[Officium] Rekrutierungsbüro

  • Imperiosus betrat den Raum und stellte sich vor den Tisch.


    " Salve... meine Name Tiberius Artorius Imperiosus. Man sagte mir, dass ich mich hier melden muss. Ich möchte der Legion beitreten. "


    Die stimme klang gefühlslos und ernst. Nun schaute sich Tiberius kurz in den Raum um, schließlich kommt man nicht alle Tage in ein Militärlager. Sein Herz pochte etwas schneller und er warein wenig Nervös.
    Nun schaute er wieder zum Soldaten und wartete auf seine reaktion.

  • An diesem Tag saß Appius alleine in seinem officium. In einem seltsamen Anfall, er rührte immer noch von der Begebenheit in dem officium des praefectus, hatte er seinen scribae allesamt heute frei gegeben. Jetzt saß er bereits seit einer guten Stunde über einer leeren Wachstafel und sah aus dem Fenster hinaus. Viel denken tat er nicht, nur die Worte des praefectus ließ er sich immer und immer wieder durch den Kopf gehen. Und zwischenzeitlich passierte etwas gar sehr ominöses: seine Mundwinkel zuckten, fast wie bei einem Lächeln. Doch das erstarb sofort als die Tür aufging. Kühlen Blickes richtete sich Appius auf und starrte dem Artorier entgegen.


    “Also, unglaublich ist das. Und vor wenigen Wochen hoffte ich noch, daß es eine Ausnahmeerscheinung wäre. Hat man in der Familie der Artorier nicht gelernt, daß man zuerst anklopft ehe man in ein fremdes Zimmer geht? Also wirklich…“


    Brüskiert taxierte Appius Imperiosus und zog eine tabula hervor. Seine Nasenflügel erbebten genüsslich und kaum merklich. Denn die Macht, die Befugnis den Mann dort einfach schnöde abzuweisen, durchdrang ihn durch jede Pore. So hatte es ihm der praefectus gewährt und er würde jetzt noch viel genauer schauen, ob sich die Kandidaten überhaupt eigneten.


    „Eltern? Geburtsort? Krankheiten, Geistesgestörtheiten, Kontakte mit lupae? Verbrechen? Stand?“

  • Imperiosus war ein wenig sauer, als er die ersten Worte von dem Mann hörte, doch er hatte im prinzip recht. Imperiosus trat vor ihm.


    " Mein Vater heißt Lucius Artorius Pius Maximus, meine Mutter Artoria Papiria. Geboren wurde ich in Rom und bin auf keinenfall Geistesgestört. Kontakte zu lupae habe ich keine, sowie ich auch keine Verbrechen begannen habe. Ich bin Ledig. "


    Imperiosus überlegte, ob er alles gesagt hatte, als ihm plötzlich noch etwas einfiel.


    " Ich habe vor meiner abreise aus Rom die Academia Militaris besucht und habe das Examen Primum bestanden. "


    Tiberius dachte, dass dies vielleicht eine wichtige Information ist, die er noch erwähnen wollte.
    Nun schaute er wieder den Mann an, der vor ihm saß.

  • Ausdruckslos notierte sich Appius alles und sah auf die tabula hinab. Das mit den lupae glaubte Appius dem Mann auf keinen Fall. Selbst er, Appius, war schon einmal bei einer lupa gewesen. Was für ein desaströses Erlebnis! Es schauderte Appius immer noch, wenn er an die Frau zurück dachte, die ihn schier mit ihrem ganzen Körper fast erdrückt hätte. Das war das letzte Mal, dass sich Appius auf eine Frau eingelassen hatte. Kalten Blickes sah Appius auf und musterte Imperiosus mit seinen wasserblauen Augen, die einen Stich ins Gräuliche hatten. Kombiniert mit seiner spitzen Nase, den Ratsecken und seiner dürren Erscheinung hatte Appius etwas frettchenhaftes in dem Moment an sich.


    „Da Du weder als tribunus hier anfangen wirst, noch als centurio weiß ich nicht, was Dir das Examen bringen soll. Aber immerhin zeigt das mehr Einsatz als die sonstigen Faulenzer, die hier auftauchen. Bist Du mit centurio Artorius verwandt, Artorius?“


    Appius konnte den primus pilus nicht ausstehen, nebst den über 50 anderen centuriones der legio. Auch die meisten anderen Offiziere, weder die von der Infanterie noch von der Reiterei. Auch den neuen tribunus- er kannte ihn zwar nicht, aber so war das nun mal bei ihm- mochte er jetzt schon nicht. Und auch den über 6000 Soldaten im Kastell brachte er nur Abneigung entgegen. Es gab eigentlich nur zwei Männer in der ganzen legio, die Appius respektierte. Zum einen der legatus- er war vom Kaiser geschickt und den Imperator verehrte Appius in höchstem Maße- und dann noch der praefectus, der schon zwei Mal den richtigen Ton bei ihm angeschlagen hatte. Aber der Letzte war noch auf Probezeit bei ihm.


