Portus Mogontiaci - Der Hafen

  • Langsam kamen Loki und die anderen an die Docks heran geritten. Der große Ladekahn, der sie bis nach Castra Vetera nehmen sollte lag ruhig am Steg, die Mannschaft fertig mit dem Beladen, der Kapitän ruhig auf die Reisegesellschaft wartend.


    Als sie sich dem Schiff näherten stieg Loki ab um den Kapitän zu begrüßen.


    "Moin Loki!" erwiderte dieser, "hast dir ja nen hübschen Tag ausgesucht für deinen kleinen Ausflug. So wie der Nebel aussieht wird er sich jeden Moment lichten, da hast du Schwein gehabt. Sonst wär das ne verdammt langsame Fahrt geworden." Der alte Mann musterte die Ankommenden aus seinen kleinen Augen mit ruhigem Blick, als er Eila sah sog er die Luft pfeifend zwischen den Zähnen ein.
    "Loki, was hast du dir denn da für ein hübsches Püppchen aufgetan? Donnerlüttchen!"


    "Das ist meine Schwester, Sigurd.", meinte Loki nur mit frostiger Stimme als er sein Pferd über die breite Planke auf das Schiff führte.


    "Oh, verdammt. Tut mir leid... naja, WILLKOMMEN AUF DER SKRAGAD, liebe Freunde! Ich hoffe keiner von euch ist schnell Seekrank, der Fluss tobt heute ein wenig, er führt viel Wasser.", palaverte der alte Mann weiter.

  • Eila war neben Irminar her zum Hafen geritten, doch hatte sie den ganzen Ritt über geschwiegen. Viel zu viel ging ihr zur Zeit durch den Kopf. Als sie am Hafen ankamen stieg Eila von Neisti ab und wollte gerade auf den Kahn steigen als sie den Kommentar des Kapitäns vernahm. Er hatte sich für solche Späße wahrlich den falschen Morgen aufgetan und so erntete der alte Mann einen vernichtenden Blick von Eila, bevor sie , ihn ignorierend ihr Pferd über die Planke führte.


    Dort angekommen stellte die sich an den Rand des Kahns und blickte stumm auf den Fluss. Langsam wurden die Tage wirklich kälter und so zog Eila, leicht fröstelnd, ihren Mantel enger um sich. Dabei erblickte die die fast verheilte Wunde auf ihrem rechten Handrücken und musste unweigerlich an ihre Waffenübung mit Irminar denken...

  • Auch ihm ging während dem Ritt zum Hafen einiges durch den Kopf und so machte es ihm nichts aus, dass auch die anderen und vornehmlich Eila, die neben ihm Ritt, schwiegen. Das Gespräch zwischen Loki und dem Kapitän des Kahns bekam er nur mit einem halben Ohr mit und so führte er Fjalar über die Planke. er sträubte sich zunächst etwas und so tätschelte er ihm den Hals und meinte leise Komm schon mein Guter. Es wird dir schon nichts passieren, ich bin doch bei dir. Ob das Pferd ihn verstand oder nicht, zumindest folgte er ihm.


    Er stellte sich in der Folge neben Eila, die schweigend den Fluss in Augenschein nahm und ohne sie stören zu wollen tat er es ihr nach. Es war schon lange her, dass er auf einem ähnlich Kahn gefahren ist. Ganz Geheuer war ihm das nicht, doch es war wohl für das erste Stück der Reise der sicherste und für die Pferde auch der angenehmste Weg. Mit diesen Gedanken im Kopf ließ er den leichten Wind um sich ziehen und berachtete die Landschaft so dass bei dem Nebel möglich war.

  • Trandill hatte keinerlei Probleme auf den Kahn zu steigen, ich zog eine Augenbraue hoch als er mir so leichtfüßig folgte und schob diese bereitwilligkeit auf seine Neugierde die scheinbar größer war als die Angst.


