Domus Aeliana - Oecus

  • "Von jedem ein wenig - ich möchte gerne probieren, was Deine Küche zu bieten hat," sagt sie und nickt dem Sklaven dankend zu, der ihr den Weinbecher überreicht, bevor sie sich die Lippen und Zunge mit einem Schluck des Rebensafts benetzt. Offensichtlich findet der Wein ihr placet, denn abermals neigt sie leicht den Kopf, dabei ein vages Lächeln auf den Lippen offenbarend.
    "Datteln müssen nicht unbedingt sein. Von allen Dingen, die man in Rom zu speisen vermag, sind wohl Datteln das letzte, das ich essen müsste, in den letzten Jahren habe ich wohl derer zu viele gegessen und gerochen. Wahrscheinlich wünscht man sich bei den Speisen doch vor allem das, was man nicht haben kann - und ich habe oft Sehnsucht nach den einfachen Gerichten der italischen Küche gehabt, die in Aegyptus nie zu bekommen waren."
    Sein Bericht über den Senator mit seinem Wildgehege scheint sie nicht zu erstaunen, aber doch zu amüsieren. "Jagt er die Tiere denn auch, wenn sie im richtigen Alter sind, oder werden sie einfach den Herden weggeführt, um sie zu schlachten? Ich kann mir diese stolzen Tiere nur schlecht in einer Zucht vorstellen." Seine Frage lässt sie den Becher wieder abstellen, während ihr Blick zu ihm zurückkehrt. "Das ist richtig - ich habe die letzten Jahre, wie es mein Gemahl wünschte, in Alexandria gelebt. Genauer gesagt, ein Stückchen vor der Stadt - die Stadt selbst ist einfach zu laut und zu lärmend auf Dauer."

  • “Oh ja, er jagt sie auch. Es ist ein bisschen lächerlich. Seine Sklaven treiben ihm die Tiere zu. Sie sind an Menschen gewöhnt und kommen ganz dicht heran. Er kann sie gar nicht verfehlen. Aber er ist ein fetter Mann, dieser Senator. Zu fett, um bei einer echten Jagd keine alberne Figur abzugeben.“


    Das alles erzählte er augenzwinkernd und darüber selbst sehr amüsiert.


    “Ah ja, Alexandria. Eine erstaunliche Stadt soll das sein, und groß. Fast so prächtig wie Rom, sagt man. Aber bestimmt nicht so schön, oder?
    Ich selbst war noch nie dort. Das alte Augustinische Gesetz verbietet es mir als Senator, aegyptischen Boden zu betreten. Nun ja, es hat seinen Sinn. Nicht in meinem Fall, natürlich, aber grundsätzlich schon und ich muss mich selbstverständlich genau so an die Gesetze halten, wie jeder andere auch. Der alte Augustus Octavius Iulius Caesar wusste schon was er tat.
    Allerdings ist dort einer meiner Klienten der Stadthalter. Sein Name ist Decius Germanicus Corvus. Hast du ihn vielleicht kennen gelernt?“

  • Die Augenbrauen der Aelierin ziehen sich leicht auf der Stirn zusammen, und es ist durchaus zu sehen, dass ihr die Jagdmethode dieses besagten Senators nur wenig zusagt. "Das kann man doch nicht mehr Jagd nennen, wenn einem die Tiere nur zugetrieben werden und man bequem das ein oder andere aus einer Menge heraus abschießt - vor allem, wenn jene einigermaßen zahm sind. Geht dabei nicht die ganze Herausforderung der Jagd an sich verloren? Es ist traurig, wieviele Männer und Frauen im beginnenden Alter jegliches Maß verlieren und auf Leib und Seele nicht mehr achten." Kurz gleitet ihr Blick abermals über Quartos Gestalt - weit weniger missbilligend, als ihre Worte geklungen haben, offensichtlich findet er vor ihrem Geschmack Gnade. "Ich bin froh, Dich nicht als einen dieser sehen zu müssen. Wenig gibt es, das ich unverständlicher finde als einen solch eklatanten Mangel an Selbstdisziplin, was Genüsse angeht." Dass Menschen Genüsse schätzen, ist die eine Seite der Münze, dass man aber nicht stets genießen kann, die andere, allzu leicht verliert sich der Reiz des Besonderen.
    "Alexandria ist vor allem anders als Rom. Hier herrscht, auch durch die Baumaßnahmen der letzten Jahrzehnte, durch den Willen unserer vergöttlichten Kaiser und deren Visionen, eine gewisse Form der Ordnung, der Klarheit, ohne langweilig zu wirken oder gleichförmig. Alexandria scheint mir an manchen Ecken zu geplant, zu künstlich, man vergisst eigentlich niemals, dass es eine geplante Stadt ist, und die dortige Ordnung erscheint oft kühl - die Menschen jedoch ist wiederum anders als jene, die in Rom leben, scheint mir, vergnügungsbereiter, noch mehr dem Luxus verhaftet. Der Süden kann ein erschreckender Ort zum Leben sein, wenn man die Gelegenheit hat, alles zu bekommen, was man will." Sie hielt inne, zum ersten Mal unsicher wirkend, dann schüttelt sie leicht den Kopf. "Nein, ich habe ihn leider nicht kennen gelernt, mein Gemahl war kein Freund der Stadt und wir haben nur wenige Feste besucht, als er noch lebte." Und in Trauer schickte es sich ohnehin nicht für eine Römerin aus guter Familie, feiern zu gehen.