    „Was hast Du vorher gemacht? Beruf oder Ähnliches?“

  • Imperiosus schaute den Mann vor sich an und hörte ihm gut zu. Kurz holte er Luft, bevor er antworten wollte.


    " Ich habe dieses Examen gemacht, weil ich gerade in Rom war und nicht wusste, wass ich wieder mal dort sein werde. "


    konterte Tiberius. Er wusste sehrwohl, dass dies vielleicht nicht gerade sehr passent war, doch er musste dies einfach mal loswerden.


    " Was die zweite Frage betrifft... Ja, ich bin dem Lucius Artorius Avitus verwandt, er ist mein Cousin. "


    sagte Imperiosus kurz und knapp. Er versuchte seine stimme nicht allzu sehr zu erheben, denn er wollte nicht schon ihr probleme mit den Soldaten bekommen.


    " Nun zu der dritten Frage, ich war bisher Discipuli, doch die Götter haben einen anderen Weg für mich bestimmt, darum bin ich hier. "


    Imperiosus glaubte immer noch fest daran, dass die Götter seinen Weg lenkten und es sein Schicksal war, hier bei der Legion beizutreten. Er war ein wenig nervös, denn schließlich wusste er nicht, wie unbeliebt oder beliebt sein Cousin hier bei der Legio I war.

  • Langsam ließ Appius seinen Griffel auf die Wachstafel sinken. Sein Gesicht bekam einen noch kühleren Ausdruck, das Pendant von einer aufgebrachten Miene bei ihm. Starr sahen seine Augen an Imperiosus vorbei und Schweigen herrschte im Raum. Vorwitzige Anwärter konnte Appius noch sehr viel weniger ausstehen. Erst platzt der junge Mann hinein, entschuldigt sich nicht für sein Verhalten und scheint ihn auch noch herausfordern zu wollen. Appius Griffel stieg in die Höhe, fast wäre er versucht einen Strich über die tabula zu machen und den Mann davon zu schicken. Schließlich hatte ihm der praefectus die Macht dafür erteilt. Das Gefühl durchdrang ihn abermals, milderte seine eiskalte Wut und er ließ den Griffel dann doch etwas mehr sinken. Vielleicht hatte der Artorier heute einfach Glück, Appius an einem guten Tag erwischt zu haben.


    „Warst oder bist Du discipulus? Wurdest Du aus dem Dienst ehrenhaft oder unehrenhaft entlassen?“


    Ob man überhaupt aus dem Götterdienst ehrenhaft entlassen wurde, wußte Appius nicht sonderlich genau. Er hatte zwar mal einen Bruder im cultus gehabt, aber der war dort immer noch und mit ihm gesprochen hatte Appius schon seit zehn Jahren nicht mehr. Und viel außerhalb der legio hatte Appius in den letzten achzehn Jahren auch nicht mehr erfahren. Sein Leben drehte sich nun mal gänzlich um seinen Dienst.




    Sim-Off:

    Wenn Du keinen NPC spielst, brauchst Du Deine Sig auch nicht zu unterdrücken.

  • Imperiosus schaute den Mann an. Es schien ihm fast so, als würde er an ihm vorbei schauen, doch er wollte sich nichts anmerken lassen. Schließlich waren, so dachte Imperiosus zumindest, die Götter auf seiner Seite.


    " Im moment bin ich noch Discipuli, doch meine Priesterin ist schon seite Jahren verschwunden. In meinen vielen Gebeten zu den Göttern, bekam ich ein Zeichen, zu der Legion zu gehen, darum bin ich heute hier ! "


    Nun schaute Tiberius in die Augen von Appius, er wollte sehen, ob er irgendwas dort erkennen konnte. Es viel ihm aber schwer, denn anscheinen konnte er seine Gefühle sehr gut unterdrücken.


    " Ausserdem kann man nicht unehrenhaft entlassen werden, zumindest habe ich soetwas noch nie gehört. Ich werde auch weiterhin immer den Göttern dienen, auch wenn ich in der Legion bin. Auch du mein Freund dienst den Göttern, auf deine Art und weise. "


    Nun sprach Imperiosus Appius zum erstenmal mit Freund an und versuchte die Stimmung von ihm etwas zu mildern. Schließlich diente jeder gute Römer den Göttern, selbst der Imperator.