    Ich machte ihn fest und verstaute meine Sachen am Heck des schiffes und setzte mich so hin das ich die Beine, von einer Kiste herab über den Rand des Kahnes baumeln lassen konnte.
    Nachdenklich blieb ich da sitzten und schaute auf die Strömung hinab.

  • Als Eila bemerkte, dass sich jemand neben sie stellte, hoffte sie im ersten Moment es wäre Marbod gewesen, doch als sie zur Seite blickte sah sie Irminar. Sie sah zurück auf den Fluss, betrachte den leichten Wellengang und fragte sich, was diese Reise wohl noch alles bringen würde.
    Einige Momente später blickte sie dann erneut zu Irminar, jedoch mit einem lächeln. Sie ließ ihren Umhang, den sie eigentlich fest um sich geklammert hatte los, um ihre Hand vorstrecken zu können. Sie hielt ihm ihre Rechte mit dem Handrücken nach oben hin und meinte mit einem Schmunzeln :" Siehst du, es ist bereits fast verheilt."

  • Er war ganz in Gedanken versunken, dass er Eilas Blick und im Folgenden ihre Worte zunächst gar nicht wirklich wahrnahm. Als sie ihm jedoch die Hand hinhielt, konnte er sich die Worte zusammen reimen und erwiderte ihr Lächeln. Nun ja, der Schnitt war ja auch nicht tief. Sind wir froh, dass nicht mehr passiert ist. Nochmals möchte ich mich dafür entschuldigen. Zu gut war ihm die Momente noch in Erinnerung und der Schock hatte sich mittlerweile gelegt. Nichtsdestotrotz überkam ihm immernoch ein ungutes Gefühl.


    Wollen wir hoffen, dass sich der Nebel bald verzieht und die Götter uns ein wenig mehr Sicht auf den Fluss gewähren. Aus irgendeinem Grund ist mir das hier nicht geheuer. Er blickte von Eilas Hand, über ihr Gesicht wieder auf den Fluss. Irgendetwas stimmte nicht...

  • Eila merkte, dass Irminar in Gedanken gewesen war, als sie ihn angesprochen hatte. Aber er schien ihre Worte dennoch verstanden habe.


    "Und nochmals sage ich dir, dass dies nicht nötig ist." lächelte sie. Es war zwar seine Klinge, jedoch ihr Fehler gewesen. Bei seinen nächsten Worten jedoch wurde ihr Blick wieder ernst. Sie blickte auf das Wasser und horchte in sich hinein.


    "Ja, ich weiß was du meinst." gab sie ihm dann recht. Was auch immer in der Luft lag, es war nicht der Geruch einer gefahrenlosen Reise. Und während das Schiff ablegte, schaute sie über den Rand des Bootes auf den Horizont, der sich langsam rot zu färben begann.

  • Sextus führte Flux an Bord und band ihn bei den anderen Tieren fest. Beruhigend redete Sextus auf den Hengst ein und schielte dabei zu Eila. Seine Stirn runzelte sich und seine Lippen pressten sich aufeinander, als er sie mit Aulus reden sah. Irgendwie gefiel ihm das gar nicht und Sextus wandte rasch den Blick wieder ab, um sich vollständig Flux zu widmen.

  • Marcus Duronius Canus
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    In seinen Mantel gehüllt marschierte der Frumentarius durch den Hafen, immer auf der Suche nach dem Praefectus Portuensis. Doch dieser war weder in seinem Officium, noch am Pier so finden, sodass Canus darauf angewiesen war, auf gut Glück einen Seemann zu fragen. Unglücklicherweise traf er jedoch auf ein betrunkenes Exemplar.


    "Hey, Schiemann! Weißt du vielleicht, ob in letzter Zeit 'n Boot nach Confluentes abgelegt hat?"