  • “Ach... ja... ich bitte um Verzeihung. Mein Beileid für deinen Verlust. Mögen die Götter der Seele deines verstorbenen Gemahls gnädig sein.
    Bestimmt ist es nicht leicht zur Witwe zu werden, wenn man noch so jung an Jahren ist, wie du es bist.
    Doch andererseits geht das Leben weiter. Du kannst ein Neues beginnen, wieder heiraten, noch Kinder bekommen... darf ich fragen: Mit deinem verstorbenen Ehemann hattest du wohl keine gemeinsamen Kinder?“

  • Sie blickt ihm noch immer aufmerksam und leicht lächelnd entgegen, aber in ihrem Inneren breitet sich eine gewisse Form der Kälte aus, die sie schaudern lässt. Höchstwahrscheinlich sind seine Worte aufrichtig gemeint, aber sie kann sie weder teilen noch vermisst sie den Mann in irgendeiner Form, der ihr die letzten Jahre zur Qual hat werden lassen. Dennoch, als gelte es noch immer, nach außen hin den Schein zu wahren, spricht sie in leichtem Ton: "Es ist ähnlich überraschend geschehen, wie mich die Entscheidung meiner Eltern einst überrascht hat, ich müsse heiraten - es blieb wenig Zeit, darüber nachzusinnen, und ich musste mich ganz der Verwaltung seines Nachlasses widmen, das ließ mir nicht diese trägen Momente, die andere nach einem Verlust wohl durchleben. Wie Du es sagst: Das Leben geht weiter, es muss weitergehen, und wenn man viele Güter zu überblicken hat, gibt es auch viele, die von den Entscheidungen direkt abhängen, die man trifft, so bleibt wenig Zeit für Trauer."
    Die Frage nach Kindern trifft sie unvermittelt, und fast hätte sie geantwortet, wie sie zu diesem Thema empfindet: Glücklicherweise nicht! Aber es gilt noch immer, die ihr zugedachte Rolle zu spielen, sie gänzlich zu verkörpern. "Es war uns nicht vergönnt, Kinder zu haben, die Ärzte sagten mir stets, es läge an dem großen Altersunterschied, denn wohl hat er mit der ein oder anderen Sklavin einst Nachkommen gezeugt. So denke ich, werden mir die Götter Kinder erst zugedenken, wenn ich wieder heirate, wie es Sitte ist, zum Vorteil der Familie." Sie macht sich wenig Illusionen über Liebesheiraten, denn sobald die Liebe verloren geht, ist eine solche Ehe auch nicht mehr als eine, die von den Eltern geschlossen wurde, meist sogar mit mehr Hass zwischen den Eheleuten. "Ich habe gehört, Du hättest geheiratet, ihr hättet auch Kinder, ist das richtig?"

  • “Oh ja, die Götter waren mir sehr gnädig. Ich habe eine liebenswerte und schöne Frau und einen kleinen Sohn, den kleinen Gaius Paetus. Das Alles haben sie mir auch erst im fortgeschrittenen Alter geschenkt und das zeigt doch, dass die Ärzte zwar für Vieles Erklärungen finden, dennoch letztlich aber alles in den Händen der Götter liegt.“


    Das sagte er durchaus mit dem Tonfall innerer Überzeugung.


    “Du hast mich nach der politischen Lage gefragt. Auch da spielen die Ärzte eine gewisse Rolle...“


    Er machte eine kurze, viel sagende Pause.