    Sim-Off:

    Ich war schon länger nicht mehr im IR und wollte neu beginnen, darum unterdrücke ich die Sig. Aber gut, lasse ich die Sig an ;)

  • Unschlüssigkeit machte sich in Appius breit. Einen noch dienenden Priester oder Priesterschüler in die legio aufzunehmen erschien ihm ein wenig unpassend. Doch ob Mars oder ein anderer Gott dem Mann tatsächlich ein Zeichen gegeben hatte, wagte Appius nicht zu Hinterfragen. Ein unbestimmtes: „Hmh!“ entrang die erste Äußerung seinem Innersten. Da würde er wohl dem praefectus eine kleine Nachricht zukommen lassen, dieser würde die ganze Angelegenheit entscheiden müssen. Stumm und kalt sah er zu Imperiosus, wollte schon die tabula ergreifen, um all die zusätzlichen bürokratischen Vorgänge abzuwickeln als ihn die zweite Äußerung stocken ließ. Mein Freund? Appius Augen weiteten sich marginal, seine Lippen wurden zu einer schmalen Linie und kalte Wut stieg in Appius auf. Zur Gänze, stocksteif, richtete sich Appius auf und sah Imperiosus mit einem Blick an, der selbst im Hochsommer alles zum Gefrieren gebracht hätte.


    "Hör mir jetzt gut zu, Artorius, du bist hier in der legio und nicht unter Freunden. Ich bin nicht Dein Freund, war es nie und werde es, mit absoluter Sicherheit, niemals in Deinem sterblichen Leben und selbst darüber hinaus sein. Einen Soldaten in der legio sprichst Du, insbesondere er höher steht, mit seinem Rang oder mit Herr an. Ich bin optio, somit will ich nur dies als Anrede von Dir hören. Hast Du mich verstanden?“


    Abweisend sah Appius abermals auf seine tabula hinab. Er war arg versucht den Artorier einfach raus zuwerfen und ihn an eine andere legio oder die Flotte in Misenum zu verweisen. Das dringende Gefühl einfach eine Waffe zu packen und schreiend, mordend und tobend durch die prinicipia zu rauschen wurde an so einem Tag wieder überwältigend. Doch Appius beherrschte sich abermals und ergriff den Griffel, umschloss mit seiner Hand diesen wie einen Dolch und stieß ihn in das Wachs hinein.


    „Und Du hast es nicht für nötig befunden, dem cultus deorum Deinen Austritt aus ihren Reihen mitzuteilen? Wie sieht es denn aus, wenn Du ein Zeichen bekommst, daß die legio nicht mehr das Richtige ist? Wirst Du dort genauso desertieren, wie Du den Dienst an die Götter aufgegeben hast?“


    Appius stand auf und trat zur Tür, winkte einen Soldaten heran und reichte ihm die tabula, damit er schleunigst damit zum praefectus lief. Erst dann ging Appius wieder zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich auf seinen Stuhl.

  • Imperiosus war ein wenig überrascht über einen solchen Wutausbruch. Lange zeit über hatte er alle Römer so angesprochen, es war sicherlich falsch, ihn hier so anzusprechen, aber wahrscheinlich war noch zuviel Discipuli in ihm.


    " Ich habe verstanden Optio ... "


    Tiberius versuchte nicht wieder einen Fehler zu machen. Seine stimme bliebt ruhig, doch sein Puls wurde schneller. Imperiosus sah, wie Appius den Griffel in der Hand und dachte schon, dass er gleich auf ihn losgehen würde. Auf seine zweite Frage hin, war Imperiosus schon ein wenig überrascht. Nun wurde er aber etwas wütend, denn er hatte und wird auch nie den Dienst an den Göttern aufgeben. Wahrscheinlich hatte Appius nicht verstanden, dass auch er nur ein Werkzeug der Götter ist und ihnen auch nur dient.


    " Optio, sie haben mich nicht verstanden, auch sie dienen den Göttern ! "


    Imperiosus stimme wurde etwas lauter, darum unterbrach er kurz, um sich ein wieder zu beruhigen.


    " Das Zeichen der Götter war eindeutig und ich werde sicherlich die Legio nicht vorher verlassen. Ich habe bisher zwar immer gemacht, was die Götter für mich vorgesehen haben, aber ich kenne auchdie Regeln, die es bei der Legion gibt. Ich weiß, dass ich mich auf Jahre hier verpflichte. "


    Tiberius hoffte, dass Appius sich nun beruhigen würde und sich dieser Aussage sicher sein würde. Allerdings war ihm auch klar, dass er wieder Appius mit Worten angriff und betete zu den Göttern, dass er nicht wieder wütend werden würde.
    Nun sah er mit an, wie ein Soldat kam und die Wachstafel weg brachte. Zwar gab er keine richtige Antwort auf die letzte Frage, doch er war es leid geworden, dass Appius ihn ständig für alles an schrie.... doch leider musste er hier nunmal durch.