    Der Seemann sah ihn etwas bedröppelt an, dann schüttelte er den Kopf. Canus fluchte innerlich, während er sich umdrehte und beinahe mit einem riesigen Muskelberg zusammenstieß. Dahinter stand ein hagerer, kleiner Mann mit schäbiger Kleidung. Doch Canus kannte ihn - es war Phylax, ein griechischer Geldverleiher. Und Canus schuldete diesem Phylax Geld, das er letzte Woche versoffen hatte...


    "Mein lieber Marcus, wo willst du denn hin?"


    fragte der Grieche mit einem bösen Grinsen, das sein gewaltiger Fleischberg nachahmte.


    "Du erinnerst dich doch noch an mich?"


    Der Duronier sagte nichts - er wusste sehr genau, wie Phylax mit zahlungsunfähigen Kunden umging - und es war egal, ob diese Legionäre, Händler oder der Statthalter persönlich waren. Er wollte sein Geld und er hatte genug Kontakte zur Unterwelt, um jederzeit Druckmittel aufbauen zu können.


    "Ich...ich hab dein Geld!"


    stammelte er und trat einen Schritt zurück.


    "Dann gib es mir - auf der Stelle!"


    erwiderte der Geldverleiher in schärferem Ton. Sein Schläger packte Canus, der genau wusste, dass das Ziehen seines Kurzschwertes viel zu lange dauern würde, um damit Erfolg zu haben. In Kürze hatte der Schläger ihn seiner Waffen entledigt und die Arme gepackt.


    "Canus, Canus...du machst mir Sorgen..."


    meinte Phylax mit einem mitleidsvollen Gesichtsausdruck. Dann gab er seinem Handlanger ein Zeichen.


    "...ich werde dir eine Erinnerung geben, damit du's dir merkst."


    Der Schläger grinste und warf Canus auf den Boden. Dann holte er mit seinem benagelten Stiefel aus und trat dem Frumentarius ins Gesicht, sodass man deutlich das Knacken des Nasenbeins hören konnte. Sofort begann der Legionär heftig zu bluten, während der Geldverleiher und sein Schläger abzogen...





    FRUMENTARIUS - LEGIO II GERMANICA

  • Der Herbst schlich sich dieses Jahr sehr viel früher in die Lande. Schon jetzt begann der Raureif eines jeden Morgens fast kristalin zu glitzernm und hielt sich immer länger auf den Halmen und Blättern. Der Herbst sorgte jedes Jahr dafür dass der Handel mit verderblichen Waren quasi explodierte, die Bevölkerung hamsterte, legte ein, pökelte und raffinierte, die Händler priesen die letzten Waren teils zu Wucher, teils zu Schleuderpreisen an, je nachdem wie die jeweilige Ernte des Jahres war.


    Lando stand an diesem Tag abends am Kai und wartete... er wusste nicht genau worauf, schließlich hatten alle Lieferungen aus Raetia und Inferior schon vor Stunden festgemacht, aber dennoch hatte er das Gefühl dass hier noch etwas geschehen würde. Er selbst trug wie immer wenn er nicht im Dienste des Imperiums war die typisch germanische Herbsttracht eines Bauern: dickes Wollhemd und eine Hose. Zwar war der Stoff, den er auf der Haut trug, so teuer dass kein Bauer sich sowas hätte leisten können, aber Schnitt und Art waren einfach genau das: bäuerisch.


    Was oft dazu führte dass Lando nicht erkannt wurde, was ihm allerdings oft nur allzu recht war.


    So stand er nun hier, am Ende des größten Stegs des Hafens, und blickte gedankenverloren auf den Fluss, der seine alte und seine neue Welt trennte. Hinter ihm die lärmenden Klänge seiner neuen, vor ihm die vertraute Dunkelheit seiner alten Heimat.


    Sim-Off:

    Reserviert.