    “Sie haben es nicht vermocht, die Verweildauer des alten Imperators Caesar Augustus Ulpius Iulianus auf dieser Erde zu verlängern.
    Das weißt du natürlich und auch, dass sein Adoptivsohn Valerianus sein Nachfolger wurde, der mein leiblicher Bruder ist und dein Vetter 2. Grades.
    Dieser Wechsel hat natürlich die Politik dieses Jahres beherrscht und bestimmt. So eine Thronfolge an der Spitze des Staates ist immer ein aufregender und durchaus auch gefährlicher Moment. Das ist der Preis, den wir für die Einführung des Prinzipats zahlen müssen. Es ist der Augenblick, an dem sich häufig Ungerufene, die sich aber selbst als berufen ansehen, aus der Deckung wagen und wo alte Rechnungen beglichen werden.
    Daran gemessen, verlief die Thronfolge erstaunlich ruhig und reibungslos. Sie scheint gut gelungen und mir will scheinen, wir haben die Zeit der größten Gefahr hinter uns. Valerianus ist beliebt. Das Volk respektiert ihn und bringt ihm seine Zuneigung entgegen und die Legionen stehen treu zu ihm.
    Natürlich tue ich alles was ich kann, um meinen Bruder zu unterstützen und helfe ihm mit meinen bescheidenen Möglichkeiten, dass Imperium mit fester und gerechter Hand zu lenken.“


    Aber die Ärzte – die Quarto anfangs erwähnt hatten – spielten noch immer eine wichtige Rolle. Denn sein Bruder war krank und es konnte seine Regentschaft und letztlich den ganzen Staat gefährden, wenn sie dieser Krankheit nicht Herr wurden. Doch davon sagte Quarto nichts.

  • Als er von seiner Familie mit so offensichtlicher Zuneigung spricht, lächelt sie leicht vor sich hin. Sie kann sich ihren Verwandten als pater familias gut vorstellen, der das Wohl der Seinen stets im Blick behielt, ohne ungerecht oder allzu bestimmend zu werden. Für einen Moment lang wünscht sie sich, ihr Gemahl hätte ähnliche Eigenschaften aufzuweisen gehabt, aber man kann die Vergangenheit, die Dinge, die einst geschehen sind, eben nicht ändern und muss den Blick in die Zukunft richten.
    "Es mag den Göttern gefallen haben, Dich Deinen Weg meistern zu sehen, um Dir dann in den Jahren des Reifens all jene Ernte zuteil werden zu lassen, die ein junger Mann oftmals nicht recht zu schätzen weiß," gibt sie mit sanfter Stimme zu bedenken und das Lächeln bleibt bestehen. "Ich hoffe, ich kann Deine Familie bald kennenlernen, wenn sich Deine Frau und Dein Sohn denn hier in Rom aufhalten sollten. Die letzten Jahre habe ich leider zu weit entfernt von der Verwandtschaft verbracht, und in solchen Augenblicken dauert mich dieser Umstand." Bestimmt ist seine Frau eine wahrhaftige matrona, der Sohn ein gut erzogener, intelligenter Racker, alles in allem eine Familie, wie man sie jungen Mädchen immer als die Erfüllung ihres Lebens als Ehefrau und Mutter ausmalte.


    Die Worte über den Kaiser sind erfreulich, und doch gibt es da eine Erinnerung, die leise an Caenis' Gedanken zu klopfen beginnt, sich zu Wort zu melden versucht, doch noch unterdrückt sie diese gekonnt. "Das klingt, als sei alles so verlaufen, wie man es sich nur wünschen könnte. Valerianus war früher ein ruhiger Mann, ich nehme an, er ist es auch heute noch - ich kann mich an ihn kaum erinnern, wahrscheinlich habe ich ihn nur ein oder zweimal bei irgendeinem Fest gesehen. Und heute ist der Kaiser, es ist faszinierend, wie sich manche Dinge doch mit den Jahren entwickeln, nicht wahr?" Das war durchaus ihr Ernst. Als Junge hatte Valerianus sicherlich nie vermutet, einmal Kaiser zu werden, aber wem die Götter diesen Weg bestimmten, der hatte es auch verdient. "Dann muss er seine Neigung zu Krankheiten überwunden haben, wie mir scheint, den Thron hält man nicht mit dauernden Besuchen von Ärzten, um bei diesen zu bleiben. Meine Mutter sagte einst, er sei vielleicht keine gute Wahl als Adoptivsohn, müsste man doch stets darum fürchten, dass er krank werden könne - aber diese Sorgen sind glücklicherweise unbegründet gewesen." Sie macht eine kurze Pause, dann runzelt sie nachdenklich die Stirn. "Haben wir in Rom Feinde, von denen Du weißt? Es wäre mir lieb, auch darüber informiert zu sein, zur Sicherheit."

