Ein Ausritt zu zweit

  • Maximian sah nicht auf. Er hielt den Kopf weiterhin gesenkt. Er schützte sich. Würde er aufsehen, wäre Valeria bei ihm. Dann wär nicht mehr Julia da, sondern nur noch Valeria. Und hielt er den Kopf gesenkt, die Augen geschlossen, blieben beide.


    Julia... was tat er ihr nur an, während er nur in seinen Gedanken wandert? Das hatte sie nicht verdient. Am liebsten wäre er jetzt bei ihr gewesen, irgendwo ganz fern von hier. Er würde ihre Hand halten, er würde ihren Duft riechen und alles wäre so, wie es einfach war.


    Valeria... wie er sie verletzte, wenn er genau das dachte? Sie die neben ihm saß, deren Hand er hielt und deren Berührungen ihn wünschen ließen, dass es mehr davon gab. Mehr vom Duft ihrer Haare, mehr von ihren zärtlichen Küssen und mehr von ihrer warme, weichen Haut.


    Das war sie - seine innere Diskussion. Sie erfüllte ihn gänzlich und wart so leicht von außen beinflussbar. Denn die Stimme von Valeria wog viel. Und sie konnte Julia vor seinem inneren Auge vergdrängen, wenn sie zu ihm sprach. Auch wenn er es nicht wollte, er wollte es irgendwo doch.


    Immerzu konnte sein Herz seinem Verstand widersprechen. Es war ein grausames Spiel, das er mit sich selbst spielte. Es kostete Kraft, das konnte Maximian ganz klar spüren, denn jetzt fing er leicht an zu zittern. Kaum spürbar für jemanden, der in ansah, aber für ihn, der er in sich hineinlauschen konnte, war es da.
    Er kniff die Augen zusammen und hielt die Hand auf Valerias weiterhin unbewegt.


    "Scht, nicht..."


    Mehr als das bekam er auch nicht über seine Lippen. Denn er wusste, dass er sonst etwas sagen könnte, das Julia vielleicht gänzlich vertreiben würde.

  • Nicht? Was nicht? Nicht reden? Nicht davon reden? Ihn nicht berühren, nicht ansehen? Ihn nicht....nicht lieben? Sie konnte nicht anders. Ihre Hand zitterte sacht, ihre Beine waren noch immer an den Körper gezogen, doch ihr Herz klopfte wie irr von innen gegen ihren Brustkorb und schien herausspringen zu wollen. Sie sah ihn an, wie er noch immer gen Boden sah, leicht vorgebeugt und wohl in innerem Streit mich sich selbst verstrickt. Sie beugte sich nun ebenfalls vor, hob die andere Hand und legte sie vorsichtig auf seinen lädierten Rücken. Sie legte sie nur hin, streichelte nicht und bewegte sich selbst auch kein Stückchen mehr, nachdem sie die Hand dorthin gelegt hatte. Valeria sah ihn noch immer an. Mitfühlend, liebevoll. Sie versuchte sich vorzustellen, was in ihm vorgehen mochte. Dachte er wieder an die andere?


    "Max....was ist mit dir...." flüsterte Valeria leise. Ihre Stimme wurde von Donnergrollen und hellen Blitzen untermalt.

  • Ihre Hand. Sie hatte sie auf seinen Rücken gelegt. Es schmerzte nicht, hingegen allen anderen Berührungen, sei es der Sessel oder das Bett gewesen. Nein, es war angenehm. Wieder spürte er die Wärme, wie im Stall vorhin, die sich von der Stelle seines Rückens durch den Körper wärmte. Nach vorn in die Brust, wo das Herz schlug.


    Julia verschwamm vor seinem inneren Auge. Er krallte sich an ihr fest, doch es nützte sich. Sie wurde immer unsichtbarer... 'Nein, stopp! Julia, bleib bei mir!', flehte er innerlich, wurde aber nicht erhört, denn nun sprach Valeria wieder und Julia verblasste noch ein wenig mehr.


    Mechanisch stand Max auf. Er wollte Julia jetzt nicht verlieren. Nicht jetzt! Er versuchte sich ihr Bild wieder in den Kopf zurück zu rufen, damit er stark bleiben würde, nach seinem Verstand handeln konnte, aber es gelang ihm nicht. Er sah nur Valeria, sonst niemanden.


    Und es sollte aufhören zu gewittern! Verzweifelt sah er hinaus, wo die Blitze nach wie vor zuckten und ihren gefährlichen Tanz zur Musik des Donners aufführten. Er wurde weich, allein ihrer Gegenwart wegen.


    Langsam wandte er sich vom Fenster ab und Valeria zu. Sie saß in ihrem Korbsessel, schien selber ziemlich angespannt. Er schluckte und sah sie einfach an, konnte den Blick nicht mehr von ihr nehmen. Wie sehr er sich wünschte, dass Mummia jetzt hereingestürmt käme, ganz weit hinten in seinem Kopf. Aber es geschah nicht. So sah er sie einfach an, atmete gleichmäßig und ließ sich vom Licht der Blitze einhüllen, die sich hinter ihm mit dem Regen einließen.

  • Als Maximian aufstand, rutschte Valerias Hand an seinem Rücken hinunter und die andere entglitt der Umarmung seiner beiden Hände. Sie nahm sie zurück und schlang die Arme nun wieder fest um ihre Beine herum. Die Stirn legte sie auf die Knie. Sie konnte so nicht sehen, wie Maximian am Fenster stand und hinaussah. Sie konnte nicht sehen, wie er sich wieder umwandte und sie ansah. Und seine Verzweiflung sah sie auch nicht.


    Valeria dachte nach. Es war falsch gewesen. Alles. Sie hätte sich nicht von ihren Gefühlen übermannen lassen sollen, draußen im Wald. Sie hätte nicht seine Hand halten sollen, hätte sich nicht neben ihn legen sollen, selbst als er es wollte. Sie würde vermeiden, ihn zu berühren, ja, das wollte sie versuchen. Und sie wollte nicht mehr über ihre Gefühle reden, waren sie doch eh offensichtlich genug. Sie würde sich zurückziehen in ihr Schneckenhaus. Ganz so, wie sie es getan hatte, als sie von der Krankheit ihrer Mutter erfahren hatte.