  • Worum Phaeneas nicht herumkam war die Erkenntnis, dass er leicht fror. Unbeirrbar schritt er trotzdem weiter, er wusste, wohin er wollte. Ein Ort von Mogontiacum, an dem er schon oft gewesen war, immer wieder mal, als besonderes Zuckerl sozusagen.
    Er rieb sich die Arme, um die Gänsehaut zu vertreiben, und strebte dabei ungeduldig weiter. Erst als er dort war, wo er hinwollte, wurden seine Schritte bedachter.
    Der Hafen. Wichtige Einnahmequelle einer Stadt, entscheidendes Zentrum der Wirtschaft, Sinnbild für Handel überhaupt. Was kümmerte es Phaeneas?
    Hin zum Fluss, dahin zog es ihn, zum Wasser. Dieser Fluss, der Rhenus, war eine der ganz großen Besonderheiten von Mogontiacum, eines von den Dingen, die ihm hier am meisten gefielen. Der Fluss brachte ihm Wasser, in großen Mengen, und Phaeneas liebte es auf die sich bewegenden Wassermassen zu schauen.
    Fröstelnd ging er weiter und versuchte sich an den letzten Tag zu erinnern, an dem man verdient von schönem Wetter hätte reden können. Natürlich übertrieb Phaeneas, als er sich betont spitzfindig auf die Suche nach dem ach so fernen Tag machte, aber genau das wollte der Sklave ja.
    Nun denn, der Sommer verabschiedete sich dieses Jahr auch schon wieder. Sommer, pf, Sommer, konnte man diese flüchtige Wärmeperiode überhaupt als Sommer bezeichnen? Eigentlich sollte man ja meinen, dass Phaeneas sich langsam daran gewöhnt hatte, nun wusste, wie es um die Jahreszeiten in Germania stand. Aber das wollte er allein schon nicht. Wenn er wollte, gewöhnte er sich an alles, wenn nicht, dann konnte man die Sache von vornherein vergessen, denn er war stur.
    Wasser, viel Wasser! Den Blick auf den Rhenus ging Phaeneas den Fluss entlang. Sattsehen konnte er sich an Wasser grundsätzlich nie. Egal ob aus der Nähe oder der Ferne, diese durchsichtige klare Flüssigkeit war immer Blickfang schlechthin.
    Ihm fiel ein Steg auf. Am Ende eine Gestalt, die der Bithynier nur insofern beachtete, dass er ein Stück vom Steg entfernt stehen blieb. Er betrachtete den Fluss vor sich, gebannt von dem, was seine Augen ihm offenbarten. In so einem Anblick konnte Phaeneas verstehen, was Crinon ihm gesagt hatte. Wenn die Weite so vor einem lag, der unendliche Fluss und die Ferne irgendwann alles verschluckte, sodass das Auge ab einer bestimmten Entfernung leer ausging. Wenn man nahezu glaubte die ganze Welt vor sich zu haben, unter dem Himmel von Mogontiacum, hier an diesem Fluss, am Rhenus.

  • Die Unendlichkeit, die mehrere Schritte hinter ihm gespürt wurde, streifte Lando nur peripher. Die Vergangenheit hatte ihn fest im Griff, und diese hatte feste Grenzen: die ersten Bilder seiner Mutter, die warmen Gesänge, der Anblick seines bärtigen Vaters, Hände wie Schraubstöcke, und das einzige unendliche was Lando stets durch sein Leben begleitete war das Eis dieser Lande. Kein Morgen ohne gefrorenes Wasser im Eimer oder auf den gebeugten Halmen der Weiden. Kein Tag ohne dass die Welt hinter der Tür glitzerte als wäre sie in Glas geschlagen.
    Nur die Flüsse, die froren nicht. Auch wenn sie mit Eis bedeckt waren, meterdick, so dass das Schwert und der Schild jede Nacht näher am eigenen Bett lag als die wärmende Frau (in Landos und Eilas Fall war es eher die nichtkörperliche Geschwisterliebe die sie dazu trieb sich nachs gemeinsam unter's Fell zu kuscheln), weil jeden Tag und jede Nacht das Geheul der marodierenden Bataver aufklingen konnte, die die dicke Eisdecke dazu nutzten den Fluss bequem zu überqueren.
    Auch dann nicht. Der Fluss, so sein Name, fließt, egal wie viel man ihm in den Weg warf. Flüsse suchen sich Wege wo Menschen keine mehr sahen, und waren diesen an Bestimmtheit und Eifer um einiges voraus. Flüsse besaßen die Kraft sich in Uhrzeiten durchs Land zu fressen, wo Völker aufstiegen und wieder untergingen.
    Was Lando gleich dazu führte sich zu fragen wer vor Menschengedenken an diesem Ort gestanden hatte, als die Römer noch in Höhlen schließen und sich selbst die Kelten noch nicht kannten.. wer stand hier?