  • Als Aelia Caenis über Valerianus' schwächliche Gesundheit sprach, erinnerte sich Quarto daran, dass sein jüngerer Bruder tatsächlich auch schon als Knabe häufig krank gewesen war. Er war ein eher schwächliches, kränkelndes Bürschlein gewesen. Wie stolz war Quarto, als er sich später trotzdem zu einem so stattlichen und erfolgreichen Feldherrn mauserte. Es war ihm ein Rätsel, wie er über die Jahre all den damit verbundenen Anstrengungen getrotzt hatte.
    Irgendwann hatte Quarto es fast vergessen. Doch jetzt erinnerte ihn Caenis daran. Es stimmte: Verianus war auch früher schon oft krank gewesen.


    Als ihn seine Verwandte auf die Feinde der Familie ansprach, rannte sie offene Türen bei ihm ein.


    “Ja, gewiss, die Flavier natürlich!“, rief er aus und sagte es, als sei dies ein ebenso selbstverständliches Ding wie der Umstand, dass es Nachts dunkel war und am Tage hell.
    “Ihre Stammbäume und Geschlechter sind ein unverständliches Wirrwarr. Immer wenn man denkt, einer sei von der Bildfläche verschwunden, tauchen zwei neue auf. Leider vergesst ihr Jüngeren oft, wie sehr wir Aelier unter den flavischen Kaisern zu leiden hatten, vor allem unter dem letzten von ihnen, dessen Namen ich nicht aussprechen werde, weil er zurecht verpönt ist. Leider ist ihr Einfluss nach wie vor groß. Sogar angesehene Familien machen gemeinsame Sache mit ihnen. Gerade erst heute habe ich gehört, dass eine ehrbare Aurelierin einen Flavier heiratet und sogar seinen schändlichen Namen annehmen will.
    Vergiss das nie, mein Kind: die Flavier sind unsere Feinde!“
    :motz:

  • Die so prompte (und deutlich sein Missfallen ausdrückende) Antwort lässt die junge Aelierin leicht ihre Augenbrauen empor heben. Die Flavier also - sicher, es gab da einige Schauergeschichten von ihrer Mutter, aber diese war eine stete Quelle sehr vieler verschiedener Geschichten gewesen, die selbst aber wenig Platz in ihrem Lebensalltag gefunden hatten, nicht zuletzt, weil sie wenig jemals mit den römischen Patrizierfamilien zutun gehabt hat.
    "Ich bin erstaunt, dass diese Familie eine solche Machtbasis zu haben scheint, gerade seitdem der letzte ihrer Kaiser so verdammt wurde. Man sollte doch meinen, dass sie versucht hätten, sich bedeckter zu halten, um nicht mehr aufzufallen, weil sich die Menschen doch stets an solche Ereignisse zu erinnern scheinen und vielleicht Vergangenes mit Gegenwärtigem verbinden würden. Doch begreife ich Deine Aufregung bezüglich der Aurelier nicht. Sind sie nicht auch Emprkömmlinge, eine Familie, die noch nicht lange zu den noblen Familien gehören und derzeitig allenfalls einen Senator stellen können? Wären es die Claudier, würdest Du Dich zurecht wundern, aber bei einer Familie, die noch nicht lange zu den Patriziern zählt, wundert es mich nicht, dass mit aller Macht versucht wird, sich dem älteren Blut zu verbinden."


    Wahrscheinlich war der besagte Flavier reich oder in irgendeiner Weise wichtig, man konnte die Entscheidungen von Eltern bei der Erlaubnis zur Hochzeit nicht immer unbedingt nachvollziehen. Selbst ihre eigenen Eltern hatte sie damals nicht verstanden, noch weniger, warum es ausgerechnet ihr Gemahl hatte sein müssen. Langsam pickt sie sich mit spitzen Fingern ein Stück Fleisch vom Teller und verspeist es nachdenklich, bevor sie dann sanft den Kopf schüttelt.
    "Ich werde Deine Worte im Gedächtnis wahren, Quarto, und den Flaviern aus dem Weg gehen, wenn es nötig werden sollte. Bei dem allgemeinen Durcheinander des Heiratsmarktes halte ich es auch für unwahrscheinlich, dass irgendwann ein Flavier vor dieser Tür stehen wird, weil er meine Hand für sich begehrt." Wobei der Gedanke durchaus etwas amüsantes hat - wahrscheinlich wird es in Rom eher seltener passieren, dass Aelius Quarto einen Flavier mit Hunden durch die Stadt hetzte, weil er so etwas impertinentes wagte.
    "Gegebenenfalls werde ich in hoffentlich ferner Zukunft deswegen Deinen Rat benötigen, denn ich nehme doch stark an, dass es jene Pflicht irgendwann wieder zu erfüllen gilt für mich."