    Sie weinte nicht. Sie hockte nur da, angespannt, verzweifelt, in sich gekehrt. Der Wein wurde langsam kalt, das Licht hatte sich so weit zurückgezogen, dass es nun mehr düster im Zimmer war. Valeria war es gleich. Die Stimmung passte zu ihrem Befinden. Sie atmete ruhig und gleichmäßig, den Kopf ließ sie gesenkt. Was sollte sie auch tun? Was sagen? Bisher war alles seit dem Aufwachen töricht und schmerzlich gewesen.

  • Maximian stand da und sah sie schweigend an. Er dachte an die Gefühle, die er hatte, als er Valeria berührt hatte. Die Schmetterlinge, die im Bauch umhergeflogen waren, wenn sich ihre Wangen aneinandergelegt hatten oder ihre Lippen kurz davor gewesen waren, sich zu vereinen. Er musste beinahe schmunzeln, denn so stark wie das Gefühl gewesen war, mussten die Schmetterlinge wahrlich wild unterwegs gewesen sein.


    Doch wie er jetzt Valeria sah, waren all die Schmetterlinge gebrochen. Sie hatten ihre wunderschönen Flügel zusammengeschlagen und lagen zur Seite gekippt und bewegungslos am Boden.
    Und er fragte sich, wenn er weit entfernt wäre, nicht einmal mehr in Hispania, ob er sie dann immer noch sehen könnte. Die Schmetterlinge und Valeria.


    Das Schmunzeln wurde bitter. Ja, Valeria gehörte nun zu ihm. Er würde sie nicht mehr vergessen können oder die Augenblicke, die er hier mit ihr verbracht hatte. Genauso würde er es sich wahrscheinlich nie verzeihen, dass er Julia zumindest in Gedanken hintergangen hatte. Aber nun war es schon geschehen. Und nichts davon würde er rückgängig machen wollen.
    Er lachte in sich hinein, während er die Augen niederschlug. Wollte er es vergessen? Wollte er ihre strahlenden Augen vergessen, ihre zarten Hände, ihre guttuenden Worte?
    Eine Nacht war aus seinem Gedächtnis gelöscht und war er darüber froh?


    Flüchtig hob er seinen Kopf wieder und sah Valeria, die unverändert mit angezogenen Beinen und darum geschlungenen Armen in ihrem Korbsessel saß. Seine Beine fingen an sich zu bewegen, die Füße entfernten sich von der Stelle vor dem vom Blitzlicht umspielten Fenster und suchten sich ihren Weg.
    Er stand vor ihr, sah auf sie hinunter. Es war, als wäre seine Seele in die Knie gegangen vor all dem, was Maximian bewegte. Die Gedanken rauschten immerzu, sodass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und die Gefühle flossen durch jede einzelne Vene und brannten höllisch.
    Seine gesunde Hand hob sich zögerlich. Er wollte sich noch einmal leer fühlen, wie er sich zuletzt im Stall gefühlt hatte. Dort war für einige Augenblicke alles klar gewesen und er sehnte sich nach diesem inneren Frieden... den Valeria ihm geben konnte.


    Seine zitternde Hand legte sich kurz auf ihre. Doch nicht lange, denn bald schon schlüpfte sie um sie herum, hielt sie und zog Valeria sanft und langsam zu sich hoch. Maximian sah ihr tief in die Augen, um darin zu lesen, was sie dachte und was sie spürte. In seinen Augen stand ein seltsamer Schimmer.
    Valeria stand vor ihm, doch er hielt ihre Hand noch eine Weile in seiner. Sein Daumen strich wie in Zeitlupe über ihren Handrücken, während er fühlte, wie die vielen Gedanken allmählich erstickt wurden von Valerias Anblick. Er kostete den Moment noch ein bisschen aus und dann nochmal ein bisschen länger, dann legte er ihre Hand auf sein Herz, so wie sie es vorhin getan hatte. Er rückte näher zu ihr und auch das Brennen in seinen Venen ließ nach. Die Angst, die ihn innerlich ergriffen hatte, schmolz. Valeria war bei ihm, was sollte ihm da geschehen.


    Seine gesunde Hand fuhr ihr den Arm hinauf, in einer ganz sanften Berührung nur, über die Schulter, den Hals, hin zu ihrer Wange, wo sie sich ablegte. Auch das nur kurz, denn dann strich sie sanft über die Haut, was Maximians Herz einmal aussetzen ließ.


    Ihre Köpfe befanden sich wieder ganz nah. Er spürte nichts mehr, außer reinster Gewissheit und dem Herzen, das wieder für zwei zu schlagen begann. Ihre Nasenspitzen berührten sich zärtlich und Maximian sah Valeria immer noch in die Augen, die ihn aus diesem Zimmer, diesem Unwetter und der Welt zu lösen vermochten. Dann schloss er sie kurz, ließ seine Hand an ihrem Ohr vorbei ins weiche Haar finden. Und als er die Augen langsam wieder öffnete, flüsterte, ja, hauchte er Valeria zu:


    "Auch ich ertrage es nicht..."


    Er sah sich, wie er Valeria nahe war und sie sich anfingen zu drehen. Seine Lippen waren ihr so nahe, dass er die Augen wieder schließen konnte und dann...


    Ihre Lippen berührten sich. Es war, als wären die gebrochenen Schmetterlinge wieder erwacht und würden nun über seine Lippen streichen, so zart war die Berührung, die ihn mit Valeria verband. Seine Hand vergrub sich in ihrem Nacken, während er Valeria noch näher zu sich zog. Und sie hoben ab, flogen davon... Mit den Schmetterlingen, die wieder geheilt waren, weg von all den Problemen und erdrückenden Gedanken. Nur sie, nur jetzt, nur erfüllt von Liebe.

