• Im Grunde bereits von der Fahrt hierher abgesättig, lag eine noch längere Strecke vor mir. Vorerst wollte ich aber nicht an diese Kutschfahrten denken. Ich ließ mir ein Essen richten und erholte mich zunächst von der unliebsamen Fahrt.

  • Vor einem knappen Monat war ich Richtung Germanien aufgebrochen, heute kehrte ich nach Mantua zurück - erleichtert, wie ich feststellen musste. Gut möglich, dass ich nochmals dorthin reisen würde, aber sicher mit einer Begeisterung, die sich in Grenzen halten würde. Germanien war nicht meine Traumregion.


    Nie fand ich die Anhöhen um Mantua so schön wie heute, nie berührte mich der Anblick des Mincio und die Ländereien um die aurelischen Villen so wie heute. Erschöpft aber glücklich entstieg ich der Kutsche und betrat die Villa Sospitas. Heute machte sie ihrem Namen alle Ehre.


    Ich genehmigte mir ein Bad und setzte mich eingehüllt in eine warme Decke ins Atrium. Auch in Italia waren die Tage kühler geworden. Immer wieder nach den bereitstehenden Früchten greifend, sann ich über die vergangenen Wochen nach und spürte stark wie nie, was mich mit Italia verband. Mir wurde klar, welchen Luxus ich hier genoss, welche guten Kontakte zu Freunde ich pflegen konnte und wie nah mir meine Familie war. Dinge, die ich bislang als selbstverständlich hingenommen hatte.


    Schon morgen würde ich nach Rom weiterreisen. Ich hatte viele Wege in der Stadt der Städte zu erledigen. Der Besuch der Absolventen der Militärakademie war dabei nur einer. Ich musste mich um unseren neuen Klienten kümmern und ich wollte eine alte Geschichte in Ordnung bringen. Ich beabsichtigte eine Bekannte aufzusuchen, zu der mir der Kontakt verloren gegangen war. Verloren als Folge der Ereignisse vor einem halben Jahr. Verloren, weil ich bislang jeden mied, der Kontakt … Fort mit dem Gedanken. Heute wollte ich mir die Stimmung nicht verderben lassen.

  • So eine große Villa und derart ungenutzt. Außer mir und einigen Sklaven weilte kein Mitglied der Familie hier. Für den kurzen Aufenthalt hatte mich das jedoch nicht gestört. Am nächsten Morgen bestieg ich die Kutsche erneut - sie war fast schon zu meinem zweiten Zuhause geworden - und reiste Richtung Rom.

  • Als der Praefectus einen arbeitsreichen Tag hinter sich hatte, verzichtete er kurzerhand darauf, in der Principia zu nächtigen, wie es ansonsten seinen Gepflogenheiten entsprach. Stattdessen entschloss er sich, seiner Villa ganz in der Nähe einen Besuch abzustatten - allzu lange hatte er auf den Luxus verzichten müssen, welcher im Lagerleben auch für Offiziere sogut wie unbekannt war. Zudem trachtete er nach etwas Ruhe, denn es war doch ein recht störender Umstand, von allen Seiten und zu jeder Zeit im Officium angesprochen zu werden, wenngleich er mit der bisher geleisteten Arbeit durchaus zufrieden sein konnte: Ravenna und Misenum hatten sich gemeldet, die Transporte rollten und Tribun Lepidus, sowie dem Architekten Claudius konnte Aurelius blind vertrauen.
    Nachdem ihn sein Ross zur Porta gebracht hatte, klopfte er - müde und hungrig, nach Abwechslung und einer Art der Seelenruhe lechzend - an selbige.

  • Die Saturnalien waren vorbei und ich kam nicht umhin, den Türdienst zu spielen. Leicht seufzte ich bei dem Gang zur Porta. Man konnte sich schnell an ein bequemes Leben gewöhnen.
    Also gut, Klinke runter drücken, raus sehen und nach den Wünschen fragen – war ja immer dasselbe.


    „Salve, wen darf ich melden?“
    Ich blickte auf den Besucher, den ich doch irgendwoher kannte. Die Verlinkung im Kopf lief dann fehlerfrei. Oje, der Herr. ‚Samira, erst denken, dann sprechen’, wies ich mich zurecht. Heute war es leider umgekehrt.


    „Verzeihung!“
    Ich blickte nach unten und trat schuldbewusst zur Seite.

  • Aurelius grummelte etwas und betrat dann den Empfangsraum, der, wie ihm sofort auffiel, gut beheizt war - kein Vergleich zum sparsamen Einsatz von Feuerholz im Castellum.
    Während der Dominus Samira einen langen Wintermantel gab, erblickte er Eirene.


    "Eirene, ich bin müde und hungrig. Sage den Küchensklaven, dass ich zu speisen wünsche....und hole noch Wein aus dem Keller."


    Die Caligae des Soldaten verursachten ein ungewöhnlich lautes Klappern im steinernen Gang, als Sophus in das Speisezimmer wandelte.


    "Post aus Rom? Neues aus den Provinzen?", fragte er fast beiläufig, denn schon lange hatte er nichts mehr von seiner Familie gehört.

  • Eirene hatte aus langjähriger Erfahrung sofort erkannt, dass der Herr ein kleines Trinkgelage zu veranstalten gedachte und holte, nachdem die Speisen im kleinen Küchenzimmer bestellt waren, reichlich Vinum aus dem Bestand im Keller...