    Lando wischte den Gedanken mit einer realen Handbewegung beiseite, rief sich selbst in die Wirklichkeit zurück und nahm die Gegend mit einem routinierten kurzen Blick wahr.
    Da war jemand. Lando drehte sich langsam um und blickte die Gestalt mit kritischem Blick an, wurde er beobachtet? Aber auch diese Gestalt schien ihn nicht zu beobachten, selbst versunken in Gedanken. Es schien fast als wäre er nicht der einzige der diesen Ort zum Nachdenken benutzte.
    Er studierte den Mann genauer, stellte fest dass dieser wohl ein Sklave war, was in Lando gleichwohl ein flaues Gefühl auslöste. Er war definitiv älter als er selbst, aber nicht viel, und sein Äußeres verriet eine südliche Herkunft.


    Er beließ es dabei den Mann nicht anzusprechen, er selbst wusste wie schockfrisch es sein kann aus den eigenen Gedanken geholt zu werden. Er wartete einfach... mit einem leisen Schmunzeln auf dem Gesicht...

  • Vielleicht mochte Phaeneas gerade das, wenn die Welt vor den Augen verschwamm, wie in Nebel und Dunst verlief und irgendwann ganz anders aussah, als sie wirklich war. In Gedanken ließ er sie oft verschwimmen, in Gedanken, in denen alles möglich war, dort ließ sich diese Welt sogar gegen eine ganz andere austauschen. Als kleiner Junge hatte er sich manchmal in den langen Haaren seiner Mutter versteckt, als er noch klein genug dafür gewesen war, um sie nicht mehr sehen zu müssen, die Welt, sie zu vergessen, in diesem kurzen, geborgenen Moment, und möglichst von ihr vergessen zu werden.
    Außerdem mochte er Dunkelheit. Dunkelheit, wenn braunes Haar verhinderte, dass allzu viel Licht von außen her hereindrang. Und die Dunkelheit, die von dort drüben über den Rhenus her herüberschimmerte.
    Seltsam, Kälte konnte er nicht ausstehen, aber von Dunkelheit umgeben zu sein war ihm gar nicht unangenehm. Sie gab ihm Sicherheit. Sein sonstig scheinbar selbstsicheres Auftreten entstand schließlich nur dadurch, dass er kaum Emotionen zeigte. Dunkelheit aber weckte in ihm ein Selbstvertrauen, das sonst nur aufkam, wenn er ganz von Wasser umgeben war.