  • Durch den dämpfenden Schleier ihrer Gedanken hindurch hörte sie ein Rascheln und dann einige wenige Schritte. Maximian näherte sich ihr; und verwundert sah sie auf. Er stand nun vor ihr, sah sie bitter an und hob seine Hand wie in Zeitlupe, um sie zu berühren und zu sich hoch zu ziehen. Sie war viel zu verwirrt, um etwas dazu zu sagen oder sich auch nur entgegengesetz dem zu bewegen, was er nun wollte. So stand sie auf, zitternd, zaghaft. Er stand so nah vor ihr, sah sie an und schien ihr auf den tiefsten Grund ihrer Seele zu blicken.


    In Valerias Augen stand eine ungläubige Verzweiflung geschrieben, gepaart mit aufkeimender Hoffnung. Doch es konnte nicht sein, er liebte nicht sie, sondern eine andere. Sie senkte den Blick und brach damit den Kontakt zu seinen wunderbaren, blauen Augen. Sie wollte sich abwenden, sich wieder setzen und in ihrer Decke verkriechen, konnte er ihr doch nicht geben, wonach ihr Herz sich so sehr sehnte. Doch sie konnte sich nicht bewegen, war wie gelähmt und zugleich von einer inneren Unruhe befallen, die sich nach außen hin in einem unmerklichen Zittern ihres ganzen Körpers niederschlug.


    Sie blickte auf sein Brust, fühlte, wie er ihre Hand noch immer hielt, sanft streichelte. Und dann führte er sie zu seiner Brust, um sie direkt auf sein Herz zu legen. Valerias Blick folgte der Bewegung. Ungläubig und bitter zugleich starrte sie auf die Hand, die nun auf seinem Herzen ruhte. Sie schien sie höhnisch anzustarren, zu flüstern, dass der Moment auch vergehen würde und sie ihre Hand würde zurückziehen müssen, ohne mehr als eine Erinnerung an Maximians Herz zu haben. Denn eine andere hielt es in ihren Händen.


    Er wanderte ihren Arm entlang, verringerte noch einmal den Abstand zu ihr, gelangte schließlich an ihre Wange und verhielt dort nur einen Moment, ehe sie sachte über ihre Haut strich. Valeria zitterte, musste schlucken und sah Maximian nun direkt an. Er war ein Stückchen größer als sie, daher musste sie den Kopf leicht in den Nacken legen. Ihr Herz pochte wie wild, pumpte Unmengen von Adrenalin durch ihren Körper. Doch dies alles wurde überschattet von der Stimme, die zwar wisperte, doch immer eindringlicher in ihren Verstand flüsterte, dass es so nicht stimmte. Dass es nicht stimmen konnte, was nun geschehen würde.


    Maximian schloss die Augen. Seine Hand fand den Weg in ihren Nacken, fuhr dabei sanft durch ihre Haare und flüsterte einige wenige Worte, die Valeria nun stärker zittern ließen als jemals zuvor in seiner Gegenwart. Sie schloss nun ebenfalls die Augen, erwartungsvoll und ängstlich zugleich.


    Und dann küsste er sie.


    Sie spürte seine warmen, weichen Lippen auf den ihren, spürte, wie er sie näher zu sich heranzog. Sie würde auf der Stelle vergehen, wenn sie auch nur einen einzigen weiteren Moment hier stand und fühlte, was sie nun fühlte, das wusste sie einfach. Ihr war, als schwebe sie, so wunderbar war das Gefühl, das jede einzelne Faser ihres Körpers durchströmte. Und eben dieses Gefühl, das sie von den Beinen zu reißen schien, spülte auch die Gedanken hinfort, die sich um die Fremde drehten und um Maximians Gefühle zu ihr. In diesem Moment lebte sie nur für ihn, um ihn zu küssen und um seine Nähe zu spüren. Und da war sie mit einem Mal, die Geborgenheit, die sie so schmerzlich vermisst hatte.


    Valerias Arme fanden wie von selbst den Weg an Maximians Oberkörper herauf und um seinen Kopf herum. Sie umarmte ihn, erwiderte sanft seinen Kuss, der der erste richtige Kuss in ihrem Leben war.


    Doch dann setzte das Denken wieder ein; und Valeria öffnete die Augen, sah was sie dort tat. Sie löste ihre Lippen von den seinen, sah ihn erschrocken an. Dieser Mann liebte eine andere Frau. Es war unrecht, was sie da tat. Das herz klopfte ihr bis zum Hals, der wunderbare Moment war verflogen und sie sah ihn nun unendlich traurig an, ehe sie den Blick senkte.


    "Julia", war alles, was sie sagte, wie sie so vor ihm stand und vor ihm auf den Boden blickte. Sie musste sich sehr anstregngen, um die Tränen zurückzuhalten, die nun wieder kommen wollten.

  • Viel zu schnell war er vorbei, der Kuss, nach dem er sich gesehnt hatte und der ihn davontrug von seinen Problemen. Aber er hatte ihn nicht beendet, noch irgendeine eintretende Person. Nein, es war Valeria gewesen, die sich zurückgezogen hatte. Max öffnete die Augen, ließ sie, die ihren Kopf gesenkt hatte, aber nicht los.


    Und dann nannte sie den Namen, der ausreichte, um alles wieder ganz anders aussehen zu lassen. Er schluckte einen aufkommenden Kloß hinunter und senkte ebenfalls den Kopf, wobei er unweigerlich seine Stirn an Valerias legen musste.


    Ja, Julia. Als sie losgeritten waren, war er sich sicher, was Julia für ihn bedeutete. Jetzt aber war alles ein bisschen anders, alles ein bisschen schwerer und unklarer. Er hatte davor nicht sein Bett mit Valeria geteilt, sie bei sich gesprüt, als es ihm schlecht ging. Obwohl er sich nicht erinnern konnte, wie es in der Nacht war, wusste er am Morgen, dass alles gut gewesen ist. Dass er sich sicher gefühlt hatte, geborgen, gut augehoben. Nicht allein. Er wusste, dass sie im Wald bei ihm gesessen war, nicht von seiner Seite wegzudenken.
    All das war nicht unbemerkt an ihm vorbeigegangen. Noch dazu war Valeria so unsagbar hübsch... Maximian seufzte schwer.


    Julia wäre ebenso bei ihm gewesen. Sie hätte ihn nicht aus den Augen gelassen und hätte sich ebenfalls aufgeopfert. Aber sie hatte nicht da sein können, sie WAR nicht da. Valeria war da.