  • Der Bote, in diesem Fall ein Scriba des Praefectus, kam ins Rekrutierungsbüro, nachdem er geklopft und das "Herein" abgewartet hatte. Hier herrschten schließlich andere "Gesetze" als beim Praefectus.
    Der Bote salutierte und übergab dem Optio die Antwort des Praefectus, salutierte wieder und verschwand schnell zurück an seinen Schreibtisch, wo ein halb gegessenes Brot mit Schinken und Käse auf ihn wartete.




    „Salve Optio Carteius Cirenthius,


    ein sehr ungewöhnllicher Fall. Ich sehe die Sache wie folgt: Der Mann ist durch unser Haupttor gekommen und will in die Legio. Damit erlischt seine Vergangenheit und sein Stand als „freier Bürger“ (egal ob Patrizier oder Plebeier) und er wird Probati, wenn er in deinen Augen besteht und nicht durch deine Selektion fällt. Wenn der Mann tauglich ist, dann sehe ich keinen Grund warum wir ihn nicht behalten sollen. Allerdings schlage ich vor, daß wir hier direkt erzieherisch tätig werden und auch weitergehende Informationen einholen.


    1. Schick einen Boten zu Primus Pilus Artorius Avitus. Der soll den Mann im Rahmen einer Gegenüberstellung als seinen Verwandten identifizieren. Nicht, daß so ein „Subura-Gaius“ sich hier unter falschem Namen ausgibt und sich nur einige Zeit bei uns durchschmarotzen will.


    2. Wir schicken eine Information an den Cultus Deorum nach Roma und unterrichten diesen, daß der Kerl jetzt bei uns in der Legio ist und sie ihn erst wieder von uns bekommen, wenn der Pontifex Maximus persönlich das veranlasst. Darum kümmere ich mich.


    3. Wir fragen bei den Cohortes Urbanae an, ob gegen den was in Roma oder sonstwo vorliegt. Nicht, daß er meint in der Legio I untertauchen zu können. Darum kümmere ich mich auch. Hinsichtlich Punkt 2 und 3 habe ich eh noch einige Briefe zu versenden.


    4. Frage ihn mit ein paar Fangfragen mal aus, welchem Gott er dienen wollte und welche Götter er so in seiner Verehrung präferiert. So ein Gesinnungswechel ist doch sonderbar. Flucht vor einer Ehe hätte ich ja verstehen können. Flucht vor einer politischen Laufbahn auch noch, aber aus dem Dienst beim Cultus Deorum verschwinden? Wir sollten aufpassen. Nicht, daß sich am Ende so ein Christ versucht in die Legio I einzuschleichen. Und dann die Moral der Truppe unterwandert mit deren Gerede von Nächstenliebe, Gewaltlosigkeit und Du sollst nicht töten und so. Die Christen sind eine echt radikale Vereinigung, die auch unsere Götter verleugnet und mit nur einem Gott auskommt.


    5. Teile ihm mit aller Deutlichkeit mit, daß er in der Legio als Deserteur gelten wird und ihn ein Militärgericht mit anschließender Kreuzigung erwartet, wenn er bei uns genauso abhaut, wie beim Cultus Deorum. Wir uns aber bei denen für ihn einsetzen werden.


    6. Die Ablegung des Eides hat unter Anwesenheit von 3 Zeugen zu erfolgen. Informiere den Tribunus Laticlavius Tiberius Vitamalacus, Centurio Flavius Aristides und Legionär Claudius Cunctator (oder so ähnlich), daß ihre Anwesenheit bei seinem Eid auf meinen Befehl hin angeordnet ist. Dann kann sich der Artorier später auch nicht rausreden, daß er nie einen Eid abgelegt hat oder die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage stellen. Patrizier und Offiziere als Zeugen machen sich immer gut, wenn er sich mit Hilfe eines Advocatus später verpissen will.


    Gez.: CMP, Praefectus Castrorum, Legio I, Mantua

    Semper Fidelis - zum ewigen Ruhme des Imperiums und seines Imperators!