    Das ruhige und doch mächtige Fließen des Flusses, die ständige Bewegung des Wassers und wie weit die Wasserschichten wohl nach unten reichen mochten ... Wenn er nicht allein schon vom Hinschauen den Kältetod sterben würde, wäre er glatt versucht ins Wasser zu wollen – davon abgesehen, dass es da noch einige Vernunftgründe gab, es zu lassen. Wenn es nur nicht so köstlich aussehen würde ... Der Blick wurde verklärt.
    Da bewegte sich etwas in Phaeneas’ Blickfeld. Er musste seine Aufmerksamkeit erst einmal vom Wasser weg zum Steg hin lenken. Die Gestalt, die da stand, hatte sich umgedreht, stand also nun dem Bithynier zugewandt da. Durch die entstandene Situation veranlasst befasste sich der Sklave überhaupt erstmals wirklich mit dieser Person. Ein Germane war es. Ein Germane wie in Mogontiacum tausende herumliefen. Bildlich gesprochen. - Tja, das Schöne an Crinon war für Phaeneas, dass er eine überschaubare Größe hatte; das hier war ein Germane wie er leibt und lebt – von der Größe her. Und er stand da und schmunzelte – was Phaeneas irritierte. Er war sehr leicht irritiert, genauso wie er schnell misstrauisch wurde.
    Für diesen kurzen Moment der Beachtung sah Phaeneas den Mann mit nichtssagendem Gesicht an, wobei immer eine Spur Misstrauen darin lag und der Bithynier den Betrachter stets ein wenig skeptisch und kühl musterte – nur nicht, wenn er vollkommen wirklichkeitsvergessen vor sich hinträumte.
    Prompt wurde dem Mann die Aufmerksamkeit wieder entzogen und Phaeneas wandte sie erneut dem Fluss zu.
    Was der Sklave grob über den Fremden dachte, ließ sich in etwa so zusammenfassen: Was starrte der Kerl ihn so an?

  • Die Reaktion des Sklaven ließ Landos Schultern sinken. First Encounter... für ihn eine Sache die er sich immer sehr einfach vorstellte, und alle anderen vollkommen überforderte. Wenn es denn um Lando ging. Bei allen anderen hatte er das Gefühl dass er irgendwas verpasst hatte, irgend etwas nicht gelernt was Menschen zusammenführte ohne sie gleich durch Katastrophen und Unfälle aneinander zu schmieden.
    Vielleicht war das einer der Gründe für seinen Namen... Loki... er hatte sich so sehr daran gewöhnt dass er manchmal vergaß dass es da noch jemanden gab der diesen Namen trug. Vielleicht war da doch mehr, als...


    Er schüttelte den Gedanken ab, wandte sich wieder dem Sklaven zu und steckte sich ein Stück Olivenholz in den Mund während er die paar Schritte zu der Gestalt herüber ging.


    "Rhenus ... afflatus magnus est.", war alles was er dem Mann sagte, mit derbstem germanischen Akzent, so wie früher. Zeit für ein Spiel...

  • Gefangen von der eigenartigen Atmosphäre ließ der Bithynier weiter die Eindrücke des Flusses auf sich wirken, das Wasser, die Weite, die Dunkelheit, alles zusammen.
    Die Augen auf den Fluss gerichtet, bemerkte Phaeneas, dass der Mann zu ihm kam. Er riss sich wieder vom Wasser, vom Rhenus, los und sah auf. Der Germane, der ihm jetzt gegenüberstand, kaute auf etwas herum, fiel dem bithynischen Sklaven auf.
    Was er dann an Phaeneas richtete, waren stark mit Akzent durchsetzte Worte, quasi dadurch noch einmal besonders akzentuiert ( 8o ). Es war dieser typische Klang, den germanisches dem Lateinischen gab (Für Phaeneas’ Ohren klang es sowieso so gut wie gleich, wenn ein Ubier oder ein anderer Germane aus welchem Stamm auch immer redete, davon abgesehen, dass er sich die meisten Namen der germanischen Stämme sowieso nicht merken konnte, allein schon weil er’s nicht wollte.). An solche Töne hatte sich Phaeneas mittlerweile auch längst gewöhnt, jeder Germanischstämmige hier in Mogontiacum schließlich, dem das Lateinische noch nicht ganz so vertraut war und der es vielleicht nicht allzu häufig brauchte, klang so. Wer wusste schließlich, wer der Mann hier vor ihm war? Na ja, jedenfalls hatte Crinon es insofern gut, er hatte genug Übungsmöglichkeiten.