    Er nickte leicht. Valeria hatte Recht. Julia war immer in seinem Herzen, so auch jetzt. Aber... sie war gerade nicht in seinem Kopf. Sie brachte ihn jetzt nicht dazu, leicht zu zittern. Sie beschleunigte in diesem Moment nicht sein Herz, ließ nicht diese Kälte entstehen tief in ihm drin. Seit der Nacht war das ein anderer Mensch, der das vollbrachte.
    In seinen Augen sammelte sich Flüssigkeit, die sich zwar gut unter Kontrolle halten ließ, aber... sie war da. Sie war da, weil ihm schmerzlich bewusst wurde, dass sein Spagath nicht das war, was er aufrecht erhalten konnte.
    Das würde heißen, dass er sich... entscheiden müsste. Er schluckte, immer noch mit dem Kopf an Valerias gelehnt.


    Warum hatte es überhaupt so weit kommen müssen? Wer testete ihn da auf solch grausama Art und Weise aus?


    Seine Hand rutschte aus ihrem Nacken. Was sollte er erwidern? Valeria hatte gehört, dass Max Julia liebte. Und sie musste spüren, dass er für sie nicht anders empfand. Die freie Hand hatte sich über ihr Schlüsselbein gelegt, sodass die Fingerspitzen ihr Kinn berühren konnten. Nach einer Weile drückte er es sanft hoch und damit seinen Kopf, auf dem ein schwaches Lächeln thronte. In seinen Augen stand immer noch das Tränenwasser, doch die Wimpern waren nach wie vor trocken. Zwischenzeitlich senkte er nicht den Kopf, aber den Blick.


    "Valeria, ich... wie..."


    Er stockte, griff in seinen Nacken, wo Valerias Hände noch verschräkt waren. Er nahm langsam eine davon, wobei er Valeria nicht in die Augen sah, sondern an ihr Vorbei blinzelte und holte sie nach vorn, zwischen sie. Er sah die Hand einen Moment an und legte sie dann zurück auf sein Herz, das immer noch kräftige Sprünge tat. Diesmal nahm er seine Hand aber nicht weg, sondern bettete sie auf ihre und dann hob er auch den Blick wieder.


    "Wie ist das dann möglich?"

  • Sie blickte noch immer stumm zu Boden, sah nicht, wie ihm die Tränen in die Augen traten. Seine Gedanken waren nach außen hin nicht sichtbar. Als Valeria wieder aufsah, nickte er nur matt und senkte den Blick. Sie hatte ins Schwarze getroffen.


    Valeria verharrtze so, wie sie stand, doch er langte in seinen Nacken und schien ihre Umarmung lösen zu wollen, denn er griff nach einem Arm und holte ihn nach vorn. Es wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein. Valeria nahm nun von selbst auch den anderen Arm von Maximian fort und trat ein Stück zurück, doch er ließ sie nicht etwa los, sondern legte ihre Hand auf sein wild pochendes Herz, das sie selbst durch die Tunika hindurch noch schlagen fühlen konnte. Sie starrte auf die Hand, dann hob sie langsam den Kopf und sah ihn an. Wie er dort stand, sie ansah. Sie hätte am liebsten ihre Arme wieder um ihn geschlungen und wäre ewig so stehen geblieben.


    Sie schloss die Augen, senkte den Kopf, atmete tief ein und wieder aus. Sie liebte ihn. Mehr als alles zuvor.


    "Maximian....ich...es ist so......was...was empfindest du?" stammelte sie leise, den Kopf noch immer gesenkt und ihn gegen Ende ihrer Frage hin anhebend. Sie kam wieder ein Stück näher und sah ihn an, ihre Augen wanderten zwischen den seinen hin und her, suchten nach Anhaltspunkten, die bestätigten oder leugneten, was er nun gleich sagen würde. Die Hand lag dabei noch immer auf seinem Herzen, unter seiner Hand verborgen.

  • Maximian sah ihr in die Augen, nachdem sie ihre Frage gestellt hatte, dann jedoch hinunter an die Stelle, an der zwei Hände über einem Herz lagen.Er hatte nicht gedacht, dass er so bald wieder eine Hand dort würde liegen spüren, die nicht seine war. Und dann hatte er nicht gedacht, dass es nicht eine von Julias wäre.


    Und er hatte nicht geglaubt, dass er gleich etwas zu einer Frau sagen würde, das er bislang nur zu Julia gesagt hatte.


    Er hob seinen Kopf wieder und schluckte, als er Valeria wieder in die Augen sehen konnte, in denen so vieles stand. Nun öffnete er auch seine Fenster zur Seele, ließ sie darin lesen.


    "Dass es mir leid tut, dass ich die Erinnerungen an eine Nacht mit dir verloren habe. Dass mein Herz zerspringt, wenn du deine Hand darauf legst. Dass es mir egal ist, wie draußen das Wetter ist oder was Mummia denkt, solange... solange du bei mir bist."


    Er hielt ein und lächelte verzweifelt, während seine Hand Valerias umfasste. Er wollte noch mehr sagen und doch nur ein einziges Wort, kam aber erstmal nicht weiter... Dass er sie liebte, war ihm inzwischen zwar deutlicher geworden, als manch anderes zur Zeit, doch noch wagte er es nicht vor sich, es laut auzusprechen.

  • Valeria blickte in seine Augen, konnte keinen Hinweis auf eine Lüge darin finden. Und im Grunde genommen hatte ihr eigenes Herz auch schon entschieden, dass es wahre Worte sein mussten, in dem Moment, als er sie sprach. Sie sah ihn noch einen Augenblick an und begann nun wieder heftiger zu zittern. Sie konnte nicht mehr. Alles, woran sie festhielt, waren von diesen seinen Worten fortgewischt. Der name Julia interessierte sie nicht mehr. Was zählte war, dass sie in Maximians Nähe war und dass sie sich mehr als wohl fühlte bei ihm.


