umspülte mich. Es war angenehm und brachte einem zum nachdenken, doch vergaß ich bald die Sorgen des Alltags. Die Thermen waren eines der wichtigsten und schönsten Dinge römischer Kultur...

Vom Forum kommend, führte Valeria ihre neue Freundin zum Stadtbad.
"Siehst du, hier ist es", sagte sie.

Arria war Valeria gefolgt und sah sich um. Tarraco war auf jeden Fall schöner als Rom, soviel stand fest.

"Nun, da kann ja keiner drauf kommen, wo es ist. Vielleicht sollte man ein Schild aufstellen, wo man die Therme finden kann", zwinkerte sie und griff die Antwort von Valeria von zuvor auf. "Da muss ich dir recht geben. Es ist sehr interessant, etwas über die Götter zu erfahren."

"Ja, das sollten sie wohl. Naja, vielleicht möchte die Verwaltung auch, dass man nachfragt und so mit den Leuten ins Gespräch kommt? Wäre eine gute Möglichkeit, andere Leute näher kennenzulernen. Es könnte natürlich auch sein, dass sie einfach nur das Schuld vergessen haben", grinste Valeria.
"Komm, wir ziehen uns ersteinmal um."

Sie ging zu den Umkleiden und entledigte sich ihrer Tunika, um sich eine Badetunika anzuziehen. Dann versuchte sie, sich umständlich die Haare hochzustecken. Jetzt im Winter war es nicht sonderlich gut, draußen mit langen, nassen Haaren herumzulaufen. Waren sie hochgesteckt, würden sie nicht nass werden, solange sie nicht tauchte.

Arria nickte und zog sich ebenfalls um, ehe sie Valeria dabei zusah, wie sie sich mit ihren Haaren abmühte.

"Warte, ich helfe dir. Ich bin den Kampf gegen Haare ja gewöhnt bei meiner Mähne", zwinkerte sie und nahm Valeria das Haar einfach aus den Händen und steckte es mit einigen geschickten Bewegungen auf deren Hinterkopf. "So, schon fertig", grinste sie und machte sich dann daran, Strähne für Strähne ihrer eigenen Haare auf den Hinterkopf zu ziehen und schließlich mit einem Band erst einmal zu einem Zopf zu binden, ehe sie sie um das Band zu einem Dut schlang. Es war ihr sicherlich schon besser gelungen, aber in den Thermen fand hoffentlich kein Schönheitswettbewerb statt.

Jetzt wollte ich einmal die richtigen Stadtthermen besuchen. Es war schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal hier war, aber es sah immer noch so beeindruckend aus.
Ich entledigte mich meiner Kleider und liess mich ins Wasser fallen.
Ahh, wie das jetzt gut tat.

"Danke", sagte Valeria. Arria schien sehr geschickt, was den Umgang mit Haaren betraf. Das lag wohl nicht zuletzt daran, dass sie selbst eine Löwenmähne hatte.
Als die beiden Mädels fertig waren, schob Valeria fie Tür zu den Baderäumen auf und ging voran.
"Frigidarium oder Tepidarium?" fragte sie schmunzelnd.

"Ich bin fürs Tepidarium", antwortete Arria und ging neben Valeria her. Immer wieder steckte sie eine Haarsträhne zurück, die sich gelöst hatte. "Kannst du mir nicht ein wenig von dir erzählen? Und ich erzähle dir dafür ein wenig von mir", fragte Arria, lächelte fröhlich und ließ sich im Tepidarium nieder.

"Gut, ich auch", sagte Valerie erleichtert. Warmes Wasser im Winter war eindeutig besser als kaltes...
Sie sah, wie Arria mit ihrer Haarsträhne kämpfte, beugte sich herüber und steckte sie in die Spange, die Arrias Haare hielten. Eine Hand wusch die andere, dachte sie sich. Ob Arrias Vorschlag nickte sie.