    Hm, natürlich, inhaltlich war der Anknüpfungspunkt der Fluss vor ihnen, den sie beide gerade eben noch eingehend betrachtet hatten. Was lag näher, als gerade dieses Thema in diesen knappen Satz hineinzunehmen, eines dieser vier Wörter ‚Rhenus’ sein zu lassen.
    Diese vier Worte, so schlicht, so germanisch gesprochen, dass Phaeneas sich nur eines denken konnte:
    „Warum sagst du mir das?“, antwortete er, ohne ein Zögern, sicher in fließendem Latein gesprochen – die Großstadt Rom lässt grüßen.
    Er sah ihn dabei weiter ausdruckslos an, neutral.
    Neben ihnen der Fluss, gleichmäßig dahinfließend, durch nichts zu behindern, scheinbar ewig während ...

  • "Weil ich denken dass du hier sein, aus selbe Grund.", stammelte Loki mit nachdenklicher Miene, als müsste er jedes Wort auf die Waagschale werfen. Die Person vor ihm schien innerlich noch ein paar Schritte zurückzuweichen, und Loki fragte sich warum.
    Eigentlich wusste er es. Er selbst war schließlich Germane, und eine nicht unbedingt harmlose Erscheinung. War es die Angst der herrschenden Minderheit vor der beherrschten Mehrheit? Andererseits durfte man ruhig davon ausgehen dass dieser Mann auch zur beherrschten Klasse gehörte, nur nicht zur germanischen.
    Lando resignierte. War es die typisch defensive Haltung eines Menschen der in diesen Zeiten sich und seines Lebens niemals sicher sein konnte.
    Wahrscheinlich.


    Nichtsdestotrotz machte diese Gestalt sich Gedanken, und das war etwas was Loki seit Ewigkeiten beschäftigte. Er hatte einige Menschen kennengelernt denen er ohne Umschweife die Pest an den Hals wünschte, oder ihnen am liebsten persönlich den Hals umdrehen wollte, bzw. es schon getan hatte. Es wollte ihm nicht in den Kopf dass Menschen, die es sich irgendwie verdient hatten von ihm nicht gemocht zu werden, die gleichen Gedanken bewegten wie ihn. Oder noch mehr: Menschen die aus dergleichen Motivation handelten, das Leben für sich und seine Lieben so sicher wie möglich zu gestalten, und sich gleichsam über das essentielle Zerwürfnis des Seins den Kopf zerbrachen.

  • Nun gut, er sprach nicht nur mit Akzent, seine Grammatik ließ ebenfalls zu wünschen übrig – und zwar immens. Ein solcher Fall war Phaeneas noch nicht allzu oft begegnet.
    Geduldig lauschte er dennoch den etwas stockend vorgebrachten Worten.
    Phaeneas jedenfalls sah sich nicht dazu verpflichtet freundlich zu sein, zu niemandem. Das gegenüber seinen Herrschaften war keine Freundlichkeit, sondern schlicht Gehorsam und die für einen Sklaven gebührende Achtung. Irgendwelche des Weges kommenden Fremden hatten erst recht nichts zu erwarten. Und auch bei Lucianus war das keine Freundlichkeit, das war ... na ja, irgendetwas anderes.


    Wer etwas von ihm wollte, davon ging Phaeneas eiskalt aus, der würde schon seine Gründe dafür haben und musste dementsprechend selber wissen, worauf er hinauswollte – und wie er zurechtkam. Phaeneas hatte generell nicht vor, sich für Fremde übermäßig viel Mühe zu machen. Im Prinzip war somit von seiner Seite mit nicht übermäßig viel Entgegenkommen zu rechnen ... es sei denn, man hieß Marcus Vinicius Lucianus. Es gab immer Ausnahmen, für die geltende Grundsätze auf einmal nicht mehr galten.
    Phaeneas dachte an vorhin zurück. Zuerst, als er beschlossen hatte zum Hafen zu gehen, dann, als er hierher gekommen war. Er hatte nicht einmal eingerechnet, dass ihm jemand begegnen könnte, die Möglichkeit hatte für ihn schlicht nicht existiert. Er war einfach losgegangen, um den Rhenus zu sehen, um dort am Fluss zu stehen und an ihm entlang zu gehen. Andere Personen hatten in seinen Überlegungen gar nicht existiert. Dabei war es logisch betrachtet sogar sehr wahrscheinlich, früher oder später irgendjemandem über den Weg zu laufen.
    Und jetzt stand er diesem Mann gegenüber, der ihn rundheraus angeredet hatte.