    "Maximian...." flüsterte sie sehr leise.
    Sie kam noch ein Stückchen näher. Ihr Kopf war nun dem seinen wieder sehr nahe. Ihre Nasen berührten sich. In ihrem Kopf war die Stimme nur noch ganz leis zu vernehmen, kaum mehr hörbar. Wie sie wisperte, dass sie zuerst Klarheit erlangen musste, wo sie stand. Wo die Fremde stand. Und wie Maximian zu ihr stand. Doch obwohl sie so leise war, hörte Valeria sie doch. Und so kam es vorerst nicht zu einem weiteren Kuss, denn ihre Lippen bewegten sich und stellten ihn vor eine neuerliche Hürde.


    "Und....und was ist mit.... mit ihr?"

  • Sein Herz schlug noch einmal schneller, als Valeria sich ihm nun wieder näherte. Er sah ihr entgegen, tief in ihre Augen und nahm ihren Duft in sich auf, der so verführerisch war... Er hätte beinahe nachgegeben und den letzten Rest Luft zwischen ihnen wieder weggedrückt, doch da sah er, wie ihre Lippen sich wieder bewegten und hörte auch, was sie nun stammelnd von ihm wissen wollte.


    Sein Herz stolperte, er hielt inne und sah sie aber weiterhin an, nur blinzelte er jetzt ein paar mal häufiger. Sie hatte doch gehört vorhin im Stall, was er für Julia fühlte. Und da meinte er in ihrem Blick zu lesen, dass es ihr genau darauf ankam. Darauf, dass er sie liebte und Julia und da sie erneut nachfragte, schien es ihm klar zu werden, dass sie verlangte nur noch sie... zu lieben.


    Immer langsamer schlug der Muskel in seiner Brust, doch in seinen Augen spiegelte sich immer noch all das wieder, was in ihm vorging. Immer noch die innere Diskussion, die ebenfalls eine für Valeria war.... zurecht.
    Nun war er töricht gewesen. Ja, er hatte sich fallen gelassen, sich ein zweites mal verliebt. Und das zur gleichen Zeit.


    Er blinzelte angestrengt, während er den Kopf senkte und nun seinerseits von Valeria Abstand suchte. Auch nickte er leicht, ließ den Kopf dann geknickt hängen und sah nicht mehr auf. Ein Mann konnte nicht zwei Dinge haben, egal in welcher Situation er sich befand und gerade konnte er sich nicht mehr verstehen.


    "Ich verstehe..."

  • Sie ließ ihm Zeit und er nahm sie sich auch, ehe er antwortete. Und dann war seine Reaktion das, was Valeria befürchtet hatte. Er zog sich zurück, dachte nach. Valeria ließ ihn, doch die Hand, die über seinem Herzen lag, ließ sie nicht allein herabgleiten. Sie drehte sie und fasste Maximians Hand, sodass sie nun Hand in Hand voreinander standen. Eine Weile sah sie noch auf seine Hand hinab, die kraftlos in der ihren lag. Dann blickte sie ihn an und eine Welle von Missmut und Frustration drohte sie vollends zu ertränken. Sie verlangte nichts von ihm. Nur, dass er sich seinen Gefühlen klar war wie sie den ihren.


    Valeria schluckte und drückte seine Hand, streichtelte ihn nun sanft mit dem Daumen und zwang sich zu einem Lächeln. Sie machte wieder einen Schritt auf ihn zu, drehte den Kopf zur Seite und ließ seine Hand los. Doch sie ging nicht etwa aus dem Raum, sondern umarmte ihn kurzerhand und legte ihre Wange an seine Brust. Ganz leise seufzte sie, während ihre Arme sich um seine Taille schlossen. Die Augen schloss sie. Sie wollte nicht mehr an Julia denken. Valeri hatte den Vorteil, dass sie bei Maximian war. Und Julia....nun, die war in Germanien.


    "Nein, tust du nicht", murmelte Valeria an Maximian geschmiegt.

  • Er war vorbereitet gewesen darauf, dass er gleich allein im Raum stehen würde. Dass Valeria in ein anderes Zimmer versuchte zu flüchte, damit sie nicht bei ihm sein brauchte. Er würde es verstehen, denn nun war alles... alles gesagt. Oder auch nicht, aber man konnte es dennoch alles erkennen.


    Doch sie ging nicht. Sie legte ihren Kopf an seine Brust und ihre Arme um seine Taille. Langsam nur konnte er nachvollziehen, was nun nicht eingetreten war, doch dann atmete er all die Luft aus, die er in seinen Lungen angesammelt hatte. Ihre Anschmiegung an ihn war so tröstlich und so sehr das, was er sich wünschte und er erwiderte sie. Seinen gesunden Arm legte er um ihre Schulter, sodass die Hand auf ihrem Kopf liegen konnte. Und seine Wange legte er an ihren Kopf, seine Augen waren eine Weile noch vor dem Fesnter, in der Welt in der es donnerte und blitzte, die nun aber so weit entfernt und unwirklich war.


    Wieder schüttelte er leicht den Kopf und schloss auch sein Augenpaar. Er brauchte nichts sehen, denn er spürte ja all das, was von Belang war.


    "Ich liebe dich, Valeria. Doch... doch auch ihr gehört mein Herz. Ich verstehe, wenn... du musst..."


    Er seufzte und drückte sie an sich. Wenn er sich manchmal wünschte, dass ein Moment nicht vergehen sollte, dann war das gerade solch ein Moment.


    "Du musst das nicht tun.", brachte er schließlich mit trauriger Stimme hervor.

  • Valeria schmiegte sich an ihn. Es tat so gut, in seiner Nähe zu sein und zu wissen, dass er sie.....liebte?
    Sie schlug die Augen auf und sah verblüfft an seiner Brust vorbei auf den entfernten Boden. Und dann sagte er, was sie beinahe erwartet hatte. Dass er sie auch liebte. Die Fremde. Die Andere. Konnte man denn zwei Menschen lieben? Ging das überhaupt? Konnte sie sich je sicher sein, dass er ihr nicht sofort den Rücken kehren würde, wenn sie in der Nähe war? Sie schloss die Augen, ihr Herz klopfte wie toll, doch sie ignorierte es. Kein Ton kam über ihre Lippen, denn sie waren fest aufeinander gepresst. Was hatte sie denn aneres erwartet? Vor wenigen Stunden noch hatte er sie nicht küssen wollen, weil er an sie gedacht hatte. Und nun? War sie nur ein Zeitvertreib für ihn? Nein, das konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Dessen war er nicht fähig, das weigerte sie sich zu glauben.