  • Ungnädig bemerkte Appius zudem, daß jener Mann, der doch gedachte ein Soldat zu werden, somit ein Befehlsempfänger, sehr vorwitzig zu sein schien. Appius Nasenflügel weiteten sich marginal, seine Hände waren ineinander verschränkt und er wartete still auf eine mögliche Reaktion aus dem officium des praefectus. Leise und kühl, Appius schrie niemals- vielleicht würde das mal passieren, wenn er tatsächlich ausrasten würde- wandte er das Wort an Imperiosus.


    „Ich bin ein Soldat Roms, kein Priester. Man kann nicht Beides gleichzeitig sein. Die Götter zu ehren oder ihnen als Priester zu dienen, ist ein großer Unterschied.“


    Appius verstummte wieder, sah Imperiosus gnartzig an und sah dann aus dem Fenster, tat so als ob der Anwärter gar nicht mehr in seinem officium war und betrachtete den kleinen Weidenbusch, der vor seinem Fenster wuchs und den er schon seit einigen Wochen rausreißen lassen wollte. Schließlich bedeutete die Natur Chaos und Unordnung, sollte nicht vor seinen Augen obsiegen dürfen. Erstaunlich flink klopfte es an der Tür, Appius sah zu dorthin und meinte noch beiläufig zu Imperiosus.

    „So tritt ein Soldat in ein officium, genau so!“


    Mit einem andeutungsweise Kopfnicken nahm Appius die tabula entgegen, bemerkte abermals zufrieden, wie gut der praefectus die Soldaten im Griff hatte- vorbildlich, sehr vorbildlich, war sein Gedanke- und spähte darauf, begann schließlich die Nachricht an ihn aufmerksam zu lesen und nicht nur ein Mal, sondern auch ein zweites und ein drittes Mal. Nach mehr als 300 Herzschlägen, wo das Schweigen lastend über das officium und die beiden Männer lag, sah Appius auf. Seine Augenbrauen hoben sich ein wenig und er holte tief Luft. Genau musterte er den Mann vor sich. Ein Christ? Auf den Gedanken kam Appius noch gar nicht. Er erschauderte unmerklich und ergriff eine leere tabula.


    „Kommen wir noch mal auf die Götter zurück. Dienst Du einem Gott?“


    Noch während er die Frage stellte, schrieb Appius eilends eine andere Nachricht, stand auf und trat an die Tür, um auch diese an einen Soldaten zu schicken. Insgeheim ärgerte er sich doch, daß er heute seinen scribae frei gegeben hatte, sonst hätte er nicht immer so viel Aufwand mit dem Verschicken der Nachrichten. Ruhig trat er an seinen Platz zu und setzte sich, sah Imperiosus aufmerksam an.

  • Die Unterkünfte der Ersten Kohorte lagen an der Via Principalis, so dass der Weg zur Principia nicht weit war und Avitus nach kurzer Zeit im Rekrutierungsbüro erschien. Ohne anzuklopfen platzte er in das Büro rein und blickte den diensthabenden Principales und seinen Vetter an. Obwohl er Tiberius seit langer Zeit nicht mehr gesehen hatte, verzichtete er vorerst auf eine Begrüßung privater Natur und nickte ihm stattdessen nur kurz und wortlos zu, ehe er sich an den Diensthabenden wendete.
    "Meldung"
    sagte er knapp und - wie meistens - schroff.

  • Imperiosus wurde es etwas mumlig zumute, schließlich wusste er jetzt nicht, was mit ihm geschehen würde. Langsam wurde er etwas blasser, aber er versuchte weiterhin gerade zu stehen.
    Die Bemerkung, die er über die Götter gemacht hatte, überhörte er diesmal vollends, anscheinend konnte man ihn nicht belehren.
    Tiberius bemerkte, wie Appius aus dem Fenster schaute. Nun fragte er sich, wer ihr der unhöfliche gewesen war, er, der einfach ohne zu klopfen ins Officium trat oder Appius, der ihn einfach nicht ignorierte.


    Plötzlich klopfte es an der Türe. Appius konnte anscheinend den "dummen" Spruch und die Anspielung darauf, dass Imperiosus nicht angeklopfte hatte, unterdrücken, aber Tiberius überhörte auch dieses. Appius hatte anscheinend eine erfreulich Nachricht bekommen, so glaubte Imperiosus zumindest. Tiberius versuchte anhand der Gesichtsausdrücke zu erkennen, ob diese Nachricht gut oder schlecht war. Man konnte merken, dass Appius ein sehr ernster Soldat war, denn Imperiosus konnte kaum veränderungen bemerken.