"Einverstanden."

Langsam ließ Valeria sich dann in das mit warmem Wasser gefüllte Becken des Tepidariums gleiten, sich in dem großen Raum umsehend. Für einen kalten Winterabend waren relativ viele Leute hier, fand sie.

Arria folgte Valeria ins Wasser und versank bis zu den Schultern darin, ehe sie wohlig seufzte. "Es geht doch nichts über ein warmes Bad an einem kalten Tag wie dem heutigen", lächelte sie verschränkte dann ihre Arme auf dem Rand, legte ihren Kopf darauf, achtete aber darauf, dass ihre Haare nicht nass wurden. "Willst du anfangen oder soll ich dir erst von mir erzählen?"

Valeria schloss die Augen und ließ das warme Wasser zuerst einmal langsam ihren Körper umspülen, ehe sie die Augen wieder öffnete und zu Arria hinüber sah.
"Erzähl du zuerst. Ich wüsste ohnehin nicht, wovon ich erzählen sollte. Oder du musst mich fragen, was dich interessiert."

Arria nickte leicht und lächelte.

"Also... Ich bin in Rom geboren.. Meine Mutter starb leider am Kindbettfieber und Vater zog mich alleine auf. Ich hatte kein schlechtes Leben, auch wenn mir eine Mutter oft gefehlt hat. Irgendwann hatte Vater auch mal Affären, aber er hat mir nie jemanden vorgestellt und ich habe nie weiter gefragt. Ich glaube, ich hätte auch keine andere Frau akzeptieren können, so sehr sie sich vielleicht auch bemüht haben würde, mir eine Mutter zu sein. Aber es ist doch schwer, mit meinem Vater über gewisse Dinge zu reden. Naja... So war eigentlich meine ganze Kindheit und Jugend. Und vor einer Weile habe ich eine Stelle in Ostia angetreten. Noch bevor ich zur Discipula Cerealis wurde."

"Hm", machte Valeria.
"Da erging es dir fast wie mir. Ich kannte meinen Vater nie. Meine Mutter war krank, weißt du. Letztendlich starb sie auch an ihrer Krankheit. Vorher versuchte sie, mich bei einer der bedeutendsten Gentes unterzuschieben. Ich denke, sie wollte, dass ich es gut habe. Nur leider habe ich in dieser Familia meinen Liebsten kennengelernt. Maximian, meinen neuen Cousin. Vor ihrem Tod sagte sie mir, dass der Decimus nicht mein Vater sei. Ich glaube, sie wollte mir den Namen verraten, aber...aber sie starb, bevor sie das konnte. Also bleibe ich die Decima, die keine ist. Von der Familia weiß nur der Pater Familias, dass ich nicht die bin, die ich spiele. Und Maximian weiß es inzwischen auch. Ich weiß nicht, wie die Zukunft aussieht. Ich bin nicht nur elternlos, sondern auch hoffnungslos."
Valeria lächelte schmerzlich.
"Aber bitte, erzähl es niemandem. Ich komme da schon durch. Irgendwie."

Arria nickte schnell und legte ihr eine Hand auf den Arm.

"Ich schweige darüber. Und wenn du jemanden zum Reden oder zum Anlehnen brauchst, ich bin da", lächelte sie ehrlich. "Das, was mir wohl am meisten neben einer Mutter gefehlt hat, war eine Freundin. Ich hoffe, ich finde in dir eine, Valeria."

"Wir werden sehen", sagte Valeria.
Aber was redete sie da eigentlich? Sie hatte Arria eben eingeweiht. Das machte sie zu einer Freundin. Also schüttelte sie den Kopf und sagte:
"Ich denke schon, dass das was wird."

Arria lächelte erfreut und legte sich wieder zurück auf ihre Arme.

"Erzähl mir von diesem Maximian. Wie hast du ihn kennen gelernt? Wie sieht er aus? Wie ist er so?"