    Valeria schluckte hart. Er drückte sie an sich, erwiderte ihre Umarmung. Und er sagte, dass sie es nicht tun musste. Aber was meinte er? Dass sie ihn umarmte? Dass sie ihn liebte? Dass sie es respektierte, dass Maximian zwei Frauen liebte? Tat sie das denn? Nein, sie könnte es nicht ertragen, stets nur die zweite zu sein. Doch noch sagte sie es nicht. Sie wollte den Moment nicht vorüberziehen lassen.


    "Ich möchte es aber tun", sagte sie leise und hob nun den Kopf. Dabei musste sie ihre Umarmung etwas lockern. Sie sah ihm nun direkt in die Augen. Ihre Hände wanderten von seinem Rücken nach vorn und über seine Brust nach oben zu seinem Nacken. Sie schluckte. Etwas zittrig war ihre Stimme nun, und sehr, sehr leise.


    "Ich....liebe dich auch, Maximian...."


    Und dann schloss sie ihre Augen, drehte den Kopf und küsste ihn sehr zaghaft und nur flüchtig auf die Lippen.

  • Eigentlich hätte er ahnen können, das sie tun wollte, was sie tat. Ihn umarmen, ihn trotz all dem, was sie von ihm wusste, liebte... und es ihm gestand.


    Er konnte nicht genau sagen, ob das und der flüchtige Kuss, den sie ihm anschließend gab, einen Freundentaumel auslöste oder einen großen Stich verursachte. Denn ihm wurde klar, was für ein grausames Instrument die Liebe sein konnte...
    Wie musste sie sich fühlen? Er sagte ihr, dass er sie liebte, doch im gleichen Atemzug noch, dass er das auch für Julia empfand. Hatte sie Hoffnung, er würde Julia für sie Aufgeben und nein, er nahm nicht an, dass sie sich mit allem anderen einfach so abfinden würde.
    Wenn Julia sie sehen könnte... was würde sie dann sagen und fühlen? Maximian wusste es, sodass er nicht erst lange nachdenken musste. Sie wäre zutiefst verletzt und enttäuscht.


    Und er? Er stand zwischen zwei Frauen, die er beide liebte. Die eine befand sich in Germania, die andere hier in seinen Armen. Würde er sich für eine entscheiden können, wenn er musste? Nein, schon jetzt wusste er, dass er es nicht würde tun können.
    Aber... Valeria, und wenn er das jetzt auch verdrängte, war seine Cousine. Eine Liebe zu ihr wäre in der Öffentlichkeit nicht willkommen.


    So hatte er sich ein gegenseitiges Liebesgeständnis nicht vorgestellt. Sie hatte ihn nur zurückhaltend geküsst, so wie bei ihm auch keine gescheite Freude aufkommen konnte. Nein, dazu war die Situation zu verfahren.


    Er versuchte ein Lächeln, das weniger gut und sehr müde nur gelang. Die gesunde Hand legte sich an ihre Wange, strich da ein paar mal zurückhaltend rüber, entfernte sich dann jedoch schon wieder. Auch den Blick senkte er wieder, während er einen Schritt von Valeria wegtrat und sich in einen der zwei Korbsessel regelrecht fallen ließ. Sein Rücken schrie förmlich auf und auch sein Kopf meldete sich erstmals wieder, als Max nicht sehr weich im Sessel landete. Den Kopf stützte er auf seine Hand, während er an Valeria vorbei an die Wand starrte.


    Nein, das war nicht das, was man unter einem Liebesgeständnis verstand. Sie waren sich nicht näher gekommen dadurch, sondern hatten sich in den letzten Minuten eher noch voneinander entfernt, empfand Maximian.


    Wie von allein öffnete sich sein Mund und die Wörter sprudelten nur so aus ihm hervor.


    "Ich tu dir nicht recht und nicht gut, wenn ich sie liebe. Ich tu ihr nicht recht und nicht gut, wenn ich dich liebe. Wie soll ich dann also lieben, wie danach leben? Beides ist nicht miteinander zu vereinbaren und doch haben beide Gefühle in mir Platz..." Er lachte ganz leise und mit traurigem Blick auf. "Wie kommt das? Wie kann ein Herz soetwas empfinden, aber ein Gewissen nicht vereinbaren? Die Antwort ist einfach... Weil es nicht recht ist. Weil der Mann nur eine Frau lieben soll." Er nickte und sah wieder starr vor sich her. "Mummia hat ja recht. Ich hätte vieles nicht machen dürfen. In der Nacht, heute... Dann hättest du wesentlich weniger leiden müssen. Es tut mir so leid, Valeria, und doch musste ich dir sagen, wie ich fühle, wollte ich dich küssen... "

  • Valeria sah ihm schmerzlich nach, als er ihre Wange streichelte und sich dann in einen der Sessel setzte. Sie blieb stehen, senkte nur den Kopf leicht und sah ihn an. Sie versuchte, ihren Blick frei zu halten von Vorwürfen, von Trauer und vor allem von Tränen, die sie aufgrund seines Verhaltens schon wieder vergießen könnte.


    Was sie mit ihren Händen anstellen sollte, wusste sie nicht. So ließ sie sie einfach rechts und links ihres Körpers herabhängen und starrte ihn ausdruckslos an. Auch, als er nun die Worte sagten, die sie so sehr schmerzten wie nichts anderes zuvor, blieb sie einfach nur stehen und sah ihn an, wie er da so in seinem Sessel saß, im Hintergrund den Regen. Dann und wann erhellte ein Blitz sein Antlitz und gab dem traurigen Ausdruck darauf einen diabolischen Beigeschmack.


    Selbst als er geendet hatte und sie nur noch ansah, blieb sie so stehen und sah ausdruckslos auf ihn hinab. Dann, nach einer Ewigkeit, die vom monotonen Trommeln der Regentropfen auf Dach und Fenster begleitet wurde, brach sie die Stille mit leiser, enttäuschter Stimme.