    Plötzlich kam diese Frage über die Götter bzw. über einen Gott. Imperiosus bemerkte wohin es hinauslaufen sollte und wurde leicht wütend. Wie konnte der Optio nur auch im entferntesten daran zweifeln, dass ein Discipulus einen Gott nur anbeten würde, sowie diese hämmerlichen Christen. Vorallem würde niemals ein Christ in den Cultus Deorum kommen... als er gerade seine Wut luft machen wollte, platzte Avitus herein und nickte ihm zu. Imperiosus erwiderte es und stand nun still da, denn schließlich sollte der Optio eine Meldung machen und Tiberius war nicht gewillt, seinen Vetter zu unterbrechen.
    Langsam beruhigte er sich wieder.

  • Der gestiefelte Kater hätte wohl blaß ausgesehen im Vergleich zu dem primus pilus. Verblüfft, ob der rasanten Schriftübergabe und dem schnellen Erscheinen von dem centurio bemerkte Appius erst einige Herzschläge später, daß der primus pilus nicht geklopft hatte. Ärger stieg in Appius auf, aber wie immer schluckte er auch diesen hinunter, vergrub ihn in einem tiefen Seelenloch und ließ es darauf bewenden. Insgeheim schob er jedoch den primus pilus und die sonstigen Artorier- es schien wohl in ihrer Natur zu liegen- auf eine mentale rote Liste. Und außerdem nahm sich Appius vor, den primus pilus und seine centuria in Zukunft durch seine Arbeit zu strafen. Nein, er würde gewiss ihnen die probati nicht vorenthalten, aber er würde gut überlegen, welchen probatus er bei ihnen unterbringen sollte. Alle Faulenzer, Tunichtgute und Besserwisser würden bei ihm landen. Insgeheim lachte sich Appius über seinen genialen Plan schon ins Fäustchen- ließ sich in seiner unterkühlten Art nichts anmerken- und fixierte einen Herzschlag Imperiosus, der ihm ein wenig zu verdächtig lang gezögert hatte. Den würde er auch noch bei dem brüsken centurio Artorius unterbringen und wenn sie Familienangehörige waren, war das vielleicht noch eine schlimmere Strafe. Schließlich konnte man sich- theoretisch- Freund und Feind aussuchen, nur die Familie nicht. Seine wasserblauen Augen richteten sich jedoch auf Avitus.


    “Dieser Mann stellte sich als Artorius Imperiosus vor. Der praefectus möchte um die Bestätigung seiner Identität wissen. Zudem handelt es sich hier um einen immer noch aktiven discipulus. Aber darum wird sich ebenfalls schon der praefectus kümmern.“


    Natürlich dachte Appius nicht im Traum daran, Avitus- einem der Infanteriesoldaten- eine tabula aus der Verwaltung und somit die Order des praefectus weiter zu reichen. Auf dem Feld und außerhalb der principia konnte der primus pilus ihn gewiss herumscheuchen, aber hier in den heiligen Hallen der Verwaltung hörte optio Carteius nur auf ein halbes Dutzend Männer- die tribuni, aber besonders den praefectus und den legatus. Und auf den Kaiser würde Appius mit völliger Garantie hören- so er jemals, was wohl nicht passieren würde, das Rekrutierungsbüro betreten würde. Aber da der Kaiser für ihn ein Gott war, verstand sich das freilich von selber.


    „Handelt es sich um einen Verwandten von Dir, primus pilus?“

  • Avitus drehte sich zu Imperiosus um und musterte diesenn einige Augenblicke lang. Nach einigen Jahren Abwesenheit Imperiosus' hatte sich dieser leicht verändert.
    "Ich kann mich nicht erinnern, optio, dass man es in der principia neuerdings nicht für geboten hält, vor seinen Vorgesetzten zu salutieren"
    sagte Avitus leise und gekünstelt beiläufig, während sein Blick auf Imperiosus fixiert war. Damit blieb letztendlich unklar, ob er nur Appius oder nur Imperiosus, oder aber sie beide meinte. Dann drehte er sich zu dem Optio um.
    "Ich bestätige hiermit, optio, dass es sich bei diesem Anwärter um Tiberius Artorius Imperiosus handelt, meinen Vetter"
    sagte er.


    Dann musterte er seinen Vetter mit einem irgendwie mißtrauisch anmutenden Gesichtsausdruck. Er und Tiberius hatten sich vor ein paar Jahren das letzte Mal gesehen und damals war es zu einem Streit zwischen ihnen gekommen. Daher fragte sich Avitus, ob es tatsächlich möglich war, dass Imperiosus nach all den Jahren doch eingesehen hat, dass er in der Legion besser aufgehoben war, als bei den Discipuli des Cultus Deorum. Allein die Tatsache, dass sein Vetter nach wie vor ein Discipulus, noch nicht einmal Sacerdos, war, veranlasste Avitus zu denken, dass er vollkommen im Recht war. Obwohl er schon gerne ein paar Worte mit Imperiosus gewechselt hätte, unterließ er es, da die Pflicht rief und die Zeit nicht für das Gespräch stehen bleiben würde.


