Unter einer Platane in den Horti Lolliani

  • Er wartete im Schatten einer ausladenden Platane in den Horti Lolliani. Es war beileibe nicht sein erstes verschwiegenes Treffen an einem wenig belebten Ort. Doch bei keinem finsteren Gesellen oder windigen Informanten, den er so getroffen hatte, war ihm je bang ums Herz gewesen.


    Aber dieses Treffen war ganz anderer Natur und eine innere Unruhe hatte ihn erfasst.
    Würde sie kommen? Hatte seine Nachricht sie überhaupt erreicht?
    Er strich nochmals seine Toga zurecht und beobachtete einen kleinen Vogel, der sich auf einem der Äste niedergelassen hatte. Der kleine Sänger trällerte sein scheinbar spöttisches Lied.
    Ihm fiel eine alte Melodie ein, die er vor langer Zeit von seiner Kinderfrau gelernt hatte. Summend schaute er sich um. Ob sie diesen Ort finden würde?


    Leise begann er zu singen:
    “~~ Oh, sie nur lehrt die Kerzen, hell zu glühn! ~
    ~ Wie in dem Ohr des Mohren ein Rubin, ~
    ~ So hängt der Holden Schönheit an den Wangen ~
    ~ Der Nacht; zu hoch, zu himmlisch dem Verlangen. ~
    ~ Sie stellt sich unter den Gespielen dar ~
    ~ Als weiße Taub in einer Krähenschar. ~~“


    Da hörte er jemanden kommen…

  • In die Sonne blinzelnd sah ich mich um.
    Wo war er denn nun....ah...da stand jemand. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich ihn auch. Ja, das war Corvus.


    Olympus, was tat ich denn hier nur? Falco würde mich erwürgen wenn er davon erfahren würde. Nichtsdestotrotz folgte ich dem Ruf meines Herzens und ging langsam zum Praetorianer, der auch in Zivil, wie ich feststellte, eine gute Figur machte :D


    "Salve Corvus!", begrüßte ich ihn lächelnd.

  • Sein Herz machte einen Sprung als sie hinter ein paar frühlingsgrünen Büschen sichtbar wurde und auf ihn zukam. Augenblicklich hörte er mit der Singerei auf.
    “Salve Aelia.“
    Er ging ein paar Schritte auf sie zu.
    “Wie schön, dass du kommen konntest. Ich hoffe, die Umstände bringen dich nicht in Verlegenheit.“

  • Ohja, das hoffte ich auch...naja, wenn niemand davon erfuhr würde es wohl auch keine Schwierigkeiten geben.
    "Naja...", druckste ich herum, "Wir müssen es ja nicht in der Acta Diurnia veröffentlichen, dass wir uns hier getroffen haben." ;)
    Und noch dazu ohne Anstandswauwau. Tststs, Aelia, Aelia...ich hörte die Stimme meiner Großmutter im Kopf.
    Mein Blick suchte den seinen, ich hoffte nur, er hörte mein Herzklopfen nicht.
    "Aber sag...warum wolltest du mich eigentlich sehen?"

  • Das ansteckende Lächeln mit einem Schmunzeln erwidernd zuckte ich mit den Schultern.
    "Nun...so sind die Regeln heutzutage.", meinte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

  • ”Die Regeln? Ja, ich weiß, römische Frauen sollen keusch und brav sein und sich in der Öffentlichkeit nur im Beisein ihres Vaters oder Vormundes mit anderen Männern treffen dürfen, so wie es schon unsere Ahnen und Urahnen taten.
    Versteh’ mich nicht falsch, ich ehre das Andenken unserer Vorfahren und ich glaube an die Werte die Rom groß gemacht haben. Aber ich komme aus einer jungen Gens und die Zeiten ändern sich. Ich glaube nicht daran, dass…“
    Er stockte kurz. “…ein Mann und… eine Frau nur Mittel politischer Überlegungen…“


    “Was ich sagen will ist, wir leben in Zeiten in denen ein Römer auch auf sein Herz hören sollte und ich wollte dich gerne wieder sehen. Außerdem tun wir doch nichts Unrechtes und es sieht uns ja auch keiner.“
    Ein jungenhaftes Lächeln breitete sich bei diesen letzten Worten auf seinem Gesicht aus.

  • Allein diese Worte ließen mein Herz höher schlagen. Dummerweise sahen das nicht alle so.
    "Tja, dann lebst du fürchte ich in der falschen Zeit, denn die meisten denken anders darüber. Vor allem ich sollte eigentlich mehr darauf achten was ich tue und lasse...", seufzte ich und dachte an meine Verflossenen und fast-Verflossenen.