    ANCILLA


    Im Besitz von Claudius Aurelius Crassus

  • Eirene, dieses faule Stück. Sonst lässt sie uns die gesamte Arbeit machen. Nur jetzt, wo der Herr mal zu Hause ist, tut sie so, als würde sie arbeiten. Ich nahm den Mantel entgegen und brachte ihn fort. Im Vorbeigehen steckte ich ihr die Zunge heraus.
    Kurz kam mir die Idee, sie aus Rache im Weinkeller einzusperren. Möglich wäre auch, sie auf die Fragen des Herrn antworten zu lassen. Meine Schadenfreude wäre groß gewesen. Na ja, Wunschträume einer unbedeutenden Sklavin.


    „Post geht in Mantua kaum ein. Die Herrschaften besuchen sich oft in Rom oder Misenum, dorthin wird auch die Post versendet.“


    Da ich nicht wusste, was ihn an Neuigkeiten aus den Provinzen interessieren würde, beließ ich es bei einer Ankündigung.


    „Es gibt viel Neues, Herr.“

  • Nachdem Sophus die Penates mit lauter Stimme begrüßt und eine kurze Gebetsformel gesprochen hatte, setzte er sich an die Tafel im Speisezimmer.


    "Nun, ich höre.", meinte er zu Samira, während er auf Eirene und die Küchensklaven wartete und scharf prüfend den Innenraum der Villa musterte.

  • Die Götter der Vorratskammer hatten wenig zu tun in der Vergangenheit. Sicherlich freuten sie sich, dachte ich bei mir. Unwillkürlich drängte sich der Gedanke auf, er sollte vielleicht auch mal den Genius grüßen. Ein Schmunzeln war die Folge, was sich dauerhaft hielt.


    Da ich keine Gedanken lesen konnte, wusste ich nicht, ob er an Familiärem, Politischem oder Allgemeinem interessiert war. Ich entschied mich für eine Kreuz- und Querinformation. Bei dem, was ihn interessierte, würde er sicher Nachfragen stellen.


    Tief atmete ich durch und kramte das Relevante der letzten Monate zusammen.
    „Wer seine Meinung auf der Rostra kundtun will, muss neuerdings nach Rom reisen. :) Schulen gibt es nun in allen Provinzen. Apropos Schulen, dein Lateintest ist korrigiert. Decimus Meridius bat vor Monaten um die Abstimmung zwecks Ehrung des Gensbegründers. Möglicherweise hat sich das inzwischen erledigt. Die durch die neue Lex Octavia Solidaritatis Patriciarum „erhobenen“ Spenden sollen die weggefallenen Steuern für die Patrizier ersetzen. Deandra sagt, ob es sie nun gibt oder peng – es hat sich nichts an der Abgabenfreiheit geändert.“


    Ich sah kurz an die Zimmerdecke und überlegte, ob es noch mehr in dieser Richtung gab, aber mir fiel nichts mehr ein. Die Geschichte um Macer dürfte er besser kennen als ich.


    „Neu wäre in jedem Fall auch, dass Gentes nun offiziell Klienten in den Familienverband aufnehmen können. Nun ja, das ist das Werk meiner Herrin. Sie bzw. die Aurelia besaß den ersten offiziellen Klienten des Reiches. Inzwischen sind es zwei Einzelklienten und eine Gens, die zur Aurelia gehören.“


    Und schon waren wir beim Thema Familie.


    „Zwei Familienmitglieder haben kürzlich heimgefunden. Maxentius, Deandras Bruder und damit dein Cousin, ist derzeit Magistratus in Misenum. Eugenius, dein Onkel, lebt in Rom und hat ebenfalls politische Pläne.“


    Ich schnappte nach Luft und hielt erst einmal inne. Na, war Eirene etwa die Kellertreppe hinuntergefallen? Sie kam gar nicht wieder. Unwillkürlich kicherte ich kurz, legte erschrocken die Hand auf den Mund und schwieg.

  • Als viele Nägel zweier Militärsandalen die Stille der Villa durchbrachen, hielt ich für den Moment die Luft an. Einerseits ein Treffen herbeisehnend, fürchtete ich auch dessen mögliche Kälte. Die letzten lagen mir als solche in Erinnerung .Zögerlich ging ich Richtung Speisezimmer. Viele Gedanken stürzten in der Zwischenzeit durch meinen Kopf.


    Bei Erreichen der Tür, lehnte ich mich an dem Rahmen. War es Halt, den ich suchte? Die Hand auf das Holz gelegt, lehnte ich den Kopf daran und betrachtete ihn aus der Entfernung.

  • Aurelius hörte den Berichten aufmerksam zu und drehte langsam an seinem Siegelring. Einiges war ihm bereits bekannt, andere Dinge hörte man nicht im Kastell und in den hiesigen Gasthäusern und Bordellen, welche von den Offizieren regelmäßig besucht wurden, hielt er sich alleine schon aus Zeitgründen selten auf.
    Hin und wieder brummte er etwas, spitzte aber besonders die Ohren, als Neuigkeiten über seine Familie eintrafen. Zufrieden vernahm er, dass Maxentius Magistratus geworden war und als er hörte, dass Eugenius eingetroffen und an seinem politischen Aufstieg zu arbeiten gedachte, umspielte ein zufriedenes Lächeln seinen Mund.


    "Sklavin, bringe mein bestes Schreibzeug."

  • Nach einer Weile brachte Eirene eine große Amphore aus dem Keller, schaffte Speisen herbei und richtete den Tisch für ihren Dominus. Als dieser keine weiteren Wünsche äußerte, trat die Sklavin einige Schritte zurück und blieb in gebotenem Abstand stehen, während Sophus bereits kräftig dem Vinum zusprach.

    ANCILLA


    Im Besitz von Claudius Aurelius Crassus

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!