    So beließ er es bei einem einfachen weiteren Nicken zu Imperiosus, einem an den optio gerichteten, mürrischen
    "weitermachen, optio"
    gefolgt von seinem Abgang aus dem Rekrutierungsbüro.

  • Imperiosus hörte die Worte von Avitus und merkte, dass er ziemlich streng war. Er wusste nicht, wie er reagieren würde, falls Avitus ihn ansprechen würde. denn schließlich ging er damals wegen des streites, doch er wollte auch diesen mit Avitus wieder beilegen.


    Als Avitus bestätigte, dass er sein Vetter war, schlug sein Herz wieder etwas langsamer. Imperiosus wusste, dass immer noch eine Frage in den Raum stand, die er dem Optio beantworten musste. Zwar dachte Tiberius, dass Appius diese Frage wegen den Christen gestellt hatte, aber vielleicht irrte er auch. Vielleicht regte er sich sogar ganz umsonst auf. Als Avitus zum Abschied nickte, nickte Imperiosus zurück und holte tief Luft.


    " Um zu deiner Frage zu kommen, Optio. Ich diene natürlich allen Göttern, doch Neptun fühle ich am meisten hin gezogen, da ich lange in Ostia wohnte und mit Händlern zu See gefahren bin. "


    Imperiosus hoffte, dass diese Antwort dem Optio genügen würde.

  • Einziger Ausdruck von Appius Unmut- eigentlich hegte und pflegte er dieses Gefühl zu jeder Tages- und Nachtzeit, er war nun mal ein miesepetriger, griesgrämiger Mann- waren die unmerklich gespitzten Lippen. Daß er einzig und alleine dem praefectus unterstand, nach dem legatus, gedachte er nicht noch mal gesondert zu erwähnen. So sah er den primus pilus nur kühl an, nickte kaum wahrnehmbar und wartete bis dieser seinen Verwandten als tatsächlich seinen Angehörigen erkannt hatte. Immerhin kein Schwindler, wäre ja noch die Höhe gewesen. Stumm sah Appius dem primus pilus hinter her und fragte sich einen Moment, ob der tatsächlich glaubte, er würde nicht weitermachen, sobald er den Raum verlass. Die rote Liste! Ja, die ganz Rote. Auch noch als faul wurde er hier bezeichnet. Unerhört empfand das Appius- Appius hatte oftmals eine seltsame Art, die Dinge in sein Geist einzuordnen.


    Doch heute Abend würde er seiner Katze einige Angelegenheiten, die heute im Rekrutierungsbüro passiert sind, erzählen können. Niemand hörte ihm so aufmerksam zu, wie sein kleines Kätzchen. Und dann pflegte sie sich stets auf seinen Schoß zu setzen und sich stundenlang kraulen zu lassen. Dann war die Welt für Appius wenigstens für einen kurzen Augenblick wieder in Ordnung. Bis zum nächsten Morgen.


    Klickend- mit dem Griffel gegen den Rand der tabula schlagend- sah Appius auf sein Geschreibsel und die Befehle des praefectus hinab. Er nickte knapp auf die Antwort des Mannes. Neptun...höchst römisch. Doch der praefectus wollte dem Mann auf den Zahn gefühlt haben. Fangfragen? Das Dumme, Appius fielen keine ein. Ob Imperiosus einmal in der Woche Kinderblut trank oder Menschenfleisch aß- das hatte Appius von den Christen gehört- konnte er nicht fragen, außerdem was das wirklich nicht sonderlich subtil. Und da Appius kein Mensch mit originellen Gedankengängen war, setzte er einfach mit seinem normalen Programm weiter.


    „Also keine Geiseskrankheiten, keine lupae? Gut, letztes solltest Du auch nicht einreißen lassen von den Sitten, selbst wenn die Soldaten Dich zu dem lupanar von Mantua verleiten wollen. Ansonsten, was kannst Du so- außer Opferungen? Was opferst Du so als Priesterschüler? Fische? Kannst Du Lesen und Schreiben? Ein Handwerk erlernt oder die Waffenkunst schon mal praktiziert? Etwas, was Du der legio an Fertigkeiten beisteuern kannst?“


    Zwischen drin fiel ihm dann doch noch eine Fangfrage ein. Er hatte mal gehört, daß die Christen es neben Kinderblut auch mit Fischen hatten, was war ihm schleierhaft. Aber gleich darauf, nachdem er die Frage gestellt hatte, fiel ihm auf, daß Fische für einen Neptunpriester doch nicht unpassend wären, abgesehen von Goldringen. Unzufrieden kräuselte Appius seine spitze Nase und gab es mit den Fangfragen abermals auf.