  • “Ich bin dir selbstverständlich gerne behilflich. Wie du dir denken kannst, kenne ich hier in Rom einige Leute und habe gewisse Verbindungen. Wenn du es wünschst, dann kann ich bestimmt etwas arrangieren, oder mich zumindest nach geeigneten Kandidaten umhören. Vielleicht findet sich dabei ein geeigneter Kandidat, der dir zusagt, sein eigenes Geld hat um nicht auf deines angewiesen zu sein und einer angesehenen Familie entstammt…“
    Quarto stockte kurz. Für ihn war natürlich noch ein ganz anderer Umstand von großer Bedeutung und das verschwieg er auch nicht:
    “…am besten einer einflussreichen. Man darf die politische Dimension einer solchen Verbindung nicht außer Acht lassen.“
    Er hob die Rechte.
    “Natürlich alles zu seiner Zeit und wenn es in deinem Sinne ist und du bereit bist, dich erneut zu vermählen. Es gibt schließlich keinen Grund etwas zu überstürzen.
    Aber erst kürzlich habe ich mit einem jungen Mann über das Heiraten gesprochen. Er steht noch am Anfang einer sehr hoffnungsvollen politischen Karriere. Zurzeit ist er Quaestor, aber ich bin mir sicher, eines Tages wird er Consul werden und einem Jahr seinen Namen verleihen. Aurelius Ursus, dass ist sein Name. Auch wenn du scheinbar keine sehr große Meinung von dieser gens hast, möchtest du ihn vielleicht trotzdem einmal kennen lernen?“

  • "Ich wäre Dir sehr dankbar für Deine Unterstützung, wenn es soweit ist, dennoch denke ich, dass es nicht schaden kann, sich frühzeitig mögliche Kandidaten anzusehen und auf ihre Eignung hin zu betrachten. Der politische Vorteil für die gens muss dabei stets gewahrt bleiben, und das politische Verhalten eines Mannes sagt nur langfristig wirklich etwas über seinen Wert aus," sagt Aelia Caenis nachdenklich, bevor sie nach dem Becher greift und einen kleinen Schluck ihres Weines zu sich nimmt. Im Grunde waren Hochzeiten nichts anderes als politische Verbindungen, bei denen man den größtmöglichen Profit herauszuarbeiten versuchte, und wenn sie denn irgendwann demnächst wieder würde heiraten müssen, um der gens zu dienen, wie es einer Frau zukam, dann sollte es eine möglichst vorteilhafte Partie sein. Sie hat sich einmal schon mit einem Mann begnügen müssen, der wenig geeignet gewesen ist, ein zweites Mal wird sie dieser Praxis sicherlich nicht zustimmen, es war ihr Leben, über das mit einer Ehe bestimmt wurde, nicht das von Quarto oder irgendeines anderen Verwandten, der vielleicht auch noch Interesse anmeldete, wenn es um eine passende Verheiratung ging. Quartos Antwort beweist jedenfalls, dass er ähnliche Ansichten hat wie sie selbst, und dass er ihr in dieser Angelegenheit sicher ein guter Verbündeter sein wird.


    "Was die Verheiratung an sich angeht, habe ich keine Eile, solche wichtigen Themen sollten mit Vorsicht und Bedacht angegangen werden, zu unangenehm sind die gesellschaftlichen Konsequenzen, wenn man sich überstürzt in die falsche Richtung wendet." Der Name, den ihr ihr Verwandter nennt, sagt ihr nichts - hätte sie in diesem Augenblick geahnt, dass sie den Genannten wenige Tage später mit einem Pfeilschuss kennenlernen würde, hätte sie wohl über die Aberwitzigkeit der Zufälle des Lebens gelacht - und so nickt sie nur zur Beschreibung des Quaestors. Ein wohl junger Magistrat aus gutem Haus, so eine Biographie bringen viele mit, und noch sieht sie nicht, wieso er besonders geeignet sein soll, vielleicht einmal von dem Punkt abgesehen, dass ihr Verwandter ihn zu mögen scheint.
    "Glaube nicht, dass ich die gens Aurelia generell ablehne, ich sehe nur noch keinen Grund, sie in jene Familien einzureihen, die eine wahrhaft stolze und alte Geschichte ihr eigen nennen können. Das hindert mich aber nicht daran, diesen Aurelier einmal unverbindlich kennenzulernen, wenn Du das arrangieren kannst, will ich mich dem nicht verschließen."