    "Es ehrt dich, dass du es mir nicht verschweigst. Aber wenn diese Nacht und alles, was damit zusammenhängt, nicht gewesen wäre, so wäre mein Herz wohlmöglich noch schwerer als zuvor, denn ich hätte nicht die Freude empfunden, die ich bei einem Kuss von dir empfinde."


    Valeria schluckte und schritt langsam auf Maximian zu. Sie stand nun dich vor ihm, sah auf ihn hinab. Dann legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und glitt in der gleichen Bewegung neben ihn in die Hocke.


    "Ich weiß nicht, ob ich dir Kraft habe, die zweite Frau in deinem Leben zu sein. Ich weiß auch nicht, ob ich überhaupt eine Chance hätte oder ob ich etwas an mir habe, was dein Bewusstsein beinflussen kann, doch eines weiß ich: obwohl in unser beider Namen das Wort Decima vorkommt und wir somit verwandt sind, wenn auch nur sehr entfernt, so liebe dich dich trotzdem mehr als mein eigenes Leben und werde versuchen, für dich da zu sein, wenn du mich brauchst."


    Valeria seufzte leise und beugte sich vor, um Maximian auf die Nasenspitze zu küssen. Dann legte sie ihre Stirn an die seine und harrte der Dinge, die nun kommen mochten.

  • Er hatte noch vor sich hergestarrt, bis Valeria ihm ihre Hand auf die Schulter gelegt hatte und neben ihm in die Hocke gegangen war. Da hatte er ihr den Kopf zugewandt und sie gemustert. Auch er bereute es nicht, diese Stunden mit Valeria zu verbringen, ganz im Gegenteil. Sein Herz schlug für sie und somit für jeden weiteren Moment, sollte der auch noch so schwer daherkommen.


    Und dann sagte sie ihm, dass sie ihn mehr liebte als ihr eigenes Leben, lehnte ihren Kopf an seinen und verharrte so. Maximian indess ließ sich ihre Worte noch einmal und noch einmal durch den Kopf gehen.


    Würde er nicht das selbe für sie geben? Wenn nötig das eigene Leben. So, wie er es auch für Julia tun würde, ja.


    Maximian seufzte. Immerzu war Julia gegenwärtig, obwohl er doch mit Valeria allein war. Vorhin hatte er sie ausblenden können, so versuchte er das gleiche auch. Nicht, um sie zu betrügen, sondern eher, damit er sich nicht ständig den Kopf zermaterte, der inzwischen eh schon wieder leicht schmerzte.


    Und es gelang. Er atmete spürbar tief ein und aus und hob den Kopf, um ihn leicht schräg zu legen und Valeria wieder anzusehen.


    "Lass uns nicht weiter darüber reden, wie viele Frauen in meinem Leben sind. Es macht mich müde."


    Er schmunzelte leicht, weil das Gesagte sich seltsam anhörte, und hob dann seinen Arm, um eine Haarsträhne Valerias zu nehmen und sie durch seine Finger gleiten zu lassen. Jetzt, nachdem sie nass geworden und wieder getrocknet waren, waren sie leicht gelockt.
    Er sah nun weniger traurig aus, sondern lächelte sogar leicht. An diesem Tage sah die Welt schon so traurig aus, dass sie allmählich wieder glücklicher aussehen sollten. Noch war das schwer...


    "Du gehörtst dazu, das genügt."


    Ihr leicht gelocktes Haar rutschte gerade zwischen kleinem und Ringfinger hindurch und kitzelte leicht. Wieder konnte er nicht umhin festzustellen, dass sie unsagbar hübsch war.
    Sein Handrücken strich beim Spiel mit ihrem Haar über ihre Wangen, ein schönes, leicht elektrisierendes Gefühl. So geschah es ab diesem Moment häufiger.


    Schließlich aber hob er den Kopf wieder, ließ seine Hand an ihre Wange angelehnt ruhen und sah sie an. Er würde sie brauchen und er brauchte sie jetzt. So dankbar war er, dass sie da war. Das musste sie in der Nacht gespürt haben und auch jetzt.


    "Ich weiß nicht, womit ich dich verdient habe..."


    Und dann zog er sie zu sich auf seinen Schoß. Die Blutergüsse auf dem Rücken protestierten, sodass er sich verkrampfte und die Haltung nicht lange würde aufrecht erhalten können, doch erstmal legte er seinen Kopf wieder an ihren, während er seinen gesunden Arm um sie herum legte.
    Seine Lippen fanden an ihr Ohr, das umgeben von ihrem gutduftendem Haar war. Lange Zeit legte er sie einfach dort ab oder setzte ein kleines Küsschen, dann aber flüsterte er irgendwann:


    "Du bist wundervoll, Valeria, und ich bereue nichts."

  • Es machte ihn müde? Nun denn. Für diesen Moment sprach sie ihn nicht weiter darauf an, drang sie nicht wieder in ihn. Es würde noch schwer genug werden, das spürte sie einfach. Für ihn, da er sich zwangsläufig irgendwann entscheiden musste, und für sie, die sich nie sicher sein konnte, dass er auch wirklich sie liebte und sie spüren wollte - und nicht Julia.


    Maximian schien sich nun sichtlich zu entspannen. Er spielte in ihren Haaren und berührte sie immer wieder sacht, ehe er seine Hand auf ihrer Wange ruhen ließ.
    Und dann zog er sie zu sich, auf seinen Schoß, fragte sie, womit er sie verdient hätte. Sie lächelte nur matt und sagte nichts dazu. Sie wusste ja auch nicht, womit sie ihn verdient hatte. Maximian umarmte sie mit seinem gesunden Arm, legte seine Wange an die ihre. Sie spürte seinen warmen Atem und die stoppelige Haut seines Gesichts. Sie fühlte ein Kribbeln in ihrem Inneren, ein wohltuendes, angenehmes Gefühl. Maximians Mund an ihrem Ohr, seine Lippen, die zärtliche Küsse daraufsetzten....