    „Das kann gut sein“, ging Phaeneas darauf ein. „Bist du öfter hier?“

  • Lando wusste nichts von dem, was im Schädel dieses Mannes vorging, und genau so etwas stellte für ihn immer die größte Herausforderung dar: die Gedankenwelt eines Menschen zu knacken ohne ihn dabei umzubringen.


    Dieses Spiel mit der Rolle des typischen Rhenusgermanen gefiel ihm, es erinnerte ihn an früher als er selbst noch kaum ein Wort Latein sprach, und sich dennoch durch das Leben hier gekämpft hatte.


    "Oft, ich. Wenn gehen.. und du? Ich nicht gesehen dich hier, immer. Ich meinen... nie. Du verpassen... kommen Rhenus viel herunter. Und herauf. Auch.", jedes Wort eine Tortur, jede Miene ein Akt der Hilflosigkeit, jede Geste zeugt von Unwissen über die Sprache die doch schon so viele Völker verband.
    Er überlegte wie lange es her war seitdem er dieses Gestottere gesprochen hatte. Nicht dass es heute sehr viel besser wäre, man hörte ihm immernoch bei jedem Satz an dass seine Heimat rechts des mächtigen Rhenus lag, und nicht selten wurde er in Amtsgesprächen misstrauisch beäugt weil es so war. Nur hier nicht... hier fühlte er sich in den Lando versetzt der er mal war. Ein Bauer. Ein kleiner germanischer Bauer. Ein befreiendes Gefühl...

  • Es wurde langsam schwierig, dem Germanen zu folgen. Darüber hinaus machte der auch den Eindruck als würde es für ihn selbst immer mühsamer, die (richtigen) Worte zu finden.


    Er hatte Phaeneas hier noch nie gesehen. Na, das war mit Sicherheit kein Grund deprimiert zu sein. Der Bithynier legte keinen Wert darauf, dass jeder seiner Schritte registriert wurde. Nein nein, es störte ihn gar nicht, dass dieser Mann hier vor ihm ihn noch nie bemerkt hatte, es war ihm schließlich nur recht, nicht aufzufallen. Mochte es manchen Spaß machen, im Mittelpunkt zu stehen, die halbe Welt um sich zu scharen, Phaeneas hatte die Erfahrung gemacht, dass es klüger war, unauffällig zu sein. Man zog keinen Neid auf sich, wurde nicht zu leicht Opfer der Missgunst anderer und darüber hinaus hatte man prinzipiell mehr von seinem Leben für sich, weil einem eben nicht jeder zusah.


    „Hm, allzu oft bin ich nicht hier am Hafen, am Rhenus“, erwiderte Phaeneas, etwas unnatürlich vielleicht für seine Verhältnisse, tangierten ihn doch schließlich selten diese Kleinigkeiten, um die sich manche der Höflichkeit halber Gedanken machten, „aber immer wieder von Zeit zu Zeit mal.“


    Der Sklave wollte sich lieber gar nicht vorstellen, wie es wäre, müsste er germanisch reden. Aber wenn es sein musste, lernte man alles, diese Erfahrung hatte er oft im Leben gemacht.
    Zum Glück war der andere hier derjenige, der eine ihm fremde Sprache sprechen musste.

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