  • Imperiosus sah, wie Appius ständig mit dem Griffen gegen die Tabula schlug. Dieses Geräusch konnte einen ganz schön nerven, dachte er sich. Nun wartete Tiberius eine Zeit lang, doch nichts geschah, als hätte der Optio keine Frage mehr.


    Als Appius erwähnte, dass die anderen Soldaten ihn etwa für Lupanar besuche verleiten könnte, fragte er sich, was daran so schlimm sein sollte, doch er versuchte dies zu ignorieren, denn schließlich müsste später mit seinen Kameraden klar kommen und nicht der Optio.


    " Als Priesterschüler opfert man nicht, sondern hilft bei Opferungen! ",


    antwortete Imperiosus mit ruhiger Stimme, jetzt war er in seinem Element indem ihm Appius nichts vormachen konnte.


    " Ich kenne keinem von unseren Göötern, dem man Fische opfert. Ich kann natürlich lesen und schreiben, sonst könnte ich nicht die vielen Dokumente, die in den Tempel lagern, lesen. Damals, als ich noch in Ostia lebte, fuhr ich mit Händlern über das Meer und verkaufte mit ihnen ihre Ware. "


    Tiberius kam nun etwas ins schwärmen und lächelte leicht.


    " Mit meinem Vetter Artorius Avitus habe ich vor eingin Jahren mal gekämpft, so zum training. Als ich jetzt die letzten Jahre in Hispania war, habe ich mir eine Holz Gladii angefertigen lassen, um damit zu trainieren... ich wollte für alles vorbereitet sein. "


    Imperiosus bemerkte erst jetzt, dass er ziemlich oft trainiert hatte, vielleicht bekam er deshalb auch ein Zeichen der Götter... doch vielleicht hatten sie ihn auch für das Millitär vorbereiten wollen. Er versuchte seine Gedanken beiseite zu schieben, um dem Optio seine volle aufmerksamkeit zu widmen.

  • „Fischen? Immerhin. Die vorigen probati waren fast nur allesamt Taugenichtse. Obwohl, einer meinte in einer Schmiede aufgewachsen zu sein. Aber…“


    Appius verstummte, beugte sich über die tabula und schrieb die Angaben des Mannes nieder. Er wollte sich bestimmt nicht vor dem Artorier darüber ergehen, daß er insgeheim glaubte, die Jugend würde immer mehr verkommen und nichts mehr anständiges lernen, kein Handwerk oder ähnlichen Beruf. Appius kniff die Lippen zusammen und sann einen Augenblick über die gesamte Schlechtigkeit der Welt, dann richtete er sich abermals auf und schrieb nur schnell noch eine tabula, die er Imperiosus weiter reichte.


    „Melde Dich zuerst im valetudinarium für die Musterung. Anschließend gehst Du zu der ersten centuria, der ersten cohors. Dein Verwandter ist dort der Befehlshaber. Du meldest Dich bei ihm. Er soll sich um Deine Angelegenheit mit der Rüstung und dem Fahneneid kümmern. Titus Crassus ist zurzeit leider krank, so wird sich dein centurio wohl an einen anderen Soldaten wenden müssen im Rekrutierungsbüro oder Dich damit beauftragen. Mir soll es egal sein.“


    Appius verkniff die Lippen wieder. Das passierte, wenn die Soldaten lieber krank feierten statt zu arbeiten. ER fehlte nie bei der Arbeit und so konnte alles reibungslos ablaufen. Appius wußte noch nicht einmal, ob die Ausrüstungskammer dieser Tage geschlossen war, es hielt ja mal wieder keiner für Notwendig ihn zu informieren. So wälzte er all das auf den centurio der ersten centuria.


    Vale!“


    Dann beugte sich Appius über seine tabulae, die er dem Archivar noch überreichen musste.

  • Imperiosus sah,wie Appius schnell etwas auf die Tabula geschrieben hatte und sie ihm reichte, schnell ging er zum Tisch und nahm sie an. Nun hörte er auf den Befehl, den der Optio ihm gab.


    " Verstanden... "


    sagte er schnell und drehte sich zur Türe um. Bevor er das Officum verließ, verabschiedete er sich noch schnell bei Appius.


    " Vale ! "

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