  • Von ihren Worten sehr angetan nickte Quarto zustimmend.
    “Ich habe keine Zweifel, dass sich jeder Mann in Rom glücklich schätzen wird, wenn er deine Gunst erlangen kann. Ich sehe mit Freude, dass deine Klugheit deiner Schönheit in nichts nachsteht.“, sagte er und es war als aufrichtiges Kompliment gemeint.
    “Natürlich hast du recht, es besteht kein Grund zur Eile und die letzte Entscheidung triffst nur du alleine. Ich will dich gerne mit dem jungen Aurelius bekannt machen. Bestimmt ergibt sich da bald eine günstige Gelegenheit. Aber er muss nicht der einzige Aspirant bleiben. Ich werde mich unverbindlich und diskret ein wenig umhören.“

  • "Du schmeichelst mir, Quarto," spricht sie bedächtig, aber doch mit einem vagen Lächeln auf den Lippen, welches verrät, dass sie seine Worte nicht nur als Schmeichelei, sondern als ernstgemeintes Kompliment auffasst und zu schätzen weiß. "Ich bin mir sicher, dass jeder Mann, den Du mir nennen wirst, von ausgezeichnetem Charakter sein wird und es wert ist, sich eine Verbindung zu überlegen. Letzten Endes ist es eine wichtige Verbindung, die mit Bedacht und Überlegung geknüpft werden muss." Dass sie nicht begierig ist, schnell neu zu heiraten, sagt sie ihm nicht, vielleicht kann er es sich denken, vielleicht auch nicht. Wichtiger ist ihr im Augenblick, ihre Familie in Rom kennenzulernen, sich dort eine Zeitlang zu akklimatisieren, bevor sie eine neuerliche, schwierige Entscheidung wie die einer Ehe treffen muss.
    "Sage mir, was tut man derzeit in Rom, was sollte man getan haben, um sich ein Bild dieser Stadt machen zu können? Ich kann sie nur mit den Augen eines Kindes betrachten, und damals barg sie viele Wunder, die heute vergangen sind."

  • Zwar liebte Aelius Quarto die Stadt über alles und er verabscheute es, sie verlassen zu müssen – so hatte er zum Beispiel noch nicht ein einziges mal sein Landgut in Campania aufgesucht!
    Aber es wäre vollkommen falsch deshalb anzunehmen, dass er Rom besonders gut kannte. Auf dem Palatin kannte er sich recht gut aus, und auch den Weg zum Forum Romanum kannte er gut, oder den auf die andere Seite des Hügels, zum Circus Maximus oder dem Haus der Factio Veneta. Aber sonst? Nein, ein besonders hilfreicher Fremdenführer war er nicht.


    Trotzdem rang er sich ein paar Empfehlungen ab:
    “Also... ich denke... Den neuen Tempel der Venus und der Roma sollte man sich ansehen. Ein wirklich prachtvolles Bauwerk ist das! Auch ein Besuch des Marcellus-Theaters ist bestimmt sehr erbaulich, obwohl ich zugeben muss, ich selbst war schon lange nicht mehr dort und man sagt, die Stücke seien inzwischen oft sehr... nun ja... modern und unverständlich. Ach ja... die Märkte des Traian. Natürlich, die musst du selbstverständlich auch besuchen!“

  • Als Ursus dem Sklaven ins Haus folgte, traf er den Consul beim Essen an. Ob er wohl doch zu unpassenden Zeit kam? Na, jetzt war es zu spät, daran etwas zu ändern. "Salve, Consul Aelius. Komme ich ungelegen?"

  • "Sehr gerne", erwiderte Ursus und nahm Platz. "Hungrig bin ich in der Tat, vielen Dank." Er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und das war schon eine Weile her. Also hatte er auch keine Scheu, sich etwas zu nehmen. "Ich muß ehrlich sagen, daß ich sehr gestaunt habe, wie lange sich die Beratung über die Auszahlung des Geldes hingezogen hat. Immerhin liegt es doch schon seit Jahren bereit", kam er auf die Senatssitzung zu sprechen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!