    Es sieht uns keiner? Oha :D Wie sollte ich das nun verstehen? Allein dieses Lächeln konnte man ja nur falsch deuten ;)
    "Bis jetzt...aber die Römer haben Augen und Ohren überall, werter Herr Germane.", frotzelte ich.
    Doch er hatte recht, wer uns beide hier entdeckte musste sich schon als Busch verkleidet haben. Warum machte ich mir überhaupt Gedanken darüber? Wir redeten ja nur...

  • Bei den Worten „Herr Germane“ musste er lachen.
    “Na, ich glaube inzwischen auch, dass in Rom schlimmere Bestien lauern als in den Wäldern Germaniens. Aber ich hoffe, dass wir hier keine antreffen werden.“

  • Spontan wären mir zwar ein paar Namen zu den Bestien eingefallen, aber ich hielt mich zurück :D
    "Keine Angst, ich beschütz dich schon.", erwiderte ich und zwinkerte Corvus schelmisch zu.

  • “Jetzt fühle ich mich deutlich sicherer.“, gab er lachend zurück.


    “Aber du hast sicher recht, vorsichtig zu sein und auf deinen Ruf acht zu geben. Der Auftritt des Senators Octavius Victor auf dem kaiserlichen Bankett war natürlich skandalös und ist seit dem Gesprächthema in der ganzen Stadt. Das war für dich bestimmt auch eine beschämende Situation.“
    Sein Gesicht war nun ernst, als er vorsichtig nachforschend weiter sprach:
    “Wie ist es überhaupt dazu gekommen? Ihr wart doch bereits verlobt, wenn ich mich richtig erinnere.“

  • Das wurde ich wohl nie wieder los. Egal, wie viel Zeit schon vergangen war, die Sache mit Victor würde immer wieder aufgewärmt werden.
    Schicksalsergeben seufzte ich.


    "Nicht so beschämend, wie für ihn selbst, nehme ich an.", erwiderte ich nachdenklich.
    "Wie es dazu kam?"
    Ich zögerte...sollte ich ihm wirklich davon erzählen? Meine Familie wusste warum. Er selbst wusste es und Hungaricus wusste es wohl. Wir hatten uns darauf geeinigt, es nicht allzu sehr aufzubauschen.


    "Wir...ich...das ist eine lange Geschichte.", meinte ich ausweichend.

  • Er nickte und beschloss, sie nicht weiter mit dieser Frage zu bedrängen.
    “Ich hoffe nur, dass du aufgrund dieser Erfahrung nun nicht vor hast, Vestalin zu werden.“, meinte er, während die eben noch strahlende Sonne plötzlich verschwunden war.
    Ein paar dunkle Wolken hatten sich über den Quirinalshügel geschoben.

  • Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. Wieder fielen mit dabei - wie immer - meine verdammten Locken ins Gesicht.
    Mich von ebendiesen befreiend antwortete ich: "Nein, das will ich Vesta lieber nicht zumuten. Ich glaube in der Verwaltung bin ich ganz gut aufgehoben." ;)


    Seufzend sah ich zum Himmel. Die Sonne war verschwunden. Naja, wenigstens musste ich so nicht die ganze Zeit die Augen zusammenkneifen.
    "Aufgrund dieser Erfahrung frage ich mich nur, ob alle Männer so sind, oder ob er die Ausnahme war, die die Regel bestätigt."
    Wenn ich an den Ex-Mann meiner Schwester dachte traf wohl eher ersteres zu...

  • “Ob Ausnahme oder Regel ist egal, denn eine so wundervolle Frau wie du hat auf jeden Fall einen Mann verdient, der dich zu ehren weiß und von Herzen liebt.“
    Er schaute in ihre tiefen, braunen Augen in die immer wieder keck die wilden Locken fielen und murmelte wie geistesabwesend: “Findet sich nicht für jede Amphore ein passender Deckel?“
    Gleich darauf hätte er sich am liebsten selbst getreten, einen so alten, abgedroschenen Spruch zum Besten zu geben.

  • Halb prüfend, halb misstrauisch sah ich Corvus an.
    Ich fragte mich, in welche der beiden Kategorien er wohl gehörte...


    "So?", erwiderte ich auf den ersten Satz hin, während ich wieder Richtung Himmel blickte, wo eine einsame Krähe ihre Kreise zog ;)
    "Dieser Amphore hier ist es mittlerweile egal, ob der Deckel passt oder nicht. Liebe ist ein Gefühl, das überschätzt wird..."


    Oder nicht? Ich riss meinen Blick vom schwarzen Vogel los und richtete ihn wieder auf die Krähe am Boden...

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