    Statt einer Antwort auf die Worte, die er nun in ihr Ohr wisperte, wandte sie den Kopf. Umarmen tat sie ihn schon längst, schon seit sie auf seinem Schoß saß. Sie legte also den Kopf schief, sodass seine Lippen nicht mehr an ihrem Ohr lagen, sondern nicht mehr allzu weit von den ihren entfernt waren. Sie seufzte leise, schloss die Augen. Langsam, ganz langsam kam sie ihm näher, bis sie ihn schließlich küsste. Zuerst noch behutsam, sodass ihre Lippen sich nur flüchtig berührten. Doch dann...küsste Valeria ihn richtig. Innig. Leidenschaftlich.
    Sie war glücklich.

  • Selten hatte Lucius Decimus Maximian so geküsst. Lag es daran, dass es schon ein bisschen länger her war oder daran, dass er Valeria küsste... Wahrscheinlich letzteres mehr als erstes aber sonst eine gesunde Mischung von beidem. Ihre Lippen waren wunderbar warm und weich und auch sie schien diesen Kuss in vollen Zügen zu genießen. Ihr Duft war immerzu in seinem Kopf und ließ ihn den Kuss herauszögern, damit das Herz noch schneller schlagen konnte und die Zeit sich verlangsamte. Seine gesunde Hand grub wieder in ihrem Haar, legte sich in ihren Nacken und fuhr irgendwann den zierlichen Rücken hinab.


    Er hätte sich ungern stören lassen, selbst den Schmerz im Rücken hatte er über Valerias Nähe völlig ausgeblendet, doch wie es so kommen musste, klopfte es genau jetzt an der Gästezimmertür, die sich dann auch fast im gleichen Moment öffnete und eine rundliche Frau ins Zimmer treten ließ.
    Diese rundliche Frau sah überrascht auf die beiden jungen, ineinander verschlungenen Menschen hinab, grinste auch kurz, stemmte dann aber ganz demonstrativ die Hände in die Hüften und sah Valeria und Maximian vorwurfsvoll an.


    'Kinder, Kinder. Ihr legt vielleicht ein Tempo an den Tag... Vor einer halben Stunde noch saht ihr drein wie drei Tage Regenwetter und nun klebt ihr aneinander, als wäret ihr monatelang getrennt gewesen. Da soll noch mal einer die jungen Menschen verstehen. Maximian, lass die Hände von ihr und du, junge Dame, solltest mir in der Küche helfen kommen, so wie es sich für eine junge Frau gehört. Daheim dürft ihr das sicherlich auch nicht und bei uns ist das auch nicht anders.... Ich sage ja immer, wenn es ruhig wird, dann brüten sie irgendetwas aus. Komm, komm. Das Essen muss bereitet werden.'


    Maximian räusperte sich verlegen und fühlte sich wirklich schon bestraft, durch den Redeschwall, den Mummia über ihn und Valeria hereinbrechen ließ. Er sah zu Valeria, zwinkerte ihr frech zu (was Mummia mit einem tiefen Brummen kommentierte) und ließ sie aus seinem Arm entgleiten.
    Als Mummia dann schon vorgegangen war, ging Maximian noch einmal zu Valeria und legte den Kopf leicht schief.


    ”Ich sagte, ich würde nichts bereuen. Ganz der Wahrheit entspricht das nicht.”


    Die Welt musste wirklich schon wieder ein ganzes Stückchen besser sein, denn Maximian gab seit langem mal wieder eine abgeschwächte Form seines schelmischen Grinsens zum Besten.


    ”Den Sturz, den bereue ich. Alles andere hätte sich ruhig auch ohne den ereignen können.”


    Und von draußen hörte man nochmals Mummias ungeduldigen Ruf:


    'Wo bleibt ihr denn? Muss ich euch etwa schon wieder voneinander trennen?!'

  • Sie schien ganz in ihm zu versinken. Würde doch dieser Kuss niemals enden! Doch er tat es, und zwar just in dem Moment, als es an der Tür klopfte. Valeria und Max blieb gerade noch Zeit, sich voneinenander zu lösen und die Köpfe zur Tür zu wenden, als Mummia auch schon im Zimmer stand und sie wie Zerberus persönlich beäugte. Mit in die Hüften gestemmten Armen und kurz grinsend sah sie zu den beiden hinüber und scheuchte sie dann auf. Valeria sollte beim Essen helfen.


    Die junge Decima fing ein schelmisches Zwinkern ihres Liebsten - denn das waren sie nun zweifelsfrei - auf, dann verließ sie Maximians Schoß und ging zur Tür, durch die Mummia eben verschwunden war. Maximian erhob sich und kam noch einmal zu ihr, hielt sie zurück. Und als er dann sagte, dass seine vorherige Aussage nicht ganz stimmte, was das Bereuen anging, befürchtete sie schon beinahe wieder nichts Gutes. Doch dann grinste er leicht und nannte den Sturz als etwas, worauf er hätte verzichten können.


    Vaeria lächelte, umarmte ihren Maximian noch einmal kurz und brachte ihre Lippen dabei an sein Ohr.


    "Ich weiß nicht, ob es überhaupt passiert wäre, wenn Alfidia nicht durchgegangen und du nicht gestürzt wärst...." flüsterte sie. Dann gab sie ihm einen schnellen Kuss auf seine Lippen und ging nun vollends aus dem Raum. In einigen Schritt Entfernung aber drehte sie im Gehen den Kopf in seine Richtung und streckte ihm ein ganz wenig die Zunge heraus.


    Sie folgte dem Klappern der Töpfe und fand so die Küche, wo sie mit anfasste, wie sie es auch von zu Hause gewohnt war. Rom....sie würde bald dorthin zurückkehren, nach ihrer Mutter sehen müssen. Und Maximian? Würde er mitkommen? Sie seufzte, schob den Gedanken ersteinmal beiseite und bereitete zusammen mit Mummia und ihrer Sklavin das Essen, das nun angerichtet war. Mummia rief lautstark nach Maximian und Aurelius, was von dem Prasseln des Regens untermalt wurde.


    'Aureeeelius! Maximiaaaahaaaaan!! Essen!!!!'

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