Bevor nun die tragische Geschichte um die traurige Sklavin Selnya fortgesetzt werden wird, soll dem geneigten Zuschauer eine kleine Geschichte erzählt werden:
Es begab sich nämlich einst, dass Marcus Cordius Fuscus, ein hochangesehenes Mitglied der römischen Gesellschaft schon seit Generationen im Besitz derjenigen wunderschönen Villa ist,
die der bescheidenen italischen Residenz des Gaius Scribonius Curio benachbart ist. Diese Residenz des Fuscus geschmückt durch einen prachtvollen Garten, hatte als Sehenswürdigkeit freilaufende Pfaue, die in eben jenem Garten lebten und dem Viertel als Glücksbringer sehr wertvoll war.
Dieser Fuscus, der nun über 60 Jahre zählt und dem nur noch wenige Jahre zum Leben gegeben waren, war in seiner Jugend sei es in der Politik oder bei den Frauen äusserst erfolgreich. Schon bald fand er sein Glück in einer jungen Patrizierin, die er sehr lieben und schon bald ehelichen sollte. Das Glück war vollkommen, die Welt drehte sich im Rausche.
Doch eines fehlte zu ihrem Glück und zwar war dies ein liebliches Kind, das einerseit den stolzen Familiennamen weiterführen, aber vor allem auch Ziel der Zärtlichkeiten und Fürsorge der glücklichen Eheleute sein sollte.
Auch hier war ihnen das Glück hold und Fortuna zeigte sich in ihrer ganzen Pracht. Die junge blühende Patrizierin trug des stolzen Fuscus Kinde im Leibe.
Doch jäh zerrissen die Götter die Banden des Glückes. Die Knospe starb ab, die erschöpfte Patrizierin überlebte das Kind nicht. Ebenso ward dem Kinde die Gnade des Lichtes der Welt verweht. Ein doppelter Verlust. Der vielversprechende Fuscus wurde in einem Moment zum hadernden Greisen.
Unser ehemals teurer Fuscus, noch vor kurzer Zeit jung im Geist und voller Hoffnung, war nun irr geworden ab dieser Geschehnisse. Niemanden wollte er mehr um sich haben, keine Verwandten, keine Besuche von Klienten. Nur eines blieb ihm: Eine Sklavin und die Pfaue im Garten.
Der Mann wollte seinen Schmerz mit niemandem teilen und über Jahrzehnte sah man über den Zaun blickend niemanden mehr als eben die farbenprächtigen Pfaue.
Doch dem Fuscus, als Mensch gebrochen, versagte gar sein Wille zur Einsiedelei. Den Mensch zu meiden war sein Ziel, doch er war Mensch nicht mehr genug und seine Absichten wirr.
So geschah es, dass die germanische Sklavin, das einzige Lebewesen neben den Pfauen auf der Residenz, eines Tages schwanger wurde.
Ein Sohn war geboren, welcher den Namen Gaidemar bekam. Es war ein schönes Kind und bald reifte er zu einem gesunden Jüngling heran, der reges Interesse an der Natur bekundete.
Dem Knaben, ohne Vater und mit einer Sklavin als Mutter, war indessen ein trauriges Schicksal bestimmt. Dazu verdammt mit niemandem Kontakt zu haben und das Anwesen nicht zu verlassen, sass er tagelang in den Gärten und seine einzige Freude war das zärtliche Flüstern zu den Pfauen und deren Betrachtung. Die Hoffnungen der Sklavin erfüllten sich nicht, dass das Herz ihres Herren, ob des Knabes sich erweiche.
Das Gegenteil war der Fall. Der Greise die Schuld des Todes seiner Frau dem Kinde gebend, sah in Gaidemar nichts als Sünde.
So konnte er es nicht ertragen, dass jemand Glück verspürt und somit war es dem gebrochenen Alten zur Aufgabe geworden das Kind von den Pfauen fernzuhalten. Doch gelang dem Argen dies nicht immer und in jenen glücklichen Stunden, in denen Gaidemar alleine mit den gelieben Geschöpfen in Harmonie sein konnte, durfte er wieder Kind sein und die Freuden des Lebens empfangen.
Er ward in solchen Momenten so eins mit sich selbst und den Pfauen, dass er leise die melancholische Melodie der germanischen Chatten summte. Eben jene Melodien, die die mühselig arbeitende Mutter dem Kinde vor dem Einschlafen vorsang.
Doch wieso nun diese lange Einleitung?
So war es denn, dass die Veranda der Casa Scribonia auf eben diesen Garten mit den Pfauen Einsicht hatte. Und eben auf dieser Verande, war der Pfahl verankert. Der Pfahl, an dem die klägliche Selnya gebunden wurde. Der Pfahl, an dem Selnya den fröhlichen Knaben singen hörte: Die Melodien der gemeinsamen Heimat. Der Pfahl von dem aus man sah, wie der Alte mit Stöcken auf den Gaidemar einschlug, auf dass er die innigen Banden des Glückes zu den Pfauen immer wieder auf's Neue zerschlage.
Dies war also die neue Situation der Selnya, dieses Schauspiel immer und immer wieder ansehen und die heimatlichen Klänge immer und immer wieder anhören zu müssen. Selbst zu kaum einer Bewegung fähig.